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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 26.02.1897
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1897-02-26
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18970226018
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1897022601
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1897022601
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1897
- Monat1897-02
- Tag1897-02-26
- Monat1897-02
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Grüßeie Schriften laut unserem Preis- verzeichniß. Tabellarischer und Zifsernsutz nach höherem Tarif. Extra-Anlagen (gesalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbrsörderung »4 SO.—, mit Postbesorderung .Nt 70.—. Annahmeschluß für Anzeigen: Abend-Ausgabe: Bvrmittags 10 Uhr. Morgrn-Ausgabe: Nachmittags 4 Udr. Bei den Filialen und Annahuieslrllen je eine halbe Stunde früher. Anzeigen sind stets an die Expedition zu richten. Druck und Berlag von E Polz ta Leipzig. 1V3. Freitag den 26. Februar 1897. Die Arbeitslosen im Deutschen Reiche. II. (Schlust.) vb. Wir haben im ersten Artikel (Nr. 00 des „L. T." vom 19. d. M.) die Ergebnisse der Ardritslosenstatistik bei den drri Brrussabtheiiungen Landwirthschast, Handel und Lohnarbeit wechselnder Art einschließlich der Dienstboten kurz dargestellt; wir gehen jetzt auf die Berufsabtheilung II über, welche die Berufe Bergbau und Hüttenwesen, In dustrie und Bauwesen umfaßt. Hält man, wie es von socialdemokratischer Seite geschieht, die Arbeitslosigkeit für eine charakteristische Folgeerscheinung des Großbetriebes, so muß sie unS hier gewissermaßen in ihrer Reincultur ent gegentreten. „Industrielle Reservearmee" lautet das be kannte socialistische Schlagwort. Was lehrt unS nun die Statistik der Arbeitslosen bei der Industrie? Die Berufsstatistik zählte in dieser Abtheilung an Arbeitnehmern im Juni 0 506 84.'» und im December 6 567 LVV. Davon waren beschäftigungslos im Juni 107 009 und im December 381 471, d. h. im ersteren Monat 2.57 Proc., im letzteren 5,90. Beim weiblichen Geschlecht allein war der Procentsatz im Juni etwas (2,37), im December sehr erheblich (3,9?) geringer als der Gesammtdurchschnitt. Ziehen wir auch hier die vorübergehend Arbeitsunfähigen (Kranken rc.) ab, so ergeben sich für den Sommermonat 97 782 und für den Winiermonat 274 625 Beschäftigungslose. Der auffällige Unterschied zwischen Winter und Sommer verschwindet etwas, wenn wir von den Berufen absehen, die ihrer Natur nach im Winter entweder gar nicht, oder jedenfalls unverbältnißmäßig weniger beschäftigt sind, als im Sommer. Man darf bei diesen Berufen annehmen, daß entweder durch besonders hohen Lohn im Sommer oder durch irgend welche Nebenbeschäftigung im Winter ein gewisser Ausgleich skattfindet. Es würden das vor allem die Berufsgruppen IV (Industrie der Steine und Erden) und XV (Baugewerbe) sein, die im Ganzen etwa ein Viertel sämmtlicher Arbeitnehmer der Gesammtabtheilung Bergbau und Industrie ausniachen. Für alle anderen Be- rufSgruppen der Abtheilung ergeben sich dann im Juni 05 3tO und im December 108 889 Arbeitslose, die nicht btos vor übergehend arbeitsunfähig waren, d. h. also in Procenten im Sommermonat 1,84 Proc. und im Wintermonat 2.L8 Proc. Ja, setzten wir noch die farblose Berussart >0l ab, welche Fabrikarbeiter, Gesellen und Gehilfen ohne nähere Bezeich nung enthält, so würde sich der Proeenisatz für den Winter monat noch weiter auf 2,13 Proc. ermäßigen. Ein Resultat, das zwar immer noch des Bedauerlichen genug enthält, daS aber doch die Frage in einer wesentlich milderen und, wie wir glauben, richtigeren Beleuchtung erscheinen läßt, als es die officielleu, der Natur der Sache nach mehr allgemein gehaltenen Hahlen zu thun vermögen. Leider können wir hier auf die einzelnen Berufsarten, deren die Statistik in unserer Abtheilung 101 aufzählt, nicht näher eingehen. Eine vorzügliche Tabelle auf Seite 0*—8* giebt darüber eingehenden Aufschluß. Mit am größten war die verhältnißmäßige Zahl der Arbeitslosen sowohl im Sommer als im Winter in der See- und Küstenschifffahrt, vorwiegend im Sommer auch bei den HilfSgewerhen de- Handels, bei Privatsecretairen, Schreibern, Ofensetzern, Tapezierern, Putz- machern, Malern und Bildhauern, von wichtigeren Berufs- arten wiesen auch im Sommer besonders hohe Procentsätze der Arbeitslosen auf die Bäckerei, Fleischerei und die Druckerei. Daaden standen im Sommer und Winter besonders günstig die Weberei und die Erzgewinnung. Die Statistik gestattet uns auch einen genaueren Einblick in die Gesund beilSv erkält uisse der einzelnen Berufs arten und die Resultate sind keineswegs sehr befriedigend. Auffallend ist namentlich der hohe Procentsatz der im Winter Erkrankten. Wenn er gerade im Baugewerbe am höchsten ist, so mag das Wohl zum Theil dadurch zu erklären sein, daß sich viele wegen der nur im Winter herrschenden Arbeits losigkeit eher für krank anSgegeben baben, als im Sommer, vielfach wohl aber auch dadurch, daß sich bei ihnen die Strapazen der Sommerarbeit besonders fühlbar machten. Immerhin giebt der Hobe Krankenstand in diesen Gewerben zu Bedenken Anlaß. Die Winterscala für die besonders unge sunden Gewerbe umfaßt von 4,87—2,0o Proc. aller Arbeit nehmer absteigend folgende Gewerbe: Steinsetzer, Dachdecker, Stubenmater, Maurer, Wascherei und Plätterinnen, Gas- und Wasseranlageu, Nagelschmiede, Stuckateure, Tapezierer, Näherinnen, Zimmerer, Brumienmacker, Kleider- und Wäsche confection, Bauunternehmer, Steinmetzen, Schiffsbau, Spiegel-, Bilderrahmen, künstliche Blumen, Töpferei, Lampen, Mühlen bauer. Dabei waren im Durchnitt von sämmllichen in der Abtheilung beschäftigte» Arbeitnehmern l,78 Proc. krank. Einzelne der aufgcsührten Berufe übertreffen diesen Procenl- satz fast um das Dreifache. Besser als der Durchschnitt stand dagegen unter Anderem im Winter die Erzgewinnung (1,08), der Hüttenbetrieb (l,l7), die Bäckerei (1,55), die Maschinen- induslrie (1,39), dem Durchschnitt nahe die Druckereigewerbe und die Schlosserei, die also erheblich schlechter gestellt ist, als die Maschinenindustrie. Im Sommer waren vorübergehend arbeitsunfähig im Gesanimtdurchschnitt der Abtbeilnng 1,06 Proc. Die ent sprechende Soinmerscala der ungesundesten Gewerbe war hier von 1,97 bis 1,40 fallend folgende: Mühlenbauer, Scbreib- federn, Metallspielwaaren, Schriftgießerei, Holzschnitt, Ofen, setzer, Nagelschmiede, Gas- und Wafferanlagen, Spiegel rahmen, Schornsteinseger, Tapezierer, Buchdrucker, Putz- inacherei, Buchbinder, Kürschner, Maler und Bildhauer- Kupfer- und Stahldruck. Auch die Kleider- und Wäsche- confection und die Näherinnen standen erheblich schlechter als der Durchschnitt, etwas besser die Schneider, erheblich besser auch hier die Erzgewinnung und Weberei, also gerade die jenigen, die besonders gut beschäftigt waren. Die beiden Scalen geben zu denken. Vielleicht siebt sich die Eonimission für Arbeiterstalistik einzelne dieser Gewerbe etwas näher an. Zu den gesundesten Berufen gehörte natürlich im Scm ner und Winter die Landwirthschaft, daS große Kraftreservoir der Nation. Haushaltungsvorstände waren von sämmllichen Beschäf tigungslosen der industriellen Abtheilung, die vorübergehend Arbeilsunsähigen eingeschlossen, im Juni über 60 000 mit über 40 000 Ehefrauen uno über 90 000 sonstigen nicht erwerbs- thätigen Angehörigen, im December über 170 000 mit 430 000 Ehefrauen und sonstigen Angehörigen. Diese Angehörigen sind als nicht selbst erwrrbsthätig durch die Arbeitslosigkeit ihres Ernährers mitbetrosicn und müssen mit berücksichtigt werden. Im Uebrigen waren von den männlichen Arbeits losen über die Hälfte ledig, von den weiblichen fast zwei Drittel. Bezüglich der Dauer der Arbeitslosigkeit stand die Ab theilung sowohl im Sommer als im Winter bester als die Abtheilung Handel und Verkehr, uni ein geringes ungünstiger als die Landwirthschaft. Gegenüber der letzteren würde sie natürlich im Winter erheblich im Vortheil gewesen sein, wenn die Zählung längere Zeit nach der Ernte stattgefunden Kälte. Von den einzelnen Gruppen standen hinsichtlich der Dauer b.l d,n LLMWDW-lkW nicht cianz 2 Proc., im Winter noch nicht einmal Procent unter den sämmtlichen Beschasligungsloieii a». Angestellten in, Gegensatz zu den eigentlichen Arbe. ern waren im Sommer und im Winter mit elwar mehr als 2 4", ^D^Stat.snt enthält sodann „och weit-re Angaben über die Vertbeiluug der Arbeitslosen auf die e > n, elneu Staaten und Provinzen, auf die wittleren un kleineren Gemeinden und^ au, die Großstädte alen Bei diesen Hahlen ist eine Scheidung zwischen voriibcrgeheii Arbeitsunfähigen und solchen, die aus anderen Grünten arbeitslos wahren, sowie ein Auseinanderhalten d" einzelnen BerufSabtheilungen und Gruppen nicht möglich. T,e Zahlen sind daher farbloser. Doch bieten sie auch manches Inteie staute. Selbstverständlich ist die Arbeitslosigkeit in de» Groß städten relativ bedeutender als in den kleineren und mittleren Gemeinden. Die Großstädte sind im Allgemeinen für d,e Arbeitslosen der Umgegend eine Art Sanimelpiinct. Dennoch war ibr relativer Antheil im Winter nur halb so groß als im Sommer. Es kamen nämlich 1895: aus von 100 Beschäftigungs losen am I am 14. Juni i 2. Decbr, von 100 Einwohnern ani am 14. Juni 2.Decbr. Y^obstädte sslber lOO OOO E.» 38.93 22.93 ,3.57 13.92 Mittlere Gemeinden (10000 bis 100 000 S.) . . . 22,63 18,10 16,47 16,79 Kleinere Gemeinden (unter 10000 E.) 38.44 58,97 69,96 69,291 Im Sommer und Winter batten verhältnißmäßig am meisten Arbeitslose Hamburg, Altona und Berlin. >aii den sächsischen Großstädten war der Antheil im Sommer der hältnißmäßig hoch, dafür im Winter nicht erheblich höher, thkilweise sogar niedriger. Am besten standen im Soinmer und Winter die rheinischen Großstädte und die des Süden- und Südwestens, namentlich Straßburg, Nürnberg. Günstig stand a»ck, im Sommer und Winter Bremen, im auffälligen Gegensätze zu Hamburg und Altona. Zum Theil wird sich daS daraus erklären, daß die seefahrende Bevölkerung, bei der sich, wie bereit« bemerkt, starker ArbeitSmanael fühlbar machte, in Bremen selbst weniger zum Vorschein kommt. Auffällig war der Unterschied zwischen Gommer und Winter in den Großstädten des Ostens, sie haben durchweg im Winter relativ und absolut fast doppelt so viel Arbeitslose wir im Sommer. Damit nehmen wir von der Darstellung der Ergebnisse unk vnKnden 11118 211 welche Ivir 91. Jahrgang. auS ihnen ziehen könne». Wir müssen unS dabei immer res Umstandes erinnern, daß das Jahr 1895 «in verbältniß mäßig günstiges, uamentlich für viele Zweige der Industrie, war. Wenn daher die ermittelten Zahlen der Arbeitslosen wobl in den meisten Berufen hinter den vielfach gebegien Besürchtuilge» zurückgeblieben sind, so darf un« das keines wegS über das Vorhandensein ernster Mißstände hinweg- täuschen. Aber eine gewisse Beruhigung dürfen wir daraus erhoffen. Von wie viel Noth und Elend uns diese Zahlen auch reden mögen, sie zeigen unS doch, daß wir bei der Frage der Arbeitslosigkeit keineswegs einem unlösbaren Probleme gegenüberstchei,, vor dem unS nichts übrig bleibt, als die Hände verzweifelnd sinken zu lassen. Sie zeigen im Gegentheil, daß hier der Initiative der ArbeitSvrr mitteluilgsstelleii, der Aufklärung über die Lage des Arbeils- marktes, der vielfach sehr wohl möglichen eigenen Vorsorge für Zeile» der Arbeitslosigkeit ein weites Feld offen slebi, daß es bei ernstem und zielbewußlcm Streben möglich sein wirb, einen der finsterste» Schatten aus unserem modernen Wirthschaflsleben zu bannen. Und weiter. Die Statistik zeigt unS, wie schief die socialdemokratische Behauptung ist, daß die Großindustlie in immer steigendem Maße Ursache der Arbeitslosigkeit sei. Nicht die Städte des industriell entwickelten Westens und Südens und des Königreichs Sachse» zeigen die bedenklichsten Zustände, sondern gerade die deS industriell zurückgebliebenen Ostens. Nicht in vcn Branchen, in denen der maschinelle Großbetrieb am stärksten entwickelt ist, wie im Bergbau, Maschinen-, Textilindustrie, ist die Arbeitslosigkeit am größten, sonder» umgekehrt in den Branchen Leder, Nahrungs- und Genußmittel, Bekleidung, Baugewerbe, Beherbergung und Erquickung. So reigr uns auch diese Statistik, wie es die Statistik des Einkommens gezeigt hat, daß uns unsere industrielle Entwickelung nick! dem Zusammenbruch enrgegen,',',hrt, sondern im Gegentheil gesunderen und stabileren Zuständen. Deutsche- Reich. * Berlin, 25. Februar. Im „Hamb. Eorr." lesen wir: „Die „ Kreuz» lg." hat anläßlich veS ProcesseS Wegen«> „verralhen", daß sie von dem Gerücht über die angebliche HintertreihZ^g des Zarenbesuches in Friedrichs ruh zuerst von einer Seite Kenntniß erkalten habe, die es mii Entrüstung ablebueu würde, den Kreisen der Bismarcksreunde auch nur von Weitem zugezählt zu werden. Fernstehende können diese Behauptung, die man zu bezweifeln keinen Anlaß bat, nicht colitrolire» Immerhin wird es auch für die „Kreuzztg." »icht ohne Inte,esse sein, wir sage» nickt die, svn dern eine O.uelle kennen zu lerne», aus der die Gerückte ge flössen sein können, die der „Bank unk Handelszlg." den Stoff für ihre Improvisation gegeben haben. Unter Zeitungen älteren Datums ist uns eine Nummer der „Leipziger Neuesten Nachrichten" vom 4. Septem der 1896 in die Hand gefallen, die sich mit dem damals bevorstehenden Besuche des Kaisers Nicolaus in Deutschland beschäftigt und das, was der Redacteur der „Bank- unk Handelsztg." als vollendete Thalsache behandelt hat, als Zukunft-möglichkeit hinstellte, nämlich die Beeinflussung des Zaren im anlibismarck'schen Sinne. Ter bezügliche Absatz des Artikels hat folgenden Wortlaut: ,.Es ist die Nachricht ausgetaucht, daß der junge Erbe der Romanow's den Wunsch hege, dem Fürsten Bismarck seinen Besuch abzilstatte» und dem greisen Helden seine Ehrfurcht zu be zeigen. Wir halten die Mitkheilung, soweit es sich um einen Feuilleton. Der Mond keine leblose Masse! Bon vr. Leo Brenner, Direktor der Manora-Sternwarte zu Lussinpiccolo. Nachdruck verboten. Von allen Hiliiinelskörpkrn ist unser himmlischer Laternen träger, der Gott der Diebe und Verliebten, am besten be kannt, weil er uns am nächsten ist. Denn was bedeuten die lumpigen 380 000 llm, die unS von dem Monde trennen, gegen die Entfernungen, mit denen wir sonst in der Astronomie zu rechnen haben! Trotzdem dürfen wir uns nicht einbilden, unseren Trabanten vollständig genau zu kennen. Zwar seine Oberfläche ist unS besser bekannt als die meisten Gegenden unserer eigenen Mutter Erde, aber mit der Kenntniß seiner physischen Beschaffenheit siebt eS noch recht windig auS, Nimmt man ein Werk über den Mond zur Hand, so wird man darin eine Menge Hypothesen über die Entstehung der Monvgebilde, über daS Vorhandensein oder Fehlen von Luft und Wasser, über die vermuthliche Temperatur der Mondoberfläche rc. finden, aber schwerlich dazu gelangen, sich über da- Richtige eine klare Meinung zu bilden. In der Thal ist eS auch selbst für den erfahrenen Mond beobachter sehr schwer, die Fragen nach Luft und Wasser mit unumstößlicher Sicherheit zu beantworten. Bon diesen Fragen hängen aber wieder die Vermuthungen über die Höhe der Temperatur und über die Entstehung der Mondgebilde ab. ES giebt Astronomen, welche daS Vorhandensein von Luft und Wasser auf der Mondoberfläche leugnen, und andere, die eS behaupten. Jeder stützt sich dabei aus ge wichtige Gründe. Die Leugner berufen sich daraus, daß auf dem Monde weder Flüsse, noch Seen, noch Meere, noch Wolken gesehen werden, daß bei Sternbedeckungen da« Licht der Sterne plötzlich erlischt (waS bei Vorhandensein einer nennenSwerthen Mond-Atmosphäre nicht der Fall sein könnte), daß Licht und Schatten scharf geschieden sind, also Dämme- rung auf dem Monde nicht vorhanden ist, und daß bisher „och keine Veränderungen auf dem Monde mit Sicherheit sestgestelll werden konnten. Die Gegner wieder behaupten, daß gewisse Beobachtungen auf schwache DämmerunaStrschrinungen schließen ließen, daß unter Berücksichtigung aller Faktoren eine Mond-Atmosphäre von 4—500 Mal geringerer Dichtigkeit als jene unserer Erde ganz gut angenommen werden könnte, daß möglicher Weise auch geringe Feuchtigkeit-Mengen von den ehemaligen Mond meeren zurückgeblieben sein könnten, und endlich, daß Fälle von Veränderungen aus dem Monde bereits mehrfack ver- muthel werden. Selbstverständlich ist es mir nicht möglich, hier die Fragen nach Luft und Wasser zu erörtern. Nur so viel will ich erwähnen, daß ich aus Grund meiner eigenen Beobachtungen zur Ueberzeugung gelangt bin, daß der Mond nock eine — allerdings sehr dünne — Atmosphäre besitzt und daß seine Oberfläche an ewigem Schnee und Eis keinen Mangel leidet. Elfteres schließe ich ans einer von mir beobachteten Bedeckung des Regulus durch den Mond, bei welcher dem plötzlicken Verlöschen deS Sternes eine halbe Secunde vorher eine ganz unzweifelhafte Lichtabnahme vorauSging. Was aber das Vorhandensein von Schnee und Eis betrifft, so schließe ich daS einfach aus dem, was mir unser Fernrohr zeigt. Wer z. B. je in den Hochalpen auf dem Gipfel eines hohen BergeS stand und unter sich oder in der Ferne Gletscher oder zer klüftete Berge sab, deren Schluchten mit Schnee auSgefüllt waren, der wird betroffen sein, wenn er z. B. in unserem Fernrohre (dessen Bildschärfe bekanntlich unübertroffen dasteht) die Wälle der Mondlandschaft Plato bei günstiger Beleuchtung sieht. Nicht nur mich, sondern auch mehrere Besucher, welche die Dolomiten kannten, erinnerte der Anblick jener Wälle mit der größten Lebhaftigkeit an Schneelandschasten in den Dolomiten. Was aber die Frage nach Veränderungen auf dem Monde betrisst, so kann ich dieselbe gegenwärtig mit Bestimmtheit bejahen! Schon vorher waren Veränderungen auf dem Monde (bei Linn-, Messier, PosidoniuS und HyginuS) behauptet, aber auch von Anderen heftig bestritten worden. Letztere kamen immer wieder mit den Einwänden: „eS ist möglich, daß die früheren Beobachter entweder da» angeblich neu entstandene Object übersehen, oder zu ungünstiger Zeit beobachtet baben, oder auch waren ihre Augen weniger grübt, ihre Instrumente weniger leistungsfähig, oder ihre Luft ungünstiger, oder sie können die Objecte übersehen oder einzutragen vergessen, oder sie verzeichnet haben rc." Nachdem derartige Einwürfe nicht zu widerlegen waren, konnte ein thatsächlicher Nachweis von Veränderungen auf dem Monde nur dann erbracht werden, wenn eS feststand, daß derselbe Beobachter mit demselben Instrumente, an demselben Orte, unter denselben Verhältnissen, bei gleicher Beleuchtung und bei niederer Luft, mit Leichtigkeit Objecte sah, die er vorher bei besserer Luft gar nicht oder ander« gesehen hatte, deren auSschloß. Solche Fälle festzustellen, ist mir nun gelungen! Nahe dem Mittelpunkt des Mondes befindet sich i mäßig großer Krater, HyginuS genannt, der selbst in kleir Fernrohren gesehen werden kann, und dadurch bekannt ist, d er im Knie der zweitbreitesten Rille deS Mondes liegt. Hyginus machte schon vor 20 Jahren viel von sich red als der Kölner Astronom I)r. H. Klein mit der Behaupt« in die Oeffentlichkeit trat, er habe dort einen neuen Kra entdeckt, der sich neu gebildet haben müsse, weil er sehr aug fällig sei und von keinem früheren Mondbeobachter Wal genommen wurde. Infolge dieser Kundmachung richteten sich alle Fernrol auf „Hyginus X" (wie daS neue Object getauft worden wi und es dürfte Wohl kein Fernrohr existiren, das ihn ui gezeigt hätte. Infolge dessen gab es aber auch keine Mo, landschaft, die so genau und so sorgfältig erforscht wort wäre wie Hyginus X. Sogar das größte Fernrohr I Welt, der 36 zöllige Lick - Refraktor, wurde von Profef Holden nach dem Hyginus gerichtet und dessen Umgebung 450—600sacher Vergrößerung genau erforscht. Uni so üb raschender dürfte eS dann für manchen Leser sein, zu fahren, daß trotzdem unser 7 zölliger Reinfelder-Refractor ,ener Gegend noch 85 Objecte 126 Rillen, 50 Krater v 9 Hügel) zu entdecken vermochte, die in dem Riesenfernro! unsichtbar geblieben waren. Denn die Sichtbarkeit r seinen, Detail auf Planeten-Oberfläche» hängt nicht von ! Große des Fernrohres, sondern lediglich von dessen Bi lcharfe, der Durchsichtigkeit der Luft und den Augen ^ Beobachters ab. erwähnten 85 Objecten sind aber nicht wen! als 8 (4 Rillen, 4 Krater), bei denen ich nachzuweisen Stande war, daß sie binnen anderthalb Jahren entstanl sein müssen. Die Beweise dafür anzugeben, geht Uber > Rakmen e„,er populären Besprechung binwieS. Hier v ich nur d,e Scklüsie erörtern, welche sich auS meinen E deckungen ziehen lasten. Vorgeschickt sei. daß HyginuS X selbst, den Dv. Kl zuerst als Krater gesehen haben will, heute als Mulde em vom bayerischen Astronomen I. N. Krie a « Mulde entdecktes Object sich nach einem Monat spä als tlemrr und zuletzt als großer Krater zeigte, daß « .schmal und halb breit gesehene R breit geworden war, «nd daß rin von I Mitteilung des bayerischen Astronomen Hauth jetzt als Krale, erscheinen soll. Alle diese Veränderungen sind böchst seltsam, stehen aber schließlich mit der von mir tbatsächlich beobachteten Neu bildung von vier Rille» und vier Kratern im Einklang Was die Möglichkeit der Neubildung von Rillen betrifft, so dürste sie wohl kaum von Jemandem bestritten werde», weil sie sich aus ganz natürliche Weise erklären läßt. Die Rille» sind nämlich nichts als Sprünge in der Mondober stäche, und solche Risse oder Sprünge müssen naturgemäß entstehen, sobald sich ein Körper ungleichmäßig zusammenziel! Schwerer ist es jedoch, die Neubildung von Kratern zu erklären. Daß man bei diesem Ausdrücke nicht an irdisck e Krater, also Vulkane, denken darf, darüber herrscht bei keine Mondbeobachter irgend ein Zweifel; denn die Mondkrau: sind schwerlich vulkanischen Ursprungs. Auch hätten wir j falls heutzutage noch Ausbrüche auf dem Monde stattfäadc dies ohne Mühe sehen müssen. Aber noch niemals hat man dort irgend einen Feuerschein oder die bei Ausbrüchen ui vernieidlichen Ranckmassen wahrgenommen. Andererseits abe: ist das Nenentslehen von Kratern auf dem Monde außer allen: Zweifel: „icht mir wegen meiner oben mitgetheilten Beob achtnngen, sondern auch wegen eines anderen Falles. In de> Nabe des großen MondkraterS Landsberg, und »war in de> Richtung gegen den ebenso großen Mondkrater Reinbold zu. befindet sich ein Krater von solcher Größe, daß ich ihn in unserem 3zölligen Sucher mit 6üsacher Vergrößerung sab Dieser gar nicht zu übersehende Krater fehlt nun aus den Karlen von Lohrmann, Mädler und Neiton gänzlich und aus der Schmidt'schen Karte ist er als großer — Berg gezeichnet Da ein so grobes Verkennen bei Schmidt, der mit einem 6 zölligen Fernrohre in Griechenland beobachtete, ganz aus geschloffen ist, kann man e« als sicher annehmen, daß jener große Berg sich im Laufe der Zeit in einen Krater ver wandelt hat. Die einzige Erkläruna für daS Entstehen von kratei- äbnlicken Objecten ohne Feuer- und Rauchentwickelung kann ich aber nur in der Annahme finden, daß der Mond nicko die starre, leblose Masse ist, für die man ihn bisher kielt und daß in seinem Innern noch Kräfte thätig sind, welche ^ in einer ganz eigenthümlichen Weise äußern, — in einer Weise, die e« bewirkt, daß sich einzelne Theile der Oberfläche kraterfvrmig heben. E« sind die« wabrschrinlich dieselben Kräfte, welche die ganze rigeutbümliche, un« so fremdartig anmutbende und sonst unerklärliche Form der Mondoherfläch» b«w,rkt Haien. ^
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