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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 26.01.1896
- Erscheinungsdatum
- 1896-01-26
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-189601269
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18960126
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18960126
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1896
- Monat1896-01
- Tag1896-01-26
- Monat1896-01
- Jahr1896
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 26.01.1896
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Den Anlaß scheinen dieMahnungen der Presse an die Landbolen, der Kostspieligkeit ihrer Berathungen zu gedenken, gegeben zu haben. Auch die zwei Sitzungen reichten hin, um zu zeigen, daß man auf keiner Seite etwas Neues zu sagen hat oder zu sagen gewillt ist. Besonderes Interesse erregten nur die Erklärungen, die der Abg. von Kröcher zum Fall Hammer st ein abgab. Wir haben dieselben im Auszug mitgetheilt. Nach dem in der .Kreuzzeitung" vorliegenden stenographischen Berichte modificirt sich daS ursprünglich durchaus günstige Urtheil über die Auslassungen de- konservativen Herrn in einigen Punkten. AuS ihm tritt schärfer als aus dem AuSzuge der Pharisäerhochmuth hervor, der die konservative Partei sittlich höher als andere Parteien stellt. Nach Herrn v. Kröcher ist an den Schurkenstreichen Hammerstein'S im Grunde nur bemerkenswerth, daß sie von einem Conservativen verübt worden sind, bei dem Angehörigen einer anderen Partei — daS ist nicht ausdrücklich gesagt, aber mit herausfordernder Deut lichkeit als Schluß anbeimgrgeben — wäre über eine solche Geschichte kein Wort mehr zu verlieren. Diese Lieber- Hebung ist um so anstößiger, als Herr v. Kröcher sich über die Thaten des srührren Parteigenossen mit einem „Humor" ausließ, der nach unserer Empfindung mehr als einmal an Cynismus streift. Urber die Bezichtigung des verstorbenen Rcchnungsralhes Güthlein, den niederträchtigsten unter den niederträchtigen Streichen Hammerstein'-, ließ sich Herr v. Kröcher wie folgt aus: Ebenso (wie mit der Wechselsälschung) war es mit dem sogenannten Stöcker Fonds. Das erfuhren nur, glauöe ich, Anfang März oder Ende Februar. Es ist ja einmal ein Fonds für den Hofprediger Stöcker gesammelt worben, welchen vtr)er zu Stadtmissionszwecken bestimmte, und der ist in die »rruzzeitungscasse abgetiesert worden» vielleicht well dir einen Geldjchrank hat und Herr Stöcker keinen. Als dies Geld von Hammersiem zurückverlangt wurde, da sagte er: Das hat »ln Beamter bei Seite gebracht, der nun tobt ist. Das ist nun auch solche Sache. Einige Leute sagten, sie Hütten ih» gekannt, er sei eia anständiger Mann gewesen, bas wäre ihm nicht zuzutrauen. Aber schließlich — wer jpeculirt nicht ein- mall E- pasfirrn ja alle möglichen Sachen heut zu Tage. Wir rühmen unS nicht des „Privilegiums für Sittlichkeit und Ehristenthuin", daS nach Herrn v. Kröcker den Con- servatioen zukommt, aber wir sind sicher, baß keiner unserer Freunde eine solche Sach« so in der Oeffentlichkeit behan delt hätte. Was die praktische Bedeutung der Erklärung anlangt, so ist sie gleich Null. Daß Herr v. Kröcher, gerade er und er allein, im „Krruzzeiiung-- Eomils mit Herrn von Hammrrstein aufraumen wollte, hat man gewußt und ist erst kürzlich wieder von dem Blatte, das sich Uber dir Angelegenheit stet- am besten unterrichtet gezeigt bat, hervorgebobeu worden. Im Uebrigen bleibt di» Beschuldigung bestehen, daß di« Conservativen rin» von ihnen al- ehrlos erkannt» Persönlichkeit Monat« hindurch al» Ber treler der couserdativen Sache haben wirten lassen. Wenn vorhin dir parlamentarische Thätigkeit eine lebhaft« genannt wurde, so will das nur so drrstanden sein, daß viel parlamentarischer Stoff in der Erledigung begriffen ist, nicht, büß im Reichstag Lebhaftigkeit herrsche. Da- war am Donnerstag nur ausnahmsweise ber Fall, als der Präsident zutieß, daß zwei Abgeordnete sich — schimpften, ja den einen zum Gebrauch eines unparlamentarischen Ausdrucks beinahe nöthiate, indem er eine wider ihn geschleuderte Beleidigung unaerügt ließ. Lu pvocto Geschästsleitung ist überhaupt dieser Reichstag seit dem 23. März ein» eluttuorv Istroür-ble. Der „Gewinn" unsere- politischen Leben- au- dem Zusammen stoß Kardorff-Bartb ist, daß eine Verdächtigung mehr die parlamentarische „Sanktion" erhalten hat. Man hat es da und dort einem Theile der Presse, zu dem auch wir gehörten, verdacht, daß er dir kaiserliche Berurtheilu„t der vaterlandsschäntenbrn socialbemokratischen Rohheit nicht mit der Aufforderung zu einer neuen gesetzgeberischen Aktion gegen dir Sokialormokratie beantwortet hat. Wir hatten gute Gründe zu unserem Verhalten. Diejenigen aber, vir nicht damit zufrieden waren, sollten doch fragen, wie r« mit dem Anktang einer viel älteren Kundgebung drS Kaisers steht, die von aller Welt und insbesondere auch vom Fürsten Bis marck atS der Wunsch nach einer Umkehr in der Polen- Politik verstanden worden ist. Hier scheint man lau geblieben zu sein, obwohl r- zum Schutz de- Deutsch- thumS im Osten nicht der Zustimmung deS Reichstags bedarf. Wa» ein Vertreter de- Herrn von Stephan und später dieser selbst dem polnischen Ansinnen, den deutschen Postbeamten den Beitritt zum deutschen Verein in den Ost- markea »u verbieten, entgegengesetzt hat, klingt in der Thal wie ein halbe- Verbot dieser Art unv wird es nicht unbegreif lich erscheinen lasten, wenn deutsche Postbeamte im Osten die vor Iahrr-srist von einem Minister des Kaiser- jedem Deutschen au- Herz gelegt« Pflicht, seine Nationalität zu vertheidigen, einer Specialpflicht untrrorvnen zu müssen glauben. Deutsches Reich. ID Berlin, 2b. Januar. Der Reich-tag-abgeordnrt« deS Kreise- Solingen, Schuhmacher, ist, wie bereit- mit» getbtilt, nicht nur aus dem socialvemokratischen Volt-Verein m Solingen ausgeschlossen worbe», sondern auch der rheinische Parteitag erklärte (mit 52 gegen 32 Stimmen) Schuhmacher für unwürdig, fernerhin ei» VertrauenSamt in der Partei zu bekleiden. Der Ausgeschlossene wäre nun moralisch ver pflichtet» sein RrichSiagsmaiidat nievrrzulegen; da- wird er aber bei seiner bekannten Zäbigkeit nicht tbun, sondern vielmehr gegen da- Urlveil an den nächsten Parteitag der Gesammipartei appellirra. Schuhmacher war ursprünglich HandlungScommiS, dann wurde er Compagnon des Lederbändlers Dietzgen, d«S „Philosophen" der Partei, wie ihn Liebknecht genannt. Später übernahm Schuhmacher allein das Dietzgen'scbe Geschäft. Seit dem Iadre l884 ist Schuhmacher von den „Genossen" in Solingen ununter brochen in den ReickSlag gewählt worden und zwar in Folge eine- großen Einflusses, den er auf die Gewerkschaften aus- Lbt, da er als Lederlieferant Gläubiger einer ganzen Anzahl von Schuhmachern, Mefferarbeilern rc. ist. Mit den im „Volksverein" organisieren politischen „Genossen" steht schon seit einer Reibe von Jahren in einem er erbitterten Kampfe, und ebenso liegt er beständig im Streit mit dem von diesen inspirirten Parteiorgan, der „Bergischen Volksstimme", so daß er sich einmal zu Tbät- icbkeiten gegen einen Redakteur dieses Blattes bat Hinreißen asten. Der Fübrer ber „Unabhängigen" in Solingen ist, abgeseben vom Redakteur des Parteiorgans, der Vorsitzende deS dort'gen Freidenkervereins, Cartcnfabrikant Schreiner. Zn letzter Zeit bat Schubmacher sich noch dadurch bei seinen Parteigenossen unbeliebt gemacht, daß er auf die Auflösung oeS „Volksvereins" und auf eine versöhnlichere Stellung gegenüber der Regierung binarbeitete, letzteres unter der Motiviruna, daß Solingen doch der Waffenlieferungen wegen von der Regierung abhängig sei. Das „Dolksdlatt für Brandenburg", das jetzt von dem früheren Redakteur der „Berg. Volksst.", Theodor Huth, retizirt wird, bemerkt hierzu, daß Schubmacher so schnell wie möglich abgesägt werden müsse. Das Centralorgan der Partei, der „Vor- wäris", dessen Hintermänner mit Schuhmacher eng be freundet sind, hat zu dem jüngsten Streit und dessen Aus gang noch keine Stellung genommen. Bei der letzten NeickStagswahl waren die „Genoffen" in Solingen so ge spalten, daß sie zwei Candidaten aufstellten: Schuhmacher und den Mefferarbriter Sckaal. Letzterer mußte unterliegen, da die Parteileitung mit Hochdruck für Ersieren arbeitete. Auch mit ihrem früheren Vertreter, dem Kölner Rentner Ritting- bausen, hatten die Solinger Socialdemokraten Pech. Niiting- hausen, der als Demokrat der Nationalversammlung angehört hatte, trat später der socialbemokratischen Partei bei und wurde 188l in den Reichstag gewäblt. In brr Fraktion nahm er wiederholt eine Sonderstellung ein, was man ihm mit Rücksicht auf seinen drohen Reichlhum, der ibm ge stattete, auf Diäten zu verzichteu, verzieh. Als er aber in der spanischen Zollfrage sich nicht der Meinung der Fraktion unterordnen wollt«, schloß ihn diese auS der Fraktion und Partei auS. Die Gegner Schuhmacher'« baden, wie unS von zuverlässiger Seite mitgetheilt wird, als Candidaten bei der nächsten Reichstagswahl den badischen Landtagsabgeordneten vr. Rüdt in Aussicht genommen, der durch seine Verträge über das Freidenkertbum in Solingen sich bereilS einen ge wissen Anhang erworben hat. * Berlin, 2ü. Januar. Die Unzulänglichkeit deS Herrn von Buol al- Präsident de- Reichstag-, die zu beschönigen bezeichnender Weise da- socialdemokratische Centralorgan sich angelegen sein läßt, wird jetzt auch schon im freisinnigen Vager sehr lästig empfunden und entsprechend kritisirt. So schreibt, in Anknüpfung au den bekannten Zwischenfall von Kardorff-Barth, die „Voss. Ztg": „Es kann keinem Zweifel unterliegen, daß es dir Aufgabe des Präsidenten von Buol - verenberg gewesen wäre, sofort »inzuqreisen und di» strengst» Rüg« über Herrn von Kardorff zu verhängen, die die Geschäftsordnung zulktßt. Der Präsident hat den Verhandlungen auf- merksam zu folg»» und die Ordnung aufrecht zu erhalten. Ist er dazu nicht willen-oder nicht befähigt, so sind dl» Mitglieder auf dl» Selbsthilfe angewiesen, und dann ist zu gewärtigen, daß man gelegentlich von Beleidigungen durch Worte vielleicht gar zu thätlichrn Angriffen übergeht. Ob der Abgeordnete von Kardorff Herrn Barth „infame Lüge" vorwirft oder ihn einen „infamen Lügner" nennt, ob er solch» AuSdrücke unter einet Bedingung, zumal einer, di« zu stellen er gar kein Recht hat. oder unbedingt gebraucht, ist völlig einerlei; da- würde Herr Lanvgnichtsrath von Buol al- Strafrichtet wissen, er hätte rß auch al- Präsident d«S Reich-tageS wissen müssen. Aber der Präsident war der Lag« überhaupt Nicht gewachsen E» muff bedauert werden, daß er selbst nicht genau hört», wa» doch det ganze Rrlch««ag Hütte und wa- auch ans den Zuhörer tribünen deutlich verstände» wurde. Nicht der Lärm im Hause war -ie Ursache, daß Herr von Buol dir Aeufferung nicht aufsaffte, die den schärfsten Ordnung-ruf herau-sorderte. Einwendungen, die von Anfang an gegen die Wahl de- Herrn von B«0l zum Präsidenten erhoben wurden, gewinnen durch die Vorgänge ln der Sitzung de» ReichStags am Donnerstag an Gewicht. Man Hot berichtet, das Lrntrum habe für die Stelle d«< ersten Präsidenten ursprünglich nicht Herrn von Buol, sondern Herrn Spahn Vorschlägen wollen und sei selbst durch den von dem damaligen Vicepräsidenten von Buol erhobenen Anspruch, Nachfolger des Herrn von Levetzow zu werden, unangenehm überralcht worden. Wir glauben, daß bei einer späteren Neuwahl dr< Präsidium- «in« größere Rücksicht auf die Eignung zu dem Amte al- auf prriönliche Wünsche zu nehmen wäre. Das erfordert da- Interesse des Reichstags und der parlamentarischen Ordnung." Auslastungen wie Vit vorstehende wären vor Kurzem wohl von der »Boss. Ztg." selbst als „mittelpartriltche Bosheiten" »gebranvmarll" worden. * Bartt». 2b. Januar. Ueber di« so plötzlich aufgelauchten großen Marinrplänr fällen die Blätter de- CentrumS, wir vorauszusehrn war, ein äußerst absprechrndr- Unheil. Dir „Köln. volk-ztg." erklärt, daß es ebenso aussichtslos sei, dem Reichstag« damit zu kommen, wie ibn aufzulösen, wenn e« wirklich nicht bloß aus «ine angemessene Vermehrung der Kreuzer, sondern auf dir Schaffung einer großen Kriegsflotte abgesehen sein sollte. DaS Schlimmste aber, waS unS pajsiren könnt», wäre der Uebergang zu einer »Wellpolitik": „Da» deursch« Volk will von Abenteuern irgend welcher Art nichts wissen und eine „Weltpotitik", zu deren Durchführung do- deutjche Reich, da- bereits dt» schwerste Wasfenrüstuug zu Land« trägt, nun auch noch zur Sr« de« großen Se> machten, namentlich England, rbeubürttg gemacht werden müßte, würde da» bedenklichste aller Abenteuer fein." Der Uedereifrr der Befürworter jener Pläne trägt- nicht dazu bei, die Abneigung de« Eentrum« zu vermindern. So wird gesagt, die 300—400 Millionen, die rum Bau von zwanzig gepanzerten Kreuzern nöthig sein würden, brauchten nicht durch neue Steuern aufgebracht zu werden, es genüge dazu eine Convertirung der 4- und 3Vrproc. Anleihen und eine höhere Besteuerung der Lotterien. Man vergißt dabei nur. wie die „Magdeb. Ztg." mit Recht hervorbebt, daß es Neichslotterien nicht giebl und Staatslotterien nur in einzelnen Staaten. Die Einführung einer Reichslotterie zur Beschaffung eines Theiles der Mittel sür Marinezwccke würde auf ernste Bedenken stoßen. Bei der Convertirung kämen für das Reich 450 Millionen 4procenlige und 780 Millionen 3»/»procenlige Papiere in Frage. Convertirte man sie in 3 vrocenlige ConsolS, so würde sich eine Zinsersparniß von jährlich etwa 8^/3 Millionen Mark ergeben. Daß die Zinsverkürzung wie eine Erhöhung der direkten Besteuerung wirken »lusi, liegt auf der Hand, und da von ihr eine große Anzahl kleinerer und mittlerer Existenzen hart betroffen werden würde, so hat man sich bisber an maßgebender Stelle u der Convertirung mit Recht nicht versieben können, wie oft und wie laut sie auch gefordert wurde. Es würde politisch ein schwerer Fehler sein, sie jetzt für Marinezwecke in Scene zu setzen. Wenn ein kleiner Rentner um 25 Procent in seinen Renlenbezügen gekürzt wird, würde er sich wohl fragen, ob dann nicht mit eben demselben oder größerem Rechte ein entsprechender Sleuerzuschlag auf die großen Einkommen gefordert werden könnte. Aber die Zinsersparniß reicht nicht einmal aus, um die Zinsen einer neuen 300 die 400 Millionenanleihe zu decken, und die 30—40 Millionen, die die Instandhaltung einer so großen Zahl neuer Schiffe jährlich beanspruchen würbe, sind dabei auch noch außer Betracht gelassen. Sind die maßgebenden Stellen über die Vermehrung unseres Flottenbestands einig, so müssen auch auf dem ord nung-mäß igcn Wege bieMiltel aufgebracht werden, wie daS bisher geschehen ist. Man darf auch nicht vergessen, daß 20 neue Panzerkreuzer nicht über Nacht vom Stapel gelassen werden können. Bereits vom Reichstage bewilligte Bauten haben zurückgestellt werden müssen, weil an den ConilructionSplänen noch Arnderungen vorgenommen werden mußten. Wenn vir jetzt in den Etat eingestellten Forderungen bewilligt werden, würde die Marineverwaltunz zwei Panzer >. Elaste, einen Kreuzer 1. Elaste, fünf Kreuzer 2. Classe erhalten. Schon diese Bauten werben unseren Werften, den staatlichen wie den privaten, reichlich zu schaffen machen. * Berlin, 25. Januar. Die Mitglieder de- „engeren Vorstandes" de- Bunde- der Lanbwirthe, die Herren v. Plötz, Or. Rösicke, Lutz und Or. Suchsland, erlassen mit Bezug auf die ReichSiagSverhanblung über den Antrag Kanitz eine großspurige „Erklärung". Dieser zufolge haben der StaatSsecrelair von Marschall unv der Lanv- wirthschastSminister von Hammerstein-Loxten den Antrag ab- gelehnt, „ohne auch nur den Versuch gemacht zu haben, die eingehende, insbesondere vom Grafen Schtperin-Löwitz im Sinne deS Bundes neugkgebene sachliche unv wissenschaftlich vertiefte Begründung zu wiverlegen". Wer die Reden einer seits des Herrn von Marschall, andererseits des Grafen Schwerin gelesen hat, wird diese Phrase zu würdigen wissen. Nachdem die vier Herren weiter konstatirt haben, daß Herr von Plötz durch ven Schluß der Debatte am Reden ver hindert worden sei — warum haben die Antragsteller denn nicht ihn anstatt de- Aba. Liedermann von Sonneuberg zum Scvlußwort vorgrschickl? — folgt eine für weitere Kreise aleichgtltigr Auseinandersetzung darüber, welchen Aittheil Herr von Plötz unv andere Angehörige deS Bunves an dem Antrag Kanitz haben. Dann heißt eS in der Erklärung: «Der Herr Minister v. Hammerstem hielt r» „alS guter Patriot für seine Pflicht", di« Agitation de» Bunde«, die dieser sür di» Lösung de» Problems der Preisbildung betreibe, für geradezu gemeingesähr- llch und Mit der Pflicht eines jeden loyal denkenden ünterlhaurn unvereinbar zu erklären. Im Namen aller Benieter des Bundes der Laudwikthe bestreiten vir dem Minister von Hammerstem da- Recht, sich zum Richter übet unsere König-treue auizuverjeo. Nur Gott und unser Gewissen kann darüber unser Richter ietn. Un- gegen den Borwurs der Gemeingesährlichkeir eingehend zu veriheidigen, werden ernst» Politiker von uns nicht erwarten. Tief bedauerlich bleibt aber ein» solch» gehässige Verdächtigung ehrlich kämpfender Männer aus dem Munde eines preußischen Minister», da durch sie di» nothwendige Erörterung der großen, die Zelt bewegenden Fragen nicht gejördrr«, sondern vergiftet wird." Dir Herren von Plötz und Genossen beklagen sich darüber, daß die politische Erörterung vergiftet werde. Wie oft daS Eilat von den über Aufruhr klagenden Gracchen auch schon da war, hier drängt rS sich unabweisbar auf. (Nat.-Z.) L. Berit«, 25. Januar. (Telegramm.) Der Kaiser empfing gestern Nachmittag um 4 Uhr den Besuch der Kaiserin Friedrich. Um 6 Uhr fand die Abendtafel bei den Majestäten statt und um 7 Uhr wohnte der Kaiser dem bereit« erwähnten Vortrage in der militairischen Gesellschaft bei. Nach demselben begab sich der Monarch zu dem Chef de- MarinecabmetS, Fieiherrn von Senven- Bidran, von wo die Rückkehr nach dem königlichen Schlosse um 1t Uhr erfolgte. Heute Vormittag nahmen die Majestäten daS Frühstück bei der Kaiserin Friedrich ein Zurückgekehrt nach dem königl. Schlosse, hörte der Kaiser di« Boriräg« des Ebefs de» Geheimen Civil-Eabiners, de» Ehefs de» Generalstades und des Eies- de« Militair-Eabinet». Um 12 Uhr Mittag» gedacht« sin, der Kaiser nach dem königl. Opernhause zur Probe von lebenden Bildern »u be geben unv Abend« um «»/, Uhr einem Vorkrag« de» Professor« Tlaby in der Technischen Hochschule zu Chartotteaburg dei- zuwohne». K. Berlin, 25. Januar. (Telegramm.) Zum Behnrl»- sefte -e« Kaiser- wird auch in diesem Jahr« eine große Zahl von Fürstlichkeiten in Berlin anwesend sein. Außer dem Prinzen und der Prinzessin Friedrich Karl von Hessen, sowie dem Prinzen Adolf zu Schaumburg-Lippe, Regent des FürstentbumS Lippe, und der Frau Prinzessin Avo f zu Sckaumburg-Lippe, die bereit» in Berlin weilen, treffen deute Abend ber Fürst von Hobenzollern und der Groß- brrzog und di« Großberrogin von Baden in Berlin rin. Am Sonntag kommen der Reib« nach hier an: dir Landgräfin und dje Prinzessin Sibylle von Hessen, der Erbgroß' Herzog und die Erbgroßherzozin von Baden, der Herzog von Sachfen-Eoburg und Gotha, der König von Sachsen und die Prinzen Friedrich August und Johann Georg von Sachsen, der Großherzog von Sachsen, der Herzog und die Herzogin Friedrich Ferdinand zu Schleswig-Holstein Sonderburg-Glücksburg, der Erbgrvßberzog und die Erbgroß- herzogin von Mecklenburg-Strelitz, der Erbprinz und die Erb- frinzessin von Anhalt, der Erbprinz und die Erbprinzessin von Sachsen-Meiningen, der König und die Königin von Württem berg, sowie die Prinzessin Pauline von Württemberg, der Großberzog und die Großherzogin von Hessen und der Fürst zu Waldeck und Pyrmont. Ferner werden am Sonntag im Lause deS Tages noch eintreffeu: der Erbprinz Reuß >. L, Prinz Heinrich von Hessen und die Herzogin Wilhelm von Mecklenburg-Schwerin. ^ Berlin. 25 Januar. (Telegramm.) Die Ragelung und die Weihe der dem Lehr-InfanterieBataillon und dem Leib-Küeassier-Regiment „Großer Kurfürst" (Schlesisches Nr. L) zu verleihenden neuen Fahne resp. Standarte findet morsen (Sonntag) Vormittags 1l llkr im Neuen Palais statt. Die Nagelung erfolgt durch den Kaiser nebst Gefolge, die Weihe im Slerbezimmer des Kaisers Friedrich durch den Division-- Pfarrer Keßler in Gegenwart des DioisionSpfarrers Hoffrichter — Zum Geburtslage des Kaisers schreibt da-„Militair- Wochenbl.": „Mitten in die erhebende Feier der großen Lage de- französischen Feldzuges, der Wiederausrichtung des geeinten deutschen Reiches tönen diesmal die Lhoräle, donnern die Kanonen, klingen dir Jubel rufe zu unseres Kaisers Geburtstag. Jedes deutsche Kriegrrberz hat höher geschlagen, als unser Allerhöchster Krieg-Herr den An sporn zur Nacheiferung der Heldenihaten von 1870/71 gab, al- er unsere Fahnen mit dem Bande der KriegSbenkmünze und mit dem grünen Laub der deutschen Eiche schmückte, als er auf dem Schlachtfelde von Wörth das Denkmal feine» Feldherr» Paters enthüllte und am Tage von Gravelotte-St. Privat den Grundstein zum National-Denlmal sür den großen Kaiser legte „Was mochte die große Kraft un erer Armee aus?" ries der Aller höchst» Kriegsherr im Andenken an den ersten Kaiser am 18. August der l. Garde-Jnianteriebrigade zu. „Es war die unbedingte Hingabe an einen Willen, den ihres obersten ;brieg-herrn. Unerschütterlich sollen daher sür unS die drei Lugenden bestehen, welch« der Verewigte selbst als die drei Haupilüuleu seiner Anne» bezeichurtr die Tapferkeit, das Ehrgefühl und der unbedingte Gehorsam. Lassen Sie uns diese drei Eigenschaften mit unermüd licher Arbeit aufrecht erhalten und kräftigen, dann wird unsere Armee Das bleiben, wozu sie Kaiser Wilhelm der Große geschaffen hat." Ja, das gelobt die Armee zu halten! Denn unser Kaiser geht uns darin voran!" — Von der Socialdcmokratie wird dem Arbeiter regelmäßig vorgeredet, daß unter der Herrschaft des „Ca p i talismus und MammonismuS" es dem Arbeiter nicht möglich sei, sich auS dem Proletarierthume emporzuarbeiten, weder in Bezug auf Vermögen, noch in Bezug aus sociale Stellung. Demgegenüber sprechen die Tbatsachen ihr ae wichtiges Wort. So weist jetzt die „Post" darauf hin, daß der soeben verstorbene Geheime Commerzienrath Schichau in Elbing seine Laufbahn als einfacher Schlosse rlebrling begonnen hat. Er hat sich durch her vorragende Tüchtigkeit von diesem bescheidenen Anfänge bis zu dem Eigentbüiiier einer großen weltberühmten Schiffs- und Maschinendauanstalt emporgcarbeitet. ÄuS dem ein fachen Arbeiter ist ein sehr reicher Mann unv der Arbeit geber einer nach Hunderten zählenden Arbeiterschaft ge worden. —- Der Abgeordnete der deutsch-socialen Neformpatkei l>r. Paul Förster erläßt folgende Erklärung: »Die Zeitung ,,Krti-D rutsch land" ist aus dem Verlag» einer Gesellschatt m. b. H., die aus Parteigenossen bestand, in die Ha»v eines einzelnen Besitzer- übergeaangrn, der nickt der pflichtet ist, sie im Sinne unserer Grundsätze und Forde rungrn sortzufübren, die Zeitung darf sich also nicht mehr mit Fug unv Recht als unser „Parteiblatt" auSgeben. AuS diesem Grunde habe ich auch untersagt, baß mein NaMe alS der des „Begründers" der Zeitung fernerhin im Kopfe ber Zeitung geführt werde; und wenn er dort weiter stehen sollte, so geschieht das durch Mißbrauch." * Hel«»laa-, 24. Januar. Der Kaiser hat dem hiesigen Eommandaitten Capitain z. S. Stubenrauch «in Aquarell bild drS neu erbaute», im Herbst vor. JahreS in Betrieb ge nominenen Neickspostgebäudes auf Helgoland zur Ausschmückung der Eommandantur übersandt. * Stettin, 24. Januar. In der gestrige» Stadt verordnetensitzung kam, wie die »Stett. Ztg." berichtet, ein Antrag zur Berathung, der sich aus di« Belastung der größeren Eommunen durch daS vorgeschlagene Lehrer- besoldungSgesetz bezieht. Di« Dringlichkeit wurde auS gesprochen, und nun verlas der Vorsitzende den Antrag, welcher dabin gebt, „die Versammlung wolle die Einsetzung einer gemischten Commission beschließen zur Berathung über Mittel und Wege, um den Schaden abzuwenren, welcher der Stadt durch das Lehrerbesolvung-gesetz, speciell durch K. 25 desselben, droht." Nach H. 25 hat ver Staat den Com mune» nur Zuschüsse zu zahlen für 25 Lehrer. Dir der Stadt Stettin bei Durchführung de- Gesetzes zufallende Be lastung wird sich auf ca. 80 000 belaufen. Der Vor sitzende schlug vor, den Antrag einer gemischten Coinmisflon zu überweisen. Der Antrag fanv keinen Widerspruch. * Thorn, 24. Januar. Die Polen verfolgen jetzt den Grundsatz, bei Strafprocessen jeden Richter al- befangen abzulednen, ver Mitglied de- Verein- »um Schutze de« Deutsch «bum» ist. Hier mußte aus diesem Grunde ein Termin aufgehoben werden, da keine Richter zur Stelle waren, die über die Zulässigkeit de- Einspruches hätten ent scheiden können. Es handelt« sich um die Beleidigungsklage eine« Kaufmanns gegen einen Besitzer, der dem Kaufmann durch Postkarte mitartbrilt hatte, er könne sein Kunde nicht bleiben, weil der Kaufmann Mitglied jene- Vereins ge worden sei. * Posen, 24. Januar. Mit einem Sckmerzen-seufzev geunkt yrr „Dziennik PoznanSki" der nun zehnjährigen Thätigkeit der Ansiedelung« - Eommission. Er ent nimmt der neuesten Nachweisung darüber die Angabe, daß die Commission bis zum Ende des Jahres 1ISK 12? Güter im Umfange von 85 800 kin gekauft und 43 KIker »il deutschen Eoloniften besiedelt hat. Da- Blatt bemerkt am
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