Der deutscheste der deutschen Künstler, Hans Thoma, hat mir geschrieben: Karlsruhe, Mai 1906. Hochverehrter Herr Doctor! Schon Ihrem Vorwort zu der Brochüre, die Sie die Güte hatten mir zuzuschicken, stimme ich unbedingt zu als einem Programm in dieser Sache; es hat mir meiner Lebtage immer in der Seele wehe gethan, wenn ich das Gebot: „Ehret die Frauen" mit Fristen getreten sah. Der Kampf, den Sie kämpfen, ist edel und gut, das ist freilich oft alles, womit man sich in solchen Lagen trösten must. Ich will hoffen, dast nicht unsere leidige Parteipolitik in solcher Angelegenheit, die eine so vollständig menschliche und Volksangelegenheit ist, hineinspricht. — Übrigens kann diejenige Partei, welcher unbequeme Mahner des deutschen Volkes zur Sittlichkeit zugeschoben werden sollten, nur sich freuen, denn sie erhält gute Bundesgenossen. Natürlich werden darüber manche Begriffe verwirrt und man stellt die Sache so dar, als wenn es ein Kampf wäre gegen die unabänder lichen Gesetze der Menschennatur, die freilich von hoher Geisteswarte heilig gesprochen werden müstten, ein Heiligthum, das geschützt werden soll durch die ebenso in der Natur des Menschen begründete Schamhaftigkeit. —