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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 02.02.1897
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1897-02-02
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18970202017
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1897020201
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1897020201
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1897
- Monat1897-02
- Tag1897-02-02
- Monat1897-02
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Bezrrg-.Prei- D> d« Hml-trxp^ition od« d»n tm Stadt« bqirk und d«u Vorortes «richtet»» An<- aadestrllruatg«h»l»: Vt««siahrUch^l<üü0, k»i »weimalic« täglich« Zustrlluug mL Lau« >l 5^0. D»md dir Post bezog» fllr teutichlaud uud veftornich: Rerwyadrltch . Direct» wgltch, Kreu-baudiearm», «M Lustaud: uwuatltch 7LO. Die Morgen-Au-gab« «scheint um V»? Uhr. di» Abead-AuSgabe Wochentag- MV - Uhr. Nedartio« und Lrprditi-u: Hotz«mie»»aff« 8. Di» Expedition ist Wochentag« Mtnnkrdrochett g«0ffo»1 von früh 8 dt« Abend« - Uhr. Filialen: Otts Klemm's Sorlim. (Alfred Hahn), Universitätssttaßr 3 (Pauliruun), Laut» Lösche» Aathariaeustr. 1«, Part, und König«platz 7S Morgen-Ausgabe. Anzeiger. Amtsblatt -es Königlichen Land- und Amtsgerichtes Leipzig, -es Rathes «n- Nolizei-Ämies -er Lta-t Leipzig. Au-eigen'Prri- die 6 gespaltene Petitzeile SO Psg. Reclame» unter dem R»baetioa«slrich (4ae- spalten) 50^j, vor den AamNtenaachrichtea (6 gespalten) 40^. Größere Schriften laut unserem Pcex»- verzrichniß. Tabellarischer und Zlfsermatz nach höherem Tarif. Extra-Beilagen (gesalzt), nur mkr de« Morgen-Ausgabe, ohne Posibrsördekung .Sk M.—, mit Postbefördrnmg .M 70.-. 1 Aunahmeschluß für Anzeigen: Abend-Ausgabe: Vormittag- 10 Uhr. Marge »-Ausgabe: Nachmittags 4 Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je eine halbe Stunde früher. Anzeigen sind stet« an dir Expedition zu richten. Druck uud Verlag von E. Polz in Leipzig. 58. Dienstag den 2. Februar 1897. 81. Jahrgang. Die „Verständigung unter den Liberalen". L Die „Verständigung unter den Liberalen über ein Zusammenwirken bei den nächsten ReichStagSwahlen" hat be- gonv»a und zwar so, wie sie beginnen mußte und wobl auch enden wird. Zwischen der freisrnnigen Bereinigung und der freisinnigen Dolkspartei herrscht der offene Kriegs zustand. In dem Berliner fortschrittlichen Bezirksverein der Potsdamer Vorstadt fiel am Freitag der erste Schuß. Der Verein ist volksparteilich, an seuier Spitze stand bis Sonnabend der Abgeordnete Albert Träger. Trotzdem bat er eine Resolution beschlossen, die eS „für dringend erforderlich" erklärt, „daß bei den nächsten Reichstags- und LandtagSwahlen die drei freisinnigen Parteien (außer den genannten also die süddeutsche Volkspartei) ohne Aufgabe ihrer Selbstständigkeit vereint den Kampf führen." War das schon Auflehnung gegen die Politik des Herrn Richter, so bekam dieser Führer noch persönlich ein Mißtrauensvotum in optima t'orwL durch einen Zusatz, welcher der freisinnigen Presse den Dank dafür ausspricht, daß sie im Sinne der Resolution auf „alle Liberalen" einwirke. Die „Freisinnige Zeitung" timt daS Gegentheil davon, ihr Leiter sollte also getroffen werden, eine Absicht, über die kein Versammlungsmitglied im Unklaren sein konnte, da von einem Freunde Richter's der Dank an die Presse als ein „dem bewährten Führer zwischen die Beine geworfener Knüppel" richtig bezeichnet worden war. Dennoch erfolgte der Beschluß j wie das „Berliner Tageblatt" behauptet, mit etwa 70 gegen 5 Stimmen, nach der „Freis. Ztg." hingegen mit nur etwa 25 gegen 20 Stimmen. Herr Richter spricht auch von einem „Humbug" des Mosse'sckru Organs, des Führers im Streite — „Voss. Ztg." und „Nationalzeitung" bilden mehr den bei der „Ver ständigung" Beifall murmelnden Cbor —, und er har das gegnerische Blatt wenigstens insofern auf fablem Pferde ertappt» als dieses Pie Versammlung mit einem an erster Stelle von Herrn Trarger Unterzeichneten Flugblatte in Zu sammenhang gebracht hat. Das kann nicht richtig sein, denn Traeger, der in der meuternden Versammlung nicht anwesend war, hat nach Kenntnißnabme de« gegen Richter und die freisinnige Volkspartci gekehrten Beschlusses dem Vorsitz des Vereins niedergelcgt. Am Tage nach ihrem Bezirksvereinssiege hielt die frei sinnige Vereinigung einen großen Kriegsrath ab. Herr Richter war bei der Ausgabe der letzten Nummer seiner Zeitung der Meinung, es sei „eine Art Pro- nnnciamento, ein Aufruf an daS Volk" beschlossen worden, und er fand sich mit dieser Eventualität mit folgender Bemerkung ab: „Uns kann eS recht sein, wenn an Stelle der fortgesetzten versteckten Machenschaften nunmehr ein offener Angriff tritt. Derselbe wird den getroffenen Abmachungen zufolge von der parlamentarischen Partei durchaus geschloffen ausgenommen werden." Nun ist dieser offene Angriff noch nicht förmlich erfolgt. Die Diplomaten der freisinnigen Vereinigung haben, offenbar um der Volkspariei die Rolle desFriedenSbrecherS zuzuweisen, es vorgezogen, zunächst den Beschluß der Bezirksvereinigung der Potsdamer Vorstadt zu vollziehen. Ihre Blätter ver öffentlichen daS Folgende: „Um eine Klärung der gegenwärtigen Parteivkrhältnisse mit Rücksicht aus den bevorstehenden schweren ReichSlao-wahlkamps berbeizuführen, hat der geschäftSsührede Ausichuß des Wahl Vereins der Liberalen in Uebereinstimmung mit den Mugliedern der freisinnigen Bereinigung de« Reichstags und des preußischen Abgeordnetenhauses folgende Erklärung beschlossen: „Ein Zusammenwirken der liberalen Wähler bei den im Jahre 1808 bevor- stehenden ReichStagswahlen and eine rechtzeitig» Verständigung über die ouszustelleaden Candidaten ist Angesichts der Gefahr, mit welcher die extrem-agrarische Agitation uni« öffentliches Leben bedroht, »in dringendes Gebot." Der geschäft-führende Ausschuß des Wahlvereius der Liberalen hat in Ausführung dies« Erklärung zunächst an den gescbmtssührenden Ausschuß der freisinnigen Volks partei folgendes Schreiben gerichtet: Berlin, den 30. Januar 1897. An den geschüftssührcnden Ausschuß der freisinnigen Volks partei, z. H. dcS Reichstags-Abgeordneten Eugen Richter als Vorsitzenden. Sehr geehrte Herren! Der Unterzeichnete geschästssübrende Ausschuß des Wahl- Vereins der Liberalen (Freisinnige Vereinigung) ist bereit, seinen Gesinnungsgenossen im Reiche zu empfehlen, in den zur Zeit durch Mitglieder der freisinnigen Volkspartei verirctenen Wahlkreisen eine Verständigung über die bei den bevor stehende» Reichstagswatsten aufzustelleiiden Candidaten a n s der Grundlage der Ausrecliterhaltung des gegenwärtigen Fraktion S besitz st andes herbei- zusühren. und richtet die ergebene Anfrage an den gesckästs» führenden Ausschuß der freisinnigen Volkspartei, ob derselbe gewillt ist, seinen Parteigenossen das gleiche Vorgehen gegenüber der frei sinnigen Vereinigung in den Wahlkreisen zu empsedlen, die zur Zeit im Reichstage durch Mitglieder der freisinnigen Vereinigung vertreten sind. Im Falle einer bejahenden Antwort wird sich der Unterzeichnete Ausschuß gestatten, betreffs anderer Wahl kreise. die gegenwärtig nicht durch Freisinnige vertreten sind, Vorschläge zu unterbreiten. Um etwa störenden Zwischenfällen nach Möglichkeit vorzubengen, bitten wir um eine möglichst baldige Antwort. Hochachtungsvoll Ter geschäftsmhrende Ausschus des WahlvereinS der Liberalen (Freisinnige Vereinigung): Rickert, Vors. K. Schräder. Th. Barth. Pachnicke. L. Bamberger. Fr. Gold schmidt. Paul Jonas. Das vorstehende Schreiben ist an den geschüftssührenden Ausschuß der freisinnigen Volkspartei gerichtet, weil ihm nach dem Statut der freisinnigen Bolkspariri die Führung der lausenden Parteigeschäste obliegt. Ter Ausschuß besteht aus 5 Mitgliedern unter dem Vorsitz des Abgeordneten Engen Richter. Zur Feststellung von Wahlauf rufen und zum Erlaß politischer Kundgebungen sind nach dem Partei statut aus dem Centralausschuß der Vorsitzende und die beiden Stell vertreter desselben zuzuziehen." Dieses Schreiben war am Sonnabend Abend der Leitung der Volkspartei noch nicht „intimirt", trotzdem erhält die zu jener Zeit erschienene „Freis. Ztg." bereits eine erschöpfende Antwort in Form eines Leitartikels auS der Feder de- Herrn Richter. Tie lautet, kurz gesagt: von pv^-mmu«. Der Abschluß eines „Kartells" auf Grund der Wahrung des gegenseitigen Besitzstandes sei auf Seiten der freisinnigen Volkspartei „vollständig unmöglich". In mehreren der in Betracht kommenden 14 Wahlkreise der freisinnigen Vereinigung werde, „so weit sich dies jetzt beurtbeilen läßt", die Volköpartei von vornherein auf die Aufstellung eigener Kandidaten verzichten, der Verzicht in allen diesen Wahlkreisen sei aber nickt angängig, da, wie ja die Führer der Vereinigung aus praktischer Erfahrung selbst wüßten, „die Wahlkreise und Wählerschaften sich nickt von oben her commandiren und gleich Figuren auf dem Schachbrett herüber und hinüber schieben lassen". Es folgt die sehr treffende Be merkung, die freisinnige Vereinigung habe gegenwärtig Wahlkreise inne, ohne daselbst irgend einen nennens- werthen Anhang zu besitzen, sie bade diese Kreise 1893 als Anbängerin der Militairvorlage von Conservativen und Nationalliberalen erhalten, die die Wahl eines freisinnigen Gegners der Heeresverstärkung hätten ver hindern wollen; diese Parteien rächten jetzt nicht wieder daran, einen Candidaten der Vereinigung zu wählen, und im Ernste könnte doch der Volkspartei nicht zugemutbet werden, an Stelle ihrer eigenen Leute die Abgeordneten der Vereinigung auf den Schild zu erbeben, nur deshalb, weil diese von den Conservativen und Nationalliberalen fallen glassen würden. Mit der Garantie des Besitzstandes ist es also nicht? und mit der Cooperalidn zur Eroberung nicht freisinnig vertretener Wablkreise wird eS nicht viel sein. Näheres über diesen Pnnct behält sich Herr Richter vor, vor läufig reicht er der Vereinigung die Pille der Wahrheit, daß diese Gruppe eine sehr geringe Ausbreitung habe und nur in einzelnen pommerschen, mecklenburgischen, schleswig holsteinischen und brandenburgischen Wahlkreisen in Betracht komme. In „den meisten dieser Wablkreise" werde die Volkspartci „sehr wahrscheinlich" mit der Vereinigung gehen. Im Uebrigen aber sei die von der Presse der Vereinigung ausgegehene Parole, „derjenige Canbidat solle ausgestellt werben, der die meiste Aussicht habe", nichts weiter als die Aufwerfung gerade einer Streitfrage, nämlich der, welcher Candidat die beste Aussicht habe; die freisinnige Vereinigung sei geneigt, die Frage überall zu ihren Gunsten zu bejahen. Vor allen Dingen aber sei es zu früh zu Verhandlungen, schon deshalb, weil sich nickt übersehen lasse, „unter welcher Parole sich die Wahlen irn Sommer 1898 vollziehen werken." ES könnten, wie 1893, Fragen in den Mittelpunkt gerückt werden, in denen die Ansichten der Vereinigung und der Volkspartci „sich nicht decken, sondern schnurstracks gegenübersteben". So Herr Richter vor Kenntnißnahme, wenigstens vor formeller Kenntnißnabme, des Kartellantrags der Bereinigung. Daß die osficielle Antwort nicht in einem anderen Sinne ansfallen wird, steht außer Zweifel, denn in derselben Nunimcr der „Freis. Ztg." findet sich ein gutes Dutzend von Artikeln und Artikclchcn, die gegen die freisinnige Vereinigung und ihren Größenwahn gerichtet sind, einer mit dem taum verhehl ten Ausdruck der Schadenfreude über die Blamage, die sich die feindliche Schwester soeben im Landtagswahlkreise Altona geholt hat; dort ergab nämlich eine von freisinniger Seile einbcrufene Wahlmännerversammliing die Anwesenheit von 12, schreibe zwölf, Parteigenossen und von über 100 Nationalliberalen, gegen die die Versammlung gerichtet war. Der Krieg ist also auSgebrocken und Herr Richter ist sicher, ihn ungestört von seinen Anhängern im Lande führen zu können, denn er kündigt die Absicht an, für den Februar einen Partei tag der freisinnigen Dolkspartei nach Berlin ein- zubernfen, d. b. sich die Richtigkeit seines abweisenden Ver haltens gegen die freisinnige Vereinigung — mit der süddeutschen Volkspartei steht er besser als die Herren Rickert, Schräder, Bamberger rc. — bestätigen zu lassen. Ob nun diese Herren nach Empfangnahme des Bescheides den „Aufruf an das Volk" er gehen lassen oder nicht, kann man ruhig abwarten. Ucberrascht sii^d sic von der Ablebnung jedenfalls nicht, sie haben sie vorber- geseben und sind wobl eben deshalb vorgegangen; das Drängen auf „möglichst baldiße" Antwort erinnert fast an das Ultimatum der socialdemokratifchen Streikerreger in Hamburg. Ob der Tapferkeit ihr Lobu wird, steht dahin. Wir unsererseits scheu kühl einem Unternehmen zu, als dessen einziger Zweck in der mehrerwähnten Berliner Bezirksvereinsversamnilung die „Niederwerfung des Junkeribums" bei den nächsten Wahlen bezeichnet worden ist. „Nachher", so meinte ein Redner, „können wir uns ja untereinander wieder hauen". Da dieser Herr auch aus nationalliberale Mitwirkung rechnet, so ist eS nicht überflüssig, zu bemerken, daß uns jenes Pro gramm denn doch etwas zu negativ ist. Mit erklärten und tbatsächlichen RcickSfeinden zusammenzugehen und den Einfluß dcS Cenlrums noch zu verstärken, dazu be steht bei den Nationalliberalen gar leine Neigung; eine von München auS in die Welt gesetzte Meldung von Verhand lungen „Nechtsnationalliberaler" mit Vertretern der Richtung Payer beruht natürlich auf Erfindung, und wo sonst in der echt- und pseubonationalliberalen Presse von einem national- demokratischen Kartell die Rede war, da handelte es sich um „solltillwuts" einzelner außer Fühlung mit der Partei stehender Herren. Auf eine Unterstützung durch die Nationalliberalen wird man gewiß nicht ernstlich in einem Lager rechnen, wo soeben Streit darüber herrscht, ob in Baden antisemitische Candidaten nicht nationalliberalen vorzuziehen seien. Deutsches Reich. * Leipzig, l. Februar. Wie wir der „Deutschen Wochen Ztg. in den Niederlanden" entnehmen, bat der „deutsche" RcichStagsabg. Liebknecht jüngst in Delft gesagt: „Die dentsche Armee kann geschlagen werden. denn das Kriegsglück wechselt; dann ist die Zeit der Socialdemolratie gekommen. Der Kampf um die Macht kann anfänglich möglicherweise unblutig sein, später aber wird er, muß er blutig werden." Herr Pfarrer Naumann hat soeben wieder in Leipzig auf die „Thatsache" sich berufen, „daß der revolutionaire Ge danke immer mehr und mehr in der Abnahme begriffen sei, daß man auch in socialdemokratischen Kreisen sich mit der Aussöhnung mit der heutigen Staatsform vertraut mache". Wird Herr Naumann auch angesichts dieses offenen Bekenntnisses, daS einem socialdemokratischen Führer auf ausländischem Boden entschlüpft ist, fortfabren, Verhängnis; volle Unklarheit und Selbsttäuschung zu verbreiten? s/s Leipzig, l. Februar. Die der General-Commission der Gewerkschaften Deutschlands (Sitz Hamburg) nicht an- geschlvssencn, localorganisirten und nur auf der Basis des VertraucnsmäuncrsystemS centralisirten Gewerkschaften Deutschlands halten Anfang Mai dieses Jahres in einem noch zu bestimmenden Orte Mitteldeutschlands einen Congreß ab, auf dem eine einheitliche, sich über ganz Deutschland erstreckende Organisation gebildet werden soll. * Berlin, 1. Februar. Die freisinnige „Posener Ztg." greift den preußischen Cultusminister vi. Bosse an, weil er den Polen jüngst fest cntgegengetretcn ist und beschuldigt die Posener Negierung, den Minister unrichtig informirt z» haben. Das Blatt schreibt u. A.: „Damit die Herren an der Posener Regierung wissen, woran sie sind, erklären wir ihnen hier nochmals, daß die erwerbsthätige deutsche Bevölkerung der Provinz Posen, die unter dem künstlich geschürten Nalionalitätenzwist ebenfalls schwer leidet, endlich Ruhe im Lande haben will. Eine Regierung, die dies nicht als ihr erstes Ziel betrachtet, kann sicher sein, außer den nach jedem Winde von oben Pfeifenden nur die paar Junker und junkerlich Gesinnten hinter sich zu haben, deren Weizen bei der Hetze blüht." Gegen Liese Acußerung protestirt die „Tagt. Rundsck." mit der nachstehenden zutreffenden Begründung: Welcher An diese „erwerbsthätigen" Deutsck>en sind, die theilS auS freien Stücken i»i Geschäftsinteresse ihr Deutscbthum verleugnen und vor den Polen die Knie beugen, theilS aus Mangel an moralischer Kraft und Einsicht den frechsten Herausforderungen und Denn« thigungen von Seiten der Polen geduldig den breiten Rücken Hinhalten, brauchen wir hier nicht näher auszuführen. Wir werden natürlich immer mit Elementen zu rechnen haben, die gleichgiltig bei Seite sieben oder den materiellen naheliegenden Vorthcil über die nationale Pflicht und die Erfolge der Zu kunft stellen. Schlimmer aber ist es, wenn ein angeblich deutsches Prcßorgan, dem seine Parteigenossen im Reick vielleicht noch eine größere Bedeutung beilegen, seinen schwer kämpfenden Landsleuten in den Rücken fällt und sein Tbun mit Worten beschönigt, die die Wahrheit in unerhört dreister Weise auf den Kops stellen. Daß wir mit dieser scharfen Beschuldigung reckt haben, dafür rufen wir alle unsere Leser, die wirklich und gründlich die Verhältnisse in der Provinz Posen kennen, zu Zeugen auf, nachdem sie folgende Stellen des oben erwähnten Artikels der „Pos. Ztg." gelesen Habens „Anstalt daß man den unsere Provinz immer mehr ruinirenden. elenden Nationalitälenbader zu schlichten sucht, werden von dort aste mögliche» Direktiven gegeben, die alles Andere eher als eine Be ruhigung der Bevölkerung in den Ostmarken herbeisühren. Wir wollen nur einige der gegenwärtig beliebten Nadelstiche hier aufsühren. Zu nächst verflieg man sich zu der großen Action, den Militaircapellen das Spielen der polnischen Melodien bei uns zu untersagen, von denen man eine ähnliche Wirkung aus Len preußischen Staat zu befürchten scheint, wie die des Posaunenblasens auf die Mauern von Jericho. Dann kam Herr Breseld (I), der damals noch Neuling im Amte war, mit einer rettenden That, mit der Aenderung Feuilleton. > Der Lichtmeßtag (2. Februar). Bon E. Glaser. Bei der Geschichte unserer Feste stoßen wir im Volks glauben, so auch im DolkSbrauche auf zweierlei Wurzeln, aus eine christliche und eine außer christliche. ES wäre aber nun falsch, im Allgemeinen zu behaupten, daß da« Christliche nur die Form für eine vorchristliche Sach« abgegeben hätte, denn wir wissen ja bereit-, wir sich weniastrnS die Hauptfrste LeS ChriftenthumS: Ostern, Pfingsten, Weihnachten, im engsten Anschluß an dessen «bene Geschichte entwickelt haben. Aber auch bei diesen Hauptsrsten finden wir vorchristliche Formen und wieder bei gewissen anderen Festen ist da« Vorchristliche daS Wesentliche und die Form da» Christliche. So finden wir auch bei der Feier de- Lichtmeßtages diese beiden Wurzeln, die vorchristliche und die christliche. So deuten wohl die WitterunaSregeln aus den vorchristlichen Inhalt diese« Tage-. Der Lichtmrßtag fällt so ziemlich in die Mitte de- WinterS, daher daS Sprichwort: Lichtmesser» ist der Winter halb vergessen. Einen sonnigen Lichtmeßtag hat der Landmann aber gar nicht gern, denn sonniges Wetter ist ihm verfrüht, den Eintritt unfreundlicher Witterung erwartet er dann gewiß. Diese- drückt auch folgende WitterungSregel auS: DennS an Lichtmeß stürmt und schneit, Ist der Frühling nicht mehr wett» Ist »« aber klar and hell, Kommt d« Lenz wohl nicht s« schnell. Oder im Allgemeinen heißt es: Lichtmeß hell und klar, Giedt »kn schilt»« Jahr. Verschiedene Witterungsregeln beziehen sich aus die Thiere. In Sachsen, Schlesien, Westfalen sagt man: Sonnt sich der Dach-Z in der Llchtineßwoche, Geht aus vier Wochen er wieder zu Loche. Dom Bären sagt man: Wenn der Bär um Lichtmeß seinen Schatten siebt, gebt er noch vierzig Tage in die Höhle. Darum sollen die Landleute das Heu wohl ausbewahren, denn sie werden es noch brauchen. Sehr allgemein ist folgende WitterungSregel: Besser der Wolf al« der Sonne Licht Zu Lichtmeß in den Schafftall bricht. Der Wolf bedeutet hier ursprünglich wohl den scharfen Winterwinb. Am Lichtmeßtage werden die Lerchen erwartet, kommen sie vorher, so heißt eS: So lange die Lerche vor Lichtmeß singt, So lange nachher ihre Stimme verklingt. Am Lichtmeßtage darf der Dienenvaler nicht verreisen und nicht auS dem Hause gehen, sonst fliegen im Frühjahre die Schwärme fort. Andere WitterungSregel» beziehen sich auf die Fruchtbarkeit. Ist Lichtmeß windstille und trübe, so giebt eS ein gutes Frucht- undfWeinjahr. In Westfalen schrieb man für das Gedeihen de- Flachse- vor, daß die Weiber am Lichtmeßtage im Freien auf dem Acker tanzten. Bei diesem Tanze trugen sie Hollundcrgerten in den Händen, mit denen sie auf die Männer loSschlugen, die sich der Tanzstätte näherten. In Ostpreußen springt zu Lichtmeß die Hau-frau oder die älteste Jungfrau des Hause- auf den Tisch und rückwärts vom Tische in möglichst weitem Sprunge wieder herab. So lang, als sic springt, wächst der Flach-. Im Monat Februar wurde bei wiederkebrender Frucht barkeit der Erde die Erdenmutter, die Berchta (Holda), die lieb« Frau oder schlechtweg Frau, verebrt, deshalb sagt der Landmann: Im Monat Hornung (Februar) regirt die Frau. Berchta batte besonder- die weiblichen Arbeiten, den Flachs bau und die FlackSbereitung in ihrer Obhut. Lichtmeß ,st ursprünglich rin Naturfest, und man leitet dieses Fest von dem Raube der Proserpina ab. Die Mutter Ceres zündet zwei Fichlenslämme an den Gluthen des Aetna zu leuchtenden Fackeln an und sucht ihr Kind. Zeus bestimmt, die Proserpina solle zwei Theile des Jahres auf der Ober welt, den dritten Theil (während des Winters) aber in der Unterwelt verleben. Von den Fackeln leitet man die Fackel feste zu Ehren ver Proserpina her, die der christliche Cultus in eine Lichtmesse umwandelte. Der gewöhnlichen Annahme gemäß soll vieseS Fest vom Papst GelasiuS, welcher gegen 492 den päpstlichen Stuhl bestieg, in der Absicht gestiftet worden sein, das Lichlsest der Römer, kestum lucoruao, bei dem zu Ebren der Proserpina feierliche Umzüge mit Lichtern und Fackeln gehalten wurden, - m ein christliches Fest zu ver wandeln, da eS der Kirche nicht gelungen war, die heidnische Feier zu unterdrücken. Man feierte mit dem Emporsteigen der Proserpina aus der Unterwelt die wiederkehrende Fruchtbarkeit der Erde und den Segen, der dadurch für die.Landwirthschaft erzielt wurde. Hierauf bezieht sich auch folgender Brauch in Thüringen: Wer von den Knechten oder Mägden eine- HauseS an Mariä Lichtmesse zuerst aussteht, eilt, die anderen mit einer Ruthe auS dem Bett zu peitschen und hat dafür ein kleines Geschenk von ihnen zu fordern. Man nennt dieses Lerchenwecken auch Lenz- oder FrüblingSweckcn. Daß daS Lichtmeßfest so früh fällt, in eine Zeit, wo von dem Frühling noch keine Rede sein kann, bängt von der römischen Hcimath de-Festes ab. Zunächst wurde der Westen ein erträglicher Boden für die römischen Festfciern, denn er stand mit dem alten Römerreiche und mit dem nachmalige» fränkisch - römischen in unmittelbarster Beriibrung. West deutschland, insbesondere daS Land am Niederrbcin, kennt die barten Winter de» Ostens nicht, und unter seinem milden Himmel konnten sich schon früh VolkSlhäligkeit und Volkslaune im Freien entfallen. Für da- Gesinde wurde früher am Lichtmeßtage Tanzmusik veranstaltet, wobei eS sehr laut und fröhlich berging. Die nächsten drei Tage, Lichtmeß eingerechnet, dursten die Dienstboten feiern. Der heute noch abgehaltene nordische Lichtmeßinarkl spricht für die Ausdehnung des Festes. Für diese Zeit erfordert die wirlbschastliche Lage der Menschen eine Zusammenkunsi, so ungünstig die Zeit auch zu sein schien. Der halbe Winter war überstanden und die Vorräthe gingen auf die Neige, der nothwendig gewordene Austausch bedingte einen Markt, o i den sich nun wieder alle die einzelnen Zweige des festlich?:! Wesens anschlossen. Hiermit hängt auch wohl zusammen, daß der Licktmeßtag vor Alters für den Ehrentag der D sckwender und der Leichtsinnigen aalt und an diesem Fest ein Wechsel dcS Gesindes stattfand. Die Dienstboten, welche zu Lichtmeß ihren Dienst verändern, besuchen ihre Verwandtem und bleiben dort einige Tage, bevor sie zu ihrer neuem Herrschaft gehen. Diese Zeit nennt man in der Oberpfalz die lustige Zeit der Kälbaweil. Der Name, welcher von kälbern, vergnügt sein wie die Kälber, herkommt, sagt schon daß diese Zeit unter Scherz und Jubel vergeht. DaS Licht spielt an dem Lichtmeßtage eine große Rolle sowohl daS Lickt der Wachskerze in den katholischen Kirchen als auch das Sonnenlicht. Die katholische Kirche rrkennt den Wachskerzen eine ködere Bedeutung zu als die der Bestück tung, und deshalb war eS folgerichtig, ihnen auch die Weihe zu geben. Am Lichtmeßtage ist die Hauptkerzenweibe für daS ganze Jahr. Schon im Jahre 665 giebt der Bische, ElikinS eine mystische Deutung dieser geweihten Kerzen. I» der Weihsormel heißt e« deutlich, daß diesen Kerzen di? Kraft innewobnt, nicht nur die Finsterniß zu vertreiben, sondern auck die Dämonen zu verscheuchen und Leib n> o Seele der Menschen bei Gesundheit zu erhalten. Z» Mariä Lichtmeß werden im katholischen Süddeutschlaiw nicht nur die Osterkerzen geweiht, welche zu Oster:', dann bei der Taufe und zum FrobnleichnamSfest angeziindei werden, sondern auch die Wetterkerzen, welche man ii» Sommer bei den Schauermessen anzundet, um Hagel und Wolkenbrucb abzuhalien. Man zieht in Procession singen o und betend in der Kirche herum, wobei jeder Anwesende jein: brennende Kerze in der Hand hält. Deshalb bat diese« Fest den Namen „Lichtmeß". In «in«r Urkunde Karl'« IV. »on
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