Suche löschen...
02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 10.02.1893
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1893-02-10
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18930210028
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1893021002
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1893021002
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1893
- Monat1893-02
- Tag1893-02-10
- Monat1893-02
- Jahr1893
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Vezug-.PreiS tz, der HauptelVeditioll oder den im Gtodt- t«»Irk und den Bororlen errichteten Au», «bestellen abgeholt: vierteliLdrlich 4^0. »ei zweimaliger täglicher Zustellung ins Hau» 4l b^O. Durch die Post bezogen für Leotschlaad und Oelierreich: vierteljährlich >4 6.—. Directe tägliche »reuzbandfenduog i»S Ausland: monatlich 8.—. lie M orgen-Au-gabe erscheint täglich '/,7 Uhr, die Abend-Ausgabe Wochentag» ü Uhr. VeLaction and ErveLitiou: JstzanneSgafsc 8. Die krveditioa ist Wochentag« ununterbrochen geoiinet von früh 8 bis Abend» 7 Uhr. Filialen: ttt« Klemm » Snrtim. («lfre» Hah«), Universitätrstratze 1, Loui» Lösche. Kntharinenstr. 14, pari, und königkplatz 7. Abend-Ausgabe. WiMgerIagtlilalt Anzeiger. Legan für Politik, Localgeschichte, Kandels- nnd Geschäftsverkehr. Aazeigea-Prei- Die -gespaltene Petitzelle SO Pfg. Reklame» unter dem Redactionsstrich <4go- spaltra) bO-H, vor den FamUirnnachrichte» (6 gespalten) 40-^. Größere Schriften laut nuferem Preis verzeichnis Tabellarischer und Ztfserufatz »ach hoherrm Tarif. »rtra-Beilagen (gesalzt), »nr mit de, Morgen-AuSgab». ohne Postbeförderua, 60.—, mit Postbefördernug ^l 70.—. ^naahmeschluß für Anzeigen: Abend-Ausgabe: Vormittag« 40 Uhr. Morgen-BuSgabe: Nachmittag» »Uhr. Sonn- und Festtag» früh V,9 Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen ,» ein» halbe Stunde früher. Anzeige» sind stets an die ErtzeVitt«» zu richten. Druck und Verlag von E. P vlz in Leipzig. Kreita^ den 1V. Februar 1893. 87. Jahrgang. Politische Tagesschau. * Leipzig, 10. Februar. Die „Freis. Ztg." malt wieder die nahe Ncichs- tagSauflösung an die Wand. Mitte März soll danach voraussichtlich die Entscheidung über die Mililairvorlage in der zweiten Berathung im Plenum dcS Reichstags getroffen werden, im April die Neuwahlen stattsinden. Die „Freis. Zig." thul außerordentlich sicher inil diesen Voraussagungen und der Behauptung, daß sür einen Vergleich keinerlei Boden mehr vorhanden sei. Vielleicht erlebt sie doch noch manches, was ihr heute unglaublich erscheint. Der säst fana tische Eiser, mit dem der Leiter der „Freis. Ztg." aus Neuwahlen drängt, die Hoffnungen auf einen großen Erfolg sür seine Partenntrressen, die er offenbar daran knüpft, emspringen aber ganz sicher einer Mißkennung der politischen Lage und der VolkSstimmung und wir wissen zuverlässig, daß die freudig gehobene Zuversicht, mit der Herr Richter einen, Appell an das Volk entgegcngcbt, keineswegs von allen seinen Parteigenossen getheilt wird. Herr Richter hat wiederholt gezeigt, daß er leicht Selbsttäuschungen und Einbildungen unterlieg!. Die Wahlen von 1884 und 1887, wo ihn, der größte Thcil der Partei hinwegschmolz, sollten ihm doch eine warnende Erinnerung sein, von bitlern Enttäuschungen bei mehreren Nachwahlen ganz zu schweige». WaS die Freisinnigen bei Wahlen im gegenwärtigen Augen blick allenfalls nach rechts hin gewinnen könnten, das lausen sie Gefahr, doppelt »nd dreifach nach links hin cinzubüßen. Ja besonnenen Kreisen der freisinnigen Partei weiß man da» ganz wohl und ist keineswegs so conflictS- und auf- lösungslustern wie Herr Richter. Das Interesse der colonialen Kreise Deutschlands an der Hawai-Angelegcnheit wächst mit jedem Tage. Man beginnt einzusehen, daß von dein Schicksal Hawais dasjenige SamoaS abhängt. Wenn auch die cndgiltige Regelung der Regierungsverhältnisse Hawais mit Hinblick auf den Prä- sidcnlenwcchsel in den Vereinigten Staaten ans eine spätere Zeit vertagt zu werden scheint, so spitzen sich die Ver hältnisse in Hawai doch immer mehr zu einem Gegen sätze zwischen den Vereinigten Staaten einerseits und Canada und dem hinter diesem stehenden England andererseits zu. Die deutschen Interessen in Hawai sind groß genug, und die VertragSverhältniffe sind genügend klar, um Deutschland in diesem Conflictc eine ausschlaggebende Stellung zu ermöglichen. Diese Stellungnahme wird sich einfach aus dein Preise ergeben, den England oder die Ver einigten Staaten in Samoa gewähren. I» diesem Augen blicke gilt cS nur, in Hawai sowobl als auch in Washington und hondon die bestimmte Erklärung abzugeben, daß Deutschland in der Hawaifrage sich die Geltendmachung seiner Rechte und Interessen vorbekält. Der deutschen Regierung aber wird die Gelegenheit gerade jetzt gewiß sehr willkommen sein, durch eine feste Haltung die colonialen Kreise Deutschlands sich zu verpflichten. Eine dreiste Erfindung übernimmt die „Freisinnige Zeitung" auS der „Westdeutschen Allgemeine» Zeitung". Nach dem letztgenannten Blatt hätte die nationalliberale Parteileitung an verschiedene Provinzial- und Landes- auSschüffe die Mahnung ergehen lassen, von Oppositions- Kundgebungen und Aeußerungen der Unzufriedenheit über die gegenwärtige Regierung und das Verhalten der national- liberalen Parteileitung zu derselben im Interesse des Zu- sammenhaltcnS der Partei abzusehcn. So wenigstens citirt die „Freis. Ztg", der cs, wie die „Nationallib. Eorresp." schreibt, nicht schwer hätte fallen können, diese Tendenzlüge al- solche auf den ersten Blick zu erkennen. DaS Urtheil gegen die erste Serie der wegen des PauamascandalS Angeklagten ist gefällt und schärfer ausgefallen, als cs von manchen Seiten in Paris erwartet worden war. Die Pariser Morgenblättcr besprechen die ver hängten Strafen und finden dieselben sehr hart, besonders diejenigen gegen Ferdinand von Lessepö. „Figaro" verlangt seine Begnadigung. Dasselbe Blatt veröffentlicht die Anklage schrift in dem Panamaproceß. Tbatsächlich Neues ist darin nicht enthalten. — Im Uebriaen ist die allgemeine Lage in Paris eine höchst unsichere. Wie wir schon andeutelen, bat das Auftreten des Abg. Eavaignac eine sebr verworrene Situation geschaffen. Ter Fori» »ach erlitt das Ministerium zwar keine Niederlage, da Ribot die Tagesordnung Eavaignac'S angenommen batte, im Wesen aber war die Tagesordnung gegen das Eabinet gerichtet, denn dessen hervorragendste Mitglieder, Ribot, Bourgeois u. s. w., waren Minister in den Eabincttcn Floquet, Freycinet und Rouvier, deren Re gierungsgrundsätze Eavaignac'S Tagesordnung brandmarkt. Es erklärt sich deshalb, daß gestern gleich nach der Sitzung Rück- triltSgerüchte umliescn und daß inan heute allseitig die Tage, ja Stunden des Ministeriums sür gezählt hält. Mehrere Blätter weisen zutreffend daraus hin, daß Eavaignac'S TagcS- ordnungEarnot selbst berühre, da die gebrandmarktcnEabinettc unter seiner Präsitentsckast regierten. Nur durch ihre voll kommene K opflosigkeit erklärlich ist die Haltung der Kammer, die nicht nur Eavaignac'S Tagesordnung fast cinstinlinig annakm, sondern auch beschloß, daß Eavaignac'S Rete in allen Gemeinde» Frankreichs angeschlagen werde. Die Parteien, gegen die Eavaignac sich »»mittelbar wendete, die Freunde Rouvicr'S und Floquet'S, Freyciiiel'S und Elemcnccau'S, haben am eifrigsten Beifall geklatscht und sür ihn gestimmt. Heute ist ihnen die Besinnung oder der Muth wickergekoiumen und sic klagen Eavaignac an, er habe die Kammer überrumpelt, er sei der Leiter einer Verschwörung der Eonservativc», er wolle mit den Opportunisten auch die Radicalen vernichten nnd eine Herrschaft der Gemäßigten und der bekehrten Reckten ausricklcn, er strebe nach der Präsidentschaft der Republik re. Immer lauter ertönt der Ruf nach Kammerauflösung und Neuwahlen. — Was den Abgeordneten Eavaignac betrifft, so möge bemerkt sein, daß er der Sohn des berühmten Generals Eavaignac ist, der im Jahre 1848 die damalige sranzösische Republik aus den Nöthen der Innischlachl rettete. Den Franzosen gebührt da« Verdienst, daß sie selbst aus einem so neutralen Boden, wie er die Weltausstellung in Chicago scin soll, diplomatische Verwickelungen förmlich vom Zaune brechen. In Chicago ballen sich zur Zeit viele Diplomaten und Vertreter fremder Regierungen aus und in deren Kreisen entstand vor Kurzem der Plan, einen Club zu gründen, der sich auS den Eommissarcn sremdländischcr Regierungen und deren Attaches recrutircn sollte. Am l. November bereits erschien ein Rundschreiben, worin cS hieß, daß die Eoinmiffarc verschiedener fremder Regierungen sich vereinigt und beschlossen bättcn. einen Club zu gründen, der den Zweck hat, gesellige Beziehungen unter seinen Mitgliedern zu pflege». An der Spitze der Namen der Unterzeichneten stand C Krantz, der französische Eom- missar und die Namen der Vertreter Rußlands und Hollands, aber weder Gehcimrath I)r. Wermuth, der deutsche Com- missar, noch der Vertreter Englands, Colonel Grovcr, oder der Vertreter der Schweiz, der Eonsul Holinger, waren eingeladen. Frankreich und Rußland hatten sich« vor genommen, Deutschland und England zu ignoriren. Erst zu der am 20. Januar crkolgtcn Sitzung erhielten auch diese Herren eine in französischer Sprache ab- gesaßte Einladung, erschienen aber nicht, da sie inzwischen erfahren hatten, daß der Elub bereits gegründet war. Tie Vertreter Englands, Deutschlands und der Schweiz legen natürlich der Sache keinerlei Bedeutung bei, da ihnen an der Mitgliedschaft des Clubs wenig gelegen ist. Auf der andern Seite aber bat die Unart und Taktlosigkeit dcS Monsieur Krantz, der ganz vergaß, daß Ebicago weit cbcr rin zweites Berlin, sicherlich aber kein Paris ist, böse« Blut gemacht und das gute Einvernehmen unter den Vertretern der einzelnen Regierungen gestört. Die spanischen Carlisten haben anläßlich de« Ab leben« der Herzogin von Madrid zahlreiche Traucrkund- gebungen in Scene gesetzt, die cincStheil« einem wirklichen HerzenSbcdürfniß, da die Verstorbene sich allgemeiner Be liebtheit, sogar in den Kreisen der politischen Gegner, erfreute, antererseits aber auch dem Wunsche entsprangen, vor der Lesientlichkcil darzuthun, daß der CarliSmuS in Spanien nicht« weniger als hinfällig und hoffnungslos sei, wenn er auck seit Iabr und Tag daö frühere stürmische Tempo seiner Thron- und Machtgclüstc den Zcitverhältniffc» entsprechend gemildert habe. Letzteres ist allerdings der Fall. Die Earlistcn vcrsctilikßc» sich nicht mehr der Erkcnntniß, daß i» den politischen Sitten und LcbenSanschauungen des spanische» Volke« allmälig ein Umschwung cingetreten ist, der den frühere» breiten Spielraum sür revolntivnairc Putsche und MilitairpronunciainientoS vollständig un gangbar gemacht bat. De» schlagendsten Beweis Dessen, daß auch der CarliSmuS den veränderten Verhältnisse» Rech nung trägt, liefert seine Aussöhnung mit de» modernen politischen Institutionen, wenn er sich dadci auch innerlich Vorbehalten mag, diese Institutionen bei passender Ge legenheit in Len Dienst seiner eigenen Sacke zu stelle». Damals, als die Königin Wittwe Christine sür ihren nnmündigcn Sohn die Regentschaft übernahm, nährte der CarliSmuS noch gewisse Hoffnungen, die er in zwischen als chimärisch betrachten gelernt Hai. Wenn schon die entschlossen ablehnende Haltung sowohl der Eonservativeil als der Liberalen, verstärkt durch die königStrcue Gesinnung de« gesaiiimten Heeres, de» EarliSinuö stutzig machte, so wirkte die Absage, welche iki» der Papst »nd der Kode spanische Klerus zukoininen ließ, vollends ernüchternd. Und Laß er von den fremdländischen Hosen nichts zu erwarten Halle, verstand sich von selbst. So vollzog sich denn allmälig ini carlistischcn Lager eine bcinerkcnSwcrtke Einschweiikniig. Don Carlos selber trennte sich ostentativ von seinen Rath gebern der alten Schule »nd nahm neue politische GcsichtSpunclc an. Der CarliSmuS gab de» herkömmlichen Grundsatz dcö retrkiiluionto, der absoluten Zurückhaltung vom polnischen Leben, ans; die Agenten dcS Thronprätententcii gründeten überall Club«, Vereine, Comitüs dcbuss Eröffnung einer regelrechten politischen Agitation in der Presse und bei de» Wahlen, kurz, man trat mit de» andere» politischen Parteien in offenen Wettbewerb. Der Erfolg blieb, »amcnllich in den ba-kischen Provinzen, dem Stammsitze des CarliSmuS, nicht aus, letzterer gewann eine gewisse parlamentarische Stellung, welche von den anderen Parteien nicht mehr scklcchlhi» ignorirt werden darf. Gleichwohl ist es, bei der örtlichen Beschränkung des CarliSmuS auf den Norden und Nortwestcii der Halbinsel, undenkbar, daß aus dem parlamentarischen Wege, durch Ge winnung der VolkSvertrctungSinchrhcit, der CarliSniuS jemals seine ehrgeizigen Zwecke sollte erreichen können. Cr wird immer, >a jetzt vielleicht in noch höhere», Grade als zuvor, auf die Ausnutzung vo» Mißgriffen und Fehler» der Regierung angewiesen sein, daher seine Chancen gerade jetzt, nnter ter ZUgelsührung der ebenso kluge» als taktvollen Königin Christine, vollends gleich Null sind. Und da auch nach außen keinerlei An zeichen bevorstehender Verwickelungen am politischen Horizont Spaniens wahrnehmbar sind, so erscheinen die de« Ablebens der Herzogin von Madrid halber veranstalteten carlistischcn Demonstrationen mehr im Lichte eines VerlcgcnheitS- manövers, als eines auS staatSmännischcn Erwägungen bervorgegangenen, die bestehenden Verhältnisse näher berüh renden politischen SchachzugeS. Der Führer der irischen Nationalisten im englischen Unterhaus, Justin McCarthy, bat in einem Wochenblatte einen Artikel über „Home Rule" veröffentlicht, worin er in klaren Worten daS Ziel angiebt, dessen Verwirklichung seine Partei anstrebt und sie allein zufrieden stellen wird. Er beginnt mit der Behauptung, daß alle Rebellionen und Agi tationen, welche in diesem Jahrhundert in Irland statlgc- unden, nur ein Protest gegen Pitt'S unglückliches Uni- icaticnSgesey waren. Eine wirkliche Einigung werde, so agt er, erfolgen, wenn dieses Gesetz über Bord ge worfen worden sei. „Was wir wollen, ist, daß man uns erlaubt, unsere nationalen und inneren Angelegen heiten selbst zu ordnen. Jeder vernünftige Engländer sollte u»S in diesem Streben ermutbigen und uns beistehen, daß uiiscr Wunsch erfüllt wird." Justin McCarthv kennt — sagt er — die Gladstonc'sche .Homerule-Borlage in allen ihren Einzelheiten noch nicht. SEe diese Maßregel nicht dem irische» Volke die Verwaltung seiner eigenen Angelegenheiten zusprccke», so werde er gegen dieselbe stimmen. Die Irländer wollen keine Controle über die nationalen An gelegenheiten Englands, Schottlands und Wales auSlibe». Im Jahre l88tt waren sie damit einverstanden, daß sie au« dcni britischen Parlamente verschwanden, falls ein solcher Schritt die Annahme der Homcrule-Vorlage erleichtern würde. Die Nationalisten sind auch heute noch bereit, ein solches Coinpromiß cinzugcbc». Viele von ihnen würden c« vor- ziebcn, ein eigenes Parlament zu baden, als in Westminster »illziirathcn. WaS McCartlw selbst anbctrifft, so ist die- nicbt seine Ansicht. Er ist abgeneigt, sich vom britischen Parla ment zu trenne», denn — sagt er — er hat die glückliche Zeit in, Auge, wenn England, Irland, Schottland und Wale» eine unabhäiigigc Föderation bilde» werden und jedes Mit glied dieses Bundes sich mit seine» eigenen Angelegenheiten beschäftigt und in gcnieinsainer Versammlung über Alles be- ralhen und beschließe» wird, was Allen gemein ist. Tie Frage dcS „Vetos" kann ohne viele Schwierigkeiten gelöst werten. Jeder Engländer, welcher für Hoincrulc ist, wünscht, daß Mittel und Wege gesunde» werden, daß das britische Parlament, wenn nöthig, ei» Veto gegen die gesetzgebende Versanimlung in Dublin ausüben könne. Die Constitution aller colonialen Parlamente enthält eine Bestimmung darüber, aber bis jetzt ist cS »och nie auSgcübl worden. Das Princip, das; das britische Parlament eine derartige Controle über die irische Versammlung habe» müsse, wird von den Ir ländern zugegeben und kann ohne Schwierigkeiten auSgcsührt werden. Deutsche- Reich. * Annabcrg, 9. Februar. Die vom Annaberg-Buch- holzer Zweigverein deö Evangelische» Bundes auch bei uns und in den benachbarten Gemeinten in Uinlauf ge setzte Petition gegen die Wicdcrzulassung der Jesuiten ist an den Reichstag abgegangcn. Dieselbe trägt t2 48l Unter schriften. ^ Berlin, 9. Februar. Der LandtagSabgcordnclc Guts besitzer Theodor Tannen, Vertreter vo» Aurick-Wittmund, der noch in de» letzten Tagen an de» Verhandlungen de» Abgeordnetenhauses ikcilgeiioininc», ist, wie schon kurz tele graphisch berichtet, auf der Rückreise in seine Hcimath in Aurich plötzlich iin Aller von Jahren gestorben, nachdem er hier bereit« über sein Befinden geklagt batte. Cr gehörte dem Hause seit >882 an »nd war namentlich in lantwirtb- schastlichcn Fragen ei» sachverständiges nnd kennlnißreichcS Mitglied. Die nationalliberalc Partei verliert in ihm einen treuen und hochgeschätzten Anhänger. ff Berlin, 9. »Februar. Heute ist unter dem Ebrcnvorsiy dcS LandcStircctorS von Lcveyow und dem Vorsitz dcS Ministerialdireclors Sckultz der Ausschuß zur Unter suchung der Wasscrverhältnisse in den den Hoch wassergefahren am ineistcn auSgcsetzten Stromgebieten Preußens ;» seiner zweiten Tagung zusamniengetrctcn. Die selbe bezweckte nicht nur den vorgeschriebene» Jahresbericht über die Arbeiten des letzten Jahre« festzuslcllen, sondern auch durch die Feststellung de« Arbeitsplanes für das technische Bureau die Beschaffung der tkatsächlichen und wissenschaftlichen Unterlagen, deren der Ausschuß sür die Lösung der «hin gestellten Aufgaben bedarf, sicher zu stellen. Fenilletsir. -SH«» Der Sonderling. bs Roman von P. FelSberg. Nachdruck »erioim. «Fortsetzung.) Im leichten InterimSrock lehnte er auf dem bequemen Ruhebett, als Doctor IustuS ilnn gemeldet wurde. Der Osficicr erhob sich halb, maß mit einem flüchtigen Blick die ganze Erscheinung des Arztes, der ihm mit ruhiger Haltung gegcnüberstand. In IustuS' Auge schien cS aufru- leuchten, als der junge Mann in nachlässiger Weise ihm einen Platz bot. „Pardon — angegriffen von der Reise — fatale Nerven- abspannuna", entschuldigte sich Günther, indem er vermied, dem Arzt freundlich enlgegenzukommcn. „Die Abspannung scheint allerdings sehr groß zu scin, Herr Gras", bemerkte IustuS mit seinem stillen Lächeln und verwandte keinen Blick von dem Gesicht des jungen ManneS. „Rübe — Schlaf — Langeweile — Leben wie ein Philister", meinte der Lieutenant. „Dem stimme ich vollkommen bei, junger Herr!" Der Ton des Arztes war gutmüthig, gefiel aber augen scheinlich dem Ossicirr durchaus nicht. „Sir sind der Arzt meines Onkels — wie gebt eS ihm? Erzählen Sie mir etwas von dem sonderbaren Menschen, den ich kenne". „Ten Sie nickt kennen", lächelte Doctor IustuS. „Leider nicht — offen gestanden interessirt mich, von ibm za hören", erwiderte Günther. „Sie haben übrigens recht, Ihr Onkel ist ein alter Sonder ling". bemerkte IustuS. „Alt nicht — dreißig — will nicht« sagen". „Und doch schon ein verbitterter Greis; da« Alter hat »ichtS damit zu schaffen". Günther von Schönburg horchte aus und bot dem Arzt eine Eigarette, die dieser ablehnte. „Dachte ick immer — hörte davon! Weiß nickt mebr — fatale Liebesgeschichte gehabt — zu sehr zu Herzen genommen, der arme Onkel thut mir leid." Ueber Doctor IustuS' Gefickt kuschte ein schwaches Roth. „Also davon haben Sie gehört?" „Ja — weiß nicht — schon lange her — mein Vater sprach davon Möchte mehr wissen von der Geschichte — ein treuloses Weib — nicht neu — schon oft passirt, wenn auch mir neck nicht." Mit Wohlgefallen blickte Günther auf seine schönen, wohl- gepflegten Hände, auf die rosigen Fingerspitzen, die er vor Kurzem in eine Dinctur getaucht, durch deren Wirkung er voll zufriedcngestcllt schien. IustuS' Auge blickte an ihm hinab; in strengerem, beinabe rauhem Tone klang eS von seinen Lippen: „Treulos zu sein habeif'Sie sich als Vorrecht behalten?" Der Osficicr lächelte leichthin. „Habe eS nie ernst ge nommen — bester so — man amüsirt sich. Onkel hätte eS auch so machen sollen — Leben will genossen sein, dann spät heirathcn, eine Verstandsehe!" „Ihr Onkel wird nicht heirathcn um dieser — Liebes geschichte willen. Besser so — für Sie, junger Herr", sagte mit leisem Spott Doctor IustuS. Der Osficicr hörte denselben nicht heran«; die Erklärung de» Arztes erfüllte seine schönsten Hoffnungen. Er batte oft unter dem Gedanken gelitten, daß Gras Erich von Schönburg, der Majorat-Herr, eine Ehe eingeben könnte, und dann waren alle seine ZukunstSträume vernichtet. Er selbst war nicht vermögend. Der Onkel hatte die Schulden seines BaterS bezahlt, als derselbe starb, und dafür ein kleines Gut über nommen, besten Ertrag er Günther zukommcn ließ. Für ken Fall, daß der Onkel sich noch verheirathen sollte, war e- ikni als Erbtheil zugeschrieben, da- wußte Günther, und darum athmete er jetzt erlöst aus, als der Arzt ihm die Mittbeilunz machte, daß sein Obeim nicht mehr daran backte, sich zu vermählen. DaS war eine Freudenbotschaft, die ihn neu belebte. Ter Diener meldete, baß da« Souper im Speisezimmer sür die Herren angericktct sei. Begierig hörte Günther Alle- an, was Doctor IustuS über den MajoratSherrn zu sagen wußte; auS Allem ging hervor, daß derselbe ein verbitterter Sonderling war, der abgeschlossen hatte mit dem Leben und der Zukunft Ter Arzt ließ durchblicken, daß die Gesundheit de» Grafen erschüttert tei, er gab ibm nicht viel Jahre »lebr. Günther'S Augen leuchteten aus; er halte dem schweren Burgunder tapfer zugesprvche», der ibm zu Kopf gestiegen war, che er eS merkte. Er unterdrückte nicht den Ausdruck der Freute bei dieser Nachricht und tröstete sich >»> Voraus über den zu erwartenden frühen Tod des ObcimS mit den Worten: „Man kann's ihm gönne». Der arme Onkel — wird Ruhe finden — bietet ibm da» Leben doch keine Freude mehr; Doctor — kommen Sie hinan«, auf ter Terrasse teeren wir noch eine Flasche Scct!" Doctor IustuS folgte dem jungen Mann, der mit schwankenden Schritten, den schlanken Oberkörper leicht vorn über gebeugt, vor ihm her ging. Leise nickte der Arzt mit dem Kopfe; ein Schatten lag über seinem Gesicht, der von einer großen Enttäuschung sprach, welche die letzte Stunde ihm gebracht. Er halte den Neffen seines Freundes, den Grasen Günther Schönburg, kennen gelernt, durchschaute seinen Getankengang, seine selbstsüchtigen Wünsche, seine Hoffnungen, die er aus- baute, indem er mit Befriedigung an da« traurige Ende seine« Oheims dachte, von dem er nur Güte und Großmnth genossen. Die Worte Gertrud Felder,'- im EisenbabneoupS fielen ibm plötzlich ein. mit denen sie den tollen Schönburg ent schuldigt batte. Auch er suchte nach einer Entschuldigung und fand sie auch, weil er eS wollte, weil er den jungen Mann nickt streng zu beurlheilen gesonnen war und den schwächen Rechnung trug, die nun einmal in der Menschennatur sich finden Günther batte dem Obeim nie persönlich nabe ge standen; derselbe batte nie Liebe und Dankbarkeit von ihm beansprucht, er batte ibm Wohllbaten zugcwcndet, weil er mit ibm verknüpft war durch Blutsbande, die jenem ein Recht ^aben aus den Besitz der großen Güter, die er einst hintcrließ Noch eine Stunde saßen beide Herren aus der Sckloßterrafse bei dem perlenden Champagner. Günther von Schönburg war gesprächig ; er erging sich in den schönen Erinnerungen auS dem Leben in der Residenz, er erzählte manches seiner Abenteuer in Arglosigkeit. Der Wein hatte ihm die Zunge gelöst nnd die kluge Vorsicht cingcschläscrt, mit welcher er dem Freunde seine« LbcimS gegenüber sich zu benehme» gedachte. Doctor IustuS lauschte ihm mit Spannung; der Schatten war wieder gekommen und lag fest aus seinen Zügen , als er plötzlich sich erhob und in ernstem, beinahe befehlendem Tone sagte: „Nun ratke ich Ihnen, Gras Günther, begeben Sie sich zur Ruhe; sür beute ist cS genug — — für Ihre Nerven", setzte er mit leichtem Spott Hinz». War cs der Ton der Stimme, der Günther überraschte, daß er den Kopf hob nnd sragend zu dem Arzt ausblickte, der vor ibm stand in stolzer, gebieterischer Haltung, als ob er dein jungen Grasen zu befehlen hätte, und dieser sich seinem Willen beugen niüßlc? Günlber'S Kopf siel wieder schwer aus die Brust, und sleininütbig gab er zu: „Haben recht, Doctor! Teufel auch — fatale Geschickte — kann nichts mehr vertragen — sonst Bagatelle — Burgunder ;u schwer! Gute Nackt, Doctor!" Gutniütbig reichte er dem Arzt die Hand und drückte sie herzlich. Dieser erwiderte den Händedruck und blickte kopf schüttelnd dem Wankenden nach. VI. An, andern Tage zur Mittagsstunde traf Doctor Iustu« ini Herrcnhause zu Felten ein. ^ein Besuch wurde erwartet. Er kan, in der doppelten Eigenschaft als Arzt nnv als Nach bar und wlirte freundlich begrüßt von Gertrud Felde», welche auS dem Garten ihm entgegen trat, um ihn in da» Wohn zimmer zu geleite». Als sie so neben einander schrillen, schienen beide von gleicher Größe. Doctor IustuS hatte den Kops sinnend zur Erke geneigt, Gertrub aber trug ihn stolz und erboten. Sie schwiegen beite so lange, bis Gertrud es drückend empfand »nd i» gewandter Weise ein gleickgiltigc- Gespräch begann. Sie bemerkte eS dann, daß InstuS nicht sprach, sondern sich von ibr unterhalten ließ Auch sie schwieg plötz lich Milten im Satze und preßte die Lippen zusammen. Doctor IustuS sah rtenso plötzlich zu ihr auf. Rasch
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite