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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 25.02.1897
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1897-02-25
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18970225016
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1897022501
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1897022501
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1897
- Monat1897-02
- Tag1897-02-25
- Monat1897-02
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BezugS.Prri- d«r Hauptexpedttion oder den tm Stadt- ' hirk and den Vororten errichteten AuS- «stellen al-grholt: vierteljährlich^14 50, ^euiicymno uns «urllerrnq: vierteuahrluy -4t 6.—. Directe täglich« Kreuzbandsrndung in« SluSland: monatlich X 7.50. Die Morgen-Ausgabe erscheint um '/,7 Uhr. dir Abend-Ausgabe Wochentags um Ü Uhr, Nrdaction und Expedition: JohlMneSgafse 8. Dir Expedition ist Wochentags ununterbrochen geössuet vou früh 8 bis Abends 7 Uhr. Filialen: ktto Klemm'» Sortiin. <Alsre» Hahn). Universitätsstrahe 3 (Paulinum), Louis Lösche. Katharinenstr. 14, Part, und König-Platz 7. ^ 101. Morgen-Ausgabe timigcr Tagtblall 4 Anzeiger. Amtsblatt des königlichen Land- «nd Amtsgerichtes Leipzig, des Nathes «nd Nolizei-Ämtes der Ltadt Leipzig. Donnerstag den 25. Februar 1897. An-etgen'Vret- die 6 gespaltene Petitzeile 20 Pfg. Reclamen unter dem Redactionssrrich (4 ge spalten) üO-H, vor den Faniiltennachrichten (Sgespalten) 40/^. Gröbere Schriften laut unserem PreiS- verzeichniß. Tabellarischer und Ziffernsap nach höherem Tarif. Extra-Beilagen (gefalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbrförderung 60.—. mit Postbeförderung -4t 70 —. Annahmeschluß für Anzeigen: Abend-Ausgabe: Vormittags 10 Uhr. Morgen.Ausgabe: Nachmittags 4Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je eine halbe Stunde früher. Anreigen sind stets an die Expedition zu richten. Druck und Verlag von E. Polz ln Leipzig. 91. Jahrgang. Eine Kritik des „christlichen Sorialismus". In dem Momente , wo der sogenannte „christliche Socia lismus", unter Aufbissung einer neuen, der „nationalen" Flagge, sich vor dem Scheitern an der Klippe der Vaterlands losigkeit zu retten und in ein weiteres Fahrwasser zu gelangen sucht, erscheint eine Schrift, welche mit eben diesem SocialiS- muS nach allen seinen Richtungen und Schattirungen streng inS Gericht geht. Diese Schrift*) führt den Titel: „?ro ToeietrNs" und enthält zwei Abhandlungen, die eine „über den christlichen Socialismus und seine wirthschaftliche Be deutung", die andere „zur Würdigung des RodbrrtuS'schen StaatSsocialismuS". Verfasser der Schrift ist der Secretair der Handelskammer zu Halle, vr. Georg Wermert. also ein wissenschaftlich ge schulter, zugleich mit den praktischen wirthschaftlichen Ver hältnissen vertrauter Mann. Wir übergehen sowohl das, was derselbe über den wahrhaft wohlthätigen, weil auf die praktische Hebung von Liebes- werken gerichteten christlichen Socialismus eines Wichern und Gleichgesinnter, als was er über das ganz anders geartete, mit Antisemitismus verquickte, demagogisch- agitatorische Treiben eines Stöcker sagt, und heben nur die Stellen des BucheS hervor, die von den sogenannten „Jungen", einem Naumann, Göhre rc. handeln. Wermert tadelt zuerst „die Unklarheit" dieser ganzen Bewegung. „Die Socialdemokratie", sagt er „hat wenigstens ein (nach unserer Ansicht allerdings undurchführbares), klar ausgesprochenes und auf die Masse wirkendes Ziel: die Umwandlung des Privaleigenthums in Collrctiveigenthum. Was aber hat die christlich-sociale Partei zu bieten? Sie verspricht „gründliche Abhilfe der wirthschaftlichen Noch der kleinen Leute" und „Durchdringung aller socialen Verhältnisse init den sittlichen Kräften des Christenthums", und sie will dieses erreichen durch „Reformen im grossen Styl". „Nichts als Phrasengeklingel", jagt der Verfasser. „Wodurch soll denn eine „Abhilfe wirthschaftlicher Noch" erreicht werden? Welches sind die Mittel und Wege dazu? Was für Reformen hat man in Aus- sicht genommen? Auf welche Weise sollen dieselben durch- geführt werden? Wer soll die Durchführung in die Hand nehmen?" „Hier schweigen alle Führer, hier schweigt die ganze Bewegung, oder man bietet Steine für Brod. Entweder man hat keine Mittel, oder nur so kleine Flickmittelchen, die zur Erreichung der weit gesteckten Ziele keinen Werth besitzen und die noch dazu von den ver- lchiedenste» Richtungen vereinzelt aufgelesen sind. Man schreit in die Welt hinein: Es must was geschehen, oder Alles geht zu Grundel Gefahr ist im Verzüge, darum herbei, helft loschen, rasch, rasch, rasch! Nur weiß rnan leider nicht, was geschehen soll. Es sind das die Äußerungen solcher „Jungen", die voll Thatendrang und Thatendurst austauchen, die mit ihren mühsam vom Rost gereinigten und zujammengeleimten Waffen so lange in der Lust umhersuchteln, bis sie einjehen, daß ihre Hiebe Las sind, was sie in Wirklichkeit nur sein können — lauter Luft- Hiebe! Wollte man den Agitationsdegen einstrcken und praktisch arbeiten, dann würden erst die großen Schwierigkeiten er- tannt werden. Wenn auch nur ein einziges wirthschaftlich be gründetes Mittel für die so weitaussehenden Ptäae angegeben ivorden wäre, dann würde sich darüber discutiren lassen." „So lange eS daran fehlt", sagt der Verfasser, „ist die wtrthschast- liche Bedeutung dieser proletarisch-chrisllich-soctalen Partei der „Jungen" gleich Null und wird es immer bleiben. Höchstens ein *) Verlag von Kämmerer L So. in Hallt. vaar unklare Köpfe, ein paar unschuldvolle Träumer wird sie ein fangen und ins Schlepptau nehmen können. Aber selbst dann, wenn die zum Sammeln blasenden Führer noch eine Reservearmee auS Lehrern, Geistlichen. Beamten und den wirthschaftlichen Kalegorien des Mittelstandes gewinnen sollten, würde doch die Wellenbewegung, welche hierdurch im wirthschaftlichen Getriebe des Staates her- vorgerusen werden könnte, wohl spurlos verrinnen. Der wirth- chaftliche Gang der Entwickelung kann nur von viel stärkeren Kräften in nachhaltiger Weise eine Beeinflussung erfahren." Dagegen, sagt Wermert, darf die politische Bedeutung dieser Bewegung nicht unterschätzt werden: „Durch ihre Presse, Reden und Aufsätze, Congresse nnd Broschüren üben die Vertreter derselben einen erregenden Einfluß auf alle in staatswissenschastlicher Hinsicht unklaren Köpfe und auf Solche aus, welche keine ausreichende Kenntniß von den thatsächlichen wirth- schaftlichen Verhältnissen, auch keine kritische Gabe zur genügenden Beurtheilung ökonomischer Zustände besitzen. Lei Solchen sängt es in Folge der erregten Begeisterung an zu gähren. Es ist tausendmal leichter, Unzufriedenheit zu erregen, als Frieden zu stiften und versöhnend und ausgleichend zu wirken. Wer glaubt sich heute unter den rasch lebenden Verhältnissen nicht leicht benachtheiligt und geschädigt? Solches kann jeder heiligen Einfalt, wessen Standes, Charakters, Berufes oder Alters sie auch sei, mühelos eingeredet werden und sie glaubt es mit unfehlbarer Sicherheit. Nun wird von christlich-socialer Seite init biblischem Tone und in dem Schutze des evangelischen Bekenntnisses gepredigt, daß große Reformen eingesührt, daß die Lage der Nichtbesitzenden wesentlich verbessert werden könnte und daß diele das gleiche Anrecht aus dir wirthschaftliche Ausgestaltung ihrer Verhältnisse haben, wie ihre Nachbarn, welche besser gestellt sind. Anstatt zu predigen, daß der Unterschied von Reich und Arm eine von Gott gewollte Ordnung ist und daß Christus selbst gelehrt hat: „Ihr habt allezeit Arme unter Euch!" wird die Umwandlung des Privat- in Gesammteigenthuin als neutestamentlich bezeichnet. Wie sehr nach dieser Richtung gewirkt wird, ersieht man aus folgenden Worten eines Führers der Jungen: „Jede wirk- liche, dauernde und gründliche sociale Hilfe der Armen, der Nothleidenden kann bei der jetzigen Gesammtlage der Nation sich nur vollziehen auf Kosten der bisher Wohlhabenden, die auch den Kleinen Platz machen sollen an dem großen Tische des wirth- schastlichen Lebens." Solches ist leicht verständlich. Man hört eine Weile zu, berauscht sich in dem Gedanken einer Besserung und, falls diese sich nicht möglichst bald zeigen will, wird man ungeduldig und verlangt sie. Die Mittel des gemäßigten SoctaliSmuS werden als völlig unzureichend er- könnt; man wendet sich zu der Partei, welche die radikalsten Mittel bietet und in letzter Instanz auch einen Kampf zur Durchführung dieser Mittel und ^ur Erreichung ihre? Zieles nicht scheut. Die christlich-sociale Partei würde demnach den Dünger bilden für das Emporwuchern der Socialdcmokrati'e in solchen Kreisen, welche wegen ihrer gesellschaftlichen Stellung oder ihrer Eigenthums und Besitzverhältnisse bisher noch von ihr verschont geblieben sind. Diesem Schicksale kann sie nicht entrinnen! So lange sie nicht ein positives Ziel besitzt, welches die Möglichkeit, in die Wirklichkeit übergesührt zu werden, in sich trägt und welches sich grund sätzlich von dem Ziele der Socialdemokratie fern hält, möchte der selben unmaßgeblich der Rath ertheilt werden, etwas behutsamer in der Agitation zu verfahren, nicht die Brandfackel in ein älteres Gebäude zu werfen, bevor ein neues Obdach geschaffen worden ist. Tie Jungen unter den Christlich-Socialen gelangen jedoch immer weiter auf dem abschüssigen Wege — nicht des SocialiSmus, sondern der Socialdemokratie mitsammt ihrer Agitarionsmetüode. Daß eine derartige Bewegung naturgemäß auf immer radicalere Bahnen gedrängt wird, ist natürlich, wie sich denn auch Naumann von einem radicalen Socialisten nur durch die salbungsvolle Haltung und den Pastoralen Ton unterscheidet. Es hat etwas außerordentlich Verlockendes, in dem Wahne zu leben, daß man sich für ein spätere- Jahrhundert in die Schanze schlage und diesem als Bahnbrecher einer neuen Zeit gelten werde, als Einer, der schon so früh mit großer Geistesschärfe erkannt habe, wie die wirthschaftliche und sociale Entwickelung sich vollziehen mußte. Wer hat nicht derartige Jugendträume gepflegt? Der gereifte Mann, der daS Leben in seinem wirklichen Verlaufe kennen gelernt und erfahren hat, wie leicht Gedankenphantasiegebilde auf- gebaut werden können und wie» hart sie vor der rauhen Wirklichkeit zerschellen, lächelt darüber und freut sich, daß er so viel Selbst- beherrichung besessen hat, um sich vor solchen Phantastereien zu hüten. Freilich, wie konnte es ander- sein, als daß diese jugendlichen Theologen, diese himmelstürmenden Schwarm geister, dem edlen Drange ihre» warmen Herzens folgend, sich voin Socialismus begeistern ließen? Sieben den altmodischen theologischen Schulmeinungen der einen oder andern Richtung trat die „weit- erlösende" Idee einer ganz neuen Rechtsordnung, des Socialismus, als dir zukünftige gesellschaftliche Entwickelung hervor, durch welche den Armen das Evangelium der Erhöhung auS ihrer bis herigen Niedrigkeit gepredigt werden sollte." So der Verfasser! Es wäre zu wünschen, daß mehr solche mit Theorie und Praxis der VolkSwibthschaft vertraute Männer sich der verdienstlichen Mühe unterzögen, den ver derblichen Einflüssen von Agitatoren entgegenzutreten, die davon wenig ober nichts wissen, — auch wenn sie, wie der Pfarrer a. D. Göhre, als Arbeiter vermummt ein paar Wochen am Schraubstock oder am Feuerheerd gestanden haben. Deutsches Reich. 42 Berit», 24. Februar. Das „Berliner Tageblatt" hat sich aus Greifs Waid einen Bericht Uber eine dort abgehaltene Wählerversammlung telegraphiren lassen, in welcher „alle drei liberalen Richtungen" vertreten gewesen sein und die Ausführungen des Herrn vr. Barth über nationale Gesinnung „lebhaften" Beifall gefunden haben sollen. NäbereS hat sich das Blatt nicht schreiben lassen, und daS ist schon verdächtig. In der ganzen Versammlung waren drei Nationalliberale anwesend. Jedenfalls war es einer dieser Herren, „der die Haltung der freisinnigen Volkspartei betreffs der Marinefrage bemängelte", vermuthlich ist die unsachliche, die Bevölkerung irreführende Behandlung der Marinefrage nur als zeitlich Nächstliegendes Beispiel für die Haltung der freisinnigen Volkspartei in nationalen Lebensfragen angeführt worden, und wahrscheinlich ist die Theorie, mir der Herr Barth die allgemeine Marinepoliti deS linken Flügels der Freisinnigen zu rechtfertigen versuchte, von der Seite nicht unwidersprochen geblieben. Wie dem aber auch sei, die GreifSwalder Versammlung ist ein namentlich für die Nationalliberalen überaus gleichgiltiges Ereigniß, und es wäre nicht der Mühe Werth gewesen, sie auch nur mit einem Worte zu erwäbnen, wenn nicht die „National- Ztg." den Bericht des „Berl. Tagebl." und den Charakter der Versammlung insofern entstellt hätte, als sie die Mittheilung über die gegen die Marinepolitik der Volk-partei geäußerten Bedenken vollständig unterdrückte und dadurch den Schein erweckte, das Plädoyer des Herrn Bartk kür ein Hul'ammenaeben der Freistnniaen mit den „nicht agrarischen Nationalliberalen" — im Sinne der „National-Ztg." giebt es solche Nationalliberale gar nicht — sei ebne Einwendungen hingenommen worden. Es ist be merkenswerth, daß das früher nationalliberale Blatt noch einigungSwütbiger als daS alte Organ der freisinnigen Vereinigung ist. * Berlin, 24. Februar. ES ist mehrfach als auffallend bezeichnet worden, daß Deutschland nicht die Entsendung der imMittelmeerbefindlickienSchul schiffe „Stein", „Slosch" und „Moltke" nach Kreta verfügt hat. Dem gegenüber führt die „Allg. Mar Corr." auS, daß die genannten Schisse für einen solchen Zweck gar nicht in Frage kommen können: „Die Entwickelung der Verhältnisse auf Kreta hat gezeigt, daß cs unter Umständen nicht bei einer bloßen Demonstration bleiben wird, sondern daß bei der Durchführung der von den europäischen Großmächten für richtig befundenen Maßregeln ein bewaffneter Widerstand erwartet werden kann. Von den drei Schul schiffen stammen „Stosch" und „Moltke" auS dem Jahre 1877, „Stein" auS dem Jahre 1879. Die Schiffe sind gänz lich ungeschützt, führen heutigen Ansprüchen gegenüber eine schwache Armirung und verfügen nur über eine Fahr geschwindigkeit von 13 Meilen, also über «ine geringe Actions fähigkeit. Eine Aktivität der genannten Schiffe läßt sich selbst gegenüber der griechischen Flotte nicht rechtfertigen und läßt keine günstigen Resultate erwarten. Die griechische Flotte zählt u. a. die drei Panzerthurmschiffe „Hydra", „SpetSai" und „PsarL". Die beiden ersten derselben stammen aus dem Jahre 1889, das letztere aus dem Jahre 1890, ihre Fahr geschwindigkeit beträgt 17 Meile», ihre Bewaffnung entspricht den modernen Ansprüchen. Die deutsche Marineverwaltung könnte eS nicht vertreten, unsere ungeschützten Schulschiffe auch nur einem Schuß aus den griechischen Panzern aus zusetzen. So deprimirend die Thatsache für uns ist, daß wir eine der Würde des deutschen Reiches entsprechende maritime Vertretung im Mittelmeer nicht entfalten können, so werden wir uns doch so lange damit abzusinden haben, als die Be deutung einer imponirenden Flotte für die Großmachtstellung einer Nation, als die Bedeutung der Seegewalt dem deutschen Volke und seinen Vertretern noch nicht gehörig aufgeaangen ist." (Vgl. unten die Kieler Meldung.' Red. d. „L. T.") L. Berlin, 24. Februar. (Telegramm.) Ueber die Rückkehr des Kaisers vom Jagdschloß HubertuSstock nach Berlin sind definitive Bestimmungen noch nicht getroffen; sie dürste voraussichtlich am Freitag, den 26. d. M., erfolgen. Die Kaiserin wird deute Abend vou dort in Berlin wieder eintreffen. (-) Berlin, 24. Februar. (Telegramm.) DaS Staats Ministerium trat heute Nachmittag im ReichStagSaebäudc unter dem Vorsitz des Fürsten Hohenlohe zu einer Sitzung zusammen. Berlin, 24. Februar. (Telegramm.) Gegenüber der (von uns bisher nicht erwähnten) Meldung der „Berliner Börsenztg.", der Reichskanzler hätte gesprächsweise sied nicht ablehnend gegen die Gewährung von Diäten an die Rcichötagö-Abgcordnetcn geäußert, erklärt die „Nordd. Allg. Ztg.", nach ihren Informationen habe der Reichskanzler über die Diätenfrage in neuerer Zeit überhaupt keine Mei nung geäußert. FeuiUetsn. Die Physiognomik von H;md und Fuß. Nachdruck verboten. 8. Hand und Fuß sind nächst der Sprache die wichtigsten Hilfsmittel, deren der menschliche Gnst sich zu seinen Kund gebungen bedient. Der Fuß trägt nnS während eines großen Tbeiles unseres Wachen Zustandes. Er -var in c.lten Zeiten das wichtigste, ursprünglich sogar daS Knzige Verkehrsmittel. Das wichtigste ist er auch beute noch, trotz Eisenbahnen und Dampfschifffahrt. Eine Bedeutung höherer Art wohnt aber der Hand bei. Vermittelt der Fuß die Ortsveränderung, so dient die Hand zu zahlreichen Arten der Willensäußerung. Daher die Aus drücke: Handlung, Handlungsweise, Handel, Verhallen,Haltung. Auch die Ausdrücke Begriff, begreifen (verstehen), Fassung (scwohl örtlich als bildlich) gehören hierher. Diese beiden Gliederpaare gehören aber unzertrennlich zusammen, sie stehen zu einander in beständigen engen Be ziehungen. Die Redensarten „Handel und Wandel", „Hand und Fuß baben" bekunden es oder sind vielmehr daraus bervorgegangen. Die Hand als Vollstreckerin der Willensäußerung, als Vermittlerin der Handlungsweise, steht aber auch in Be ziehung zur Sinnesart und zum Charakter deS Menschen. Daher die Redensart „Mit Herz und Hand". SinneSart und Charakter geben sich in ihr fast mit derselben Gewißheit zu erkennen, als aus den GesichtSzügen, weshalb man die Hand auch das zweite Antlitz genannt bat. Wir sagen: fast mit derselben Gewißheit, wobei wir vorbehaltlich bemerken, daß von einer absoluten Gewißheit hier keineswegs die Rede sein kann, und zwar aus zwei Gründen. Erstens ist eS mit unserer Physiognomik im engeren Sinne (Grstchtsdeutung) nicht weit her, obwohl die meisten Leute sich für große, za unfehlbare Physiognomik» halten, und zweiten» kommt bier ebenfalls das Sprüchwort, daß der Schein oft trügt, in Be tracht. Eine rauhe Schale birgt oft einen kostbaren Edel stein, während unter einem glatten, geschliffenen Aeußeren ebenso oft eitel Gemeinheit verborgen ist. Hat eS daher schon mit der Physiognomik seinen gewaltigen Haken, so ist dies noch mehr der Fall, wenn wir unS auf daS Feld der Cbirognomik begebe», d. h. wenn wir nach der Form, Beschaffenheit und den Maßverhältniffrn der Hand Schlüffe rieben wollen auf die Sinnesart und den Charakter des Menschen. Es bat nicht an Versuchen gefehlt, die in dieser Hinsicht angestelllen Beobachtungen in ein System :u bringen, doch sind diese Versuche noch sehr mangelhaft. Nichtsdestoweniger wollen wir kurz skizziren, worauf sie in Summa hinauslaufen. Beginnen wir mit der kleinen Hand, wobei eS sich, wie auch in Folgendem, nur um erwachsene Personen handelt, so ist eS eine Eigentümlichkeit großer Geister und genialer Naturen, daß sie mit solchen niedlichen Zierraten ausgestattet sind. Namentlich ist eS von Napoleon I. bekannt, baß er eine kleine Hand besaß und sich dessen mit Wohlgefallen be wußt war, da er diese Hand gern in den Vordergrund rückte — ein Zug, der gewiß nicht ohne Zusammenhang mit seiner Eigenschaft als Herrscher war. Wie schwer aber diese kleine Hand auf den Völkern lastete, ist historisch. Wenn nun eine kleine Hand eine Eigentümlichkeit der oben be zeichnten Menschenarl ist. so wäre es mehr als vermessen, wollte man umgekehrt schließen, daß alle Menschen mit kleinen Händen nun auch zu den Genies und großen Geistern ge hörten. Da liegt also schon eine Schwierigkeit, ein Haken. Uebrigens kann eine kleine Hand auch eine Mißgestaltung sein, wenn sie nämlich einer hochgewachsenen Person an- gebört. In diesem Falle macht sie einen nichts weniger als angenehmen Eindruck. Hinsichtlich des CbarakterzugeS kann man annehmen, daß eine kleine Hand mit guter Sinnesart, mit edlen Regungen gepaart ist, obwohl man wegen der „Ausnahme von der Regel" nicht allzu fest darauf bauen soll. Große Hände sollen hingegen ein Zeichen von Rohheit, Ungeschlachtest und Rücksichtslosigkeit sein. Große Hände, besonders wenn sie recht breit sind, machen auch im Allge meinen einen Übeln Eindruck. Es kommt aber auch vor, daß die Besitzer solcher Hände die gutmütigsten Menschen sind. Immerhin wird man sich hüten, mit solchen Menschen anzu- bindcn. Wo eine solche Hand, bezw. Faust binschlägt, wächst kein GraS mehr, wie man zu sagen pflegt. Kurze und breite Hände flößen ebensowenig Vertrauen ein wie schmale, lange. Erstere deuten im Allgemeinen auf Bosheit und Grausamkeit, letztere auf Verschmitztheit, Falsch heit und Arglist. „Lange Finger machen" ist ein Ausdruck für stehlen und unterschlagen. Aber auch hier heißt eS: Keine Regel ohne Ausnahme. Ein anderer charakteristischer Gegensatz beruht in der Weichen nnd harten Beschaffenheit der Hände. Hier sind die Schwierigkeiten ebenfalls vorhanden, denn zwischen weich und weich ist ein Unterschied. Eine weiche Hand kann entweder elastisch oder schwammig, breiig sein. Im ersteren Fall macht sie einen angenehmen, im letzteren Fall einen widrige« Ein druck. Schwammige Hände sollen mit einem schwächlichen, energielosen Charakter Zusammenhängen, wobei aber Falsch heit und Arglist nicht ausgeschlossen ist. Eine barte Hand kann früber weich gewesen und durch Arbeit schwielig ge worden sein. Dann ist sie auf alle Fälle achtenSwerth. Sonst sollen harte Hände auf Charakterfestigkeit, aber auch auf strenge SinneSart deuten. Nun kommen wir zu den fleischigen und knochigen Händen. In der Regel gehören sie wohlbeleibten, be». mageren Menschen an. ES giebt aber auch hier charakteristische Abstufungen, die eben erkannt sein wollen. In den meisten Fällen deutet die fleischige Hand auf daS Dorwiegen deS Gefühlslebens, aber auch auf Sinnlichkeit, die knochige aus Geiz und Krämersinn, zuweilen auf Gemeinheit. Nun aber die Folgerung zu ziehen, daß alle gemeinen, krämerbaften und geizigen Menschen knochige Hände haben müßten, oder daß eS keine Geizhälse, Krämerseelen oder gemeine Naturen gäbe obne knochige Hände, ist wiederum verfehlt. Wohl am zuverlässigsten dürfte der Rückschluß auf die SinneSart und Charaktereigenschaft, wie auch die geistige Begabung hinsichtlich der ovalen und eckigen Form der Hände sein. Die Inhaber von oval geformten Händen sind in der Regel geistig begabt, anstellig, geschickt, gutmüthig. wohl wollend, höflich, nobel, während man bei den Inhabern von eckig geformten Händen das Gegentheil annehmen kann. Dazu sind bei ihnen die Übeln geistigen Eigenschaften, wie Verschlagenheit, Hinterlist und Falschheit, nicht selten, und dann findet sich dazu auch die in der Regel damit gepaarte Gewandtheit. Ganz allgemein unterscheidet man schöne und häßliche Hände. Was letztere betrifft, so kann kaum ein abweichendes Urtheil Platz greifen, obwohl in diese Kategorie manche Hand fallen dürfte, die der Eine oder der Andere zu den schönen rechnete. Jedenfalls sind eckige, knochige, breite, lange, über haupt große Hände nicht schön. Diese Bemerkungen haben Nichts gemein mit dem Volkswort „von Häßlichkeit schön", sie sollen nur andeuten, daß die Erkenntniß und Erklärung deS Schönen sehr schwierig ist. Mode und Convention mischen sich allzu häufig in daS Urtheil und trüben eS. Nnd dann setzt man zu der körperlichen Schönheit auch eine entsprechende SinneSart voraus. Wo diese fehlt, mangelt zur Schönbeit eben ein sehr wesentliches, wenn nicht das wesentlichste Moment. Gute Sinnesart kann auch dem weniger schönen Menschen einen verklärenden Schimmer geben. Das Alles wird sich dann auch in der Form und Beschaffenheit der Hand wiedersinden. Auf ganz falschem Wege wurde man sich aber befinden, wenn man annähme, daß schöne Hände und gute Sinnesart, bezw. edler Charakter notbwendig zusamniengebörten. Nach dem Goetbe'schen Ausspruch im »weiten Theil des „Faust" wandeln Schönheit und Tugend sogar nur selten Hand in Hand. Alles dies deutet daraus hin, aus wie schwachen Füßen die Chirognomie steht und wie vorsichtig man zu Werke gehen muß, wenn man sich mit ihr beschäftigt und ibre Beobachtungen ins praktische Leben übertragen will. Jeden falls ist es rathsamer, den Menschen nach seinem Verhalten und nach seiner Handlungsweise zu beurthecken, als nach Hand und Fuß und, nebenbei bemerkt, auch nach den Ge- sichtSzügen. Und nun vollends, wenn man, wie der Franzose d'Arpenligny, der daS „hervorragendste" Werk über die Handkunde geschrieben hat, die Hand zerstückelt und au» der Flache die Neigungen und Instinkte, au» den Fingern dir geistigen Eigenschaften und auS dem Daumen den Charakter ableiten oder deuten will. Nach diesem großen Chirogno miker soll ein im Verhältniß zur Hand auffallend kleiner Daumen Charakterschwäche, ein mittelgroßer Thatkraft, ein sehr großer Rücksichtslosigkeit bedeuten! Es ist ja nicht aus geschloffen, daß Herr d'Arpentigny Recht hat, aber einstweilen will unS doch diese Handflächen-, Finger- und Daumentbeorie wenig einlruchtea. Merkwürdiger Weise hat, so viel uns bekannt ist, sich noch Niemand mit der Form und Beschaffenheit der Finger nägel befaßt, obwohl dieselben für die Charakteristik der Hand nicht ohne Bedeutung sein können unv nicht wenige Menschen auf ihre Pflege eine übermäßige Sorgfalt ver wenden. Da giebt es schmale und breite, gewölbte und flache, lange nnd kurze bis halbmondförmige, scköne und häßliche, fleischfarbene und bleiche Nägel rc. Es wäre jeden falls nicht uninteressant, festzustellen, welche Arten von Nägeln gewissen Arten und Formen von Händen entsprechen. — Ebenso wenig hat man bisher die mit der Hand vollfübrtcn Bewegungen, soweit sie charakteristisch sind, in Betrann gezogen, obwohl auch sie gewiß beachtenswerthe Rückschluss gestatten. Diese Bewegungen kan» man eintheilen in theatralische, gebietende, anmutbige, elegante, linkische, we werfende, kosende, sprechende unv — last not lea-ck - schlagende. Unser Thema heißt „Hand und Fuß", denn diese Glieder paare gehören, wie gesagt, als sich ergänzende eng zusammen Wer die Hand beobachtet und auch einen Blick aus den Fuß wirft, wird finden, daß die Fußbildung in der Regel den selben Charakter trägt, als die Handbildung, und daß dac- Große wie das Kleine, das Breite wie das Schmale, das Plumpe wie daS Zierliche, daS Woblgebildete wie daS Miß gestaltete in beiden Gliederpaaren einen genauen Parallel!» muS findet. Schließlich noch ein kleines Wort über die Chiromantie oder die Kunst, da» Schicksal des Menschen auS der Hand, oder vielmehr den Linien der inneren Fläche zu deuten, sintemalen es immer noch Leute giebt, welche sich diese „Wissenschaft" etwas kosten lassen. Es ist nur eine kleine Anekdote, die erzählt werden soll, und die Melanchthon, dem bekannten Freunde Luther'», passirte. Dieser große Gelehrte beschäftigte sich auch mit der Handdeutekunft und suchte sie u einer wirklichen Wissenschaft zu gestalten. Eines Tage^ atte er die Hände eines KindeS aufmerksam und lange ge prüft und sagte dann endlich zu dem daneben stehende:i Vater: „Dieser Knabe wird ein großer GotteSgelebrlcr werden." — „Aber, hochwürdiger Herr", erwiderte der Vater, „da» Kind ist ja ein Mädchen." — Ob Melanchthon durch diesen Vorfall von seiner Chiromantie geheilt wurde, ist unS nicht bekannt, jedenfalls war er sehr geeignet dazu.
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