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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 24.02.1897
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1897-02-24
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18970224014
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1897022401
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1897022401
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1897
- Monat1897-02
- Tag1897-02-24
- Monat1897-02
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Gröbere Schriften laut unjerem Preis. Verzeichnis Tabellarischer und Zifiernsatz nach höherem Tarif. Extra-Beilagen (gefalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbeförderung ./t 60.—, init Postbeförderung .M 70.—. Annalsmeschluß für Anzeigen: Abend-Ausgabe: BormittagS 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittag» 4Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je eine halbe Stunde früher. Anzeige» sind stets an die Expedition zu richten. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig. SS. Mittwoch den 24. Februar 1897. SI. Jahrgang. Vor dreißig Jahren. Am 24. Februar 1867 trat, hervorgegangen auS un mittelbaren Volk-Wahlen, unter dem Vorsitze Simson's in Berlin der erste Reichstag des Norddeutschen Bundes zusammen, um mit den verbündeten Regierungen den von diesen vorgelegten Bundesverfassungsentwurf zu be- rathea und zu vereinbaren.*) ES war eine Aufgabe von der höchsten nationalen Bedeutung nnd ihre Losung weit schwie riger als die Erweiterung deS Norddeutschen Bundes zum Reich: **) denn eS galt, den alten Bund, vie alte unselige Zersplitterung und die Lust an ihr zu beseitigen, es galt, das Verrottete durch ein blühendes Gemeinwesen zu ersetzen, die Einheit der nationalen Wehrkraft herbeizusühren und Organe nationaler Gesetzgebung zu schaffen. „Nur von uns", so hieß es in der Thronrede, mit welcher der Reichs tag eröffnet wurde, „von unserer Einigkeit, von unserer Vaterlandsliebe hängt eS in diesem Augenblicke ab, dem gesammten Deutschland die Bürgschaften einer Zukunft zu sichern, in welcher eS, frei von der Gefahr, wieder in Zerrissenheit und Ohnmacht zu verfallen, nach eigener Selbst bestimmung seine verfassungsmäßige Wiederherstellung zu pflegen und in dem Rathe der Völker seinen friedliebenden Beruf zu erfüllen vermag." Der große Moment fand ein großes Geschlecht. So beträchtliche Opfer an Sonderrechten auch gebracht werden mußten, eS war beim Ausmaß dieser Opfer die Grenze des Unerläßlichen nirgends überschritten worden. Das hatte vor den Bevollmächtigten der verbün deten Regierungen Graf Bismarck auSgeführt, als er am 15. December 1866 ihnen den Entwurf einer Bundesverfassung vorlegte, das hob am 24. Februar 1867 König Wilhelm in der Thronrede hervor. Der leitende Gesichtspunkt dieser Thronrede aber war die Mahnung, die Einigung deS deutschen Volkes an der Hand der Thal sachen zu suchen. König Wilhelm sagte: „Einst mächtig, groß und geehrt, weil einig und von starken Händen geleitet, sank das deutsche Reich, nicht ohne Mitschuld an Haupt und Gliedern, in Zerrissenheit und Ohnmacht. DeS Gewichtes im Rathe Europas, deS Ein flüsse» auf die eignen Geschicke beraubt, ward Deutschland zur Wahlstatt der Kämpfe fremder Mächte, für welche e» daS Blut seiner Kinder, die Schlachtfelder und die Kampspreise hergab. Niemals aber bat die Sehnsucht des deutschen Volkes nach seinen verlorenen Gütern ausgehört und die Geschichte unserer Zeit ist erfüllt von den Bestrebungen, Deutschland und dem deutschen Volke die Größe seiner Ver gangenheit wieder zu erringen. Wenn diese Bestrebungen bisher nicht zum Ziele geführt, wenn sie die Zerrissenheit, statt sie zu heilen, nur gesteigert haben, weil man sich durch Hoffnungen und Erinnerungen über den Werth der Gegen wart, durch Ideale über die Bedeutung der Thatsachen täuschen ließ, so erkennen wir hieraus die Nothwenbig- keit, die Einigung deS deutschen Volkes an der Hand der That sachen zu suchen, und nicht wieder daS Erreichbare dem WünschenS- werthen zu opfern. In diesem Sinne haben die verbündeten Regierungen, im Anschlüsse an gewohnte frühere Verhältnisse, sich über eine bestimmte Anzahl bestimmter und begrenzter, aber praktisch bedeutsamer Einrichtungen verständigt, welche ebenso im Bereiche der unmittelbaren Möglichkeit, wie de- zweifellosen Bedürfnisses liegen. Der Ihnen vor zulegende Gesetzentwuf muthet der Selbstständigkeit der Einzel staaten zu Gunsten der Gesammtheit nur diejenigen Opfer *) Vertreter der Stadt Leipzig war Karl Georg von Wächter, der in der Stichwahl mit rund 5400 Stimmen gegen den Bürger meister Stephany, der an 4500 Stimmen erhielt, da» Mandat gewann. **) Dinding, Die Gründung deS Norddeutschen Bundes, S. 7L. zu, welche unentbehrlich sind, um den Frieden zu schützen, die Sicherheit des Bundesgebietes und die Entwickelung der Wohlfahrt seiner Bewohner zu gewährleisten." Eine solche Betrachtungsweise setzte beim Reichstage jene Weite des Blickes und jene Unbefangenheit des Urtheils voraus, die den Staatsmann vom Parteimann unter scheidet, den schaffenden Patrioten vom rechthaberischen Nörgler, nnd eine Mehrheit solcher zu staatsmännischem Schaffen entschlossener und befähigter Patrioten war im Hause vorhanden. W. Oncken schreibt über sie***): „Die Umbildung des Parteiwesens, die im Herbst 1866 im Ab geordnetenhanse ihren Anfang genommen batte, ging im Reichstag des Norddeutschen Bundes ihrer Vollendung ent gegen. Unter dem 24. October 1866 hatten 24 Mitglieder des preußischen Abgeordnetenhauses eine Kundgebung ver öffentlicht, in der sie sich lossagten von den bisherigen Partei verbänden, insbesondere dem der Fortschrittspartei, um fortan der deutschen Politik des Ministeriums entschiedene Unter stützung zu leihen. Unter den Unterzeichnern fanden sich die Namen Twesten, von Forckenbeck, von Unruh, Michaelis, Hammacker, Lasker, dieselben Patrioten, welche die Indem nität ertbeilt und die außerordentliche Creditvorlage als Vertrauensvotum bewilligt halten, und als diesem alt preußischen Kern im norddeutschen Reichstag Neupreußen ans Hannover, Kurhessen, Nassau an die Seite traten, da entstand die Partei der Nationalliberalen, die bald auf 79 Mitglieder stieg und bei der Grundlegung des Nord deutschen Bundes, wie nachher bei der des deutschen Reiches, vas Amt übernahm, zu vermitteln zwischen Einheit und Freiheit, zwischen Macht und Recht, zwischen den Regeln der Schule und den Thatsachen der Geschichte, den alten Schlagwörtern der Parteien und den neuen Bedürf nissen der Gegenwart." Wie diese auSgleichenve Politik der nationalliberalen Partei während des ersten norddeutschen Reichstages im Einzelnen sich bewährte, darauf kann hier jetzt nicht ein gegangen werden; wie hoch aber jene Politik von König Wilhelm und dem leitenden deutschen Staatsmanne geschätzt wurde, bezeugt u. A. eine Stelle in der Thronrede, mit der am 16. Avril 1867 der erste norddeutsche Reichstag geschlossen worden ist. Die Stelle lautet-» ,.?n der Ausgleichung und Ueberwindung der Gegensätze ist zugleich die Bürgschaft für die weitere fruchtbringende Ent wickelung deS Bundes gewonnen." Der unfruchtbare Radicalismus unserer Tage will das freilich nicht wahr haben. ***) In seinem Werke „Das Zeitalter des Kaisers Wilhelm" I, S. 654 f. Deutsche- Reich. 6. H. Berlin, 23. Februar. In socialdemokratischen Versammlungen ist eS eine alte Klage, daß die Stadt Berlin Nichts für die Armen und Elenden thue, und bei der Bewilligung der immerhin geringen Ausgaben der Stadt für die Feier des 100. Geburtstages Kaiser Wilhelm'S I. haben die socialdemokratischen Vertreter im „Rothen Hause" diese alte Klage aufs Neue erhoben. Dieser Tage bat nun der Magistrat den letzten Verwaltungsbericht über die städtische Armenpflege für die Zeit vom 1. April 1895 bis 31. März 1896 den Stadtverordneten zugeschickt. Nach diesem Berichte hat die Stadt im genannten Jahre die ungeheuere Summe von 14 462 739 für die Armenpflege aufgewandt gegen 13 997 088 im Vorjahre. Durch Ein nahmen wurden 2 345 171 ^ gedeckt, so daß also der Zuschuß der Stadt auf 12 117 568 .-k sich beläuft. Und dabei wagen die socialdemokratischen Hetzer davon zu reden, daß die Stadt nichts für die Armen tbue! Nicht weniger als 26 069 Personen unterstützte die Stadt durch directe Zuwendung von Geldmitteln. Die Höhe der monatlichen Almosen variirte zwischen 3 und 30 Den geringsten Satz erhielten nur 3 Personen; die Mehrzahl der Almosenempfänger empfing 9—18 Für die gesetzliche offene Armenpflege sind 269 BezirkS-Armen-Commissionen in Thätigkeit, denen 3015 Personen angehvrten. Diese Armen- Eommissivnen zahlen die Unterstützungen selbst aus und er hallen zu diesem Zwecke aus der Stadthauptcasse zu Händen des Vorstehers einen Vorschuß in Höhe des monatlichen Be darfs. Den städtischen Armen-Commissionen liegt auch die Fürsorge der Pflegekinder (Halbwaisen) ob, die meist bei ihrer Mutter lebten. Pflegegeld erhielten Ende März 1896 5821 Pflegemütter für 9202 Pflegekinder. Das monat liche Pflegegeld beträgt in den meisten Fällen 6—6,50 ^ Weiter unterstützt die Stadt kinderreiche bedürftige Familien durch Ueberweisung eines gedüngten und gepflügten Ackerstückes zum Kartoffelbau, vertheilt Suppen in den Wintermonalen, bekleidet arme Eonfirmanden, beschafft Brennmaterial und übt ferner jene offene Armen- und Krankenpflege aus, die enorme Kosten verursacht. Nicht weniger als 73 besoldete Armen-Aerzte waren im Berichtsjahre thätig. Diesen That sachen gegenüber müßten die socialdemokratischen Hetzer eigentlich verstummen; aber da bei ihnen der Zweck das Mittel heiligt, so muß man sich darauf gefaßt machen, daß sie nicht nur ihr verleumderisches Handwerk fortsetzen, sondern auch neue Gläubige in solchen Kreisen finden, die „gerecht" zu sein glauben, wenn sie Alles als wahr binnehmen, was die socialdemokratischen Redner und Zeitungen behaupten. * Berlin, 23. Februar. In den nächsten Tagen erscheint der erste Band eines Werkes von vr. Heinrich Fried jung „Der Kamps um die Vorherrschaft in Deutschland 1859 bis 1866", worin der Krieg von 1859 und die Vor geschichte des Kampfes von 1866 dargestellt werden. Der zweite Band, der einige Wochen später ausgegeben wird, umfaßt die Schilderung deS Krieges von 1866 in Deutschland und Italien. Das Büch bringt zahlreiche neue Beiträge zur Zeitgeschichte, da dem Verfasser durch längere Zeit die Benutzung des Wiener Kriegsarchivs offen stand und da mündliche Mittheilungen Bismarcks, Moltke's, Rechberg's und vieler Theilnehmer an den Ereignissen jener Zeit die Ergänzung mancher Lücken der bisherigen Dar stellungen ermöglichten. Der Anhang zum zweiten Band wird daS neue Material in der Form von Aktenstücken und wortgetreu mitgetheilten Unterredungen mit den betheiligten Persönlichkeiten bringen. Großes Interesse erweckt unter Anderem die Darstellung, die Fürst Bismarck dem Ver fasser von den Verhandlungen in den Jahren vor Ausbruch des Krieges von 1866 gab. Fürst Bismarck erzählte über das Gespräch, das Kaiser Franz Josef, König Wilhelm, Gras Rechberg und er im October 1864 im Schlosse zu Schön brunn über das Schicksal des eroberten SchteSwig- Holstein führten, Folgendes: „Wir saßen damals ü. guntrs in einem Gemach deS Schönbrunner Schlosses: deS öster reichischen Kaisers Majestät, mein königlicher Herr, Graf Rechberg und ich. ES galt, das Schicksal Schleswig- Holsteins zu entscheiden, und da erklärte Graf Rechberg, Vas Land könne nur dann Preußen überlassen werden, wenn Oester reich zur Herstellung des Gleichgewichts in Deutschland eine Entschädigung erhalte. Er wies auf die Grafschaft Glatz als solche hin. Davon aber konnte bei der Gesinnung des Königs keine Rede sein. Oesterreich konnte nicht einmal darauf Hinweisen, daß die Bewohner jenes Landes mit dem Tausche der Herrschaft einverstanden wären. Das war nickt der Fall, vielmehr waren Petitionen und Adressen an den König ein gelaufen, in denen er gebeten wurde, sie nicht von Preußen zu trenne». Ich setzte damals dem Kaiser von Oesterreich auseinander, daß es dem Gedanken unsere- Bündnisses eni spräche, wenn die Herzogthümer ohne solches Opfer Preuße» zufielcn. Wenn wir etwa im Fortgange des Bundes gemein sam Krieg gegen Frankreich und Italien führen sollten und Mailand siele dabei mit preußischer Hilfe wieder in Oester reichs Hände, so würbe Preußen doch nicht etwa Landes entschädigung dafür verlangen, sondern sich mit einer Geldsumme für - seine» Kriegsantheil absurden lassen. Diese Darlegung blieb auf den Kaiser nicht ohne Eindruck; ich schloß daS aus der Frage, die der Kaiser an mich richtete, ob Preußen also die Annexion als wünschens- werthe Lösung der Herzogthümer betrachte. Es war mir sehr angenehm, daß die Frage so unmittelbar, und zwar in Gegenwart des Königs, an mich gestellt wurde; denn mein königlicher Herr hatte sich, wenn unter uns von der Zukunft der Herzogthümer die Rede war, stets zurückhaltend benommen; ich konnte leine bestimmte Willensäußerung von ihm erhalten. Ich wandte mich also an ihn und sagte: Diese Frage zu beantworten bin ich nicht berechtigt. Aber der König zauderte auch diesmal und sagte, die Einverleibung Schleswig-Holsteins sei von ihm nicht gerade ins Auge gefaßt. Darauf mußte ich mich natürlich bescheiden und die Sache für jetzt fallen lassen." * Berlin, 23. Februar. Ob mit dem neuen „latenten" Färbemittel für Margarine, besten lieblicher Name „Dimetbülamidoazobenzol" im Reichstage verdienter maßen mit Heiterkeit begrüßt wird, die Margarinefragr schon gelöst ist, muß dahingestellt bleiben. Prof. Soxhlet, der Vater deS früher für die „latente" Färbung der Mar garine in Vorschlag gebrachten „Phenol-Phtalöin", stellt in den „Münchn. N. N." die Behauptung auf, daß der gegen sein Färbemittel erhobene Einwand der Auswaschbarkeit in weit höherem Maße auf das „Dimethylamidoazobenzol" zutreffe. Der Azofarbestoff ist in verdünnter Säure leicht löslich. Dazu kommen noch zwei andere Eigenschaften, die das neue Färbemittel in den Augen Derer, die ein sicheres und leichtes Erkennungszeichen für die Margarine schaffen wollen, nicht besonder- empfehlenswerth erscheinen lassen werden. Es färbt die Margarine intensiv gelb und ist deshalb auch schon zum Färben der Butter verwendet, uni dieser die Farbe der „GraSbutter" zu verleihen. Sodann müssen, um die Rothfärbnug der Margarine Hervorzurufe», Mineralsäure, Schwefelsäure, Salzsäure u. s. w. der Mar garine zugesetzt werden, also Mittel, die im HauShalt nickt unbedingt zu jeder Zeit vorhanden sind. Beim „Phenol- Phtalvin" genügte bekanntlich schon etwas Cigarrenasche, um die Rothfärbung hervorzurufen. Was die phusiologischen Wirkungen des Azofarbstoffes betrifft, so bemerkt Professor Soxhlet, daß diese unbekannt seien. Sie müßten aber dock wohl festgestellt werden, ehe ein wichtiges Nahrungsmittel mit dem Färbestoff vermischt werden kann. T Berlin, 23. Februar. (Telegramm.) Die 8'en- trumSfraction' des Reichstags hat ihren unvermeidlichen Antrag auf Aufhebung des Iesuitengesetzes wieder eingebracht. V. Berlin, 23. Februar. Die Heilung des kleinen Furunkels, welcher sich am rechten Knie des Kaisers gebildet batte, nimmt einen durchaus normalen Verlaus. Der Kaiser kann mit dem rechten Beine bereits wieder aus treten. — Die Kaiserin wird, wie verlautet, beute Nach mittag Hubertuöstock verlassen und Abends in Berlin wieder eintreffen. (Theilweise wiederholt) — In der „Nordd. Allg. Ztg" wird angeregt, zur Hundertjahrfeier Kaiser Wilhelm'S I. Gedenk münzen als Courantgeld zu prägen. Zu diesem Zwecke soll da- Münzgesetz folgende Zusatzbest,mmung erhalten Die Prägung von Gedenkmünzen von besonderer Gestalt und Dichterstimmen aus dem Volke. IV. (Schluß.) Wir müssen es bei der allgemeinen Charakterstik der Dichterweise Rudolf Liebisch'S bewenden lassen, um an einigen wenigen Proben zu zeigen, daß unser Urtheil, im Ganzen wenigsten-, nicht unbegründet ist. Leichtes Blut, froher Muth, ohne die beiden kann man den Handwerksburschen sich nicht denken, der in unwider stehlichem Wanderdrange, Veränderung liebend, bald hier, bald dort ist, überall eine frische Blume pflückend, leicht zur Liebe entflammt, aber mit der Treue eS so genau nicht nehmend. So singt Liebisch in „Wanderglut": Wenn sich der Bursch von dannen trollt Im wnntrrsüßem Mai, Ob da der Meister finster grollt — Da» ist ihm einerlei. Und ob daheim im Kämmerlein Da» Herz vor Jammer bricht Dem lieben treue» Mägdelein — Auch danach fragt er nicht. Doch dieser allzu leichte Sinn ist nicht aller Wander burschen Art. Den meisten (und zu ihnen dürfen wir unseren edel- und tiefempstndenden Dichter rechnen) geht da» unver meidliche Scheioen nahe. „Himmelhoch jauchzen — zum Tode betrübt", da» ist in ewigem Wechsel de- fahrenden Gesellen Loo». In ergreifendem Tone klingt- au- den folgenden schönen Strophen „Die Trennung" Hera«-: O wrud« nicht in finstrem Weh Dich von mir, weinend bitterlich — verklür' dies traurige Ude Mit einem Gegra-wunsch für mich. Da» Scheiden ist de» Waadrr» Loo». nm laß mich ziehen ohne Groll, ? um ein Glück nicht hosianna» »nd doch nimmer werden soll! Und wenn dereinst den frühen Schmerz Dir eines Andern Liebe heilt — Dann denk an ein vereinsamt Herz, Da« ferne, ach so ferne weilt ... Du aber bleibst mein Heilgenbild, Dein reine» Leben hat's geweiht — Mein Schutz und Stern so keusch und mild, Im Dunkel meiner WanderSzeit l — Nicht immer „macht" der Werksgeselle freiwillig „fremd". Eh' er sich« versieht, ist er überflüssig geworden oder muß einem Anderen Platz machen: Da» ist gekommen schnell. Der Meister braucht mich nimmermehr Der frägt nicht lang, wohin, woher Gewandert der Gesell! lieber solche Lagen setzt sich dann mancher Wohl mit einer Art Vagabundenhumor hinweg und zieht im Gedanken an die Liebste nnd noch gewisse andere Leute mit dem Reime davon: Und selbst, wenn sie auch leider Ihr Treuversprechen bricht — Die Waschfrau und der Schneider Bergefirn mich sicher nicht. Aufder Walze draußen ist e» nicht immer verlockend, denn Wind und Wetter fragen nicht darnach, ob sie dem armen Wanderer wehe thun. Dann klagt er: Giebt es wohl rin schlimm« Loos, Al» in Sturm und Regengüssen Todesmitde wandern müssen Heimathfern nnd brnderlo»? Schau ich wie der Regen fällt Von den herbste-öden Bäumen, Glaub ich fast, au» Himmel-ränmen Weint um mich die ganze Welt. In solchen Stunden zieht in de» Handwerksburschen Herz da» Heimweh rin, unv »ine ganze Anzahl Lieder in ^Kreuz und Quer" lassen diese ernst« Saite ankliagen. Aber die Wehmuth ist doch nicht der Grundton in unsere- Wan derer-Stimmung. Ihn tröstet di« Hoffnung auf die endliche Heimfahrt und die Gründung eine- eigenen Heim». Wohl- thuenv und anmuthend weiß viehisch solch vertrauendem Aus blick in die Zukunft Worte zu leihen. Im „Heimweh-Trost" heißt es: Faß Muth, Gesell! Es findet Sich auch für dich ein Ort, Wo deine Trauer schwindet Bor einem herz'gen Wort. Und wanderst du auch einsam So weit dein LooS dich trägt, Die Zeit kommt, wo gemeinsam Ein Herz mit deinem schlägt. Du wirst nicht immer bleiben Der hrimathlose Gesell, Dein Glück wird Blülhen treiben An liebgrwordner Stell'. — Ernst wenn Du froh-bescheiden Ein rechter Meister bist. Und Deine Wanderltiden An treuer Brnst vergib st! Der Sinn für stilles, bescheidenes Familienglück ist über haupt bei Liebisch scharf ausgeprägt. Wenn er die Freuden einer schönen Häuslichkeit schildert, dann findet er seine er greifendsten Töne. Im Geiste sich an die Seite de- „Ideal-" firmer künftigen Hausfrau sich versetzend, deren keuscher Sinn ihm sem Heim zum Tempel gestalten wird, denkt er sich- also: D« freust Dich deß, was mir geglückt Am heißen Tage ist, Jndrß Dein Mund, wa» mich bedrückt, Mir von der Seel» küßt. Da zeigst in klugen Reden Mir manchen leichtern Pfad Und bleibst in ollen Fehden Mein treuer Kamerad. Aber nicht minder echt emvfunden sind seine eigent lichen Liebe-lirder. Da« vollendetste dünkt «n- „De- Burschen Glück": Bei Dir kn stillen Heim nur laß mich säumen. Du veilchrndnttig-lüße«, treue« Kind Laß ruh'n ans mir Drin Auge märchrnlind, Und wunichlo» mich ,u Deinen Füßen träumen Mag Andern dann des Lebens Becher schäumen Von tauten Freuden, die vergänglich sind — Ich misse nichts, wenn zaubrtsch mich umspinnt Verschwiegnes Glück in Deines Stübchens Räumen! Ein einsamer Gesell bin ich gewesen, Von Sehnsucht krank, daß mich eia Herz umkose, Das ganz versteht mein liebedurstig Wesen. Da hast Du huldvoll Dich zu süßem Loose Erschlossen mir und läß'st mich sanft genesen An Deinem Herzen, Du verborgne Rose. Die wundervoll - schlichte Schönheit diese-Gedicktes spricht für sich selbst. An Wahrheit deS Empfindens, an Wohllaut der Sprache und Vollendung der Form steht es in rinn Linie mit manchen der ersten Blüthen unserer classiscke:, Literatur. Es ist nicht das einzige dieser Art in de, Sammlung und wird, wie auch manches der weihevollen, auc dem Felsengrund echten Glauben« gequollenen religiösen Liede, Liebisch'S — der Zug ungekünstelter tiefer Religiosität ist den von uns behandelten Volk-dichtern gemeinsam — sicherlich nicht vergessen werden. Für die Leiden der Menschheit bat der fahrende Bursch ein warmes theilnebmendeS Empfinden, aber sein gesunde- Urtheil und sein christliche- Gemiith bewahren ihn vor staatsgefährlichen Gedanken: — Und unbezwinglich lieb' ich auch Die schwergeprüften Menschenkinder, Ich trage mü an ihrer Noth, Doch Neid und Groll such ich zu zügeln, Ich kämpfe mit den Kampf um'S Brod, Doch sonder Haß und sonder Klügeln. Mit der Staatsgewalt ist unser HandwerkSdursck noch nicht in Conflict gerathen, es müßte denn sein in Gestalt des bekannten Schrecken- aller Ritter der Landstraße. Ihnen dar der Dichter einen gewissen „Groll" bewahrt. Sieht er deck in ihnen de« „Burschen Erbfeind": Kennt ihr den Gewalt'gen in Säbel und Helm? Schnurrbärtig und grimmig einhergeht der Schelm, Ist dohnrnstrohgrob zu dem Publicum — Ich mag ihn nicht leiden — ihr wißt schon, warum? In dem Herzen de- Dichter- liegt noch «in reicher Schatz lauteren Golde- verborgen, ihm eignet edle- Denken, lauteres Emvfinven, keusche Phantasie, kühne« Streben und eine geklärte und gefestete Weltanschauung. Dazu gab ihm »in
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