02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 19.04.1893
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1893-04-19
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18930419027
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1893041902
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1893041902
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1893
- Monat1893-04
- Tag1893-04-19
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Diejenigen, w»lche die Verhandlungen für noch nicht ab geschlossen kalten, sind wiederum im Zweifel, ob die Einigung über da» Quantum der militairischen Bewilligungen oder die über das Maß der kircheo- und schulpolltischen Zugeständnisse noch auSsteht. In letzterer Hinsicht wird die Aushebung de»Jesuilengcsetzes genannt. Ob mit Grund, siebt dahin. Zweifellos wird der UllramontaniSmus diese» Preis nicht für ausreichend erachten. Er ist zu realistisch, um auf die Wiederzulassung dcS Jesuitenordens großes Gewicht zu legen, da er Jesuiten ohnehin im Lande hat. Im Gegcntheil dürfte ihm die Fortdauer deS Verbots bebufS s-rnerer Feststellung eine- „kirchlichen NotbstandcS" nicht unwillkommen sein. Andererseits ist eS möglich, daß da» Cenlrum eine» sinnfälligen Zeichens de» Triumphes auf kirchenpolitischcm Gebiete zu bedürfen glaubt, um die Unter stützung der Militairvorlage durch Abgeordnete auö seinen Reihen vor den Anhängern im Lande rechtfertigen zu tönnen. Äl» caudinische» Joch für den Staat würde sich aber die Aushebung de» IesuitengesetzeS um so leichter kennzeichnen lassen, al- die Abneigung de» protestantischen Deutschland gegen diese Maßregel neuerdings wieder unzweideutig brrvor- gelreien ist, und der Reichskanzler vor kaum mehr als Jahresfrist erklärt bat, die preußische Regierung werde nie und nimmer einem auf Wieterzulaffuna de» Jesuiten orden- abzielendrn Antrag zustimmen. Wie dem immer sein mag, jedenfalls wäre die Aufhebung de» Jesuiten orden- vom Standpunkte de» Ultramontani-mu» nur eine Dekoration an dem Bündel von kirchen- und schul« politischen Vortheilen, die er al» Lohn für da- Militairgesetz eiabeimsen würde. Darüber kann kein Zweifel obwalten, auch bei den Größen de» Deutschsrrisinn» nicht, nnd wenn die Herren Richter und Barth sich den Anschein geben, al» würde im Gefolgt einer durch die Ultramontanen ermöglichten HeereSresorm eine Reaktion rein konservativen, „junkerlichen" Ebarakters bereinbrechen, so bandeln sie eben nur im Geist» ibrer seit Langem betriebenen Politik der Furcht vor dem Herrn EcntrumSführer, mag er nun Windtborsl, Huene oder Lieber heißen. Daß die Zetlitz'sckr Schulvorlage lediglich ultramontanrn Einflüssen ihre Entstehung ver dankte und bei der Grsammtheit der Eonservativen seiner Zeit — jetzt und in Zukunft würde sich da» ander» gestalten — nur infolge eine« von der Regierung )dem Grafen Eaprivil) auSgeübten Drucke» Unterstützung fand, weiß man in den Redaktionen der „Freist Ztg." und der „Nation" selbstverständlich ganz genau. Dessenungeachtet bleibt in ihren Augen da« Eentrum eine „Volk-Partei", und Herr Richter findet sogar nicht» Besondere» dabei, wenn dieser ibrer ganzen Natur nach freiheit-feindlichen Richtung durch da» neue Wahlgesetz die Schul- und Gemeindeverwaltungen des Rheinland- überantwortet werden. Der Grund ist der, daß man vom Eentrum nach wir vorWabluntersttktzung, Mandate erhofft. Darum muß den Gläubigen im Lande der Ultramontani»muS al» etwa» durchau« Harmlose« dargestellt werden, da» höchsten« gefährlich werden kann, wenn der „Junker" mit ihm geht, während in Wahrheit da» Umgekehrte der Fall ist. Wir geben un» übrigen» keinen Augenblick eine« Zweifel darüber bin, Laß di» Leulschsreisinnige Parteileitung bei ten nächsten Wahlen die Mittrlpartrirn, insbesondere die Gemäßigtliberalen „zu den Böcken zählen wird, die er an der Seite der ultramontanrn Schafe zu bekämpfen hat — wie die- ja in Baden und anderweitig mit so großem Erfolg für — da» Cenlrum geschehen ist. Möglich, daß die Wähler im Lande versagen, von der deutschfreisiunigrn Parteileitung — es wäre verhängnißvoll, sich darüber zu täuschen — wird für den Liberalismus in allen Fällen, wo e» nicht Anti semiten zu bekämpfen gilt, auch das nächste Mal nicht» zu erwarten sei». Herr Richter macht bereit» den Versuch, dir WablauSsichtcn de« nationalliberalen Cantidaten in Dort mund zn vermindern, d. h. einem Ultramontanrn oder Socialdcmokratrn den Weg in den Reichstag zu ebnen." Wir haben schon gemeldet, daß cs den Antisemiten bei den jüngsten Ergänzung-wahlrn rum Wiener Gemeindrrath gelungen ist, zu ihrem Besitzstand von 40 Mandaten weitere sechs von den Liberalen zu erobern, so daß die Zahl der in dieser Körperschaft sitzenden anti semitischen Vertreter auf 4Ü, da» ist genau das Drittel der gesammten Mitglieder, gestiegen ist. Das Hauptorgan der österreichischen Liberalen, die „Neue Freie Presse", betrachtet selbstverständlich dieses Wahlergebnis nicht mit besonderer Freude, indem daS Blatt namentlich betont, cö dürfe nun mehr die liberale Partei im Wiener Genieinderath auch nicht um ei» einziges Mitglied iiiebr verringert werden, weil sonst die Zweidrittcl-Mebrheit ihr verloren gehe, die nötbig sei, um eine ganze Reihe wichtiger und tief einschneidender Beschlüsse sasse» zu können. Den Grund de- WahlmißerfolgcS erblickt daS genannt« Blatt weniger in einer grundsätzlichen Veränderung der Gesinnung der Wiener Bürgerschaft, al« vielmehr in der rücksicht-losen Agitation-weise der antiscmilischeii Partei und i» der Unter stützung, welche die Wiener „Hausherren", das sind die Hausbesitzer, den Antisemiten gewahrt haben. Wenn dir „Neue Freie Presse" es auch nicht für ratbsam erachtet, den Vorgang allzu tragisch zu nebmrn, so bezeichnet sie doch da» Ergebnis als beklagrn-wertd. Trotz alledem würden die Vernünftigen sich nicht irre mache» lassen, wie laut und herausfordernd auch die anlisemrnschen Agitatoren in di« SiegeStrompete stoßen mögen. Au« Belgien liegt wieder eine Fülle, zum Theil recht ernst lautender telegraphischer Nachrichten über die dortigen BersassungSwirren vor. E» befindet sich darunter eine Meldung, dir insofern recht erfreulicher Natur ist, als sie die Aussicht auf die Beendigung der Wirren eröffnet. Die Führer der belgischen Arbeiterpartei seinen eingeseben zu haben, daß für diese auf dem Wege brutaler Gewalt nicht da« angestrebtc Ziel zu erreichen ist, und baben daher gestern Abend beschlossen, die Arbeiter auszufordern, de» Streik zu beenden. Wir lassen die eingcgangenen telegraphischen Meldungen folgen: * Brüssel, 18. April. In einer deute Abend statlfindenden Versammlung der Anführer der Arbetlerpartei wird die Veröffentlichung eine« Manisrste« vorgeschlagen werden, welches die Arbeiter ausfordert, den Streik zu beenden, daS jedoch gleich, »eilig erklärt, daß das Volk noch nicht völlig zusriedengestellt i>t und daß r» sorssahren werde, da» allgemeine Stimmrecht im vollen Um- fange zu fordern. * Brüssel. 18. April. In der heute Abend abgehaltenen ver- fammlung der Führer der Arbciterparter Ist da» Mant- fest, welches di« Arbeiter zur Einstellung deS Streik» auffordert, angenommen worden. ' Brüffrl, 18. April. Wie verlautet, lst der Ministervräsident Beernaert von dein Könige empfangen worden. Beernaert fall dein König die Auflösung der Kammer vorgeschiagen haben, da dir Kammer über keinen Antrag eine Einigung erzielen könne. — Eine Deputation der Socialistenführer hatte gestern »ine lange Unterredung mit dem Abgeordneten Janso»; über die in dieser Coisserenz gefaßten Belchlüsfe wird das strengste Stillichweige» beob achtet. — In den Vororten sind alle Manifestationen und Um- züge von der Behörde iiiitersaat worden. Ter Bürgermeister von St. Sille» hat diesen Beschluß an den Mauern anschlagen und in den Straßen auSrusen lassen. — Dir liberalen Blätter er- suchen die Regierung, den Wünschen de» Volkes und nicht denjenigen der Meuterer nachzuaebcn. * Brüssel, Itj^Npril. Heule Nachmittag ist die Zahl der ausständigen Druckereien auf achtzig gestiegen. Aus Amstc» dam erhielten die streikenden Typographen Telegramme, welche sie zu ausdauernde», Kampfe aussordern. Die heute einberufeiten Soldaten beider Regimenter nehmen in ausfallender Weise an den socialislsschen Versammlungen Theil. An den Ecken sämmilicher vaiivno ßen sind Truppenaölbettungen von je NX) Mann pvstirt. Wie soeben verlautet, hat der Abgeordnete Janson dir Absicht, sich zum Könige zu begeben und ihn zu bitten, seinen persönlichen Ein- nutz zur Beendigung der Unruhen auszuüben. Alle Zugänge zum Parlament sind ans 500 m durch Artillerie und Bürgergard» ge> sperrt. Die großen Geschäftshäuser und die Juwelierladen sind geschlossen. De Aufregung wächst. * Brüsicl, 18. April, Abend- 8 Uhr: Bel der Bersamm- lang, di« Nachmittag in Mohlenbeck abgekalten wurde, bemerkte van der Velde u. A.: „wenn die Manisestalionen auch untersagt werden, so stehi es un« doch frei, uns zu versammeln und auSzu- sprechen: das ist genug!" — Der Bürgermeister von Mohlenbeck venv'gerle, da- Teeret, wonach die Manisestalionen verboten sind, zir Aus'ührung zu bringen. — Der Colonel der Bürgergard« hat sich ge oeigert, den Befehlen de- Grasen D'OuItrciiloiit zu ge- horchen und will nur den Bürgermeister von Mohieubeck ai« Vor- ge etzien anerkenne». — Wie jetzt verlautet, soll außer Lizard auch va» der Velde verhaftet werden. — Die Kellner in Le» ^aiös und Gajlwirlbjchasleil haben sich dem Streik ongeschiossen.— Nach dreistündiger Pause trat die Kammer heule Nachmittag um 5 Uhr wieder zusammen. Core in and» erklärte, daß der Ausschuß der 21er den Antrag Nissen angenommen und alle übrigen Anlräge aligelchnt habe. Ter Antrag von Lut wurde zurückgezogen. Nachtem die Negierung erklärt halte, sich dem An- tragNisse» anznschiießen, wnrde derAnlrag mit 1l8gegeu I2Eti»unen »»genommen. " Brüssel, IS. April. Die Nachricht von der Festnahme Piccard'S wnrde im Bolkshauie angeschlagen und ries größte Erregung hervor. Die Cenlraldivision der Polizei wurde be- nachrichngt, daß große Gruppe» aus Mon» nnd Lharleroi die Reise nach Brüssel angelreien haben. — Bei einem Zusammenstoß in Borgelois wurde nach dreimaliger Aufforderung, auseinanderzugehen, von der Polizei aus die Massen gefeuert. E» blieben 5 Arbeiter lobt, 15 sind verwundet. * Mons, ld. April. Gegen ' ,4 Uhr früh (vom 18. zum IS.) fand ein erneuter Zusammen st oß der Ausständigen mit der Polizei statt. Tie in der Menge befindlichen Frauen riesen den Polizisten zu: „Ihr Müßiggänger, immer schießt nur zul" Bei dem Zusammenstoß wurden 20 Polizisten schwer verwundet. Die Oppositionsparteien gegen Homerule im englischen Unterbaust haben ihren Willen durchgesetzt und es wird die Abstimmung über die zweit« Lesung erst am Freitag stattsinden. DaS Ergebnis dieser Abstimmung kann allerdings keinem Zweifel unterliegen Die RegierungS- pcutei wird sich bis auf den letzten Mann zur Abstimmung einfinde», ein einziges Mitglied, daS wegen Krankheit iiti ÄuSlande weilt, wird fehlen. Allerdings werden auch die conscrvaliveii und die liberalen Unionisten vollzählig anwesend sein. Zweifelhaft ist bis^zur Stunde blos die Abstimmung deS Liberalen William SaunderS, der entschiedene Be denken gegen einzelneBcstimiiiuiigenderHoiiic-Rulc-Vorlage bat. DieHauplschwierigkcite» werde» erst bei derEinzelveraihung des Gesetzentwurfs beginnen. Es war da- deutlich aus den Ae»ße- rungen eines anderen liberalen Abgeordneten zu erkenne», der principiellfürHome Rule eintritt,abcrgegendicZulassungirischer Vertreter in daS RcicbSparlanient Verwahrung cinlegte Die Aufmerksamkeit lenkte am Montag vor Allen Herr Goschen ans sich, der in längerer scharfer Rede behauptete, dir Haupl- einwändt gegen dir Homerulc-Vorlage seien von ministerieller Seite noch nicht beantwortet worden. Goschen spöttelte über GladstoneS Belkeuerungen unbegrenzten Vertrauens zu dem Jrenvolk und meinte, dazu scheine er e>st gelangt zu sein, nachdem e» ihm mißlungen, eine hinreichende Mehrheit zur Bekämpfung der nationalistischen Forderungen zu erlangen. Nach er schöpfender Kritik der Eiilzclbesliminungen der Vorlage, i»S besondere der finanzielle». erklärte er, er finde in der Vor lage nicht» als die künftige Verwirrung der irischen An gelezenbciten, nicht-, waS wirklich eine Bürgschaft für eine bessere Verwaltung Irlands biete. Unter biesen Umständen werde die Opposition die Maßregel bi- zum Aeußersten be kämpfen. Schließlich fragte er, ob, wenn da« Land Hoincrulc verwerfe, die liberale Partei daS Verbiet annebmen und den Eonservativen helfen werbe, Irland zu regieren, und ob sie sich auf die Seite von Gesetz »nd Ordnung schaaren werde. Sodann sprachen Forwoob, Lubbock nnd andere Unionisten gegen, der Irländer Nolan und die Glabstvnianer Rathbone, Houng und Atberley IvncS für die Vorlage, der letztgenannte protestirle jedoch gegen die Beibehaltung der irischen Abge ordneten i» Wtstmmster. Um Mitternacht wurde die Er örterung wieder vertagt. Serbien ist rubig. So lauten übereinstimmend die Meldungen aus Belgrad und nian kann nicht mehr daran zweifeln, daß, vor der Hand wenigsten», die große Mehrheit de- serbischen Volke» einverstanden ist mit dem Vorgeben seines jugendlichen Königs Alexander. Wir lassen hier neueste Meldungen folgen: "Belgrad, 18. April. Die nach ou-wärt- verbreiteten Meldungen von einem Wechsel in der Besetzung der Gefandt- schastepcslen sind unbegründet. Die Ernennung eines Justiz- minister« crsoigt erst »ach den Wahlen zur Skupschtina, zu welchen die Vorbereitungen drrcitS getroffen werde». Tce liberale Pariei wird sich an den Wahlen beiheiligen. Der König empfing heule eine Deputation der kaufmännischen Jugend und proinenirte Nachmittag- nnt Major Ciritjch durch die Michaelisslraße bi« zur Kathedrale. — Tein Vernehmen nach wird sich Rislitsch in der Schwei; ansiedeln. "Belgrad, >8. April. Pass tsch wurde in einstündiger Audienz vom König empfange». Gruitsch ist erkrankt. Der König ließ jenen 28 Zöglingen der Unlerosficlerschuie, die in der Nacht des SiaalsslreMieS da» Vorzimmer des Königspalaslcs besetzt hatten, schriftlich seinen Tank ausdrücken. (M. Z.) * Wien, 18. April. Au- Belgrad wird der „Pol. Corr." gemeldet: I» nächster Zeit wird entschieden werden, oh König Alexander den europäischen Souverainen im Lause des Sommer» Anlrillsbeiuche machen solle. Tie Rückkehr der Elter» des König- »ach Belgrad wird, wenn nicht früher, jcden-fall- zuin Geburtslage des Königs (14. Anglist) erfolge». Der Metropolil Michael denkt nicht an den Rücktritt, und die Regierung beabsichtigt nicht, eine Meiropoliienirage aufzuwerfen. Milan hat in den letzte» Tagen Paris nicht verlassen. Das Königreich Portugal befindet sich bekanntlich schon seit langer Zeit i» Finanznötheii und die in den letzte» Jahren vaseibst stattgcbabten politischen Umwälzungen sind aus diese Ealamität zum größte» Tbcil zurückzusühren. Man scheint nun endlich aber mit vollem Ernste daraus auS- zugehen Ersparnisse im Staatshaushalt vorzuiickmen. Wie au» Lissabon gemeldet wird, ist die Ausstellung de» all gemeinen Voranschlags beinahe beenbct, sämiiitliche Ministerien haben belangreiche Abstriche gemacht, insbesondere bat da« Krieg-Ministerium seine Ausgaben beträchtlich ermäßigt. Der tkatsächliche Friedensstand der Armee, der nach dem Wehrgesetze von 1887 rund treißiglausend Mann be trägt, soll aus zwanzigtausend Mann herabgesetzt werden. DaS Programm, mit dem da» Eabinct Hintze Nibriro am 23. Februar vor die EorteS trat, batte sich in all gemeine» Redensarten bewegt und keine bestimmte Ankün digung von Ersparungen im Staatshaushalt gebracht. Um so angenehmer berührt jetzt die Meldung von einer aus giebigen Einschränkung der Ausgaben, zumal jener für da» Heerwesen, da- bisher für die meisten portugiesischen Ministerien ein Rührmichnichtan gewesen war. Dieser günstige Eindruck wird durch Len Zusatz verstärkt, die Anregung zu diesen Abstriche» sei vom Heere selbst auSgegangen, das mit zuerst die Pflicht aller Bevölkrrungsclasse» erkannt habe, sich an der Ordnung der wirthschaftttchen Verhältnisse zu de- rhciliaen. Mit der Herabsetzung der Heereosiärke kommt das Eabinet den von Eduards de Abreu in der Eortcs- sitzung am 17. Februar entwickelten Forderungen der Republikaner entgegen, die u. A aus die Auflösung von vier Regimentern Fußtruppc», zwei Reiterregimentern und einem Artillericregiment binauSliescn; die weitere Forderung, alle Beförderungen in Heer und Flotte einzustellcn, wird freilich unerfüllt bleiben, da die sichere Folge einer solchen Maßregel daö verstärkte Eindringen umstürzlerischer Gesinnungen in das OfficiercorpS wäre. Leider verlautet noch nichts darüber, wie das Eabinet Hintze Nibciro seine Verpflichtungen gegen über den StaatSgläubigcrn z» erfüllen gedenkt; wie erinnerlich, wurde daS frühere Eabinct Dias Ferreira Lurch den Protest Lrlmula veris. Ibj Erzählung von A. Brüning. «atdrack »erbet»». (Fortsetzung.) Am Fenster de» FrübstückSzimmrr» im Ehrbardt'schen Hause zu Berlin stand der Hausherr und blickte auf die biinten Wimpel, die draußen in Folge der SicgrSdepesche von Gravelotle von allen Dächern wehten. Trotz diese« festlichen Anblicks wollten aber die nach und nach bekannt werdenden Ungeheuern Verlustziffrrn diesmal keinen rechten Jubel in der Hauptstadt aufkoinmen lassen, und auch die Züge de» Eommerzienratb» waren bleich nnd sorgenvoll. Wieder und wieder senkte er den umflorten Blick aus die soeben eingrtroffene amtliche Verlustliste in seiner Hand und starrte auf di« beiden Namen, die kort in uner bittlicher Deutlichkeit unter der Rubrik der Schwerverletzten standen. Endlich wandte er sich in da» Zimmer zurück und zog die Klingel. „Ist meine Tochter schon auf?" fragte er den eintrrteoden Diener. Letzterer verschwand, um sich zu erkundigen, und kehrte nach einigen Minuten mit der Meldung zurück, daß die gnädige Frau sogleich erscheinen werde. Draußen ließen fick, jetzt leichte Schritte vernehmen. Der Bankier atbmete lies, unwillkürlich machte er eine Bewegung, wie um da« verhängnißvoll« Blatt zu verbergen, doch dann gab er den Versuch al« nuvlo» wieder auf; wozu auch? sie mußte e» ja doch einmal erfahren .... Im nächsten Augen blick wurde di« Thür geöffnet, und Gabriele trat über die Schwelle. Tie trug »a» schlichte Gewand der freiwilligen Krankrnpfltgiiinnen, in deren Reihen sse, de» Gatten Rath befolgend, sogleich dsi ihrer Ankunft im Vakerhausr eiugrlretkn war. Den Widerspruch de« Bankier», der, erschreckt von ihrem leidenden Autseben, anfangs dagegen gewesen war, batte sie mit sanfter Festigkeit zu besiegen gewußt, und wirklich schien e«, al» ob Blanden« Fürsorge wie stet«, so auch in diesem Puncte daS Reckte sür sie getroffen hätte; während der Stunden, die sie bei ihrem Samarilerwerk zubrachtc und, einzig nur auf pünctlickste Ausführung der Anordnungen dcS Oberärzte» bedacht, sich selbst und ihre qualvollen Sorge» vergaß, war sie am ruhigsten. Die Zuneigung, welch« Arzt und Patienten brr schönen sanften Pflegerin bezeugten, erfüllte sie mit freudiger Genugthuung, und die körperliche Ermattung nach der ungewohnten Anstrengung gab ihren Nächten den Schlaf, den sic sonst nicht gefunden baben würde. Henke freilich verrietben ihre brennenden Augen deutlich eine schlaflos durchwachte Nacht; die Aufregung, in welche dir Nachricht von der neuen, blutigsten aller bisher geschlagenen Schlackten sic versetzt, war zu übermächtig gewesen. Ihre Wangen erschienen kaum weniger weiß wie der schmale Battist- streif, der als einziger Schmuck sich um Hal» »nd Handgelenke legte; um ihre blaßrothe» Lippen flog rin nervöse» Zittern De» Bankier» Augen ruhten voll zärtlichen MitleidenS auf der mädchenhaft schmächtigen Erscheinung der jungen Frau, deren vornehme Grazie trotz oder vielleicht gerade wegen der fast klösterlichen Einfachheit ihre» Anzüge» doppelt leuchtend hervortrat. Die Blicke zu Boden gesenkt, zögerte sie secundcnlana aus der Schwelle, als fehle ihr der Muth, ihr Schicksal im Antlitz de» Vater» zu lesen. Dann aber hob sie die dunklen, angst vollen Augen in stummer Frage zu ihm empor. Plötzlich zuckte sie zusammen und streckte wie abwehrcnd die gesaliclc» Hände au- —: sie batte in seiner Hand da» Blatt bemerkt, zu dem sein trauriger Blick einen Eommenlar gab, rer ihr da» Blut in den Adern stocken ließ. ,,Um Gotte« Willen, rede! wa» ist geschehen? . . stieß st« hervor. Der Banauier trat aus sie zu und nahm die Schwankende in seine Arme. „Mein arme» Kind, Du mußt Dich gefaßt machen, eine schlimme Botschaft zu hören'' sagte er. Sie fuhr mit beiden Händen nach dem Herzen. „Todt?" rang e» sich in dumpfem Aufschrei von ihren Lippen. „Nein, nein, nickt todt, nur verwundet", tröstete der Banquier. Er wollte noch etwa» binzusetzen, doch sie schnitt ibm da» Wort ab. indem sie die beoende Hand nach der List« au-strecki«. „Gieb, ich muß e< sehen", begehrte sie beinahe ungestüm. Der Banquier zögerte; noch ahnte sie ja nicht, daß sie zwei Namen darin finden würde. „Beruhige Dich erst, mein Liebling", bat er, „eS kann ia noch Alles gut werden. Wie Mancher ist schon selbst von schweren Wunden wieder genese», und eS sind ja beide kräftige, elastische Naturen —"Sie richtete sich jäh in seine» Armen aus. „Beite, sagst Du? So sind sic also beide verwundet?" stieß sie hervor, um dann leise und traurig mit dem Kopfe zu nicken. „Freilich, wir hätte e» auch ander» sein könne»? Er hatte eS mir ja versprochen, mit seinem Leben über Manfred zu wachen ..." Sie griff nach dem Blatte. Ia, da standen die beiden geliebten Namen dicht bei einander, wie die Träger derselben gewiß im Kampfe gestanden: „Manfred Blande» und Gert v. Waldau." Der Banquier beobachtete seine Tochter mit ängstlichen Blicke». Ihm waren die letzten Vorgänge auf Mallelmr» nicht fremd geblieben: Gabriele batte ibm, der ia am beste» um ihre srüdere Liebe wußte, rückhaltlos Alle» gestanden. Sic schluchzte plötzlich krampsbast aus. „Schwer verwundet — daS heißt: sterbend — beißt vielleicht schon todt" — klang c« ab gerissen von ihren Lippen; „o mein Gott, mein Gott! Dann mit «inein Male machte sic eine gewaltsame Anstrengung, sich zu fassen. „Ick Lars mich nickt in unfruchtbare» Klagen verliere» — ich muß fort": „Fort? — wohin renn?" „Wobin?! sic sab ihn mit große», vorwurfsvollen Augen an. „Du fragst noch? Dabin, wo die Pflicht mich rust, an das Schmerzens lager meines Gatten!" „Aber Kind, da» ist ja unmöglich; bedenke dock, Tu mit Deiner zarten Gesundheit, in Feindes- land, mitten im ärgsten KriegSgclünimel! Und wie wolltest Du überhaupt wohl dortbiu gelangen?" „Einem festen Willen ist Viele« möglich, Papa, und wäre der Weg zu ibm nick noch zehnmal mehr mit Gefahren und Unmöglichkeiten gepflastert — ich würde eS doch versuchen! Zurückbalten lasse ich mich durch keine irdische Macht. Gieb Dir daher keine Mühe, mir Vorstellungen zu machen — sie würden Lock vergeblich sein! Hilf mir lieber meinen Plan auSsübren." Blick und Ton medr noch al- die Worte selbst mußten dem Banauier wodl die Ucberzeuzuiig geben, daß Gabrielen» Ent schluß unerschütterlich war, wenn er auch nicht begriff, Weber der sanften, lenksamen jungen Frau mit einem Male diese Energie kam. „Aber Kind, Kind, wa» willst Du denn dort?" fragte er verzweiflungSvoll. „Bis Tu hingelangst, ist eS ja sicher längst entschieden, ob er leben bleibt, und dann wird es ihm an Pflege nicht fehlen. In jedem Fall aber ist Deine Gegenwart durchaus nutzlos" „Da- glaubst Du selbst nicht, Papa. Bei einer solchen Anzahl von Gefallene» — die Verlustliste spricht ja von 20 000 — wird an Kräften zur Pflege der Verwundeten nur zu großer Mangel sein. Wenn eö indeß auch nickt so wäre, )o würde meine Gegenwart ibm dock Trost und Linderung gewähren und also keineswegs überflüssig sein. — Ist aber", fuhr sie leise schwankende» Tone- fort, „wie eine abnungsvollr Stimme in meinem Herzen sprechen will, keine Rettung für ihn, so soll ihm wenigsten» die letzte Wohltbat zu Tbeil werken, in meinen Armen zu sterben, oder, wenn ich zu spät komme, soll ibni meine Hand die Augen ziidriicken — e» ist das Geringste, WaS ich lbnn kann, um meine Schuld gegen ibn abzutragen." Ter Banquier nal»» ibrc Hände in die seinen und sah ihr ernst in die Augen. „Gabriele, täuschest Tu Dick auch nickt selbst über Deine Beweggründe?" forschte er. „Ist dieses übertriebene Pslichigcsübl gegen Deinen Gatten nicht vielleicht ein Vorwand, de» Dein Herz erfindet, um seiner Sehnsucht »ach — einem Andern folgen zu können'?" In dir Wangen der jungen Frau stieg lichte Rötbe, aber sic bielt seine» Blick ruhig an». „Du tbust niir Unrecht, Papa", sagte sie leise, aber fest. „Ich habe Dir kein Hehl gemacht an» den schweren Versuchungen, die ick zu überwinden gehabt. Aber sie sind überwunden, und in diesem Augenblicke lebt kein unerlaubtes Gesübl in meiner Seele Wenn ich trotzdem zugebe, daß ich um Waltau's willen die Reise antrrte, so darfst Du mich nicht mitzvrrlteben: Sie haben beide Anspruch aus meine Pflege, der Eine wie der Andere — ich darf eS nicht vergessen, daß, wenn Gert verwundet ist, er sein Blut gewiß für meinen Gatten vergossen bat, in treuer Erfüllung de- Versprechen», da» er mir beim Abschied gegeben. — Und nun, Papa, sei barmberzig gegen Tein einzig Kind! Sieb', ich würde zu Grunde geben, müßte ick hier in tbaten- losrr Ungewißbrit verharren — so siebe Du mir bei zu meinem Vorhaben. Ich habe ja in meiner Notb Niemand als Dich, und wenn mein Wollen auch fest ist und vor keiner Schwierig keit zarückbrbt, so bedarf c» doch Deiner praktischen Erfahrung um mir La» Bollbrinaen zu ermöalichen. Nickt wahr. Du
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