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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 18.02.1897
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1897-02-18
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18970218011
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1897021801
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1897021801
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1897
- Monat1897-02
- Tag1897-02-18
- Monat1897-02
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Anzeigen sind stets an die Expedition zu richten. Druck und Verlag von L. Polz in Leipzig. Donnerstag oen 18. Februar 1897. 81. Jahrgang. Zur Margarine-Frage. An einem der nächsten Schwerinölagc des Reichstags soll der Margarine-Antrag des Centrums und der Conservativen zur Berathung kommen und daS preußische Herrenhaus soll diesem Anträge Vorspanndienste leisten. Bekannntlich hat der BundeSralh im vorigen Jahre den von ihm selbst eingebrachten Margarine-Gesetzentwurf abgeiehnt, weil der Reichstag da« Verbot des Färbens der Margarine und die Vorschrift der getrennten Verkaufsräume für Butler und Margarine in ihn hineingebracht hatte. Trotzdem unterschied sich der in der jetzigen Tagung eingebrachte conservativ-klerikale Antrag von dem abgelehnten Entwürfe nur dadurch, daß er von der Vorschrift der getrennten Verkaufsräume Ortschaften bis zu 5000 Einwohnern auSnehmen wollte. Später hieß eS rann, die Antragsteller wollten auch das Färdevcrbot fallen lassen, neuerdings wird aber da« Gezentheil versichert. Wie dem auch sr,n möge, jedenfalls bat der Bundesrath keine begründete Ursache, von seiner Stellung abzugehen und von den Margarine-Gegnern sich Concessicnen abdrückcn zu lassen, die er im vorigen Jabre ablehnte. Hat doch der Reichskanzler alsbald nach dieser Ablehnung an die verbündeten Regierungen ein Rundschreiben gerichtet, in welchem er sie zu schärferer Handhabung des geltenden Ge setzes auffordert. Bekanntlich bat der Hauptsacbverständige in der preußischen Staatsregierung, der Lanvwirlhschafts- minister Freiherr v. Hammerstein - Loxten, im Reichs tage wiederholt hervorgehoben, um den mit der Margarine vorlage erstrebten Zweck zu erreichen, bedürfe cs eigentlich gar keines neuen Gesetzes, weil eine entsprechende Hand habung des schon gellenden Gesetzes von 1887 ausreiche, um den vo» einzelnen Händlern wider Wunsch und Willen der Margarine-Industrie betriebenen unlauteren Wettbewerb der Margarine gegen die Butter zu verhindern. Ans diesen Standpunkt hat sich denn auch das Rundschreiben des Reichskanzlers gestellt, in dessen Eingänge eS heißt: .Auch die gegenwärtig geltenden Vorschriften bieten brauchbare Handhabungen, nm die unlautere Concurrcnz der Margarine, des MargarinckäseS und der Kuiisnpeisesettc mit Aussicht auf Ersolg zu bekämpfen." Die Einzelstaaten haben diese Handhabe inzwischen benutzt; die Revisionen sind eifriger betrieben worden, aber sie haben ergeben, daß es doch nur sehr wenige Fälle sind, in denen Verfälschungen nach- gewiescn wurden. In dem ganzen Kampfe gegen die Margarine gehen unsere Landwirthe von der falschen Voraussetzung aus, daß die Butlerpreise von der Margarine abhängig seien und bei einer Einschränkung oder theilweiser Beseitigung des Margarine- consums eine Steigerung der Raturbulterpreise zu erwarten sei. Welch gewaltiger Irrthum und welch gänzliche Ver kennung aller einschlägigen Verhältnisse liegt doch in dieser Anschauung! Einzig und allein maßgebend für die Preis bildung bei der Butter in Deutschland bleiben die Ver hältnisse der ausländischen Butlermärkie, die allgemeine Pro duction je nach dem Ausfall der Futterernten und ganz beson ders unserExport nach England. DerSainmelpunct aller überschüssigen Butter der ganzen Welt ist das große Hauptconsumland: Eng land, das im Jahre t896 nicht weniger al« 3 037 947 englische Centner Naturbutter einführte. Aus der vom „Frantf. Cour/' mitgelheilten, die letzten sechs Jahre umfassenden Statistik der englischen Buttereinfnhr erzieht sich, daß fast alle Länder einen steigenden Absatz nach England zu ver zeichnen haben, nur Deutschland ist in den letzte» vier Iabren in seiner Ausfuhr stets und bedeutend zurückgegangen. Diese Erscheinung ist um so ausfallender, als sich unsere deutsche Landwirtbschaft in Folge des weniger lohnenden und ertrags- fäbigcn Körnerbaues in de» letzten Jahren mehr der Viehzucht und speciell auch dem Molkereiwesen gewidmet bat, wodurch letzteres einen ganz gewaltigen Aufschwung erfuhr. Während in den frühe, n Jahren nur vereinzelte Molkereien eristirten, bestehen wohl jetzt mehr als 5—0000 GenossenschaslSmeiereien in Deutschland, wozu noch ca. 15 000 Gutsmeiereien komme». Alle arbeiten jetzt mit Centrisugen und erzielen dadurch gegen früher eine um 18. Prcc. höhere Butleransbeute. Statt nach den wahren Ursachen unserer sich stets ver ringernden BulterauSfuhr zu forschen, wird die Margarine als Lückenbüßer ins Vordertreffen geschickt und als wirk sames Agitalionsmillek von den agrarischen Führern für die großen Massen benutzt. Dabei übersieht man, daß andere Länder ihre Ausfuhr von Jahr zu Jahr steigern und sich immer mehr den englischen Markt erobern. So ist — nach der erwähnten Statistik — die Ausfuhr Dänemarks von 876 211 Ckr. im Jahre 1891 auf 1 228 784 Centner im Jahre 1896 gestiegen. Australien, welches vor etwa 10 Jahren 131 Ctr. nach England exporlirte, führte im Jahre 1895 311 896 Ctr., im Jahre 1896 219 015 Ctr. (wegen der großen Dürre im Jabre 1896 so viel weniger) aus, nachdem es gelungen war, mit Hilfe von Eismaschinen und Schaffung von Kühlräumen auf den Dampfschiffen die Butter i» tadelloser Beschaffenheit nach England zu bringen. In gleicher Weise steigert sich der Export Argentiniens, Canadas und Amerikas, wobei gerade bi-k-n Ländern die guten Weiden und ein für die Milet wirlhschasl günstiger Boden zu Statten kommen. -Gerade gegenwärtig sind wieder 13 Dampfer mit 163 000 Colli Butler von Australien nach Europa unterwegs, außerdem weitere 2 Dampfer, von welchen die Höhe des beigeladenen Quantum« Butter noch unbekannt ist. Der Export aus Australien wäre im vorigen Jahre noch weit größer gewesen, wenn nicht daselbst die große Dürre geherrscht hätte. Statt rigorose Maßnahmen gegen die Margarine zu fordern, sollte also unsere Landwirthschaft ihr Bestreben darauf richten, unsere deutsche Butter cxportfäbiger zu machen. Hierzu ist nöthig, daß sich unsere Molkereiverbänbe mehr den Anforderungen des englischen Marktes anpassen, in erster Linie eine hochfeine, vorzügliche und gleichmäßige QuaUtälSbutter Herstellen und auch regelmäßig nach England liefern. In gleichem Sinne hat sich — Namens der Regierung — Geheimer OberregierungSrath vr. Thiel au der Butterausstellung in Lübeck 1895 geäußert, ebenso in einer vor einiger Zeit abgehaltenen Sitzung Graf Rantzau als Vorsitzender der Landwirthschaftskammer für Schleswig- Holstein. Zur Charakteristik der Margarine-Gegner sei ferner an geführt, daß gerade der Verlauf deS Butlergeschästes im ver gangenen Jahre alle ihre Hypothesen über den Haufen ge worfen hat. Die Bulterpreise waren im Jahre 1896 durch schnittlich Hobe, namentlich in den Herbstmonaten trat in Folge der Dürre in England, Amerika und Australien eine tarke Preissteigerung ein, so daß die Notirung für feinste Butter in Berlin und Hamburg ini Oktober vorigen Jahres 130 -k pro Centner im EngroSverkauf betrug. Daß bei solchen Preisen der Biltterconsum abnekmen muß, ist selbltverlländlich, denn bei dem Detailverkaufspreis von 1,50 -r per Pfund ist es nur noch den oberen „Zehntausend" möglich, Buller überhaupt zu essen. In diesem Falle greift bas große Publicum nach Surrogaten wie Margarine, Schweineschmalz, Apfel- und Pflaumenmus, und darum ist die Erfindung der Margarine, dieses so wichtig und unent behrlich gewordenen Nahrungsmittels, vom wirlhschafllichen Standpuiicte aus nur mit Freuden zu begrüßen. Nun wenden die Agrarier ein, daß sie es nicht auf Be seitigung der Margarine, sondern auf eine Unterdrückung der vielfach vorkommenden Fälschungen abgesehen hätten. Soweit es sich um den unlauteren Wettbewerb im Butler geschäfte handelt, baden die Margarinefabrikanlen fteiS ihre Hand zur Beseitigung aller Auswüchse geboten und sind im Besonderen jeder Zeit für eine Verschärfung der Controle aller Nahruiigsiiiitlel emgelreten. So lange eS Menschen zielt, wird es auch Betrüger geben, mögen die Gesetze nock so strenge sein. Selbst bei getrennten Verkaufsräumen und latenter Färbung wird der Fälscher immer noch Mittel und Wege finden, sein Ziel zu erreichen. Gerade in Berlin, wo bekannilick durch das Zusamiiieiiströmen so vieler Elemente Fälschungen in Nahrungsmitteln unverualtnißiiiäßig häufiger sind als in anderen Glvßstädte», haben die Untersuchungen bei Butter .nicht mehr Beanstandung ergeben al» in anderen Leben« Mitteln, wie Milch, Wurst re. So wurden in Berlin im Jahre 1894 bei 1096 Untersuchungen nur 47 Proben, im Jahre 1895 bei 901 Untersuchungen nur 23 Proben wegen Margarinezusatz beanstandet. Dagegen fanden weit häufiger Fälschungen der Butler durch Wasserzusätze statt, denn im Jahre 1894 wurden in NO Beirugsfällen, im Jahre 1895 in 86 BelrugsfäUen Fälschungen durch Wasserzusatz festgestellt. Was die Margarineproduction in Deutschland be trifft, so ist sie in den letzten 3—4 Jahren bedeutend zurück gegangen. Ihren Höhepunkt erreichte dieselbe in dem knappen Futterjahr 1893 und betrug damals nach zuverlässiger Schätzung auf Grund der Einsubrziffern fürs Rohmaterial ca. 1 900 000 Ctr. In den Jahren 1894—96 ging der Absatz wesentlich zurück, so daß im vergangenen Jahre die Production kaum mehr als 1 300 000 Ctr. betragen haben bürste. In gleicher Weise hat auch der Margarineconsum in England bedeutend naa gelassen, denn es betrug die Einfuhr in England an Margarine im Jahre 1896 nur noch 925 934 gegen 1 535 430 (engl.) Centner im Jahre 1892. Deutschland ist an diesem Export in Folge der hohen Eingangszölle auf Rohfette und Oele nicht betheiligt. Nun schätzt man die Naturbutlererreugung in Deutschland in Fachkreisen auf jährlich 18—19 Millionen Centner, so daß der Consum in Margarine dagegen kaum 7 Proc. des gesammteii Butterverbranches ansmacht. Glauben denn unsere Landwirthe ernstlich an eine Verschiebung der Verhältnisse zu ihren Gunsten, wenn diese 7 Proc. Margarine - Consum nicht existirten? DaS wäre rin gewaltiger Jrrlhum. Nicht der verhältnißmäßig schwache Margarincverbrauch, sondern die bereits Eingang- an geführten Factoren fallen bei der Beurtheilung der ganzen Frage inS Gewicht, insbesondere das ungeheure Anwachsen der Butterproduction in allen Ländern und unsere zu schwache Betheilizung an der Versorgung Englands mit Butter. Durch Anwendung des Ceiitrisugen-AufradmverfahreliS beträgt das dadurch mehr erzeugte Quantum wesentlich mehr als die ganze Margarinefadrikation in Deutschland. Die verbündeten Regierungen haben daher die Verhält nisse richtig erfaßt, als sie im Juli vorigen Jahres daS ver schärfte Margarinegesetz abgelehnt baden. Jede Schädigung der Margarineindustrie wäre gleichbedeutend »lit einer Schädigung der Landwirtbschaft, denn die ungeheuren Mengen Milck«, welche jetzt zur Margarineerzengung verwendet werden, würden — zu Butler verarbeitet — dem Buttermarkt aufs Neue Zuströmen. Ungeheure Quantitäten Rohfett, die in den Dienst der Maraarinefabrikation gestellt werden, würden zu technischen Zwecken verarbeitet werden müssen und dadurch eine Eiitwerlhung der Viebpreise herbeiführrn. Und was würde man durch einen solchen Schnitt ins eigene Fleisch mit dem Färbeverbol und der Vorschrift getrennter Verkaufsräume bei den Hunderttausenden von Geschäftsleuten, die mit Margarine handeln, Anderes erreichen, als eine hochgradige und berechtigte Verstimmung wegen einer überaus störenden und kränkenden polizeilichen Controle? Ein jeder Ge schäftsmann, der sich unter eine solche besondere Polizei- aujsicht gestellt sieht, muß darüber um so mißmuthigkr werden, je weniger er sich bewußt ist, durch seine Handlungen Anlaß dazu gegeben zu haben. Man hat die Zahl der mit Margarine in Deutschland im Äleinverkehr Handel treibenden Personen auf etwa eine Viertel-Million geschätzt. Es ist sicherlich ein wohl zu beachtendes politisches Moment, ob man diese Viertel-Million Reichstagswähler unter eine besondere Polizeiaufsicht stellen soll, die, wenn sie wirksam sein sollte, strenger als bei irgend einer anderen Nabrungsmittel- verfälschung sein müßte, ja, selbst strenger, als sie bei Leuten geübt wird, die wegen Nahrungsmiltelverfälschung schon mit Gesängniß bestraft sind. Wie man Verbindern will, daß böswillige Gerüchte gegen den einzelnen Geschäftsmann in Folge derartiger besonderer Polizenevisionrn in Umlauf gesetzt werden, wie man ihren guten Ruf wieder Herstellen will, wenn daS Gerede: „Bei dem ist gehauSsucht, da muß doch wohl etwas nicht in Ord- Feurlletsn. Die Ortsnamen im Leipziger Stadtgebiet. Vorlrag, gehalten im Verein für die Geschichte Leipzigs von Reinhold Helm. Nachdruck vrrbote». Im Programm unsere« Vereins sind unter deu zu er forschenden Gegenständen die geschichtlichen Denkmäler Leipzigs genannt. Zn diesen Denkmälern, obgleich nicht zu denen von Stein und Erz gehörig, sind die in unserem Sladlgebiet auftretcnden Namen zu rechnen. In ihnen haben wir nicht nur dir ältesten literarischen Denkmäler der Vor fahren, die zum Tbeil weiter al» Keilschrift und Hieroglyphen in die Zeit hinaufreichen, sondern sie gehören auch zu dem Ursprünglichsten und Aeltesten überhaupt, was von dem Leben und der Geschichte eines Volkes übrig geblieben ist, sind älter selbst als Ruinen und dem Ervenschooß wieder abgenommene Fundstücke. Die Erforschung der Ortsnamen ist zunächst für die Sprachwissenschaft von Wichtigkeit, da die Grammatik und da« Lexikon von ihr Gewinn zu erwarten haben, eS siebt aber auch die Bedeutung der Onomatologie, als Hilfswissen schaft der Geschichte, insbesondere der Culturgeschichte, außer Zweifel. Daher muß anerkannt werben, daß die Klarlegung unserer Orl«namen einen Antbeil an der Aufhellung deS EntwickelungSganges der heimathlichen Culturzustände Hai, und daß die Eiforschnng der Stavigeschicbie, wenn sie ihren Gegenstand allseitig behandeln wird, an den Ortsnamen, al« ihren ältesten Denkmälern, nicht vorübergehe» darf. Tie Ortsnamen sind bereit« seit langer Zeit Gegenstand der Forschung, doch erst in de» letzten Javrzehnten, der rechten, nüchternen und verständigen Pflege theilhaftig geworden. Nicht leicht anderswo sind lange Zeit die will kürlichsten Deutungen so an der Tagesordnung gewesen wie auf diesem Gebiete. E« mag da« Grund zu einem nicht geringen Tbeiie in der Schwierigkeit der Aufgabe haben. Man findet die Ortsnamen in ihrer gegen wärtigen Gestalt mannigfaltig verändert. Sie sind denselben lautlichen Veränderungen unterworfen gewesen, wie die anderen Wörter der Sprache. Dazu kommt bei einem Theile unserer Namen, besonder« bei denen der Dörfer und Städte, noch zweierlei hinzu, was die Umgestaltung zu einer so durch greifenden gemacht hat. Sie sind nämlich nicht immer nur von dem Volke gebraucht worden, welche« sie zuerst gebildet bat, sondern sie wurden, al« sie eine Zeit lang in Gebrauch gewesen waren, von einer anderen Zunge übernommen. Sie waren deshalb dem Einflüsse der Lautgesetze zweier ver schiedener Sprachen nach einander auSgesetzt. Auch wurden manche dem neuen Volke unverständliche Name» in eine Form gebracht, welche in seiner Sprache eine Bedeutung batte, «in Beispiel hiervon ist der Name Zuckeldausen. Wer nur die Form des Namens, welche beute im Gebrauch ist, kennt, wird seinen zweiten Theil für ein deutsches Wort halten. Das ist er aber ursprünglich gar nicht gewesen, wie aus den älteren Formen hervorgrht, son dern er ist auf einen slawischen Stamm zurückzusübren. Dieser war dem deutschen Bewobner nicht verständlich und wurde umgebitdet, und zwar, wie man wohl erkennt, unter Anlehnung an den Namen deS Nachbardorfes Holzhausen, in welchem der zweite Bestandtbeil ursprünglich deutsch ist. Will man daher die Bedeutung eine« Ortsnamen« er kennen, so ist besonder« zu wissen nothig, wie er zu allererst gelautet hat. Nun reichen aber, und darin liegt eben die Schwierigkeit, urkundliche Belege oftmals nicht a»S, um die ursprüngliche Form deS Namen« und die Wandlungen, die er im Lause der Jahrhunderte erfahren bat, zu ermitteln, abgesehen davon, daß durch ungenaues Hören und flüchtiges Schreiben viele Fehler in die schriftlich fixirten Namensfolinen eingedrungen sind. Wenn wir von den Ortsnamen reden, so begreifen wir darunter diejenigen Wörter, Substantivs oder Adjectiva, welche ein örtliche« Individuum als solche« be zeichnen und von anderen unterscheiden. Die örtlichen In dividuen fallen wieder in sehr verschiedene Kategorien und sind tbeil« natürliche Oerter, tbeilS solcht, die durch die Tbätigkeit der Menschen entstanden sind. Bon den ersterrn sind in unserem Stadtgebiete vertreten Bach, Fluß, Quelle, Mündung, Berg, Hügel, Tbal, Abbang, Wasserscheide, Waid, Busch, Feld, Wiese, Sumpf. Unter den durch die Tbätigkeit de« Graben«, Bauen«, Pflanzen- und Abschlüßen« bei neu- geschaffenen Oerilichkeitcn sind zu nennen Weg, Graben, Teich, Brunnen, Kanal, Grube, Acker, Garten, Straße, Platz, Brücke, Hau-, Fabrik, Burg, Tburm, Tdor, Kirche, Gasthof, Hof, Chaussee, Allee, Bav, Park, Damm, Markt, Kirch hof, Insel. Wir beantworten nun zunächst die Frage: Welchen Sprachen gehören die in unserem Stadtgebiet auftrctenven Ortsnamen an? Zu diesem Zwecke muß man dir Völker- bewcglinarn bet rack ten, welche in deu verschiedenen Zeit läuften auf unserem heimathlichen Boden staltgcsunden baden. Es herrscht unter den Forschern Ucbereinstimmung darüber, daß in vorhistorischer Zeit in Mitteleuropa eine keltische Bevölkerung anzunehmrn sei. Dieser indogermanische Bölker- zweig wandert« vom Schwarzen Meere die Dona» aufwärt« zu ihrem Quellengebirt und von da den Rbeinstrom ab wärts. Al« die nördliche Grenze keltischer Niedertassungen gilt die Lime, welche an der Wesermündung beginnt, an diesem Flusse aufwärt« geht, dann weiterhin am Wester wald, Tau»»« hin, die Höhenzüge de« rechten Mainuser» entlang bis zum Fichtelgebirge, Erzgebirge und den Sudeten führt. Wohl ist nicht zu zweifeln, daß auch nördlich, über diese Grenzlinie hinaus, noch keltische Ansiedler, wenn auck, in dünner Zahl, vorgedrungen sind. So wird beispielsweise einfach angenommen, daß dir Höllischen Salzquellen schon von Kellen benutzt worden sind. Es weist jedoch nicht« darauf bin, daß sich auch in unserer Gegend von ihnen Spuren fester Wohnsitze erhalten haben. Unser Gebiet wird, wir Sachsen überhaupt, von der Kelirnfrage nicht berührt. Dabei haben wir auch nicht nöthig, un« mit Ortsnamen, welche diesem Sprachzweige angebören, zu befassen. Die ersten Bewohner unseres Vaterlandes Sachsen, welche die Geschichte kennt, waren germanische Völkerschaften. Zuerst finden sich die Hermunduren, welche von dem Thüringcrwalve bis zu den Sudeten hin, an dem Fuße des Gebirges saßen. Sie zogen, als wenige Jahre vor Christi Geburt Marbod sein großes Suevcnreich gründete, nach Süden und ihr Gebiet wurde von einem anderen, gleichfalls germanischen Volksstamme eingenommen, den Ptolomäu« in seiner Geographie erwähnt. Er blieb hier bis in die zweite Hälfte des dritten Jahrhunderts, von welcher Zeit an er allmählick bis auf wenige Reste nach Süden auswanderte. In die Sitze dieser germanischen Völkerschaften zogen vom sechsten Jahrhundert an, von Osten kommend, Slaven ein, und zwar waren eS die Sorben, die sich hier niederließcn. ES ist gefragt worden, welche Spuren deutschen Wesens aus der Zeit vor der slavischen Einwanderung in den Landen östlich der Saale noch aufzufinden sind. Namhafte Forscher haben sich auch mit dieser Frage beschäftigt, aber daS Resultat bat keinen sicheren Aufschluß geliefert. Ansehnliche zusammenhängende und benannte Ortschaften sind hier erst zur Zeit der slavischen Herrschaft entstanden. Bei ihrem Beginn war unser deimatblicher Boden noch vor wiegend mit Wald, kleinen Feldstücken und weit auSeinander- tiegenven Einzethöfen bedeckt. Al« aber das Land einige Jahrhundert« lang im Besitze der slavischen Bevölkerung ge wesen war, fand man e« mit zahlreichen Dorfschasten bedeckt. An den Flüssen und Bächen, die noch viel wasserreicher als heute waren, an den Ufern der Pleiße, E ster und Parthr, sowie an der östlichen und nördlichen Rietsckke reihte sich jetzt Dorf an Dorf. Blo« die Boveiiflächen, welche sich zwischen den Wafferläufen aus breiteten und höher lagen, erhielten sich ihre Waldbedeckung bi« ans Ende der Slavenherrschaft. DaS slavische Dorf gab sich durch die Gruppirung der Wohnplätze, sowie durch die Vertbeilung des AnbaulanbeS al« solche« zu erkennen. Es umfaßte eine nicht sehr große Zahl von blutsverwandten Familien, die unter der Leitung de« Geschlecht-ältesten standen, der auch vielfach seinen Namen auf vaS Dorf übertrug. Die gesammte bewegliche und unbewegliche Habe war Eigenthum der ganzen Dorfbewobnerschaft. Wurden die Familien so zahl reich, daß e« fernerhin unmöglich war, den Haushalt gemein sam weiter zu führen, so zweigten sich niedrere von der Mutter- Gemeinschaft ab, gründeten ein neue« Dorf und führten unter einem eigenen Leiter einen besonderen communistischen Hau«> ha!t. Dörfer dieser Art sind die sogenannten S i ppen- oder Geschlecht«dörfer. Später ging der Grund und Boden in die Hände der Fürsten und des Adel- als Eigentdum über. Auch von viclen Grundbesitzern wurden Ortschaften angelegt. daS sind die Besitzdörser. Außer den Tausenden von Dörfern fanden sich im Lande zerstreut eine beträchtliche Zahl von befestigten Plätzen. Sie dienten den Ansiedlern als Zuflucht«, und VenheibigungSstälten in Krieg«zritrn und waren meist auf Hügeln, aber auch im Flachlande, in sumpfigen Ebenen, angelegt. Die Slavendörfer haben, wa« die Gruppi rung der Gebäude anbetrifft, zwei Jnnerpläne, von denen einer die sogenannten Runddörfer oder Rundlinge bei «nS im alten Sorbenlande überwiest. In einem solchen Rund linge umgaben die Gehöfte stets einen runden oder ovalen Play, der ursprünglich nur durch einen einzigen W«H zu gänglich war. Die Höfe und Giebelseiten der Wohnhäuser drängten sich nach diesem Platze eng zusammen. Hinter den Häusern orritelrn sich dir mit hohen Bäumen bestandenen Gärten keilförmig aus. Sie schloffen mit einer Hecke ab, welche daS Ganze kreisförmig umgiebt. Die andere Dorf- anlage, da« Straßendorf, ist in Sachsen fetten, «nd tritt in unserer Pflege gar nicht auf. Die Gründung zahlreicher Dörfer in unserer Gegend hat etwa drei Jahrhunderte hindurch stattgefunveit. Etwa um da« Jahr Achthundert ist sie al« abgeschlossen zn betrachten. Von dieser Zeit an, schon unter Karl dem Großen — 768 bi« 814 — kamen die hier sitzenden Sorben wiederholt mit den deutschen Nachbarn im Westen in feindliche Berührung, und in solchen unruhigen Zeiten war die Gründung neuer Ortschaften nickt mehr möglich. Unter Heinrich I. — 918 bi« 936 — wurde im ersten Drittel des zebnten IabrbundertS da« Land wieder von den Deutschen in Besitz genommen. Dieser und die anderen sächsischen, sowie auch die fränkischen Kaiser trafen allerlei Maßregeln zur Beiestigung der deutschen Herrschaft. An vielen Stellen de» Lande» wurden Burgwarten eingerichtet; dort, wo eine günstig gelegene slavische Befestigung sich vor fand, geschah e» durch Erweiterung derselben. Ob Heinrich I. uns auch schon eine solche Burgwarte errichtet hat, ist nicht nachgewiesen, aber «S ist wobt wahrscheinlich, da der Bischof Dietmar von Merseburg in seiner Chronik drei Meuschenalter später von Leipzig al« einer „urbseinem befestigten Orte, spricht. Um daS Jahr INO kann die deutsche Herrschaft im heutigen Sachsenlande als begründet angeseben werden. Von nun an geht eine lebhafte Colonisaiion de« Lanke« durch deutsche Ansiedler vor sich. Es standen ja noch außerordentlich viele Landstrecken zur Verfügung, besonder« in den von rauben und unwegsamen Waldflächen eingenommenen südlichen Theilen; auch in dem ebenen Norden waren, abseits von den Flußtbälern. viele Strecken noch nicht unter re» Pflug genommen. Es wurden nun neben den vorhandenen sorbischen noch zahlreiche deutsche Dörfer gegründet. Ihre Namen erhielten sie häufig nach demjenigen de« Führer» der Colonie. Oft aber erhielt dir Colon,e r,n von den slavischen Bewohnern verlassene« Dorf zuaewirsen, dessen Name dann von ihr sorlgejübrt wurde. Wenn endlich aanz nahe bei einer noch von Slaven bewirthschafteten Dorfschaft »ine deutsche Ansiedelung in« Leben trat, wurde oftmals der Name re« slavischen Nacdbardorfe« von ihr angenommen, aber zur Unterscheidung allmählich mit dem Zusatz „Groß" ober „Deutsch" versehen. (Schluß s-lgU)
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