121 ihnen das Volk ihre durch Betrug und Ausbeutung erworbenen Milliarden zurücknehmen. Vorläufig laufen die Plutokraten allerdings noch keine Gefahr, weil jeder Amerikaner in gleicher Weise bestrebt ist, dem goldenen Kalb zu dienen und vor dem allmächtigen Dollar ehrfurchtsvoll auf dem Bauch liegt. Denn er hat nur für Geld Sinn. Wissenschaft und Künste imponieren ihm nur dann, wenn sie entweder zum Geldverdienen beitragen oder sich in vielen Tausenden von Dollars ausdrücken lassen. Darum gilt ihm z. B. Millets „Angelus“ für das beste Bild der Welt, weil es, obgleich nicht groß, dennoch für 600 000 Franken verkauft wurde, während Tausende von anderen Bildern, die weit größeres Entzücken des Kenners erregen, von ihm keines Blickes gewürdigt werden, wenn man ihm nicht ihren Wert mit ähnlichen Riesenzahlen angeben kann. Bücher finden nur dann bei ihm Beachtung, wenn sie sich über sein Vaterland in überschwenglicher Begeisterung äußern, und für Poesie hat er nur geringschätziges Lächeln, sofern sie nicht seiner nationalen Eitelkeit schmeichelt, wie „Star spangled banner“ und „Hail ColumbiaEin plumpes Riesenwerk, wie z. B. die Pyramiden, imponiert ihm mehr als das zierliche Juwel des Löwenhofes in der Alhambra, für das ihm jedes Verständnis fehlt. Denn ihm imponiert nur die Masse, nicht die künstlerische Ausführung. Ein lärmender Marsch, wie „Stars and Stripes“ von Souza, gefällt ihm besser als ein Adagio von Beethoven. Er applaudiert nur dem Sänger, dem er viele Tausende pro Abend zu zahlen hat. Beweis dessen der Witz Carusos in Neuyork, über den ich im 20. Kapitel näheres mit- teilen werde. Wenn man in Amerika was immer bewundert, so wird der Amerikaner nicht verfehlen, sofort anzugeben, wie viel es ge kostet hat. Denn nur die Summen imponieren ihm, nicht die künstlerische Ausführung oder die Schönheit des Gegenstandes. Dabei erwartet der Amerikaner auf seine stereotype Frage: „Wie gefallen Ihnen unser Land und unsere Einrich tungen?“ unbedingtes Lob und Entzücken, das ihm meist aus Höflichkeit zuteil wird und ihn in seinem Walm bestärkt, daß Amerika hoch über Europa steht. Wenn ein Fremder den Mut hat, die Wahrheit zu sagen, so wird er sein persönlicher