Suche löschen...
02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 15.12.1893
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1893-12-15
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18931215025
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1893121502
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1893121502
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1893
- Monat1893-12
- Tag1893-12-15
- Monat1893-12
- Jahr1893
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
BezugS-PreiS t» -er Haupterrxditton ode» den im Stadt- trnrk und Leu Bororten errichtelen Aus- aoheltellni abqeh»ll: vikrteliü!irlich.»l1.5U. bei »iveioiaiiger lüglicker Zustellung in» Hmcs 5 50 Dur» dir Post bezogen l",r Drulichlsnd und Oesterreich: picrteliahc! ck 8.—. Direct» tttgllche kreuzbaubiendung i»» Ausland: monatlich « 7.5V. DieMorgeu-Au-gabe ericheinttSglick '/.7 Uhr, dir NbraL-Ausgab» Liocheutag» 5 Uhr. Ne-artion und Erpr-ition: JohanneSgnsse 8. LieTrprdition ist Wochentags »iiiinlerbrochei» geöffnet »va früh 8 dt» Abend» 7 lltzr. /ilialrn: ktt« Porttm. «Alfred Hahn). Univrrfilcitsstraße I. L-ut» Lösche, ikchariaenstr. I», part. und Könlakplatz 7. Abend-Ausgabe. Anzeiger. Organ für Politik, Äocalgeschichte, Handels- nnd Geschäftsverkehr. ^ Amzeigen-Peels die 6 gespaltene Prtitzeile 20 Pf§.» Recl»m»n »nker dem Rrd«ti»n»str1ch l«g». fpal»«») 5V>4, vor den Familien nach eich len (S^fpultr») «0/H- Gr-ßere Gchrkss«, laut naserr« W«h»-> vrrzrdchillß. Tabellarischer »ich Mff»«f>p nach höherem Tarif. 7innilj«rschl»ß fir Anzeige«: Adend-Ansgade: Bormilta,» 10 Uhr. Marge »-«„«gab»: Rachmittag» «Uhr. San», and Festtag» früh v,S Uhr Bri de» Filialen und Annahmestrllr, f« eine halbe Stunde früher. >niei,r> stad stet» an dt» Artzedtti«« tu richten. Druck uud Verlag von <k. Palt Leiazig. Freitag den 15. Deccmbcr 1893. 87. Jahrgang. Politische Tagesschau. * Leitzzi», 15. Tecember. Nachbem der Reichstag gestern die Hanveisnertrage »it k-anirn und Errdten in zweiter Lesung mit großer Mehrheit angenommen bat, kann die Genehmigung der lammtlichen „kleinen Handelsverträge" als voUenrete That- jaLe gellen; die deute slattsindeiide driiteLisnng kann an bei» End- ergebniß nicht» ändern. Die Mehrheit für ten ani heißeste» umstritlenen rumänischen Vertrag war „erst schließlich über allgemeine» Erwarten groß: inan batte günstigsten Fall» ans wenige Sttmmcn Uebcrgewickt gcreckncl; der ziislimmende Theil de» Zentrums erwicS sich schließlich größer, als vorher angenommen worden. Glänzend war die Mebrsteil von 21 stimmen freilich nicht, zumal wenn man erwägt, daß der grund legende Vertrag mit Oesterreich, mit dem die neueste Hantcls- politii eingrlcitet wurde, mit 215 gegen 18 Stimme» angenommen worden war. Ter Streit um die „kleinen" HandeiSverlrägc wäre wohl überhaupt nicht jo heftig entbrannt, wenn nicht siel» schon der Vertrag mit Rußland im Hintergrund ge ilandeil hätte. Den Vertrag mit Rumänien, einem ver hältnißmäßig kleinen Lande, welche», weiiigslcnS provisorisch, die ermäßigten Gctreidezölle dcrcilS erlangt Halle nnd al« ci» Verbindungsglied nach dem Orient für unsere Industrie ren erheblicher Wichtigkeit ist, hätten sich wvbl auch die besonderen Verfechter landwirthschasilichcr Interesse» schließlich gefallen lassen, allein sie erblickten eine gewisse Vor- elllsibeibung und Probeabstimmung für einen aus ähnlichen Grundlagen beruhenden Vertrag mit Rußland in dem jetzigen Votum. Diese Annahme kann nun freilich bis setz! lcineSwegs als begründet anerkannt werden. Niemand, der für den rumänischen Vertrag gestimmt, bat damit irgend welche Verpslichlung zezenüder einem russischen Vertrag übernommen, das ist von verschiedenen Seiten betont worben. Lei Rußland kommen wieder wesentlich andere GesichtSpnncte in Betracht. Unter len nun einmal vorliegenden Verhältnissen wäre aber eine Ablehnung dieser Verträge schwer zu rechtfertigen und tbal- sächlich auch unwirksam gewesen. ES lag ehe» schon in den nun einmal bestehenden großen Verträgen vc» 1891 eine unabänderliche Thatsache vor, die ihre schwer zu vermeidenden Eonsequrnzen nach sich zieht. Zu toternkttonalen Vereinbarungen eines gemein» samen Vorgehen« gegen daS auarchlstffchc Ver- brecherthum wird es anscheinend nicht kommen, weil, wie die „Krcuzztg." zu melden weiß, keine der Regierungen die Initiative ergreifen mag. Und anck, bei nnS in Deutsch land werden außergewöhnliche Maßregeln gegen die Anarchisten nicht ergriffen werde», weil der Herr me ich»- tanzler, wie die „Nat.-Ztg." erfährt, die bestehenden Gesetze zur Bekämpfung des Anarchismus für ausreichend erachtet. Fürst BiSmarck ist, wie mau auö den „Hanid. Nachr." ersteht, anderer Meinung; man kann nur wünschen, baß der Altreichskanzler sich in diesem Falle einmal täuscht und baß daS, waS in anderen Ländern zur Abwendung der von dem Anarchismus drohenden Gefahr geschickt, auch nnS zu Gute kommt. Von Belgien hat man freilich »ichlS zu envarlen. Hat doch der General-Director der ösfciitlichcn Sicherheit im belgischen Justizministerium, de la Tour, erklärt: „Wir werden niemals im Stande sein, völlsnindig die Anarchie ;» hemmen; die wahren Anarchisten verstecken sich gnt; »ur die üSerkzeugr der Anarchie können wir erkennen und versalzen. Man lonll ebensowenig di» Anarchie bekämpfen, wie man die Flucht eines wieaden Irren oder eines wilden Thier«- vordersche» kann. Bir glauben nicht viele- Geräujch über die Maßnahmen machen z» wlleu, die wir »rgreiseu; aber seien Sie überzeug», baß sie gut getroffen imd. Wir kennen alle Anarchisten des Landes. Außer dein Sicherheits dienste, der sich mit ihrer besonderen Uebcrwackung besaßt, daben wir nenerdings, nnd zwar iniolge der letzten Anjckläqe in Barcelona, Dublin und Berlin, eine vollständige Gendarmerie-»«!» längs der Grenze ernchtet, nm den Eintritt der Anarchisten in dieses Land u überwachen. Ta diese Maßnadine noch unzureichend ist. denil er Anarchist trägt aus seinem Gesichte kein besonderes Abzeichen, so sind unter den weiteren!8oistchlsman»a!»»en besonders dieienigrn zu erwälnie», weiche die Geheiinvotizei rrgre.il, die bei jeder »tegierung von denjenigen Ländern, die nationale Anarchisten jeweils ihrer Grenzen zu überwache» haben, errichtet worden ist. »urz, unsere Schiitzmiltei gegen de» Anarchismus sind i» den letzten Doge» ver stärkt worden, und sollte rrotzdeii, aus belgischem Gebiete ein Dnnamit- anschlag verübt werbe», so würde» wir wenigstens das Bewußtsein habe», unsere ganze Pjlichi gethan z» haben." Genau va» Gleiche hätte man eine Viertelstunde vor Vaillant'« Bombenwurs ans rer Pariser Pclizeipräfeetur zu stören bekommen. — Dagegen regt sich in der Schweiz daS gesnnke Empfinden lebbail, und cs gilt als sicher, daß in rer j ich erb ei töp o l i zei l ick'e» ll r b e r w ,r ch n n g der aus schweizerischem Boren si»st anshallciiren sremrländischcn Anarchisten in Zukunft eine berenleno verschärjle Strenge Platzgreisen wirr. Sckion vor acht Jahren mußte» in Bern ausnahmsweise Vvrkebrnngrn genossen Werren. »n> taS dortige BnnreSralliSgcl'änre gegen anarchistische Sprengbombenanschlägo zu sichern. Dieselben Hallen auch den Erfolg, daß ei» verdächtiges Subject noch gerade, che eS Unheil anslisle» konnle, ergriffen und verhaftet wurde. Der ertappte 'Anarchist hat sich später im Gesängniß von St. Galle» erhängt. Henke ist die öffentliche Meinung des schweizerischen Volkes von ihrer früheren sentimentalen Auffassung deS so genannten AsnlrecktS sctivn so weit rnrirl, raß sie zwischen dem Anarchistcngcsindel »nd reni sonstigen „politische»" Verbrrcker- lbum sorgfältig nnlerscheidet und es ganz in der Ordnung findet, daß gegen auswärtige Anarchisten, wenn sic sich ans schweizerischem Boden Verstoße zu Schulten kvinmen lassen, mit rer vollen Strenge teS Gesetzes cingeschrilien ivird. DerBunteS- rätst handelt daher nur in llebereinstinimung mit der über wältigenden Mehrzahl aller Eirgenosse». indem er die fremd ländischen Anarchisteneonventikel schärfste»? verwarnt nnd jeden Eontravcnientcn gegen die sickerhritSpolizeilichen Vor schriften mit Ausweisung bedroht. Als devorzngle Tammel- pnnctc fremder, namentlich deutscher, italienischer nnd franzö sischer Anarchisten sind Genf, Enaux-de-Foiid-, Zürich, Baust, St. Gallen und Lugano bekannt. Ans Veranlassung der schweizerischen OberstaatSanwalkschaft bat kürzlich eine ge naue Zählung und Reaistrirung der in der Schwei; sich a»f- haltcnden fremdländische» Anarchisten stattgesnnten. — WaS Frankreich betrifft, so bat es zur Bekämpfung der ihm durch Vaillant so klar vor Augen geruckten Gefahr dcrcilS eine Prcßgesetznovclle erhalten, deren Be» sliinmnngen wir an anderer Stelle miltheile». Die »ileressaiitestc der drei noch zu berathentcn Vorlagen ist die, welche die Anarckistenvereine betrifft. Sie bezeichnet jede Vereinigung zu dem Zwecke, einen Anschlag gegen Personen oder Eigenst»!»! zu begeben oder vorznbcrcilen, als eine Verbindung von llebellhätcrn und ein Verbrechen gegen die össggitliche Rnhe; Tbeilnehmer daran werden mit zeiiweiser Zwangsarbeit bestraft nnd können überdies «niSgewicsen werden. Wer wissentlich oder mit Willen solchen Vereinigungen oder ihren Mitgliedern Verbrecherwerkzeuge, VerkebrSgelegenkeil, Web- nung, Versteck oder VcrsammlnngSräuine dielel, ist mit süns- biS zehnjährigem ZuckidanS zu bcjlrasen. Diese Bestinmiungen stellen, wie der Begründungöberickt betont, eine 'Anpassung der bisherigen Strasgesttzbellimmungen über Bandcndildnng an die eigenthümliwe Organisation der Anarchisten dar. Tie Vorlage wegen Verstärkung der Polizei verlangt, wie schon mitgeibeilt wurde, eine Erhöhung des Voranschlag» für diesen VerwalluiigSzweig uni 820 000 Franken. Die Regierung beabsichtigt, wie der „Figaro" erfährt, zunächst in allen jenen Stadien, denen die AnSlagen hierfür unmöglich sind, besondere Eommissare mit einem von läOobiS I8»oFrankrn steigenden Ge stalt anzustellen. Den Präfekten sollen an-rricheiire Mittel zur Ausdehnung de- so wichtigen geheimen Beobachtungs dienstes zur Verfügung gestellt werken; schon jetzt ist ans dem Trahlwege eine scharfe llcbeiivackuing aller Städte nnd ins besondere der Bahnhöfe angeordnet werden. Es soll nach re» Absichten der Regierung kein Pnnct >m Lande ohne sorgfältige liebe,wachung bleiben Di» dritte Vorlage belegt dir iinrkchl- niäßige Erzeugung von Mord »nd Brandmaschinen, sowie von Sprengstoffen irgend welcher Art mit Ge- sängnißstraseii bis zu fünf Jahren »nd Geldbußen diS zu G'O" Franc». lieber die Vergangenheit des auarchistischen Ver brechers Batüant macko rer beule cingelroffene „Figaro" inleressanlc Mittbeilimgen. Vaillant ist hiernach in früher Jugeiiv ren „Brüvrrn tzrr chrffttichrn Daclrln" in Mözii-res zur Erziehung überwiese» Worten. AIS seine Müller sich rann mit einemVerwallniigSbeamten, NamenSBarbier, ver- beiralbete nur nach Pari» iiberstedelle, ließ sie Vaillanl wiederum in einer Sclinl« derselben geistlichen Eongrezalio» erziehen. Bri dieser ivnrre er auch zur ersten Eomninnion zugelassen, »nd ker „Figaro" demerlt, nact dem er bervorgehoden hat. daß Vaillant ein anSgezeichncler Schüler war: „Einer seiner frühere» Lehrer Halle ihn so lieb gewonnen, daß er >l»n unlängst noch seine Pbolographic nbersaiirte" Diese Milheilungen de» deta.iusticli leineswegs aniillerikalen Blattes bieten wieder einmal eine» intcreksanlen Beitrag zur Würtigung der stereotypen Behauptung des stlerikaliSniuS. die Erziehung der Jugend tnrch tie Orden und Eongregationen sei da» beste Mittel der Sicherung der Gesellschaft gegen die Revolutionaire jeden Schlages. TaS neue italienische Ministerium wird sich, wie der Telegraph bereit» berichtet bat, „dem Vernehmen nach" in folgender Zusammensetzung censtiiuiren: EriSpi. Vorsitz, Inneres und interniistisch Auswärtige-, Senator Ealenda Justiz, Saracco Schatz, Svnnino Finanzen, General Mocenni Krieg, Armiral Mori» Marine, Baccelli llnwrricht, Boselli Ackerbau, Parazzi öffentliche Arbeite», Ferraris Post und Telegraphen. Die größte Schwierigkeit hat die Gewiiimnig eine» .Krieg-minister» gemacht, der eS unternehmen will, Ersparniß am Militairetat zu machen, obne die Wehrkraft des Lande» z» schädige». Der „Voss. Zig." wird darüber an» Nom pom ll. d. gemeldet: Crispt hat bis zuletzt vergeblich» Anstrengungen ge. macht. General Ricoili znm Eintritt ins Eadlnet z» bewegen. Auch in einer langen Besprechung mil dem Könige blieb Nievtti bei einer Ansicht, daß der Militaireint erhöht oder die Heeres- lärke vermindert werden müsse. Da beides unannehnibar gesunde» wurde nnd auch Generat Pedotti da» ttriegsporteseinUe ablehute, wurde der Posten General Mocruiii niigebvien, der sh» angenommen »nd 15 Millionen in der Militairverivaltiing ohne Aniaslmig der Heeresstärke für ersparbor erklärt haben soll. Generalslabsch», Primerano, mit dem der König, ebenso wie mit Erispi »nd Ricvlti, die Frage eingehend erörterte, hält höchstens bald soviel für eriparbar. Parazzi, der in Folge der Haltung Ricotti'S schwankend geworden war, ist zum Bleibe» bestimmt wvr- Le», wird aber anstatt des Schatzes bi« Bauten übernehmen. EriSpi legte heut» dem Könige die neue Minislerlistr vor. Morgen findet dir Eidesleistung statt. Da« neue Ministerium EriSpi bat eine sehr gemäßigte Färbung. Sonnino und Ferrari» sind die Führer der neuen gemäßiglen Partei. Die unabhängige» Senatoren Parazzi. Saracco und Ealenda gehören zum rechten F'ügel ker Liberalen. Der .KriegSminister Mocennt ist kein ausgesprochener Parteimann. Ter Marineniinister Mori» ist politisch sarblo». Nur Baccelli ist entschieden liberal. Die Zusammensetzung des Ministerium» wird dabee allgemein sekr günstig beurtbeilt werden: nur die Radicalen dürsten tadeln, daß EriSpi kein ausgesprochene» Partei- Ministerium gebildet hat. In welcher cigenlhnmliche» und schwierigen Lage sich diele Bewohner RiiszlanSS deutscher Herkunft befinden, schildert der „Wilnasche Bote". Nach demselben leben in, nordwestlichen Gebiete sehr viele Persönen, dir al» deutsche ReichSangebörige gelte», vc» Deutschland jedoch als selche nicht mcbr anerkannt werten. Die Mebrzahl drrsrlbrn ist bereits in Rußland geboren, ei» Theil im Kinde-altee tabin c»igkwandcri. Sir erhielten daselbst wiedrrbolt AnsklilliattSschcinc, erneuerten aber ihre Heimath-pässe nicht und ließe» sich auch nicht in die Eonsularmatrikel ciiilragcn. Ihre jetzt gestellten Gesuche um Ausnahme in den russischen llitterlhanenverl'aiid sind zurückgewirsen worden, den Zrilpiinet sür die Eintragung in dir deutsche Matrikel Halen sic vergesse» und bilden somit eine Kategorie staatlich vogelsreicr, rechtloser Leute. ES handelt sich dabei nicht nur um einzelne Individuen, sondern um eine sehr große Zabl, da aiizittichmen ist, daß eS mit vielen im Süden lebenden Denlscheu nicht ander» bestellt ist. Wenn die Eomiiiissio». welche beanslragl werde» soll, ein neue» Ansländergesetz aiiSzuarbeileii, ihre Arbeiten beginnt, wird die Frage, waS mit diesen Leuten zu geschehen habe, sich von selbst auffverse» Sie gehört in daS Völkerrecht nnd man la»,, ans ihre Lösung gespannt sein. Deutschland- Regierung wird sich, wie wir meine», dabei doch nicht ganz gleichgiltig verballe» können, wenn auch ein RechlSanspruch auf Schutz von Leuten nicht erhoben werden kan», die durch passive» Verhalten ihre Unlerthaiicnschaft aufzrbrn. ^deutsches Reich. * Berlin, ll. Decciiibrr. Gegenüber den Nachrichten, nach welchen die schädliche Wirkung de» Gerücht», daß dem nächst ein allgemeine» Verbot de» Tragen» von Crtra- Unisormcn sür Untrrofficierr und Mannschaften rrfolgrn solle, bereits in der Tuchindustrir sich bemrrkbar mache, meldet die „Militairisch-Politiscke Correspvndenz", daß an maßgebender Stelle an ei» derartige» Verbot nicht gedacht wird. Ganz im Gegriitbeil ist der a m t licht Entwurf der Be - klriknngSvrdniing seiten» de» königl. Krieg-ministerium» im Druck erichienr», deren zweiter Tbeil S. 3 die Uebrrschrift trägt: „Eigene Sachen der Mannschaften." E» heißt darin: l > Auch tcnjciiigen Maiii.schaslcn, welche nach tj. 1 der Be kleidungS-Ordnung l.Bekleidung und Ausrüstung vom Truppen »steil in Natur enipsangc», kann »n Frieden seilen» LeS Eon, pagiiic- !c. ElirsS gestattet werden, sich außerhalb kr» Dienstes eigener BcilcitnngS- unk AnSrüslungSsincke zu bedienen. Den Regiment»- rc. Eomniandcurcn ist cs unbenommen, in dieser Hinsicht aus Grund besonderer Verbältnisse einschränkende Bestiiiiinniigeii zu erlasse». 2> Derartige eigene Unisorni- slücke dürfen von scinercui Stoff sei», »lüssrn aber in Schnitt unk AnSstallnng de» Vorschriften enlsprecheii. Den Mann schaften derFnßtruppcn tan» das außerdienstliche Tragen der für Unterosficiere vorgeschriebe»«» Schirmmütze, den Mannschastrn der berittenen Truppen da» Trage» einer Mütze von derselben Form, aber obne Schirm, gestattet worden. — Dir Ertbeilung der Erlaubiiiß znm Tragen eigener Bekleidung«- und A»«> rüstung-stücke außer Dienst ist also wie bi«ber in da» Er messen des Eompaznie-Ebef» gestellt, wenn nicht besondere Umstände seitens ker RegimentS-Evmmankenre den Erlaß einschränkender Bestimmungen erforderlich machen. Da« Kr» e gS ministeri um gestattet »ach wie vor daS Tragen Leben um Leben. 81! Roman in zwei Bänden von M. Gerhardt. Nachdruck »rrtdiin. (Fortsetzung.) Und Wie war denn Alles so ganz ander» gekommen, als man damals befürchten gemußt! Antonie war nicht erlege», mi Gegenlbril, als Siegerin bervorgegangcn auS dem lödt- licken Ecnslict. Sie hatte ihre ehelichen Rechte behauptet und auch die gefährliche -Kranklwit, die wochenlang ibr Leben bedroht, glücklick überstanden. Nachdem daS typböse Fieber gewichen, waren andere unheimliche Erscheinungen ausgetreten, Hallucinationcn, jäber Stimmungswechsel, ernstliche Störungen de» NervrnlebrnS, die sich in verschiedener Weise äußerten Aber die Gegenwart Rclofi'S, sein Anblick, seine Stimme wirkten unfehlbar klärend, beschwichtigend. Die Anfälle kamen seltener, traten weniger intensiv ans. Tie Gewißheit, baß er bei ihr sei, um sie nicht wieder zu verlassen, brachte aümälig Nnbe und Gleichmaß in dicdissonirenden Schwingungen ibrer Srelenthätigkeit, »nd man batte Grund, aus vollständige Heilung auch nach Vieser Richtung bin zu hoffe». ES gewährte Frau Jda eine wahre HerzenSbesriedigung, tem blaycn, ernsten Mädchen, daS jeden» Schicksalsschlag, der die Ihrigen traf, tapfer nnd geduldig ibr nnbeivebrrc- Haupt bot, all die« Tröstliche mitzutheilen. Und Hildegard küßte ibr demüthig dafür die Hand. War sie doch die Einzige, turch deren Vermittlung ihr von jener Seite her noch etwa« zugeben konnte. Bertba batte sehr gewünscht, da- alte Gravclisckker Wohn bau» in modern altdeutschem Geschmack neu einzurichlen, um einen Tbeil de« Jahre« dort zuzubringen. Goy batte ibr da» immer zu Gefallen tbun können: er war, seitdem er seine kürzlich verstorbene Mutter beerbt, ein sebr vermögender Mann, und die Opfer sür ibre Familie, die er ibr. unzart zenug. gelegentlich verhielt, fielen nicht schwer in» Gewicht, wenn man bedachte, welch gute» Geschäft er mit dem Erwerb von Graveliscbkrn gemacht. Sckon Ehren halber batte er nicht umbin gekonnt, sich tie Vormundschaft über die minder jährigen Geschwister seiner Fra» ausbürken zu lassen und »orlüifig für den Unterhalt der Familie Sorge zu »ragen. >t«r Hotz, der au«schwrikenrr Genüsse aller Art ver schworen batte nnd in dessen eigenem Hanse trotz Glanz und Fülle am belle» Tage Gespenster umgingen, sing an das Geld ;n lieben »nd am Erwerben nnd Zusanimcnballen Freude zu finden. In da» Gravelisckker Wohnbau» setzte er einen Administrator und eine» Milcdpächter, beliielt sich nur ein paar Zimmer als Absteigequartier vor und ließ den Garten mit Rüben bepflanzen. Für die Familie war damit daS liebe, alte, gemiilhliche Heim unzugänglich geworden und kaum »och vorhanden. * Nelly, die sich zn einem großen schlanken Mädchen mil pikantem Gesichtchcn bcrauSgewachseu, ist vor einem halbe» Jabr einaesegnet worden und bat gleich daraus bei Schwester Alma'S Erstgebornem Gevatter sieben dürfen. Sie ist unge mein stolz ans ihre Patbcnwürde, obgleich eS nur ein Mär chen ist. erklärt aber trotzdem, Heiralhen und Kinderwarlen wäre nichts sür sie. Wer nimmt auch ein blutarme» Ding mit großem Familien- aiibang nnd nicht unbedeutenden Ansprüchen?" philosophirt sie achselzuckcnd» diesmal im Scbooß dieser engern Familie. „Solch ein guter Junge wir Richard findet sich nicht zum zweiten Mal. Ich wüß»' auch wirtlich nicht, WaS ick mit ibm ansangrn sollte. Ich würde ih» in vier Wochen zu Tode quäle» an» Langeweile." „Naseweises.Küchel, was sür Ansprüche machst Tn denn?" „Nun, mindestens dock, übern Zaun zu stiegen und mir die Welt anzusebe». Ick komme weiter als Ihr Alle, Bertha nicht ausgenommen. Ihr sollt'- sehen." „Nell» wird Löwenbändigerin nnd zieht mit Hagenbeck durch die Welt", schlug Walter vor. „Oder sie steigt als „erste Tan.r" mit dem Luftballon aus und siebt aus uns Alle auS der Vogelpersprclive berab. DaS versteht sie samoS", übertrumpft Hugo. .Geb' nach Zürich und mache den Terror, Nelly", räth Waller. „Oder werde Ballettänzerin " „Dann schon lieber Schriftstellerin." „Jungen, seid nickt dumm", versetzt Nelly unbeirrt. „Als Schriftstellerin kann man Vermögen erwerbe» " „Da- imvonirt." „ES müsteii aber ordentlich packende Seusatwn» Romane sei», die ich schreibe", fährt Nell» mit ihrem allerweisestrii Gesicht fort. Schauerliche Eriminalgeslbickten! Oder wenig- iltns ganz tolle EhebruchSgeildichten. Da» ziebt! Da» wird furchtbar bezahlt. Nur nicht» Feine»! Geistreiche Betrach tungen, poetische Stimmungen, WaS tku' ich damit? Mit Interesse gelesen, aber für die Ansprüche unserer Abonnenten leider nicht spannend genug, schreibt der Ncdacteur und schickt eS zurück. Nicht wahr, Hilde?" Dabei zwinkern die braunen Schelmrii-Augeu ganz perfid nach der Aclteren hinüber, die sich beim Schein der Lampe mit einem eomplicirtcii Riß in einem männlichen Bekleidungs stück zu schaffe» machte. „Ja, dergleichen soll Vorkommen, Nelly", erwidert sie, ohne von ihrer Arbeit ausznl'licke». Später, al» die Jungen über ihre» Schularbeiten saßen und Fran Markwald über einem Roman vom Geschlecht derer, a» welchen Nelly ihre Sporen zu verdiene» beschlossen hat, die beiten Mädchen aber in der Küche ansräuinlen — ihre Bedienung bestand nur an» einer Ansivärlerin, die Nach mittags sorlging —, fragte Nelly ganz bescheiden: „Du bist mir koch nicht böse, Hilde?" „Weshalb?" fragte diese, au» ihren abwesenden Gedanken heraus. „Weil ick, — unter Deine» Papieren gekramt habe", ge stand Nelly zögernd. „Ader nicht blo» aus dummer Neugier Wirklich, Hilde." „Es schadet nichts, Nell». Ich habe keine Geheimnisse. Aber bitte, rede nickt davon. ES sind Versuche — die wahr scheinlich zu nicht» führen " „Zu keiner Menschenseelc, ick schwöre eS Dir, Hilde. Sei wir »ur nicht böse, daß ick» Dich vorbin neckte WaS T» geschrieben hast, ist ja viel zu schade für diese dummen Blätter. Damit wissen sie nicht» anznsange»." „Laß mich jetzt nur hier ei» Ende macken nnd geh' Du sckkasen", sagke Hildegard »ack einer Weile scbwe.gsamen Schaffen» „Mefferputzen ist mein Amt, da laß' ich Dich nickt rein, weißt Du." Während Nell» die Messer auf dem Puybret flink aus und ab ranzen ließ und Hildegard die Teller in den Sckrank räumte, sing jene wieder an: ..Warum bleibst Du »ur eigentlich liier, Hilde?" Wieder ein verständnißloS fragende» Ausdückeu auS der Versunkenheit einer inneren Well heran». „Ich an Deiner Stelle wäre längst auf und davon. Eine Schriftstellerin muß dock die Well kennen." „Ack. laß dock die Schriftstellerin, Nelly." „Meinetwegen. Aber wer dankt ei Dir. daß Tu hier arbeitest wie eine Magd? TaS ist doch nichts sür Dich, Hilde DaS niachl jede andere eben so gut, bester." „Aber c» ist keine andere da, Nelly. Und Waldemar ver langt, daß ich bier bleibe." „WaS bat er zn verlangen? Sobald Du nickt» von ibin verlangst? — Meines Bleiben» ist bier nickt, so viel Weiß ick. Ick will nicht in diesem öde» Nest verkommen." „Vorläufig hast Dn tnapp die Schule dnrchgemacht, Kind." „Kink! Soll man denn ewig Kind bleiben!" rief Nell» nngeballcn. „Solche Erlebnisse, wie unsere auS den letzten Jabrrn, machen schnell all, Hilde. Für mich sorgt Niemand, wenn ick nicht selbst sür mich sorge. Niemand bat etwa» davon, wenn ick bier verkümmere. Ick will in die Welt hinaus. Ick will in einem vvrnebmen Hanse leben, wo ick Gelegenheit stabe, Grasen, Prinzen, Künstler nnd Millionaire kennen zn lernen, wirkliche, nickt solche Romanpuppen." „Und T» hast anck sckcn über Mittel und Wege nackge kackt, diese Wünsche in« Werk zu setzen?" fragte Hildegard nach einer Panse. „O, natürlich. Aber nachher kommt ja dock Alles ganz ander». Mir ist gar nickt bange, Hilde. Ich bin nickt häß lich, daS weiß ich, auch nicht ans den Kopf gefallen. Da» ist die Hauptsache." „ES gehört dock noch mancherlei Andere» dazu, Nell» Deine Erziehung müßte vervollständigt werden. Dn müßtest nach England, »ack Paris. Da;» gehört Geld " „Das bekomme ick." „Wirklich? Von wem den»?" „Ick glaube, Siewert's geben eS mir. Tie fragten mich »enlick so an», als ich in Ratlauken war, und schienen ganz einverstanden mit meinen Plänen" „SicwertS basten schlechte Jahre gehabt, Nell», nnd tie Junge» sind jetzt alle drei in Königsberg, Karl wird Ostern Student, und sie kosten viel." „Nun, kan» muß ick eine Erbschaft machen Die Karten legerin bat mir eine riesige Erbschaft propbezeibt." Hildegard schwieg Nach einer Weile siel Nell» ibr stürmisch um de» Hat» und fragte mit Augen voll Thränen: „Du findest es sehr nnreckt, nicht, daß ich Euch im Stick lassen will? Aber ick habe nicht da» Zeug dazu, mich z» opfern, Hilde, wirklich nicht. Es ist auch genug, wenn Eine eS tkut." Hildegard streichelte die widerspenstigen braunen Locken
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite