Die Schlacht von Lützen. 4 t nter diesen Bedrängnissen kam der verhängnisvolle Tag des 2. Mai herbei, welcher wenigstens für einige Monate das Schicksal unsers Vaterlandes entschied. In den letzten Tagen des Monats April waren schon mancherlei Gerüchte über das Anrücken der französischen Armee laut geworden, allein die Militairbehörden suchten der Verbreitung der den alliirten Trup pen nachtheiligen Gerüchte möglichst entgegen zu wirken, wie auch aus den vorerwähnten Proclamationen sich ergiebt, und so waren die Einwohner der Stadt in großer Ungewißheit über den eigentlichen Stand der Sache. In den Morgenstunden des 2. Mai trafen jedoch Nachrichten von vielen Seiten über das schnelle Vordringen der französischen Truppen ein, weshalb vr. Siegmann mich veranlaßte, zwischen 12 und 1 Uhr zu dem Major v. Neust, welcher am Markte in dem Hause des sogenannten „holländischen Schmidt" wohnte, zu gehen, und wegen etwa zu treffender Maaßregeln Erkundigung einzuziehen. Er empfieng mich aber, während er mit der Schmidt' sehen Familie bei Tische saß, mit der größten Unbefangenheit, ver sicherte, daß gar nichts zu befürchten sei, und er, wie ich sähe, seine Suppe in aller Ruhe verzehre, und übergab mir nur eine Depesche, um sie durch Staffelte an den Commandanten von Wurzen zu befördern. Jndeß war ich doch durch diese Aeuße- rungen wenig beruhigt, und als ich auf dem Wege nach dem Rathhause mit dem Senator Grüner zusammentraf, giengen wir nach dem Nicolaithurm, um die Umgegend ein wenig zu überschauen; wir hatten aber kaum die den Thurm umgebende Gallerie betreten, als wir auf der Straße nach Lindenau zwischen der Stadt und dem Kuhthurm eine Kanone gegen andringende Truppen abfeuern sahen. Natürlich giengen uns deshalb sehr große Zweifel gegen die beruhigenden Versicherungen des Com mandanten bei, und wir begaben uns deshalb zu ihm, wo wir aber zu unsrer Verwunderung vernahmen, daß er soeben ab gereist war, worauf wir auf daS Rathhaus giengen, um unfern Collegen die gemachten Wahrnehmungen mitzutheilen und der