der „Sittlichkeitsschnüffler" verwendet hat, beweist, wie eng die geistigen Beziehungen zwischen der pornographischen Postkartenkunst und dem „Simpli- cissimus" sind. Auch Darstellungen, die körperlichen Ekel erregen, wie die der Wirkung der Stiche parasitärer Insekten zeigen eine Jdeengemeinschaft mit dem Witzblatt. Die Lösungen dieser „künstlerischen" Ausgaben sind ohne Kunstwert. Spuren kaufmännischer Kalligraphie und unbewußter, durch die Bequem lichkeit veranlaßter Stilisierung, die in den Linien und in den Tönen der realistischen Darstellungen auftreten, lassen den Beruf der Urheber zu künst lerischer Tätigkeit sehr zweifelhaft erscheinen. Den Preis des Künstlertums erringt einer damit, daß er die Technik und die Formensprache eines hervor ragenden Mitarbeiters der „Fliegenden Blätter", Eugen Kirchners, nachzu ahmen sucht. So leicht ist der Sieg in diesem Wettkampf künstlerischer Schwächlinge. Die Farbengebung auf diesen Postkarten ist gemein. Grelle Lock farben tragen die Bilder wie giftige Pilze. Aber auch wenn man die Schuld an der Roheit des Kolorits den künstlerischen Urhebern der Karten abnimmt und den technischen und kommerziellen aufbürdet, bleibt das ab fällige Urteil über die Kunst, die sich in diesen Karten äußert, bestehen. Die Urheber dieser Karten dürften zum größten Teil junge, an Geist, Kunst und Gemüt schwach begabte Künstler sein. Und doch — auch auf diesen armseligen, gemeinen Bildern liegt noch ein Schimmer von Geist und Kunst. Er erlischt, wenn die rechnende, raffende Gewinnsucht mit der Technik allein ans Schaffen geht. L Bastarde Da nimmt die nüchterne Spekulation auf die geschlechtliche Erregbar- keit erblich belasteter, frühreifer Kinder oder roher oder blasierter, der Per industrie versität verfallener Menschen verschiedene Industrien, die verständnisvoll Spielwaren, auf pornographische Ideen einzugehen vermögen, in ihre Dienste. So ent- industrie. stehen Bastarde der Postkartenindustrie und der Spielwarenindustrie, die die tiefste Depression des Geschmacks darstellen, auf die ich im Verlaufe meiner Untersuchungen gestoßen bin. Diesen aus einem schlechten Steindruck bestehenden, mit fleischfarbigem Gummi oder mit Blechformen, sogar mit gewirkten roten Strümpfchen aus gestatteten Karten liegt die Absicht zugrunde, das graue flache Bild durch die primitive Herstellung der natürlichen Plastik einzelner Körperteile pikanter zu machen. Das Bild kann durch einen Fingerdruck zum Flachrelief, durch die Einfügung von Fingern in Lücken des Papiers zur Puppe umgestaltet werden. Den bescheidenen Lüstling, der sich dieser halb kindischen, halb gemeinen Machwerke freut, unterstützt eine Gebrauchsanweisung. Sie ver heißt ihm, wenn er sie richtig anwendet, die Illusion der Wirklichkeit und die gewünschten Sensationen.