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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 19.01.1897
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1897-01-19
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18970119025
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1897011902
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1897011902
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1897
- Monat1897-01
- Tag1897-01-19
- Monat1897-01
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Sieclaiue» unter dem WphucUr;ii»jlliL sttge« spalte»/ ÜO-L, vor den SawitiennaSrichten Haeivaltey- 40 tproßere Schritten laut puserenl Preis verzeichnis. Labeliarischer nnd Zifferniay nach höherem Darif. 15r»»a-vci1-gcu (gesalzt), nur mit des Morgen -Ausgabe, ohne Postbejordernng 6t).—, mit Posrbeso^ertlug 70-. —»o»«c>»— Äp-Ahmeschiu^ fjis Aheud-Anogabe: Koriusth-gs 10 Uhr. Morgen »Ausgabe: Nachmittags g Uhr. Sei den Filialen und Anu-Hwesielsto je eine halbe Stunde fjützps. Anzeigen sind stets an die iprpe-ition zu richten. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig. ^33. Dienstag den 19. Januar 1897. A. Jahrgang. Wlitische L«-e»sch,u. * Leipzig. IS. Januar. Unter dem Eiudrucke der glänzenden Jascenirung de- GerichtsLrama« Leck«rt-U«yo»-Anusch haben sich die Be denken gegen dir tbatsächliche „Flucht io die Oeffeotlichkeit" und die ausdrückliche Bezeichnung des Schrittes der Regierung als solche nur an verhäUuißmähig wenig Stellen öffentlich hervorgewagt. Wir sahen uns ziemlich isolirt, als wir sogleich in Verrechnung der Bortheile uud Nachthrile deS beispiellosen Berfahrens «inen Fehlbetrag auf dem Conto des Staates festfteüten. Und wir wären noch mehr vereinzelt gewesen, wenn wir das zweifelhafte Vergnügen ge habt hätten, uns in Uebereinstimmung mit Blättern zu be finden, denen die Aussicht aus einen Proceß Tausch persönliches Unbehagen verursacht hatte. Dieses Gefühl war auch aus gleichen Gründen auf der andern Seite mancher Orten vorhanden, man fand eS dort aber für taktisch richtiger, Über das Vorgehen der Regierung zu jubilireu, und so wurde der Chorus der Entzückten ein sehr starker. Außerhalb der Presse — eS ist das au dieser Stelle angcdrutet worden — bestand bei allen das Staatsinteresse im Auge behaltenden Politiker» keinen Augenblick ein Zweifel, daß die Hedschra des Herrn v. Marschall ein schwerer Mißgriff gewesen sei. Es ist nun mit großer Geuugthuuug zu begrüßen, daß am gestrigen erste» Tag der Etatsdebatte im preußischen Abgeordnetenhaus« dieser von dem klerikal-socialdemokratisch-freisinnigrn Korybanteulärm über- schrieneu besonnenen Auffassung zum kräftigen Aus druck verholfen worden ist. Zwar der erste Redner „rührte nicht daran"; eS war Herr Bachem vom Ceutrum. Der ihm auf die Tribüne folgende con- servative Gras Li m bürg ordnete jedoch die bei der Etatsdebatte übliche Revue über die politischen Zeit sragen so an, daß nicht zu verkennen war, daß dem Redner die Veranstaltung deS Processes Leckert als daS für die Beurtheilung der RrgierungSverhältnisse wichtigste Vorkommuiß erschien. Ter nationalliberale Abg. Or. Sattler widmete der Angelegenheit weniger Zeit, aber die „Unbegreiflich keit" des Vorganges wurde von ihm mit unerbitt licher Schärfe betont. Wie eS habe Vorkommen können, daß inan zu dem Glauben gelangte, einem Unter gebenen deS Ministers des Innern nicht anders als durch eiu gerichtliches Schauspiel beizukoinmeu, darüber wird die uatio- nalliberale Partei nach der Ankündiguug deö Redners in der Budgetcommission Aufklärung zu erlangen suchen. Das ist der richtige Ort dafür. Nicht nur, daß Herr v. Tausch preußischer Beamter war, Frhr. v. Marschall ist preußischer Minister „ohne Portefeuille". Der Gegenstand wird aber ohne Zweifel un heutigen Verlauf der EtatSdcbatte — vr. Sattler war gestern der letzte Redner — wieder ausgenommen werden; denn wenn auch die Negierung den Vorwurf, mit dem Proceß Leckert sei „die preußische Tradition durchbrochen" und etwas unternommen worden, was den „Interessen der Krone widerspreche", nicht wird widerlegen können, so muß sie ihn doch „zurückweisen". Sie wird als freiwillig« Eommissarien die Herren Richter, Rickert und vermuthlich einen Centrumsredner an ihrer Seite sehen, aber daS will schon im Reichstage moralisch nichts besagen, im preußischen Abgeordnetenhaus« besagt kS auch praktisch nichts. Der Reichstag wird ja hinterdrein kommen— die Absicht, das Prävenire zu spielen, hat der von Centrum und Freisinn derathene Herr Bebel merkwürdigerweise aufgegeben —, und eS bittet sich noch eirr Archaltspunct, denn was Graf Limburg über das Verhältoiß des auswärtigen Amte- zu gewissen Preßvertretero sagte, gehört eigentlich io daS Neichs- partaWrnl. Die im Lullen vorbereitete und vor etlichen Tagen in Hamburg erfolgte Gründung einer centralisirten socialdemokratischen Gewerkschost der Eiscnbah»- arbeiter durch ganz Deutschland verdient die ernsteste Beach tung, denn wir haben io ihr eine socialdemokratische Schöpfung vor uns, die nach der Meinung der Führer der einst bei Riesenstreiks und im Falle des Ausbruches eines Krieges die Entscheidung geben soll. Die Sache ist vor bereitet und eingefädelt worden auf dem internationalen Eisenbabnardeitercoogreß, der vom 29. August bis 1. September io Mailand tagte; dort wurde mit Befrie digung constatirt, daß der SocialiSmuS unter den Eisenbaha- arbeitern in Oesterreich, Frankreich, Spanien, Holland, Belgien und der Schweiz gewaltige Fortschritte gemacht habe und es wurde gleichzeitig lebhafte» Bedauern darüber aus gesprochen, daß in Deutschland die Sache nicht weiter wolle. Obgleich der luternationale Secretair „Geuofse" Guerard in Paris es lebhaft bestritt, ist eS doch richtig, daß in Mailand eine Summe für die Propaganda des SocialiSmuS unter den Eisenbahnarbeitern in Deutschland ausgesetzt wurde. Als im vorigen Jahre eine lebhafte Bewegung der Eisenbahnarbeiter durch die Schweiz giug, beschäftigte man sich auf der Delegirtenconserenz in Bern zwar nicht öffentlich, aber im vertrauten Kreise sehr lebhaft mit der Eisenbahn arbeiterbewegung in Deutschland und blickte voller Zu versicht den kommende» Dingen entgegen. Im Juni und Juli fanden in einer Anzahl deutscher Städte Eisen bahnarbeiter - Bersammlungen statt; die ersten wurde« mit einem Hoch aus deu Kaiser eröffnet; dann wurde die Notblage besprochen und beschlossen, sich an die Direc- tivnen wegen Gehaltsaufbesserung zu wenden In der zweiten und dritten Versammlung wurde schon heftig auf die Direktionen geschimpft und die Gründung eines Vereins zur Wahrung der Interessen beschlossen; befriedigt berichteten die socialdemokratischeu Blätter über dies „freudige Ereigniß". Die socialdemokratische Mache kam nach kurzer Zeit deutlich zum Borscheiu; daS Erscheinen einer Broschüre, welche die Wünsche und Beschwerden der Eisenbahnarbeiter enthalten sollte, wurde augekkndigt und als Sammelstelle für die Einsendungen daS socialdemokratische „Echo" in Hamburg bezeichnet. Nun wimmelte es in den socialdemokratischen Blättern von Erklärungen von Eisenbahnarbeiter»; alle warben für den Anschluß an die Socialdemokratie und die Gründung einer centralisirten Gewerkschaft. Bei dem Hamburger Streik traten in einer Unzahl „Eingesandt»" die Eisenbahnarbeiter für die Strei kende» ein; passiver Widerstand gegen die Vorgesetzten wurde empfohlen, fall» die Letzteren Arbeiten verlangen sollten, die den Streikenden nachtheilig wären. Der Bewegung wurde die Krone aufgesetzt durch die Gründung der centralisirten Gewerkschaft, die sich durch ganz Deutschland erstrecken soll. Welchen Einfluß eine solche Organisation bei großen Streiks erlangen kann, braucht kaum hervorgehoben zu werden. Und doch wäre ein solcher Einfluß noch geringfügig im Vergleich zu dem, den die Organisation beim Ausbruche eine» Kriege» auSzuüben vermöchte. Es heißt ja immer, die Socialdemokratie der ganzen Welt sei von der heißesten FriedenSsrhnsucht erfüllt und strebe nach nichts so sehr, als nach Erhaltung des Friedens. DaS wird jedenfalls auch auf dem nächsten internationalen Eisenbahnarbeitercongresie, der in Barcelona stattfinden soll, aufs Neue verkündet werden und die deutschen Delegieren werden am lautesten und vielleicht auch am ehrlichsten in diese Versicherung einstimmen. Aber alle diese Erklärungen und Versicherungen werden im Ernstfälle die französischen Eisenbahnarbeiter, die in erster Linie Franzosen und erst in 'weiter Linie „Genossen" sind, uicht davon abhalten, Dienste >ei einem Revanchekriege gegen Deutschland zu leisten, dessen socialdemokratische Führer in erster Linie „Genossen" und iu allerletzter Deutsche sind. Welche Gefahr hieraus erwächst, können uur jene doctrinäreu Geister verkennen, die in jeder Organisation von Arbeitergruppen einen begrüßeuswerthen Fortschritt erblicke». Daß die von den bayerischen klerikalen ins Leben gerufene und auf christlicher Grund lage beruhende Vereinigung von Eisenbahnarbeitern und einige andere uichtsocialdemokratische Localorganisationeu der social demokratischen Organisation erheblichen Abbruch thun werde, glauben wir nach unseren Erfahrungen nicht. Jedenfalls fordert die neue Hamburger Gründung die ernsteste Aufmerk samkeit der Staatslenker. Kaum hat General Baldisscra die Ertzttzräa verlassen, um einen aus GesundheitS- und Familiea-Rückstchteo uach- gesuchten Urlaub anzutreten, so kommen beunruhigende Nach richten aus Kassala von einem neuen Vorstoß der Der wische. Dem General war der Urlaub bewilligt worden für den Fall, daß kein Grund vorliege, kriegerische Verwicke- luugen zu erwarten. Nun sind sie doch, uud zwar höchst unerwartet, eiugetreteu, abermals ein Beweis dafür, daß die italienischen Militairs durch die schweren Niederlagen, die ihnen die Vernachlässigung deS Sicherung»- und Kuudschaster- dienstes eingebracht, »och immer nichts gelernt haben: sie sind durch das jüngste Ereigniß vollständig über rascht, wenn auch zum Glück noch Truppen genug iu der Erythräa stehen dürften, um den Derwischen Schach zu bieten. DaS Vorrücken der Derwische, welches Kassala diesmal nördlich liegen läßt, auf Mogelo - Am idele (etwa 60llia südwestlich von Agordat) läßt folgende Schlüffe zu: erstens, daß es sich um die etwa 5000 Mann starken Truppen der Provinz Ghedaref unter Ahmed Fadil handelt vielleicht auch noch um Krieger aus Galabat. Zweitens, daß die Derwische durch das Vordringen der englisch-egyptischen Truppen bis Dongola und dir weitere Bedrohung von dort her durchaus uicht völlig eutmuthiat sind und daß der Khalis Abdutlahi keineswegs seine gestimmten Streitkräfte bei Kbartum-Omdurman versammelt hat. Drittens, daß Ras Mangascha vorläufig noch keinerlei Anstalten zu einer Unterstützung der Engländer getroffen hat, denn sonst wäre das allzeit gut unterrichtete Derwischbeer unter keinen Um ständen aus Ghedaref fortgezogen. Umgekehrt liegt vorder hand kein Anlaß vor, an ein Einverständuiß zwischen Mangascha und den Derwischen zu denken. Das Fort Kassala wird von etwa 1000 Regulären mit vier 9-em- und zwei 7-cm Geschützen unterßMajor Nuti und etwa 200 Irregulären vertheidigt und hat fürs Erste von den Derwischen nichts zu befürchten; ebensowenig daS für gewöhnlich von einer Halb compagnie eingeborener Infanterie besetzte und mit ein paar Geschützen bewehrte Fort Agordat. Gefährdeter er scheinen die beiden kleinen befestigten Zwiscbenposten Sab- derat (21 üm östlich von Kassala) und Ela Dal (um weitere 55 km östlich gelegen), deren Besatzung außer Irre gulären nur einen halben bezw. einen Zug Infanterie stark ist. Durch ihre Wegnahme könnte die Verbiudung Kassalas mit Keren — Sabderat und Ela Dal sind optische Signal stationen — unterbrochen werden. Dem Viccgouverneur General Vigano stellen nach einem Bericht der „K. Z" an Feld truppen zur Verfügung. 0 europäische Bataillone zu je etwa 600 Köpfen, 7 eingeborene Infanterie-Bataillone zu je 800 Köpfen, 1 Schwadron (l60 Pferde) , 3 Gebirzs bajterien (2 europäische, 1 eingehoreur) zy je 180 Köpfen. Davon sind aber ^ hjs x/, als Fortsbesatzungeu und zur Sicherung der Südgrenze auch noch nach dem Friedeusschluß mit Menelik gebunden; V» bis >/r, also etwa 3500 bis 4000 Reguläre (dann vielleicht noch 1000 Manu Landwehr und »Banden) konnte Geueral Vigano jedenfalls bei Keren oder gar bei Agordat — das mobile Corps wird sich stets auf ein Fort stützen — sammeln, und dort wird es denn auch wobl zum blutigen Zusammenstoß gekommen sein oder wurmen, wenn die Derwische sich nicht anders besonnen haben. Don hohem Interesse erscheint, was England auaesicht- der neuen Lage unternehmen wird. Wehrt die italienische Colonie sich ohne englische Hilfe niit Erfolg ihrer Haut, so hoffen wir, daß die italienische Regierung eS sich uvch emmal überlegt, ob sie es nvthig hat uud gut daran thut, Kassala, wie beabsichtigt, au England abzutreten. Der vom Höchstcoonuaiidirendeu, dem Geueral Miles, erstattete Jahresbericht über das H«erw«s«n Nord amerikas stellt dasselbe in einem sehr vortheilhasten Lichte dar. Er spricht sich über alle persönliche« Angelegenheiten mit großer Befriedigung aus und hebt hervor, daß die Zahl der Vergehen gegen die Manuszucht abgenornuie», die körper- liche Beschaffenheit der eingesleUtcu Mannschaften sich gebessert habe. Letzteres erkläre sich schon aus dem großen Alidrange, welcher gestattet habe, daß von 49 240 Meldungen zum Eintritt nur 7456 berücksichtigt »vorden seien, so daß »»an die Tauglichsten habe auswähleu tönnen; es sind fast ausschließlich Amerikauer gewesen. Groß« Fortschritt« seien bei der Herstellung der zur Unterbringung der Truppen erforderliche» Räume gemacht, wodurch nicht allein ein besserer Gesundheitszustaud hervorgebracht und für das Behagen gesorgt sei, sondern schließlich auch Ersparnisse herbeiaesühn seien. Für die Mehrzahl der Angehörigen aller Waffen gattungeu hätten Marsch- und Kelddienst - Hebungen an- geordael werde« können. In hohem Grade veri»efs«r»inAsbedürftig seien dagegen die zur Küstenvertheidigung bestimmten Anlagen. Um diesem Mangel abzuhrlsen, bedürfe es der Herstellung einer großen Zahl von Besesuguogsiverkeii, welche mit schweren Geschützen ausgerüstet uiid in deren Nähe UnterkuoftSräulne für die zur Besrtzul^ erforderliche« Truppen hergestrllt werden müßten. Aber auch mehr Soldaten zu besitzen, sei ein dringendes Bedürfniß, dessen Befriedigung nicht länger auf sich beruhe» könne. Als die Bcvölkeruug des Lautes 2 000 000 Menschen geringer gewesen als gegenwärtig der Fall sei, habe die Stärke des HeereS das Doppelte der jetzt vorhandenen betragen und seit dem Jahre 1866 sei sie von 51 605 Mann nach und nach auf die Ziffer von 25 006 heruntergegangen. Sie müsse entsprechend der Einwohnerzahl und den Mitteln der Bereinigten Staaten sesl-esetzr werden und mindestens 1 :2000, höchstens 1: 1000 betragen. Inner halb dieser Grenzen müsse dem Präsidenten die Befug«iß all jährlicher Feststellung der Stark« zustchrn. Deutsches Reich. * Dresden, 18. Januar. Das Dresdner „Evangelische Arbeiterblatt" berichtet unter dem 17. Januar: Als König Albert den Pfarrer der Christusgemeinde in Dresden- 14! Ferrilletoii Die Rirdorf's. Roman von Hermann Heiberg. »«»druck verboten. Jsabella tonnte ihre Mittheilungen nach ihrem Gefallen einrichten, sie konnte etwas sie nicht BlvSstellendeS erfinden. Aber da» verbot ihr ihr Stolz. Und dann müßte sie lüge», und nichts war ihr widerwärtiger als daS. Sie war zu sehr von den Wirkungen dieses gemeinen Triebe- berührt worden. Ihre Mutter ging mit der Wahrheit wie mit einem Kleide um, das man nach Belieben wechselt. Diese» Beispiel hatte zu abschreckend auf sie gewirkt. Aber noch etwas ließ sie zögern zu sprechen: Den bisher immer noch von ihr genährten Gedanken, ihrem Leben durch eine Hcirath mit Axel einen anderen In halt zu geben, hatte sie seit der letzten engeren Berührung mit James völlig fallen lassen. Sie hatte sogar den Ent schluß gefaßt, sich sobald wie möglich mit Axel darüber auS- einanderzusetztn, und war durch die heutige Unterredung mit ihrer Mutter noch mehr darin bestärkt worden. Wenn ia diese Angelegenheit Klarheit gebracht war, fand sie einen ganz anderen Boden, ihre» Vetters Wünsche zu fördern. Siemachte sich klar,daß beijetzigrrSachlageJames'Angelegen heit soviel Gegner haben werde, wie Personen mitzusprechen hatten. Wenn Ulrike alle ihre Hoffnungen auf diese Ver bindung aufzugeben gezwungen war, würbe sie au» nahe liegenden Gründen James ihr Interesse zuwenden. Aber auch Axel würde bei seiner vornehmen Veranlaguiig dann James sicher weniger Schwierigkeiten bereiten. Er würde sich nicht dem Verdacht aussetzen wollen, daß er ihm auS Eifersucht oder auS anderen unlauteren Gründen Wider stand bereite. In Folge dieser verständigen Erwägungen hatte Jsabella Jame» geschrieben, er möge, da sie nicht alles genügend habe vorbereiten können, diesmal noch als Mr. Jrlaik daS Hau» ihrer Mutter betreten. Sie werde an einem der nächsten Tage die förderlichen Schritte unternehmen. Sie empfehle ihm, die Gelegenheit zu benutzen, sein An sehen bei ihr zu erhöhen. Sie sei, von Rudolf beeinflußt, der am gestrigen Nachmittage ihr einen Besuch abgestattet, sehr spröden Sinne» gegen ihn geworden. Rudolf habe ihrer Mutter, auS Gründen, die sie nur auf seinen richtigen Jnstiact zurücksühren könne, starkes Mißtrauen gegen ihn eingeflößt. Er habe gesagt, sie möge sich mit dem Fremden, über den neuerdings allerlei höchst Unvortbeilhaftrs gemunkelt werde, vorsehen. Cr halte ihn für einen Abenteurer. Den Schluß des Briefes hatte sie launig geschrieben. „Ich habe heute Abend gebetet, lieber Vetter, daß der liebe Gott Ihnen gnädig sein möge. Er wolle Ihnen daS Testament in den Schootz werfen! Dann ist der Sieg unser. Beten Sie auch recht fleißig, aber haben Sie auch Geduld. Alles Gute muß Zeit haben. Ihr etwas lang bewahrtes Jncognito werden Sie schon durch den Zwang der Umstände zu entschuldigen wissen. Also auf Wiedersehen morgen, dessen ich mich sehr freue. Jsabella." DaS Diner war um 6 Uhr Nachmittags angesagt. Um 2 Uhr aber fand sich schon Rudolf in Eutin ein, nahm im Eutiner Hof Logis und rüstete sich später zu einem Gange in die Stadt. Als er dir Treppe Hinabstieg, trat Jame» gerade auS der WirthShauSstube heraus. Letzterer machte unwillkürlich eine Bewegung, stehen zu bleiben und Rudolf anznreden. Rudolf aber schritt mit einem kurz huigeworfenen, unverbindlichen: Guten Morgen an ihm vorüber. Die ganze Art seiner Begegnung war so beleidigend, daß Jame» an sich halten mußte, ihn nicht wegen seiner impertinenten Unhöflichkeit zur Rede zu stellen. So wenig vermochte er, trotz der ihm von Jsabella ge- wordenen Vorbereitung, seiner Erregung Herr zu werden, daß er sogar seinen Entschluß änderte und nicht den Weg empor nahm, sondern sich in« Freie begab. Al» er endlich sein Zimmer wieder betrat, fand er einen Brief von dem Hotelwirth auf seinem Schreibtisch liegen, in dem ihn dieser in nicht sehr verbindlicher Form um Berichtigung der noch unerledigten Rechnung ersuchte. So trat denn Jame» mit sehr unbehaglichen Empfindungen den Weg zu seiner Tante an. Zn viel Un günstiges legte sich vor seine Schritte. In seinem Geldbeutel befanden sich kaum noch einige Mark, und die Aussicht, von dem Wirtb unhöflich behandelt, gar auS dem Hotel gewiesen und dem Gespräch in der kleinen Stadt auSgesetzt zu we.dcn, la^; bei der Sachlage keineswegs außer dem Bereich der Möglichkeit. Dazu wirkteo die durch Rudolf'» brüSkirende Begegnung yervorgerufenen Eindrücke. AIS er da» Vorzimmer der Empfangsräume in der Wohnung seiner Tante betrat, machte eS sich zufällig, daß er zunächst wieder auf seinen Onkel Rudolf stieß. Er unterhielt sich mit Axel, der sehr bleich und abgespannt auSsah, aber wie immer durch den milden Ausdruck der Züge und die stillen, freundlichen Augen für sich einnabm. Der Letztere begegnete auch JameS mit gewohnter Zuvorkommen heit, ja, heute sogar mit einer gewissen Herzlichkeit. Rudolf aber machte eine sehr knappe Verbeugung, wußte der Hand, die James ihm bot, auSzuweichen, und legte, wenn auch weniger verletzend als am Mittag, deutlich an den Tag, daß er mit JameS nichts zu schaffen haben wolle, Dadurch wurde JameS verhindert, sogleich auf die Wirthin zuzugehen. Sie aber, die die Augen der Thür zugerichlet hielt, machte nun einen Schritt dem Gast entgegen, und auch Jsabella, a»S dem Schwarm der sie umringenden Gäste sich lösend, näherte sich James und wußte, nachdem ihre Mutter sich wieder entfernt hatte, rasch die Gelegenheit wahr zunehmen, ihm einige freundliche Worte zuzuflüstern. Da JameS zum ersten Mal Gast im Todtleben'schen Hause war, wurde ihm die Auszeichnung, seine Tante zu Tisch zu führen. Daß solches geschehen werde, hatte er gehofft, aber nicht als sicher ange»onn»en. Um so an- geneymer war ihm die Thatsache. Er suchte sie während des EssenS durch ehrliche Artig keiten zu gewinne», äußerte sich lobend über Jsabella, Uber da» schöne, alte HauS, rühmte Speise und Trank, bat sie, ihm von sich und ihrer Familie zu erzählen und blieb, sich selbst allezeit in den Hintergrund stellend, stetig bemüht, sie ausschließlich zum Mittelpunkt deS Gespräche- zu machen. Und er hatte auch die Gcnugthuung, zu bemerken, daß er in ihrer Gunst Fortschritte machte. Ihr höflich steifes Wesen wich allmählich, sie ward biegsamer und gegen Eure deS Mittagessen- fragte sie sogar nach seinen früheren LebenS- verhältaiffen, seiner Familie und seinen ZukunftSpläne». Und da erwiderte James, mit scharfem Auge die Wirkung seiner Rebe beobachtend: „Der Fortgang auS meiner Heimath, gnädige Frau, hing mit Vermögen-Verhältnissen zusammen. ES bandelt sich für mich um die Gewinnung eines sehr bedeutenden ErbeS. So bald ich in den Besitz desselben gelangt bin, will ich heirathe» und mich der Lanvwirthschast widmen, für die ich stets eine große Neigung besaß." „Und sie mußten"— fiel Ulrike mit sichtlichem Interesse ein, „die Heimath verlassen, um dieses Ihr Erbe anzutreten? Ist e» denn nicht dort, befindet eS sich hier?" „Ja, eS befindet sich hier in Deutschland, gnädig« Frau. Meine Eltern waren Deutsche. Aus diesem Grunde ist mir auch die Sprache geläufig. Es wird sich demnächst entscheiden, ob ich ohne Auseinandersetzungen mein Eizenthum anzutreten vermag, oder ob ich zu einem Proceß schreiten muß. Ich hoffe, daß sich AUeS ehesten» zu meiner. Gunsten wendet. In zwischen benutze ich die Gelegenheit, hier im Norden Land und Leute kennen zu lernen und ein wenig meinen Sonderpassionen zu leben." „So, so! Nun da will ick Ihnen wünschen, daß sich Jbve Angelegenheiten möglichst glatt vollziehen, Mr. Jrlaik. Ich weiß ans eigenen Erfahrungen, waS alles bei Erbangelegcn- heitrn aufgerübrt wird. — Und ich brauche eS Ihnen nicht zu sagen. Besser ei» niagerer Vergleich, als ein Proceß!" Da die Gräfin bald darauf von ihrem Nachbar, dem Landrath von Flug, in Anspruch genommen wurde, auch JameS Tischdame zur Linken in eine Conversation mit ihrem Nebenan verwickelt war, ließ JameS unbeschäftigt den Blick über die lange, mit einer zahlreichen Gesellschaft besetzten Tafel gleiten. Und da fiel sein Blick auf Jsabella Und zufällig sah auch sie zu ihm hinüber. Ja noch mehr! Sie erhob in unauf fälliger Weise das Champagnerglas, ließ einen guten Aus druck stille» Einverständnisses in ihrem Angesicht erscheinen und trank ihm so ans der Ferne versteckt zu. In diesem Augenblick »ahm die Gräfin wieder das Gespräch auf. Sie hatte ihr Mißtrauen offenbar abgestrcifr und begegnete JameS sogar mit einer gewissen Zuvorkommen heit. Ja, als der Laukratb. der großes Gefallen an dem Fremde,, mit der sympathischen Erscheinung und dem ruhig ausgeglichenen Wese» fand, ihm kurz vor Aufbebung der Tafel mit den Worten zutrauk: „Am die Freude, Mr. Jrlaik, daß Sie in uuierm kleinen Eutin so lange au-halten, und auf Ihr specielleS Wohl!" schloß sich auch Ulrike an nnd sagte, ihr Glas leicht an ka- leinige drängend: „Völlig einverstanden, und — Mr. Jrlaik — aus baldige- GelinAen Ihrer Erwartungen l* „Tausend Dank, gnädige Frau! Hoffentlich haben Ihre gütigen Worte eine doppelte Kraft." Und als sie aus diesen Schluß fragend ausschautr: „Ich meine — abgesehen von den materiellen Gütern — Ihre Huld, gnädige Frau, etwa-, wa» ick in seiner vollen Bedeutung würdige, und das ich mir von Ihrer Gnade auch ferner zu erbitten wage!"
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