schärft ihren Blick nicht nur für das Erkennen des Pornographischen, sondern auch für das Verstehen des Künstlerischen, so daß ihr Kunstverständnis das sehr vieler Laienrichter weit überragt. Aber fast immer wird ihre Mühe durch die Ohnmacht des Gesetzes und durch den Einfluß der zügel losen Kunst, die Laienrichter und gelehrte Richter infiziert, um ihren Er folg gebracht. Endlich stehen die Schutzleute unter dem Einflüsse des „Kunstwarts", der ihnen vom Amte zugänglich gemacht wird, das überhaupt ihre ganze Tätigkeit leitet und überwacht. Daß diese Zeitschrift, die gewiß keine Banausen züchtet, von den Bediensteten nicht nur durchgesehen, sondern auch gelesen, und nicht nur gelesen, sondern auch verstanden wird, davon habe ich mich wiederholt in Gesprächen mit den Schutzleuten überzeugt. Der Artikel von Avenarius, den ich im Schlußkapitel mit dem Vorschläge des Bayerischen Aerztlichen Correspondenzblattes kombiniere, war mir ent gangen. Einer der Männer mit dem „harmlosen Schutzmannsgemüt", ein Kriminalwachtmeister, hat mich darauf aufmerksam gemacht. Die pornographischen Vostlrarlen. Als ich am 19. Juli an die Arbeit ging, lagen mir die bittern Worte, womit Jules Claretie, der Leiter der Comodie sran^aise, im Temps uns die Hauptschuld an der Überschwemmung der Welt mit pornographischen Erzeugnissen zuschiebt, noch im Ohr: „. . . unsere Gäste haben recht: es sind meist Dirnen und arme Mädchen von oft abschreckender Häßlichkeit, deren nackte Leiber den gierigen Blicken junger Burschen und höherer Töchter preisgegeben werden. Aber es läßt sich da eine interessante Be merkung machen. . Haben sie die Postkarten, die ihnen mit Recht die Röte der Scham ins Gesicht getrieben haben, genau angesehen oder um gedreht? Haben sie wohl einen Augenblick daran gedacht, daß alle diese Postkarten aus Deutschland kommen? Es ist das tugendhafte Germanien, das mit diesen pornographischen Erzeugnissen das so verderbte und lieder liche Gallien beglückt. . . . Unseren Zensoren und Tadlern haben wir die Überschwemmung mit derartigen Schweinereien zu verdanken." Jules Claretie erwähnt in erster Linie die pornographischen Post karten. Ich war ihm dankbar dafür, daß er mir der Fülle des Materials gegenüber, das sich auf der Polizeidirektiou um mich anhäuste, ein fast alle Tiefen der pornographischen Gemeinheit umfassendes, aber doch überseh bares Arbeitsgebiet bezeichnete. Ich habe auf diesem Gebiete folgende Beobachtungen gemacht. In den amtlichen Materialsammlungen fanden sich insgesamt 613 verschiedene Karten, die einzeln oder in Serien in den Handel gebracht worden waren. Die Zahl der Exemplare, die durch diese 613 Muster repräsentiert werden, beträgt Hunderttausende. I. Deutsche Fabrikate.