Suche löschen...
01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 19.01.1897
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1897-01-19
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18970119014
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1897011901
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1897011901
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1897
- Monat1897-01
- Tag1897-01-19
- Monat1897-01
- Jahr1897
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
VezugS'Pret- -» her Hmtptrxpedittou oder dm im Stadt bezirk uud dm Vororten errichteten AuS- «Lestellq, «b,»tzvlt: vi«1»lj«chrNch bei ß»et»«li«r täglich« Zusl,U»»g in« Ha»» L-Ä Durch dir Post bezo«u für Teulschlaud und Oesterreich: viert,liadrltch > 6.—. Direct» täglich, Krellzbandlenoung in« LnSlcmd: monatlich 7.50. Dir Morgen-Aulgabe «scheint um '/,7 Uhr. dir Ubmd-AuAgab« Wocheutag» u« v Uhr. Le-artto« und Erveditton: -»hmtursiafie 8. Dir Axpedttion ist Wochentag» ununterbrochen geöffnet von früh 8 bi» Abend» 7 Uhr. Filiale«: Otts Aiemm'» Lortim. (Alfred Hahn), ÜoiversitütSstraße S (Paultuum), Laut» Lösche. Aatharinenstr. 14, part. uud König-Platz 7. Anzeiger. Amtsblatt -es Königliche» Land- «nd Amtsgerichtes Leipzig, -es Mathes »n- Nolizei-Ämtes -er Ltadt Leipzig. Slnzeigen-Prei- die 6 gespaltene Petitzeile 20 Pt». Reklamen unter demRedattion-strich (4u». spaltenl 50-z, »or den Fmniltonnachrichn» (S grspalt«») 40-H. chrbtzere Schriften laut unserem Pret«. vrrzrichnlß. Tabellarischer und Zistttasotz nach höherem Darts. Optra'Beilagen (grial-t), ,ur mit dee Morgen - Au-gab», ohne Postdrförderuag 60.—, mit Pvslbrsörderung A 70.—. Annahmeschluß für Anzeigen: Rbend-AuSgabe: Vormittag» 10 Uhr. Margen-AuSgabe: Nachmittag« 4Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je ein« halbe Stunde früher. Anzeigen sind stet« an dir Oppetzltton zu richten. Druck und Verlag von L. Polz in Leipzig. DienStag den 19. Januar 1897. 91. Jahrgang. Artikel „Zur Polensrage" veröffentlicht uud sich dabei nicht gescheut, folgenden Satz niederzuschreibrn: „Der Fall Earnap ist nun einmal auch im äußersten Westen wie im Ausland« zum Stichwort für die preußische Politik geworden". WaS der Fall Carnap im Westen „geworden" ist, da» ist er geworden infolge veSUmstandeS. daß der Ultramontani-niu» einem Theilk der dortige» Bevölkerung den Weg zur Wahrheit verrammeln darf; in Wirklichkeit ist der Fall Carnap, in dem übrigen« Polen wegen Ausschreitungen vrrurtheilt worden sind, ein Vorkommniß, das sich zu dem von Witaschütz verhält wie ein Irrlhuin zu einem rassinirten Verbrechen. Die Regierung batte feblgcgriffen, indem sie einem Manne ein untergeordnetes Amt gab, dem er sich nickt gewachsen zeigte. 3m Posener Proceß aber ist ein System enthüllt worden, da» die katho lischen Priester zu Organen einer auf dir LoSrrißung der Ost marken hinardeitenden und zur Vorbereitung den Haß gegen da« Deutscktbum als etwa» Gottgewolltes der Bevölkerung einimpfenden Propaganda gebraucht. Dort ein Nolhwebrexceß eines Bezechten, hier die Bloßlegung eine« fein durchvachten RöhrensysteinS, durch welche» ein schleichende» Gift in die feinsten Adern de- VolkSkörperS geleitet wird. Es bedarf nicht der Entstellung und der directen Lüge, um den Fall SzadzinSki zu einem „Stickwort" zu machen; er spricht für sich selbst und schleudert, wir ja die „Germania" selbst sagt, „schwerste Beschuldigungen" gegen den katholischen KleruS in Posen und Westprcußen, wie gegen seine Stützen in der Cenlrumspartei. Um so schwerer» als nach derselben „ Germania" der Propst SzadzinSki als „ein tüchtiger Priester und überaus rubiger Mann gilt." Wenn schon ein so gekennzeichneter Geistlicher seine Pflichten gegen die Kirche und die unmündige Jugend ausfaßt, wie sich im Posener Proceß gezeigt, waS mögen erst die „polnischen Fanatiker" leisten, deren Existenz selb,! das genannte klerikale Blatt nicht in Abrede zu stellen wagt? Indessen, wir wüßten nickt, wie, wenigstens solange die äußere Ruhe in Posen bewahrt wird, staatsgesährlickere Handlungen begangen werden könnten, als sie dem Propst Szadinski nachgewiesen worden sind. Der neueste Proceß zeigt die Verfolgung des DeutschthumS und die Ver schwörung gegen den Staat in einer Weise organisirt, die nicht mehr vervollkommnet werden kann. > Wc.ö wird nun die preußische N-gierung tbvn? Wird sie daran frsthalten, daß die Träger der „Bersöbnunas- politik" im Osten die geeigneten Männer sind, um die Er würgung des StaatSgedankens im Osten hintanzuhalten? Deutsches Reich. -2- Leipzig, 17. Januar. DaS „Vaterland" berichtet über eine am 10. d. M. in HerlaSgrün abgebaltene Versamm lung deS Conservativen Vereins, in welcher Herr Iustizrath Opitz (Treuen) über die gegenwärtige Lage der conserva- liven Partei u. A. Folgendes gesagt hat: „Die Schwierig keiten, mit denen die alten Parteien bei der auf politischem Gebiete bemerkbaren Sucht, immer neue Parteigründungen zu unternehmen, zu kämpfen baden, treten bei der conserva tiven Partei noch verbältnißmäßig am wenigsten hervor." Wir möchten Herrn Iustizrath Opitz auf den Leitartikel der »Zeipz. Zeitung" Nr. II vom 15. diese» Monat« verweisen, in welchem diese« conservative Blatt die Wahlparole de» Grafen Limburg-Stirum beklagt und meint, daß durch dieselbe eine neue Parteibilvung innerhalb der conservativen Partei bedingt sei. Denn selbstverständlich müßten dann auS der conservativen Partei alle die Elemente auSscheiden, die zwar ebenso gut konservativ wie Graf Limburg-Stirum, aber nicht der Ansicht seien, daß Deutschland sich den Luxus völliger Abschließung vom AuSlande gestatten könne. Von den Parteien, die sich im Laufe der letzten Jahre von den Conservativen abgezweigt hätten, wäre VaS dann ungefähr die siebente; denn da» halbe Dutzend sei längst voll. Gegenüber diesem für Confer- vative fraglos einwandfreien Zeugen ist der Auffassung de« Herrn Iustizrath Opitz nicht» hinzuzufügen. * Leipzig. 18. Januar. Der badische Correspoodent der Münchener ,, Al lg r m ei neu Z ei t un g" vermißt in unserer Entgegnung aus seine Polemik gegen daS „Leipziger Tageblatt", die Handwerksorqanisation betreffend, die „sprich wörtliche sächsische Höflichkeit". Wir müssen ibn bedeuten, daß er, vrrmuthlich unter dem Eindruck der „Fliegenden Blätter", die Kraft der deregten Tugend unsere« Stamme» über schätzt. Wenn Uber seine Äeußerungen so berichtet wird, baß Dritte eine falsche Vorstellung von seinem Gedanken- gange bekommen, dann ist der Sachse an der Grenze seiner Höflichkeit angelangt. Der badische Correspondeot hat un» in diese Lage versetzt, er thut eS auch heute wieder, indem er un« über die Stellung der sächsischen Regierung zur preußischen Vorlage etwas ganz Anderes in den Mund legt, als was wir gesagt hatten. Da eine Richtigstellung nichts nützen würde und wir nicht den Eindruck gewonnen haben, als sei eS sonderlich auszeichnend, dialektische Sieze über ibn zu erringen, so verzichten wir auf Weiteres und erwähnen nur als sachlich bedeutsam, daß die „Allg. Ztg." selbst inzwischen einer Berliner Darstellung der Aussichten der Handwerksvorlage im BundeSrathe Raum gegeben bat, die unserer Auffassung erheblich näher steht als der des badischen Correspondenten. ^ Berlin, 18. Januar. Betreffs der Regelung der Ge hälter der preußischen Universität-Professoren batten wir vor einiger Zeit berichtet, daß sich die Unterricht« Verwaltung, bevor sie ihre Vorschläge machte, mit den akademischen Lehrern ins Einvernehmen gesetzt habe. Don wohlinsormirter Seite wird uns mitgetheilt, daß eS damit folgende Bewandtniß bat: Vor etwa zwei Jahren bat allerdings da« CultuSministerium die Universitäten aufgefordert, Ver trauenSmänner zu wählen, die zn einer Commission für die Prüfung der Fracn- der Professorenaeb"lt->- '"(-»mmer-T-sw-, soür«u. Die Vertrauensmänner sind auu» gewählt worden, Commission aber wurde niema ls einberufcn. Erst im August dieses Iabres berief statt dessen da« CultuSministerium eine Commission von UniversitätSprofessoren. deren Personen ganz willkürlich ausgewäblt waren. Ader auch diese all tioe zu sammengesetzte Commission faßte Beschlüsse, die den Vor schlagen des Etats diametral entgegenlaufen. Sie sprach sich für Einfübrung von Anfangsgebältern und Dienstalttrs »»lagen aus und nur als Aequivalent dafür hielt sie den Verzicht aus einen Theil der Collegienhonorare für gerecht fertigt. Ueber die Beschlüsse dieser Commission ist ein Protokoll ausgenommen worden, das darüber vollen Auf schloß giebt. Es ist Wohl zu erwarten, daß die Unter- ricktsverwaltung dieses Protokoll dem Abgeordnetenbause als Material zur Beurtheilung der ganzen Frage zugänglich machen wird. U Berlin, l8. Januar. Um die Bedeutung der Ge werbegerichte für den Bereich der Krupp'schen Werke klarzustellen, ist seit dem InSlebentreten der Gewerbegerichte bei den einzelnen Krupp'schen Verwaltungen über die vor gekommenen Streitfälle und idre Erledigung eine Statistik geführt, deren Ergebnisse bis Ende Juni 1896 in einer Tabelle zusammengestellt sind, welche in dem demnächst er scheinenden Hefte Nr. 72 der „Verhandlungen und Berichte Polnische un- ultramontane Propaganda im Osten. lL Noch am Freitag hat die „Germania" die Anschuldi gungen gegen den Propst SzadzinSki in Witaschütz als Hirngespinste der „Hakatistendlcikter" bezeichnet und von dem Verhalten der polnischen Geistlichen eine Darstellung gegeben, vie den gläubigen Leser auch die Vcrurthcilrrng de» angrklagtrn deutschen Blatte- und seine- Gewährsmannes, de- LrdrerS Wenzel, mit Sicherheit erwarten lassen mußte. Am Sonnabend konnten wir die glänzende Freisprechung der Angeklagten melden. Ihre Behauptungen sind erwiesen worden und e« hat sich berauSgestellt, daß der Propst SzadzinSki gegen die Obrigkeit aufgehetzt und „vie Seelen der Schulkinder vergiftet" hatte. Der Verurteilte ist also der polnische Priester, aber nicht er allein, sondern mit ibm haben die großpolnische Propaganda und der ihr dienend« UltraniontaniSmus al» Ueberführte den GerichtS- saal verlassen. Die Auffassung, daß die Religion den polnischen Geistlichen und ihren klerikalen Bundesgenossen im übrigen Deuisckland lediglich ein AgitationSmiltel ist, findet durch den Proceß eine jeden weiteren Zweifel auS- schließende Bestätigung. Um zu dieser Gewißheit zu gelangen, braucht man sich nur den Zeitungsartikel anzuseben, der der Anklage gegen zwei Schulbeamte und den Redacteur des „Posener Tageblattes" zu Grunde gelegen hat. Wir wieder holen auS ihm das Folgende: Der Kreisschulinfpcctor, ein deutscher Katholik, wünscht, daß die Schulkinder, nachdem sie daS Vaterunser in polnischer Sprache al» Tchulgebet gesprochen habe», es auch in deutscher Sprache beten sollen. Der Lehrer, ebenfalls ein deutscher Katholik, kommt diesem Wunsche gerne nach und läßt die Kinder gemeinsam auch das deutsche Gebet sprechen. Ein Familien vater (Pole) sagt dem Lehrer, er freue sich darüber, daß die Kinder auch das deutsche Gebet gelernt hätten, es erinnere ibn an seine Sotvatenzeit und er habe jetzt mit seinem Kinde zu sammen zu Haus das deutsche Vatecuuier gelernt. Nach etwa acht Tagen bemerkt der Lehrer, daß so und soviel Kinder das deursche Gebet nicht mehr mitlprechen, er fragt ein Kind nach dem andern, warum sie es denn nicht wollten, und erhält als Antwort: Der Herr Propst hat es uns verboten und gejagt, das deutsche Gebet sei eine Sünde, und wenn wir es noch einmal beten würden, so würde er uns nicht mehr znm Confirmandenunterrichtezulassea und uns von den heiligen Sakramenten ausschtießen. Wenige Tage darauf ruft der Propst, was an sich ungehörig, den Lehrer au« der Schutstube heraus und herrscht ihn an: „Wie kommen Sie dazu, Las deutsche Vaterunser beten zu lassen? Man geht ja offenbar darauf aus, uns mit Gewalt zu germani- srren, dem Volke die Zunge aus dem Munde und die Religion auS dem Herzen zu reißen. Wie können Sie das vor Golt verantworten?" Der Lehrer lehnt eine llnter- haliung hierüber mit dem Propst ab, und der Propst schließt seine Ausführungen mit der Drohung: „Das wirb sich rächen." Tags daraus kommt der Propst zur Religionsstunde in die Schule. Die Kinder stehen auf unv begrüßen nach Landessitte den Propst auf Deutsch mit „Gelobt sei Jesus Christus." Der Propst schreit die Kinder an, wer sie geheißen habe, deutsch zu grüßen; der Lehrer erwidert, sie befänden sich in einer deutschen Schule, und die Anordnung habe er gegeben. Der Propst ver langt nun, die Kinder sotten noch einmal ausslehea uad denselben Gruß, aber auf polnisch, wiederholen. Der Lehrer bittet den Propst, die Kinder doch nicht gegen ihn, den Lehrer, aufsässig zu machen, und bei der nun folgenden Aus- einandersetzung wirst der Propst dem Lehrer in Gegenwart der Kinder seine Loviüoorn vorl Wenn die „Germania" die hier aufgestellten Behaup tungen „schwerste Beschuldigungen" nannte, so hatte sie Recht. Wir bezweifeln aber, ob sie die Bedeutung der Thatsacken noch jetzt, da diese erwiesen sind, anerkennen wird. Denn von Feuilleton. Das Amwinden der Obkbäume mit Stroh seilen in den zwölf Nachten. Bon E. Glaser. Nachdruck verboten. Die Zeit vor Weihnachten bis zum Epipbaniasfest (Drei- tönigstag) ist in ganz Deutschland eine Hauptzeit deS Aber glaubens und hat in einer entsprechenden altkirchlichen FesteS- zeit einen AnknüpsungSpunct. In der Zeit von Weihnachten bis Epiphanias (bei den Griechen Oocksilktwmsrou genannt) durfte in der griechischen und lateinischen Kirche nicht gefastet werden, weil sie alS FrsteSzeit galt. Es sind die» die zwölf Tage oder nach altgermanischer Zeitrechnung zwölf Nachte, die treelrv mglits der Engländer. Schon die Egyptrr feierten die 12 Tage und die Perser begingen in den nämlichen Tagen daS Geburtüfest der Sonne (dir uatalss Mtdrns ioriotl). In Vieser winterlichen Sonnenwende wandert der Himmelskönig mit den zwölf Göttern südwärt» zum immergrdecklrn Sonnen tisch der glückseligen Aethiopen, und Homer singt Od. 1, 423: Hin zum Okeano» ging, zu den löblichen Aethlopärrn, Gestern Zeus zu dem Mahl, und eS folgten die sämmtlichen Götter, Nach zwölf Tagen zurück erst lenkt er zum hohen Olymps». Die Heiligkeit der zwölf Nächte gründete sich wahrscheinlich auf rin alte» Natursest und bi» jetzt ist di« Untersuchung darüber noch nicht abgeschlossen, in welchem Berbältniß die christlichen zwölf Nächte zu den zwölf Nächten de» Heiben- tbums stehen. Dir Heiligkeit der zwölf Nächte gründet siH auf die heidnische Vorstellung der Götternäb« während der Wintersonnenwende. Die Götter erscheinen den Menschen unv halten ihre Umzüge. ES ist gleichsam die alte heidnisch« Götterwelt losgebunden. Bei diesen feierlichen Umzügen zeigte sich der Einfluß der göttlichen Näbe auf die ganze Natur, sowie der Jubel und die Freud« dieser über dir Götternähe, wie die Götter selbst dann in ihrer wahren Gestalt und in ihrem vollen Wesen erschiene«. Deshalb sind di« 12 Nächte di« grbeimnißvollste Zeit de» Jahre». Wa» «an in diese» Nächten träumt, soll religiösen Interessen, die angeblich die Unterstützung der pol nischen Propaganda durch daS Centrum rechtfertigen, kann, obne sich schamloser Lüge schuldig zu machen, künftig Niemand reden, nachdem gerichtlich festgrfteUt ist, daß ein polnischer Geistlicher oaS Lob Gotte», wenn in deutscher statt polnischer Sprache gesprochen, nicht etwa nur als etwas MinderwertbigeS, nein, als etwas geradezu Gottloses bezeichnet. Mit der Lehre der internationalen katholischen, d. h. der allgemeinen Kirche, die sich bei den am heiligsten gehaltenen gottesdienstlichen Verrichtungen noch der lateinischen Spracht bedient, wird diese polnisch-geistliche Lehre auchkein Eentrums- advocat in Einklang zu bringen wagen. Wenn ein Kind deutsch betet, so wirb »hm gesagt, daß eS sündige, und nicht etwa von einem atbeistischen oder doch religiös gleickgiltigen nationalen Agitator, nein, die priesterlickc Autorität setzt sich für solche Verkehrung der, katholischen Lehre m ihr Gegenteil ein, die Religion darf und soll um der grotzpolnischen Bewegung willen verleugnet werden. Und daS unter der Protection einer Partei, di« daS Wort von dem „gottlose» Nationalitärensckwindel" er funden hat, allerdings erfunden, um dem Deutschthum den Anspruch auf Gleichberechtigung mit anderen Nationalitäten zu entziehen, der „deutschen" ultramontane» Partei. Das Centrum opfert indessen noch andere „Grundsätze" auf dem Altar der deutschfeindlichen Propaganda im Osten. „Nächst der Kirche haben die Eltern das beste Recht, über die Unterweisung ihrer Kinder zu be stimmen". So schallt eS einstimmig und drohend aus dem ultramontane» Lager, so oft es gilt, die Schulen de» Staates der Kirche auszuliefern. Aber wie die Katholi- citäl in Posen preisgegeben wird, so auch da- „heilige" Elternrecht. Ein Familienvater sagt dem Lehrer Wenzel, er freue sich, daß er mit seinem Kinde deutsch beten könne, der Geistliche aber geht in die Schule und droht den Kindern mit der Entziehung der Gnadenmittel, wenn sie deutsch beten. Daß das Centrum in den Ostmarken über die Aufreizung schon der Kinder zum Ungehorsam gegen ihre Lehrer, gegen vie Obrigkeit hinwegsieht, braucht nicht als etwa« Besonderes hrrvorgehoben zu werben, hierin besiuoet es sich in Urberein- stimmung mit seinem Thun im ganzen Deutschland, und auch mit der Krage nach dem Sittliche» in dem Ver halten des Propstes SzadzinSki wollen wir da» Centrum nicht behelligen, aber mit dem Kirchlichen steht dies« Partei, indem sie die auf Kosten der Religion betriebene Agitation fördert, in schroffem Widerspruch, sie kann hierbei von nichts Anderem geleitet sein, alS von der Abneigung gegen den deutschen Staat, dessen Schävigung ibr mehr als „eine Messe" Werth ist. Gegenüber diesen Sachverhalten gellen nach dem Posener Proceß keine Ausflüchte mehr. Es ist nicht wahr, daß die Ultramontanen in dem Polenthum einen Angegriffenen unter stützen, drei politische Zeitungen sind in der verflossenen Woche wegen Beleidigung von Lehrern und anderen preußischen Beamten verurtheilt, der deutsche Lehrer von Witaschütz hingegen und sein Vorgesetzter, der Schulinspeclvr, stehen als Opser einer grimmigen, vor nichts, auch nickt vor „Vergiftung von Kinderseelen" zurückschreckenveu Verfolgung im Hellen Lichte einer Gerichtsverhandlung da, einer Verhanv- lung, wohlgemerkt, die brrbeigefübrt worden war, nicht um die Handlungsweise des polnischen Geistlichen zu ahnden, sondern um dessen angebliche Beleidiger deutschen Blute« der Bestrafung zuzufübren. Unv der Kall von Witaschütz ist typisch. Die „Germania" hat, vielleicht weil sie über die Thar de« Herrn SzadzinSki mehr und Andere» wußte, als sie sagte, und deshalb Vor beugen wollte, am Vorabend deS ProceffeS einen langen der Reihe nach in den zwölf Monaten deS IabreS wahr werden, und wer sein Schicksal erfahren will, muß diese Nächte, namentlich die drei Heilignächte, den Christabend, Neujahrsabend unv Dreikönigsabend, dazu benutzen, wo es dem Menschen gestattet ist, einen Blick in die Zukunft zu werfen. In dieser Zeit, besonders in den Nächten, haust der wilde Jäger, und je eifriger der wilde Jäger jagt, »e ge waltiger der Sturm die Bäume schüttelt, um so furchtbarer wird daS künftige Jahr. Die wichtigsten häuslichen Arbeiten werden da ruben ge lassen, es darf nichts umgeben, d. b. sich drehen, kein Rad sich drehen, weder am Spinnrad noch am Wagen, denn der wilde Jäger gebt um. Das drehende Rad bezeichnet die Arbeit überhaupt, Wohl in Beziehung auf die jetzt gewisser maßen ruhende Sonne. Ebenso darf nicht gewaschen, ge backen, auSgefegt, Mist gefahren werden u. dergl. E« darf auch nicht gedroschen und nicht geklöppelt werden, überhaupt muß alles still sein, kein Tisch darf gerückt, keine Thür zugeschlagrn werden. Wer in den zwölf Nächten den Zaun bekleidet, d. b. Wäsche zum Trocknen darauf bängt, muß in demselben Iabrr den Sarg oder den Kirchhof bekleiden. Ich kenne in Thüringen mehrere Dörfer, in denen die Hausfrauen in den zwölf Nächten nicht waschen, auch in den Städten ist eS vielfach Brauch, in dieser Zeit nicht Wäsch« zu waschen. In Norwegen herrscht derselbe Aberglaube. Tort soll man am Tage der Sonnen wende keine Wäsche waschen, weil sie sonst entzwei geht. An diesem Tage verwandelt sich nämlich daS Wasser in drei Tinge: in Wein, in Gift und — da« dritte wird nickt ge nannt. Dir« geschieht in dem Augenblick, wo dir Sonne sich wendet, und diese Beschaffenheit deS Wasser« dauert nicht länger al» die Zeit, in der man sagen kann: „Jetzt ist r«, jetzt war eS, jetzt bleibt eS". Inzwischen verzehrt da» Gift die Wäsche, so daß sie vergeht. Wenn die Götter dnrch di« Lüfte dabin fuhren, dann spürten Wasser und Pflanzen (besonder- die den Göttern heilig waren) dir Weihe der göttlichen Gegenwart, daher der rheinische Glaube, in der Ebristnacht seien alle Wasser Wetn alle Böumr Stolemorrin. Wer unbefangen und absichtslos, nicht mit frevelhaften Hintergedanken in der heiligen MitternachtSstunde von diesem Wasser schöpft, für den bebält e» seine Weihe, wer aber frevelhafter Weise in diese Wunder eiudringen, den heiligen Göttertrank kosten will, der erhält verdiente Strafe. Die Götternäbe verleiht den Bäumen den Fruchtsegen, deshalb gebt man in der Christnacht zu den Bäumen und schüttelt sie» worauf man in Thüringen ihnen zürnst: „Bäumchen schlaf nicht, Frau Holle kommt". Im Vogt land« bindet man am ersten WeihnachtStage Stroh seile um die Obstbäume, damit sie viel tragen. Manche umbinden auch schon die Bäume am Tage vor den Feiertagen und zwar mit noch nicht abgewaschrnen Händen, mit denen sie den Kuchenteig zurecht machten. In Alpach in Tyrol mußte die Dirne, nachdem sie den Teig zu den Weihnachtszeiten geknetet hatte, mit den teigigen Armen dir Bäume umfassen geben, damit sie daS künftige Iabr rrickc Früchte trügen. Auch dir mährische Bäuerin streichelt den Obstbaum mit den von der Bereitung de« WeidnacktS- trigrS klebrigen Händen und sagt: „Bäumchen bringe Früchte." Ueber da« Umwinden der Bäume mit Strohseilen schreibt schon Sebastian Kranck (Weltbuch 1567): „Etliche umbinden ihre Bäume mit einem Strohband an der Weihnacht für alle Hagel, Würm und Brand." In der alten Weiber- pbilosophie, gedruckt zu Frankfurt a. M. 1537, beißt eS: „Welcher auf St. BincentiuS Tag (22. Jan.) die Bäume in seinem Hof mit einem strohernen Band umbindet, der soll da« Jahr viel Früchte haben." Ebenso waren dem Ver fasser der Cbemniyer Rockenphilosophie derartige Bräuche bekannt, da er berichtet: „In der Ebristnacht soll man nasse Strodbänder um die Obstbäumr binden, so werden sie frucht bar" und in der Erklärung diese- Aberglauben« fortsährt: „Ich erinnere mich in meiner Jugend geseben zu baden, daß einige Bauern in Thüringen die Bäume mit Slroh- bändern zusammen gebunden haben, und zwar rin Ende des Strohbande« an diesen, und da« andere Ende an jenen Baum, vorgebend, daß vie Bäume dadurch gleichsam copuliret würden." Ungemein zahlreich fließen die Nachrichten über da« Um winden der Bäume mit Strobsrilra au« der Gegenwart. E« ist un- dasselbe für alle Landschaften Deutschlands, für Sieben- bürgen, für Schweden, ja selbst für die Bretagne bezeugt und wird je nach den verschiedenen Gegenden verschieden am Nachmittag vor Weihnachten während deS Schreckeläuten», am Weihnachtsabend, in der Zeit deS Christnachtsläutens, am NeujabrS-Sonnabend während des MittagSläutenS, am Sylversterabend, in der Neujahr-nackt, am NeujahrSmorgen, am Vorabend vor Dreikönigstag während de« FesteinläutenS, oder überhaupt in der Zeit der zwölf Nächte stillschweigend vorgenommen. Am Nachmittag vor Weihnachten um 3 Uhr wird in Wurmlingen bei Rotenburg geläutet, um den Teufel und alle bösen Geister zu vertreiben. Dies ist das „Schreckeläuten", bei dem man drei Mal abseßt. Während des LäutenS bindei man Stroh um die Bäume, daß sie viel Obst tragen. Ebenso bindet man in Korb bei Möckmühl, wenn am Abend do>. Weihnachten geläutet wird, Stroh um die Obstbäume. Es muß aber wahrend des LäutenS geschehen, wenn es helfen soll. In der Ebristnacht sollen Hexen und Geister eine ga»; besondere Kraft haben, aber nur bis zum Schreckeläuten ote> bi- man daS erste Zeichen zum FrllbgotteSdienst gegeben Auch ging man deS Nacht- in den Odstanger und ftosffto mit gebogenem Finger an jeden Fruchtbaum, indem man ihn, zurief: „Auf Baum! Heut' ist heilige Nacht, bring wieder viele Aepfel und Birnen." In der Uckermark sagt man: „Bäumcke» wach auf, Neujabr ist da." <k« scheint ein älterer Glaube gewesen zu sein, daß die Natur, wenn die Götter und Göttinnen in den zwölf Nächten naben, wack sein müsse, gleichsam, um si, zu empfangen, und daß Bäume, die eingeschlafen sind, bei der Vertbeilung de» FruchtsegenS von ibr übergangen werden. Obstbäume werden auch fruchtbar gemacht, wenn man ihnen am NeujahrSmorgen Glück wünscht oder unter sie schießt. Man spricht dann zu den Bäumen: „Ich wünsche euch das neue Jahr an, daß ihr gute Früchte tragen sollt", oder tanzt um sie herum und singt: „Freuet euch ihr Bäume, da« Ne» jahr ist kommen, dieses Jahr eine Karre voll, über» Iabr ein Wagen voll". In Mecklenburgund Oldenburg ist e« auck Brauch, die Obstbäume in der Weihnacht»- und Neujahr- nackt zu schlagen, diese« geschieht auch mit den Nußbäumen Durch daS Schlagen sollte ein Segen für die Bäume berbeigesübrt werden. In Reicheoberg werden die Speise überrest« um die Lbstbäume bergeschüttet, nachdem dieselben erst vor dem Abendessen höflich zu diesem «iageladen wervin;
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite