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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 25.01.1897
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1897-01-25
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18970125025
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1897012502
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1897012502
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1897
- Monat1897-01
- Tag1897-01-25
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Gröbere Schriften laut unserem Preis« »erzeichniß. Tabellarischer und Zifsernsatz nach höherem Tarif. hextra-Beilagen (gesalzti, nur mit der Morgen - Ausgabe, ohne Postbrförderung 60.—, mit Postbesördrrung .St 70.—. —o^e— Anaah«eschlnb für Anzeige«: Adend-Ansgabe: Vormittag» 10 Uhr. ffÜorge»«Ausgabe: Nachmittag» 4Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je eine halbe Stunde früher. Anzeige« sind stets an die Expedition zu richten. Druck und Verlag von E. Pvlz in Leipzig. 44. Motttag den 25. Januar 1897. 91. Jahrgang. 4'.) Politische Tagesschau. * Leipzig, 25. Januar. Hat Herr Bach cm kürzlich den Wunsch nach dem baldigen Erscheinen eine» politischen A-B-C-BuckS für CeutrumSführer rezc gemacht, so läßt Herr l)r. Lieber Nachhilfe im Rechne» al« rin dringende» Dcdiirsniß der Leiter der „ausschlaggebenden" Partei erkennen. Er hat in der Sonnabendstyung de» Reichstag», nicht in der Litze de» Gefechte», sondern in ersichtlich wohleinstudirler Rete, die, wie die außerordentliche Frequenz seiner Parteigenossen zeigte, al» „Action" gedacht war, seine Unfähigkeit, ciue einfache Zinsberechnung anzustellen, in einer die BolkS- schulzustänte des ehemaligen Herzogtbums Nassau, seiner Heimath, nachträglich schwer compromittirenten Weise kundgethau. Das Reich hat I8S0 und zum ersten Male 3procentige stall 3'rprocentige Schuldverschreibungen ausgegeben; der „Einissionscours" stellte sich auf ungefähr 87. Da dafür „einmal" 100 zurllckzuzahlen sind, so berechnet Herr Lieber einen Schaden von l3 für da» Reich; er meint, man hätte Ohrprocentige emittiren müssen, da würde man beinahe den ganzen Betrag bekommen baben, den man „spättr" zurückerstaltei, müßte. Die 3>/rproce»tigen Eonsol» standen zu jener Zeit 98. Nun aber kann man auf dem Wege der Regeldeiri, vorausgesetzt allerdings, daß man kiesen arithme tischen Apparat zu handhaben vermag, herauSbekommen, daß, wer für 98 3'/r Proc. Zinsen bezahlt, theuerers Geld hat, als wer für 87 3 Proc. zahlt. ES kommt hinzu, daß die Anleihe allerdings zu ungefähr 87 contrahirt war, daß ein großer Thcil aber, da der Cvurs rasch stieg, vom Reiche höher be geben wurde; «in gut Theilder ausgegebenen 3proccntigen Consols wird zu einem Preise, der 98 näher steht als 87, a» den Mann gebracht worden sein. Die 3 proccntige Anleihe war also erheblich billiger, als eine 3>/rprocentige gewesen wäre, die man, wohlgemerkt, nicht zu 98 Halle auöHeben können Es bestand seiner Zeit nur bei den Finanzmanncrn der „Boss. Zlg", die sich aber auch rasch bekehrten, ein Zweifel darüber, daß die Vermehrung der damals übermäßig ver breiteten 3i/r proc. Papiere einen sehr starken Druck auf den Cours ausgcübt haue, so daß die Regierung Schuldscheine dieser Art nur zu einem viel niedrigeren Course als 98 hätte loSwerten können. Wenn man überhaupt einen Sinn aus der Rederei deS Herrn Or. Lieber HerauSbekommen will, so ist eS der, daß er Herrn Vr. Miquel einen Borwurf da raus machen will, daß die 3 proc. Consols bis auf nahe an Pari gestiegen sind. Der Sinn aber ist Unsinn und der Vorwurf ein Lob. Tenn nur dieser bohr Cours der uiedrigst verzinsten Papiere hat es verursacht, daß jetzt im Reiche und Preußen die höchverzinsten convertirt, jährliche Er sparnisse von ungefähr 21 Mill. Mark erzielt und künftig neue Zprocentige Anleihen zu sehr hohem Preise begeben werden können. Freilich, wenn einmal die Treiprocenligen getilgt werden, dann müssen Reick und Staat für etwa 87, die sie 1890 erhallen baben, 100 zurückgeben. Aber abgesehen davon, daß das Reich noch über eine Milliarde, Preußen weit über 5 Milliarden dreirinhalbprocentize Papiere, die doch zuerst darankommen müssen, zu tilgen hat: hätte man zu Beginn der neunziger Jabre zu einem Cour» von 92 oder 93 3'/zprocentige Papiere ausgenommen, so würde bis zu dem fernen Termine der Heimzahiung das Pius der alljährlichen Zinsen dem Staate mehr gekostet haben, als an der einmaligen geringeren Ausgabe von 3 bis 0 Procent bei der Emission erspart worden wäre. „Regieren heißt dorauSseben", meinte der große Staatsmann Lieber mit der ihm eigenen komisckenGrandezza und wollte damit sagen, daß Dr. Miquel das Steigen der dreiprocentigen Schuldscheine hätte vorherscben müssen. Aber einmal bat taS Reich zum Beginn der neunziger Jahre die neuen An leihen nickt zum Vergnügen, sondern zur Befriedigung dringender, auch vom Cenirum anerkannter Bedürfnisse auf- »genommen. Es konnte nicht warten und hätte, wenn die damals übrigens latent gebliebene Lieber'scke Rechenkunst und StaatsweiSheit am Ruder gewesen wäre, wie gezeigt, ibeurereS Geld, als Miquel und der NeickSsckatz- secretair erballen, aufnebmen müssen. Sodann: wer bürgt denn dafür, daß, wenn beute erst mit der Ausgabe 3proccnliger Papiere im Reiche und in Preußen begonnen würde, sie den jetzigen oder doch einen diesem nahekommenden Preis erzielen würden? Dieser „TypuS" wurde anfänglich von den Capitalisten mit scheelen Augen angesehen, man hat sick erst nach und nach mit ihm vertraut gemacht, weil er eben da war, und jetzt würde bei seiner erstmaligen Einführung wohl kaum eine andere Erfahrung gemacht werden. So ist denn der zweite „große" Borstoß des CentrumS gegen Dr Miquel ebenso mißglückt, wie der erste, von Herrn Bachem angeführte. Die CentrumSleute, die, wie schon bemerkt, am Sonnabend in größerer Anzahl al» sonst gekommen waren, um Herrn Lieber den Lorbeer aus» Haupt zu drücken, machten unter dem Eindruck ihrer BolkSschulkenntnifse verlegene Ge sichter, und da sie sich nicht getrauten, die Arithmetik idreS Führers als ihre eigene vor dem Lande erscheinen zu lassen, so mußte einer der „Gefährten", Herr Fritzen, auftretcn, um die Bebanplung Lieber'-, daß Miquel den, Reiche und Preußen einen Schaden zugesügt, dabin abzuschwächen, daß die Finanz- verwallung einen größeren Gewinn hätte herausschlagen tonnen, waS aber natürlich gleichfalls nicht zu erweisen war. Wir wünschen Herrn Miquel, der liebe Himmel möge ihm seine neuen Gegner gesund und munter erhalten. Oberflächliche Beobachter glauben einen Gegensatz zwischen dem Centrum und dem hohen katholischen KleruS in der Polcnfrage entdeckt zu haben und aus diesem angeblichen Gegensätze auf ein baldiges Einlenken der Herren Dr. Lieber und Gen. schließen zu dürfen. Der Gegensatz ist aber nur ein scheinbarer und statt eines EinlenkenS deS CentrumS wird man ein noch schärferes Eintreten der Centrumspolitiker für die polnischen Agitatoren in sichere Aussicht nehmen müssen. Allerdings hat der hohe KleruS in den Ostprovinzen einige Maßnahmen getroffen, die die Absicht einer Ein schränkung der Agitation des niederen KleruS für die Polen verratben, während daS Centrum gerade in der letzten Zeit mit besonderem Nachdrucke der Polen sich angenommen hat. Man braucht in dieser Hinsicht bloS auf die Interpellation des Abg. Stepban (Beulhen) und auf die leidenschaftlichen Artikel der Centrumspresse, besonders der „Germania" und der „Köln. DolkSzeitung", der beiden führenden Organe deS Centrums, hinzuweisen. Und wäre dieser anscheinende Gegensatz ein wirklicher, so würde man in der Thal er warten dürfen, daß daS Centrum bald mildere Sailen auf- ziehen werde. Denn wenn seine Energie auch nicht vor patriotischen Erwägungen Halt macht, so macht sie doch vor dem höheren Willen deS KleruS Halt. Man erinnere sich nur, daß nach der ReichSlagSauflösung von 1887 daS Cenlrum, dem Wunsche deS PapslcS sich fügend, seinen Widerstand gegen das SeptennatSgesetz aufgab. Man erinnere sich ferner darauf, daß der Abg. Lieber die Abstimmung eine- großen Tbeile» deS CentrumS für die Handelsverträge mit der Rücksicht auf „Fulda und Rom" motivirte. Schon dadurch, daßeine erheb liche Anzahl von Geistlichen in de» Reiben de» CentrumS sich befindet, ist eine ziemliche Gewähr dafür geschaffen, daß daS Centrum sich gegen den ernsten W>llen des hohen KleruS nickt aufleynt. Hier aber ist eben ein ernster Wille wohl dem niederen KlernS, sicherlich aber nicht dem Centrum gegen über vorbanden. Dem bohen KleruS muß das Eintreten der Geistlichkeit für die Polen au» mancherlei Gründen unbequem sein, z. B. weil die Herren Kopp und von Stablewkki sich de» besonderen Wohlwollens de- Kaisers erfreuen und dieser in der Polcnfrage gegenwärtig zweifellos die energische Hal tung der Regierung billigt, wenn nicht direct veranlaßt hat. Die Herren würden sich also durch eine Begünstigung der polnischen Agitation in einen direkten Gegensatz zn dem Willen des Kaiser- stellen. Ferner ist eS dem hohen Klerus, je revolutionairer die polnische Propaganda wird, desto unbequemer, wenn seine Geistlichen diese Propaganda offen fördern. So ist eS also sehr erklärlich, daß der hohe KleruS in der Polenfrage äußerlich abwiegelt. Nun sind ihm aber die Polen liebe Kinder; zwar nicht um einer be sonderen Frömmigkeit des lockeren polnischen Adels willen, wohl aber auS dankbarer Erinnerung an die übermächtige Stellung, die die Geistlichkeit in dem schlaffen polnischen Staate eingenommen bat. Da nun der niedere polnische KleruS die Schanze verlassen soll, so gilt e-, die Lücke auS- zufüllen, und dazu ist daS allezeit dienstfertige Centrum eben aut genug. Der Unterschied zwischen dem Einst und dem Jetzt besteht also nur darin, daß jetzt noch mehr CentrumS- redner als früher bei polnischen Wahlen agitiren und so die wenigstens in der öffentlichen Agitation zn größerer Zurück haltung genöthigten polnischen Geistlichen ersetzen werden. Dem Berliner Besuch deS Grasen BoluchowSki widmet die europäische Presse noch immer lebhafte Erörterungen. So hatten die „Bert. Neuesten Nachr." wiederholt die Behauptung ausgestellt, GoluchowSki habe in Berlin englischcAgentur- esckäste besorgt. Demgegenüber wird der Wiener „Neuen reien Presse" auS Berlin gemeldet: „Tie- ist nach der Versicherung unterrichteter Kresse ebenso unbegründet, wie die Behauptung dr» „Figaro", Goluchotvski habe hier als Mittelsmann England» wegen der angeblich be absichtigten Fortsetzung der Dongola-Expedition sondirt. Bon dieser Frage ist, wie wir ans Grund bester Informationen versichern können, in den politischen Unterhaltungen während der Anwesenheit Goluchowski's gar nicht die Rede gewesen. Wohl aber Lars angenommen werden, daß dabei von Englands Stellung zum Dreibunde »nd von dem Verhalten der Dreibundmächte zu Englands Orientplänen gesprochen wurde, denen gegenüber die österreichische Politik eben,o vorsichtig ist wie die deussche, während andererseits Oesterreich und Deutschland in gleicher Weise interejsirt sind, die Fäden zwischen England und dem Dreibünde nicht abreißen zu lassen." Hierauf erwidern die Berliner „Neuesten Nach richten": „Die vorstehende, nach Inhalt und Form wohl von österreichischer Seite stammende Erklärung ist nach unserer Ansicht eher alS eine Bestätigung, denn als em Dementi aufzufassen. „Englands Orientpänr" heißt in unser geliebtes Deutsch übertragen in erster Linie „England- Stellung in Egypten", womit die ganze englische Orientpolitik steht und fallt. Wenn der Corrrspondent »>io bestätigt, daß in Berlin von „Englands Orientplänen und der Stellung der Dreibundmächte dazu" gesprochen worden, so be kräftigt er damit genau unsere von ihm bestrittenen Angaben. Daß die österreichische Politik dabei „ebenso vorsichtig isl wie die deutsche", erfahren wir mit großer Befriedigung, denn nach uiijerer Ansicht tann die deutsche Politik in dieser Beziehung gar nicht vorsichtig genug sein, und es soll uns sreuen, wenn Gras GoluchowSki aus Berlin die Borsicht als das bessere Thcil der Weisheit mitgenommen hat. Die Sorge, daß die Fäden zwischen England und dem Dreibunde nicht abreißen, gebt unseres Erachtens England doch weit mehr an als den Dreibund. England braucht den Letzteren, der Dreibund dagegen, namentlich Deutschland, hat von England sehr wenig. Deutschland insbesondcre wenig mehr als die Gewißheit, daß jede Annäherung an England eine Bertiesling des Gegensatzes zu Rußland in sich schließt." Man kann kiesen Ausführungen des Berliner Blattes Beweiskraft nicht absprechen. Wenn die „Nordd. Allg. Ztg." versichert, daß keine der von den beiden Staatsmännern be sprochenen Fragen als augenblicklich brennend bezeichnet werden könne, so schließt dies die Erörterung der egyplischcn Frage nicht aus. denn diese steht „augenblicklich" nicht aus der Tagesordnung. Die „Nordd. Allg. Ztg." sögt hinzu, „der freundschaftliche Meinungsaustausch, der zwischen den diplomatische» Vertretern der beiden verbündeten Reiche stattfand, habe wiederum die volle Ueberein stimm urig der beiderseitigen Anschauungen darzelhan und so dem Vertrauensverhältnisse, auf welchem die Politik der beiden Mächte beruht, neue Festigung verliehen" Wir hoffen nicht fehlzugehcn, wenn wir dies so ausfaffen, daß der Dreibundvertrag ohne jegliche Verrückung seiner Grund lagen sortbesteht. Zu diesen gehört aber die volle Freiheit Deutschlands gegenüber der österreichischen Orientpolitik. In Siebenbürgen giebt es seit Kurzem einen Bischofs- strcit, der sich möglicherweise noch zu einer Haupt- und StaatSaction auswächst. Der kränkliche Bischof von Sieben bürgen bat beim Cultusministerium um die Bestellung eines CoadjutorS in ker Person des Grasen Gustav Majlath. Die Bitte deS Bischofs Lönhardt soll im Schoße der Regierung keine besonders gute Auf nahme gefunden haben, weil man den Grasen Gustav Majlath feiner streng kirchlichen Gesinnung und anti gouvernementalcn Haltung wegen nicht gerade gern an der Spitze eines so wichtigen Bisthums, wie es das siebenbürgische ist, sehen würde. Denn der Graf soll die Coabjutorschafi nur oum jure 8uoev88iolli8 anzunehmen geneigt gewesen sein. Ein directer Widerspruch gegen das Verlangen des Bischofs von Siebenbürgen war indessen ebenfalls unthunlich, und nun heißt es, wie der „Allg. Ztg." aus Wien geschrieben wird, daß der Cultusminister Dr. Wlassics mit dem Grasen Majlath, mit dem Minister Baron Josika und mit dem Wiener Nuntius die Sache dahin besprochen hätte, daß die Ernennungsvorlage an den König mit Zustimmung deS N a chs 0 l g e r r e ch t - ge schehen solle. In der Thal hätte aber der Cultusminister daS ErnennungScecret in der Form unterbreitet, daß darin vom Nachfolgerreckt des Grafen Majlath keine Rede sei. Durch dieses Abgehen von dem angeblich getroffenen Über einkommen sei Baron Josika veranlaßt worben, seinen Rücktritt zu verlangen, er habe auS „GcsundheitSruck sichten" einen längeren Urlaub genommen und verweile gegen wärtig auf seinem Landgut in Siebenbürgen. Gras Majlath habe seinerseits die also eingeschränkte Cvad- jutorschaft abgelehnt und die bereis auSgesertigte Er- I9j Feuilletsi» r»e «lkdorss. Roman von Hermann Helberg. Nachdruck »erb»«». „Was Wollte denn der?" fragte ich. „Er war beim gnädigen Herrn und hat ibn gebeten, ob er ihm nicht Geld für rin Geschäft leiben wollte. Und dann hat er nackber den gnädigen Herrn gefragt, ob er ibm nicht eine alte Commode überlassen wollte, die oben auf dem Schlvßbvden siebt. Ein Mann wollte sie gern kaufen, der mit alte» Sachen handelt." „Und wie weißt Du daS", fragte ich. „Herr Graf oder Daniel bat e« an Pieck erzäblt. Daniel stieg auch, als der gnädige Herr und Herr Oberförster Witt speisten, die Treppe binanf und al« ich ihm nachguckte, sah ich, daß er die Thür zur Orgel aufmachte und da hinringing." „Hinter die Orgel? Was wollte er denn da und wa« wollte tt oben?" „Ich weiß nicht, er sagte, er möchte sich da« gern mal Alle« wieder ansehen." „Ra, und weiter?" „Er blieb da ganz lange, und als er wieder herauskam, staubte er sich noch ab und lief nach oben. Er hat mich nicht gesehen, aber ich sah ihn; ick schlich nach, weil er so etwa« Sonderbare« an sich hatte, zweimal an die andere Seite der Treppe und bemerkt« daS Alle«." „Hast Du denn daS Pieck gesagt, oder dem gnädigen Herrn?" „Neinl Ich wagte e« nicht. Ich dachte, ick setzte mich bloS Unannehmlichkeiten au«. > Aber Daniel konnte ich doch auch nichts sagen, er nahm eS mir über den Kopf." „Na ja, denn sprich auch nur gar nicht darüber. E« ist am besten für Dich!" Sv warf ich hin, weil mir gleich der Gedanke kam, daß eS nothwrndi- wäre, gar keinen Verdacht beim Grafen Rudolph aufkommru zu lasten. „Und nun hören der gnädige Herr gütigst, wa« ich zu sagen h,b,: eatwrder ist da hinter der Orgel etwa«, wa« der Schuf» bei Seite gebracht, und nicht wieder gekriegt hat, «der »« ist wa« mit der E»««»d». Sch glaube Beides, obschon ich keinen Zusammenhang Herauskriege. Jedenfalls aber müssen wir es untersuchen. „Ich meinte nun so: ich wollte Comtesse bitten, daß sie nach Sleinhorst führe und sich unter einem Vorwand an die Commode heranmachte, und mal untersuchte." Es ist doch zu auffallend, daß Daniel sick wieder nach Sleinhorst gewagt hat, daß er da oben hinaufgekrochen ist, und ganz besonders, daß er nach dem alten Möbel gefragt bat. Ich glaube nicht, was er sagt. Ich weiß auch, welches Möbel gemeint ist, und sofort, als Theodor mir das Alles erzählte, fiel mir ein, daß damals nach Excrllenz Tode schon Daniel sich mit der Commode zu schaffen machte. Ich hatte kein Arg dabei, wie sollte ich auch, aber jetzt kann ich nicht davonkommen, daß etwas dahinter steckt. Und ich meine, gnädiger Herr, wir dürfen ihn nicht auS den Fingern lasten. Wenn er keine Beweise beibringen kann, daß wirklich rin Händler hinter ihm steht, wenn er sich herauS- reden will, dann ist etwas nicht richtig. Der Graf hat ihm gesagt, daß er die Commode haben könne. Wir aber müssen ihm zuvorkommen, wir müssen sie in unsere Hände bringen, und ergiebt sich nichts, muß er gefragt werden, was er hinter der Orgel zu thun hatte. Gewiß, ich kann mich ja irren, aber ich habe es im Gefühl, daß Daniel wegen der damaligen DiebstahlSgeschichre jetzt in Steinhorst gewesen ist." Mit anhaltender Spannung hatte Jame« dem Bericht deS Alten zugebört. „Sie hätten", Hub er, ihn freundlich auf die Schulter klopfend, an, „einen guten Criminalbeamten abgegeben, Ole. Ich glaube allerdings auch, daß etwa« dahinter steckt. Ich habe neulich Daniel ausgeforscht, freilich bei der Gelegenheit mehr den Eindruck der Wichtigthurrei empfangen, als Verdächtiges bemerkt. Aber eS ist ja ein schlauer Fuch«, der sich zu verstecken weiß." „Jedenfalls wollen wir meine Cousine gleich benach richtigen, da« beißt — wie da« anzusangen noch heute — eben haben wir un« getrennt." „Wenn der gnädige Herr mir da« überlassen wollten, ko glaube ich e« zu Ihrer Zufriedenheit machen zu können!" wandte Ole eifrig ein. „Ich habe immer einen Vorwand, in« Hau« zu kommen; ich will r« schon rinrichten, daß ich Comtesse zu sprechen kriege, klebrigen« «och rin», mit Verlaub: Der gnädige Herr werden einen schweren Stand kriegen. E« ist sicher, daß Ihr Herr Onkel Rudalf di, Tochter vom Oberförster Witt heirathen will. Sie sind verlobt, und Vater und Tochter bereit- ganz auseinander. Nun giebt er bestimmt nichts heraus, waS er nicht muß. Aber um so mehr müssen wir nach dem Testament spüren, müssen wir Daniel in die Enge treiben. Er weiß von der Dache. ES ist mir zweifellos und da- Testament ist auch noch dal" Bei dieser zuversichtlichen Rede deS eifrigen Alten schüttelte freilich James den Kopf. Aber e« war ebenso müßig, Be hauptungen anfzustellen, wie solche zu widerlegen. Er schwieg deshalb, dankte aber Ole und nahm unter der Abrede, daß er ibm Nachrickt geben solle, wie Jsabella die Sache auf fasse, von ihm Abschied. AlS er ins Hotel zurückkehrte, begab er sich, um Daniel zu beobachten, mS Restaurant. Bei schicklicher Gelegenheit begann er auch rin Gespräch mit ihm und fragte, wo er jüngst den ganzen Nachmittag gewesen sei, wohl in Lübeck? »,Ja, ja, in Lübeck!" bestätigte Daniel, wie Jemand, der nach einer Antwort such», und angenehm überrascht ist, daß ein Anderer ibm auS der Verlegenheit hilft. Jedenfalls war« auffallend, daß er verheimlichte, wo er sich aufgehalten hatte. Als aber Jame- ihn noch weiter fragen wollte, wurde er abgeruseu, auch brachte ein Knabe ihm rin Bisset. ES war von Ole und lautete: „Comtesse lassen den gnädigen Herrn bitten, ja morgen nach Flugsande zu fahren. Comtesse werden sich nach Stein- Horst begeben und Alles besorgen, und werden nach Rückkebr Nachricht bei meinem Vetter Timm nieberlegen. Comtess« lassen bitten, sich dort am Spätnachmittag zu erkundigen, und grüßen besten«. Gehorsams» O. Unke." Zum ersten Mal regte sich in der Natur volle« Frühling«- leben. Nur tastend batte er bisher die Hände au-aestreckt, Um zu prüfen, ob der Schooß der Erde bereit« empfänglich sei, «b nicht Kälte, Nässe, Stürme und Nachtfröste alle» da« wieder zerstören würden, dem er neue« Dasein «inzubauchen nickt erwarten konnte. Nun ließ er den Saft in die Bäume dringen, weckte Quellen und Bäche und au« den Schollen der Fluren kräftigen Erdgeruch, aber auch zarte Dünste, dir hier in durchsichtigen Nebeln emporstiegen, in der Ferne sich in zartes Seidenblau, drobrn am Himmel aber in trium- phirendr« Gold verwandelten, und so verschmelzend in Glanz und Licht, die Pracht de» herrlichen Tage« ^rschvneu halfen. Und v»o diesem lebensprühenden und hoffnunaSfürderndrn Hauch war auch ,twa« in Same« Ripdorf'« Brust »inge« zogen, als er in der Frühstunde dieses TaaeS vor dein Guts eingang abstieg und seine Schritte dem Flugsander Herren Hause zuwandte. Die Nacht war ihm sehr unruhig ver gangen. Die Vorstellung, daß Jsabella sich wieder von ihn, gewandt, hatte ihn angstvoll beherrscht. Bald war er auf der Suche nach der alten Commode gewesen, die stet- im Augenblick der Besitzergreifung seinen Augen wieder entrückt wurde, oder er hatte höchst erregte Gespräche mit Ulrike und Rudolf gepflogen, die allezeit mit der schroffen Ablehnung seiner Ansprüche ihr Ende gefunden. Aber er hatte anä, Axel gegenüber gestanden und Daniel, Witt, Henningscn, Ole, Timm und alle Gutsinsaffen von den Gütern hatte» sich in da« Gemach gedrängt und erklärt, sie wollten nick: ihn, sondern Axel und Jsabella als Herrscher aus Steinbo, , Und dann hatte sich Jsabella jauchzend an ihres Onk. - Brust geworfen und Jame» zugerufe»: „Ich benutzte Dich nur, Du Thor, um daS Teslamcn an» Tage«licht zu bringen. Ich will nicht Dich, ich will il > hier, der nun Erbe von Steinborst ist! Fort, fort! T : bist kein Rixdorf, Du bist ein Abenteurer, und gehst T.i nickt freiwillig, so warten draußen die Wächter der Gercck tigkeit, um Dich hinter Schloß und Riegel zu setzen." „Jsabella, Jsabella! Kann man so schön und so falsck sein?" hatte er gerufen. Aber auch ein Schwert, da« er bei sich gehabt, hatte er, zuletzt nicht mehr Herr seiner selbst, gezückt und r« dem sich zärtlich zu Jsabella neigenden Arcl in die Brust gestoßen. Nachdem das aber geschehen, war er aufgewacht, und ei» selige» Gefühl der Befreiung war durch seine Brust gezogen, als er im Stande, Traum und Wirklichkeit zu trennen, sich bewußt geworden, daß nur die Phantasie ihr Spiel mit ihm getrieben habe. Axel mußte von dem Kammerdiener erst herbeigehvlk werden, al« Jame« aus dem Flur seine Karte abgab. E. sei ,m P-rk. Der Diener bat den Gast, sich im Vorzimmer Niederzulaffen. Aber schon nach Verlauf weniger Minuten erschien er mit seinem freundlich-ernsten Wesen, nötbig .' Jame» mit großer Zuvorkommenheit in sein mit Büchen, bepacktes ArbeitSgrmach und fragte mit liebenswürdiger Zu vorkommenheit, wa« Jame« zu seinem erfreulichen Besuch Brranlafsung gegeben. Freilich veränderten sich seine Mienen nach den ihm von Jame« gemachten Eröffnungen erheblich. Dem Au-druck höchster Ueberraschung f»tßt» ,in, mit sichtlichem Mißtrauen
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