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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 27.02.1897
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1897-02-27
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18970227029
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1897022702
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1897022702
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1897
- Monat1897-02
- Tag1897-02-27
- Monat1897-02
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Dir Expedition ist Wochentag» ununterbrochen geöffnet von früh 8 bi» Abend» 7 Uhr. Filialen: Ltto Klemm'S Sortim. (Alfred Hahn). Universitätsstraße 3 (Paulinnm), LoniS Lösche, Aathariaenstr. 14. part. und Königsplak 7. Abend-Ausgabe. Anzeiger. Amtsblatt des Königlichen Land- nnd Amtsgerichtes Leipzig, des Natljes und Nolizei-Än,tes der Stadt Leipzig. Anzeigen-Prei- die S gespaltene Petttzeile 20 Pf-, Reklamen unter dem RedactionSstrich ge spalten) üO^Z. vor den Familieunacynchtra (Sgespaltra) 403h. Größere Schriften laut unserem Preis- verzeichnib. Tabellarischer und Zifferasatz nach höhere« Tarif. Extra-Beilagen (gesalzt), nur mit de^ Morgen - Ausgabe, ohue Postbesörderung ^tl SO.—, mit Postbeförderuag 70.—. Aunahmeschlnö für Anzeige«: Abend-Ausgabe: Vormittags 10 Uhr. Aiorge neAusgabe: Nachmittag» 4 Uhr. Bei den Filialen und Annabmestellen je eine halbe Stunde früher. Anzeigen sind stets an die Expeditian zu richten. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig. M. Sonnabend den 27. Februar 1897. 91. Jahrgang. Politische Tagesschau. * Leipzig, 27. Februar. Der Reichstag hat sich gestern bi» zum 8. März ver tagt. Warum? Um den Commissionen mehr Zeit zur Berathung zu lassen? So wurde gesagt, als der Vertagungs plan zuerst auftauchte. Aber das war nur eine Anstandsinaske, binter der ein Theil der ausschlaggebenden Partei des Hauses, des Cent rums, seine Vergnügungssucht zu verbergen suchte und vir jetzt fallen gelassen worden ist.DieCentruinsmitgliederdeS Reichstags können es nicht über sich gewinnen, aus die Theil- nahme am Carneval zu verzichten, und da ihre Zahl nickt gering und die der Schwänzer überhaupt eine große ist, so fügt sich das Plenum dem Willen der Herren. Durch sie werden am Sonntag, Montag und Dienstag dem Plenum und den Commissionen Ferien bereitet, der Mittwoch — Aschermittwoch — eignet sich dann erst recht zur Ruhe, so daß erst am Donnerstag der Versuch gemacht werden kann, in den Commissionen neues Material für das am 8. März wieder zusammentretende Plenum zu schaffen. Centrum ist eben Trumpf, das wird sich voraus sichtlich auch bei seinem erneuten Anträge auf Aufhebung des IesuitengesetzeS zeigen. Wenn auch der Antrag selbst vielleicht am Widerstande des Bundesraths scheitert, so ge winnt es doch den Anschein, als ob auf Grund eines Antrags Richert eine weitere Abbröckelung des Gesetzes durch Streichung seines zweiten Paragraphen, der die Ausweisung der aus ländischen Jesuiten und die Internirung der inländischen ge stattet, zu erwarten sei. Nach der Haltung der Centrums presse scheint es, als ob die Herren Lieber und Genossen mit einer solchen „Abschlagszahlung" sich begnügen wollten; jedenfalls würde ihnen diese Genügsamkeit leicht fallen, denn ohne den tz 2 wäre das Gesetz eine lex imperfecta, ein Messer ohne Klinge. Die freiconservative „Post" hofft, daß daS Centrum sich für diese Concession zu Zugeständ nissen aus anderem Gebiete — das Blatt scheint haupt sächlich an die Marineforderung zu denken — werde bercit- finden lassen. Ob diese Hoffnung sich» erfüllen würde, mag einstweilen dahingestellt bleiben; jedenfalls nimmt das Centrum lieber als es grebt. Und jedenfalls würde es der verbün deten Regierungen ebenso unwürdig sein, wie des Reichs tags, wenn sic wichtige nationale Fragen durch Handels geschäfte erledigen wollten. Erfreulicherweise scheint wenigstens die national liberale Fraktion des Reichstags an einem solchen Geschäfte, bei dem die AuSmerzung des ß 2 des Iesuitengesetzes der Preis für die „nationale" Haltung des Centrums sein würde, sich nicht betheiligcn zu wollen, denn die „Nat.-Lib.-Corr." schreibt heute: „Auf nationalliberaler Seite liegt nickt der geringste Anlaß vor, sich mit der Frage früher als nölhig zu beschäftigen. Hätte das Centrum besondere Eile gehabt, dann hatte ihm nichts im Wege gestanden, eine Interpellation einrubringen. Es bat für seine Beschwerden die Form des Initiativantrags gewählt; dieser wird an die lange Reihe der bereits vor handenen angereihk und kommt somit wahrscheinlich erst gegen Ende der Session zur Berathung. Wenn aber das Cenlrum so lange warten kann, die anderen Parteien können es erst recht. Ob aber auch dann die Nationalliberalen dem Antrag Rickert sich anschließen werden, erscheint uns sehr zweifelhaft." Gestern sind die Commissionsberathungen über das Handelsgesetz wesentlich gefördert worden, insbesondere ist nunmehr die Regelung der Verhältnisse der Handlungs gehilfen und Lehrlinge vollzogen nnd es ist nickt anznnebmen, daß daS Plenum von den Beschlüssen der Commission abweichen werde. Die Beschlüsse der Commission sind der Regierungsvorlage gegenüber für die Gehilfen vortheilhaft. Der Punct, um de» hauptsächlich der Kampf entbrannt war, der in zahlreichen Petitionen erörtert wurde, war die Vorschrift in tz 02, daß der Handlungsgehilfe, obwohl er Anspruch auf Weiterzahlung des Gehalls bei Krankheit rc. auf 6 Wochen hat, sich denBetrag anrechnen lassen sollte, welcher ihm für tieZeit der Verhinderung aus einer auf Grunv gesetzlicher Verpflichtung bestehenden Kranken- und Unfallversicherung znkommt. Tiefe Bestimmung, die sich auch im Bürgerlichen Gesetzbuch findet, wurde von den Gehilfen bekämpft mit deni Hinweis, „daß durch das Gesetz dem Gehilfen so gut wie jede Neben arbeit verboten und er damit nur auf das Gebalt an gewiesen sei, ein Zustand, der sonst bei keiner Arbeiter kategorie zutreffe". Außerdem war die beschränkende Be stimmung nur für Gehilfen mit Gehalt bis zu 2000 also die schleckt bezahlten, giltig, de» besser bezahlten nicht vcrsicherungspflichtigen Gehilfen durfte ein solcher Abzug nicht gemacht werden. Nunmehr ist auf Antrag des Abgeordneten Rembold dieser Absatz gestrichen uno ein Antrag von Basser mann und Münch-Ferber angenommen worden, nach dem „eine Vereinbarung, die dieser Vorschrift zuwiverläust, nichtig ist". Die im Entwürfe weggelassene Bestimmung, daß ein Handlungsreisender nicht verpflichtet sein soll, andere als auf seine Reise bezügliche Dienste zu leisten, ist nicht wieder ausgenommen worden, es bleibt also bei der jetzt üblichen Weise. Wichtig ist ein Zusatz des Abg. Gamp zum Z 61, nach welchem der Principal auch die Arbeitszeit so regeln soll, daß der Gehilfe gegen die Gefährdung seiner Gesundheit geschützt ist. Im tz 63 w>rd durch einen Zusatz bestimmt, daß eine Vereinbarung, die die Zahlung des Gehaltes anders als am Monatsschlusse regelt, nichtig ist. Als Grunv zur Aufhebung ves Dienstvertrages durch den Gehilfen wurden noch im tz 70 unsittliche Zu muthungen und verweigerter Schutz gegen derartige Hand lungen anderer Angestellten oder Familienangehöriger deS Principals festgestellt. Die vielumstrittene Concurrenzklausel fand nach der Regierungsvorlage mit dem Zusatze, daß die Beschränkung überhaupt nur auf drei Jahre normirt werben kann, Annahme. Bei tz 80 wurde noch auf Antrag Roeren eine Strafe von 150 für die Principale bestimmt, die ent gegen den Bestimmungen Lehrlinge beschäftigen. An diese neue Fassung darf wohl die Hoffnung geknüpft werden, daß sie, wie bisher die alte, geeignet ist, das Verhältniß zwischen Gehilfen und Principalen dauernd gut zu erhalten und socialdemokratische Einflüsse hintanzuhalten. Unsere Auffassung der russischen Rote in der Kreta- Angelegenheit finden wir heute fast wörtlich auch in den „Hamburger Nachrichten" und den „Bert. Neuesten Nachr." vertreten, doch in diesen Blättern nicht ausschließlich. Die „Hamb. Nachrichten" schreiben u. A.: „Es geht aus der authentischen Petersburger Kundgebung hervor, daß Rußland, unterstützt von Deutschland sowie im Eiuverständniß mtt Frankreich und Oesterreich-Ungarn, rntfchlossen ist, kurzen Proceß mit den Griechen zu machen. Wenn Griechen land davor gewarnt wird, sich durch selbstsüchtige Freunde zum Beharren in seinem Widerstande verleiten zu lassen, so weiß ganz Europa, wohin das zielt» und der Eindruck hiervon wird noch verstärkt durch die Hinzuiügung deS russischen Textes, daß Rußland in der angedrohten Weise gegen Griechenland auch dann Vorgehen werde, wenn sich ein zelne Mächte dem Schritte nicht anschließen sollten. Das kan» abermals in erster Linie nur an die englische Adresse gerichtet sein und erst in zweiter vielleicht an die italienische. Wir stehen also vor der gesunden, innerlich wahre» Entwickelung der kretischen Frage, welche als Untergrund den englisch-russischen Interessengegensatz enthüllt. ... Es ist bcmcrkenswerth, daß die gleichzeitigen Londoner und Wiener osficiellcn oder osficiösen Mittheilungcu die Möglichkeit eines sernercn Tijsenses unter den Mächten nicht zum Ausdruck bringen. Das Organ des Wiener auswärtigen Amtes, das dortige „Frdbl.", glaubt, daß sich keine Macht von der durch Rußland vor- geschlagene» Action ausschließen und daß auch England die Blockade mitmachcn werde. Die Petersburger authentische Mit- theilung hingegen rechnet nicht uur nicht bestimmt hier auf, sondern im Gegentheil mit der Möglichkeit der Abschwenkung einiger Mächte. Aus der gestrigen Erklärung Lord Salisbury's im englischen Oberhause geht nur hervor, Laß England die Autonomie Kretas will und (im Princip D. Red ) bereit ist, zu diesem Zwecke die Türken wie die Griechen aus dem Lande mit Waffengewalt vertreiben zu helfen. Zwischen der Londoner und Petersburger Kundgebung besteht jedenfalls ein großer Unterschied nicht nur im Ton, sondern auch im Inhalt, dessen Ausgleich abgewartet werden muß." In Uebereinslimmung hiermit heißt es in den „Berliner Neuesten Nachrichten": „Rußland hat den verwirrten Knäuel der endlosen diplomatischen Berhandlungen kurz und bündig durch schnitten, die Führung übernommen und Griechenland durch seinen Gesandten in Aiyen aufsordern lassen, seine Flotte und die gc- sommte auf Kreta befindliche Truppenmacht innerhalb dreier Tage zucückzuberusen. Dieses Ultimatum scheint Rußland vorläufig allein gestellt zu haben, jedoch in Uebereinslimmung mit Deutschland und Frankreich, die sich, auch salls Gricchcnland bei zeinem Widerstande beharren sollte, bezüglich der von Rußland Griechenland angedrohten StrpreffaUea — zunächst der Blockade der griechischen Häsen — anschließen würden. Aller- dings läßt die Note durchbUcken, daß Rußland sich auch dazu verstehen würde, Len von ihr gestellien Forderungen eventuell allein durch Anwendung von Zwangsmaßregetn Nachdruck zu geben, doch ist nach den engen Beziehungen, die zwischen Rußland und Frankreich einerseits bestehen und der entschiedenen mit der Rußlands völlig übereinstimmende Haltung Deutschlands in der vorliegenden Frage — eine solche Eventualität aus- geschlossen.... Ausfallend ist, daß (von Italien ganz abgesehen) von England in der russischen Note gar nicht die Rede ist, es sei denn, daß ganz beiläufig, die „selbstsüchtigen Freunde" Griechenlands erwähnt werden, was man nur als eine indirecte Andeutung auf jene Macht anssassen kann." Die „Berl. Neuesten Nachr." heben dann gleich uns die verschiedenen Widersprüche zwischen der russischen Note und den Aeußerungen Salisbury'» im englischen Ober bause hervor und geben der Ansicht Ausdruck, daß diese Widersprüche ein völlig zureichender Grund für die Nicht erwähnung Englands seien. Auch daraus, daß die englische Regierung am 25. Februar Abends von der Ueberreichung des russischen Ultimatums in Athen noch nichts wußte, leitet daS Berliner Blatt mit Recht die Folgerung ab, daß die Uebereinslimmung der Mächte keine absolute sei. Die gemeinsame Note der Mächte, die übrigens noch immer nicht an ihre Athener Adresse gelangt zu sein scheint, hatte, so lange, als über die sofortige Anwendung von Gewaltmaßregeln gegen Griechenland noch Differenzen bestanden, nur akademischen Werth und würde die Sache um keinen Schritt weitergebracht haben. Diesem Zustand macht der Entschluß Rußlands ein Ende, gegen Griechenland unverzüglich und zwar auch dann vorzugehen, wenn einige andere Mächte (England und Italien) nicht mit zur That zu schreiten bereit sind. Die Collectiv- »ote der Mächte, deren Wortlaut auffälliger Weise auch heute noch nicht veröffentlicht ist, kann »n Hinblick aus die abweichende Haltung Englands iu praxi nur theoretisch und sehr allgemein gehalten sein. Zweifellos ist es der lediglich papierene Werth der Collectivnoke, den dieselbe durch die sicher absichtlich bis zur letzten Minute verspäteten, für Griechenland milderen Erklärungen der englischen Regierung erhallen hat, gewesen, der Rußland zu fernem entscheidenden Schritte veranlaßt hat. Daß es schon bei Be ginn der letzten diplomatischen Verhandlung die Führung übernommen hatte, haben wir bereits dieser Tage hervor- geboben. Wie bei dieser Sachlage verschiedene Blätter sich noch Mühe geben können, ein völliges Einverständniß Englands mit den übrigen Mächten zu conslruiren und zu der Behaup tung sich versteige» mögen, auch England werde au der Blockade der griechische» Häfen theilnehmen, ist unS nicht recht ver ständlich, wenn auch der Tenor der officivsea Verlautbarungen in der kretischen Angelegenheit (nicht bloS der russischen Note) sich durch besondere Klarheit nicht auszeichnen mag. Darin aber stimmen alle Blätter überein, daß durch den charaktervollen energischen Schritt, den der neue russische Außen minister Murawjew soeben gelban, die Haltung, welche die deutsche Politik von vornherein angenommen, auf das Glänzendste gerechtfertigt ist: basiren doch, wie Murawjew ausdrücklich hervorhebt, die in Aussicht ge nommenen Schritte gegen Griechenland durchaus aus dem von der deutschen Reichsregierung zuerst vorge zeichneten, in der deutschen Presse leider hier und da angefeindeten Programm. Deutschland sieht jetzt dieses Programm nicht nur von Oesterreich-Ungarn, sondern auch von Frankreich undRußland acccplirt,während England undItalien, wenn sie auch nicht mitthun wollen, die Richtigkeit deffelben im Princip gleichfalls anerkennen müssen. Wenn übrigens jetzt über Paris verlautet, England würde, falls Griechenland renitent bliebe, Vorschlägen, die griechischen Schiffe in den Grund zu bohren, so hat man, falls die Meldung, woran wir sehr stark zweifeln, e» mit einem neuen Manöver Englands zu thun, da« entweder Zeit zu gewinnen sucht, um aus seiner plötzlichen Kaltstellung herauszukommen, oder nachdem es sich in der Leitung der orientalischen Dinge von Rußland depositirt sieht, die russische Note noch überbieten will, um den Schachzug Muxawjew's wett zu machen. Was wird nun, das ist auch heute noch die große Frage, König Georg von Griechenland thun? Am Montag läuft voraussichtlich der von Ruß land gestellte Termin ab, bis dahin müßte er sich also entschieden haben. Wie aus unseren Mittbeitungen an anderer Stelle zu ersehen ist, schwankt sein Entschluß offenbar noch hin und her. Einzelne Athener Preßstimmen suchen einzulenken, andere fordern zu einem Kamps auf Tod und Leben auf: Das endgilrige Wort ist noch nicht gesprochen! Es kann wobl sein, daß König und Regierung einen stärkeren Druck der Mächte geradezu wünschen, um ihrerseits die Verantwortung für den Rückzug nicht tragen zu müssen. Wenn sie es verstehen, den FeitNlrtsir» Ein Frauenher). Roman frei nach dem Englischen bearbeitet von Emil Bern selb. Nachdruck verboten. Er hatte mit seinen beiden Händen ihre schmale kleine Hand ergriffen und an seine Brust gepreßt; jetzt legte sich leise sein Arm um ihre Schultern und zog sie an sich, und sic schrak nicht zurück vor seiner Umarmung. Ja, als er, kühn gemacht durch ihr Schweigen, den Kopf senkte und seine Lippen innig und heiß auf die ihren drückte, wandte sie nur das Köpfchen etwas seitwärts, doch ihm zu, lehnte es an ihn und barg selig ihr errvthendes, verklärt leuchtendes Antlitz an seiner Schulter. Stephen Grey wagte nicht zu hoffen,, daß er bei Major Willmor so schnell zum Ziel gelangen werde, wie ihm dies bei Margaret in so unerwarteter Weise geglückt war. Dem Major mußte die Sache vollständig neu sein, unv das ver blüffend Neue pflegt mehr oder minder zu beunruhigen. Daß Margaret'» Vater ihn von Anfang ihrer Bekanntschaft an nicht ungern gesehen, wußte Grey wohl) allein einen reiferen Mann, dem man im Alter nahe steht, im Verkehr gern sehen, ist doch immerhin noch ein anderes Ding, denn ihn als Gatten der geliebten einzigen Tochter annehmen, das Wohl und Wehe des schutzlosen, der äußersten Liebe und Sorgfalt bedürfenoen armen, blinden Mädchens für immer iu seine Hände legen. „Meiner Treu, ich bin ein wenig überrascht", sagte der Major, mit den Fingern betroffen durch die Haare fahrend, als Grey ihm die Sacke vorgetragen. „Sie sind, glaube ich, fast doppelt so alt wie Margaret." „Genau doppelt so alt", gestand Grey niedergeschlagen zu. „Sie ist neunzehn, ich bin achtunddreißig Jahr." „Hm! Ich bin selbst erst vierundvierzig", meint« Willmor nachdenklich. Da sich hiergegen nichts einwenden ließ, so machte Grey keinen Versuch zu einer Antwort, und der Major, nachdem er einen Augenblick gewartet, ob der Andere nicht etwas sagen werde, um ihn aus der Verlegenheit zu ziehen, fuhr ein wenig ärgerlich fort: „Sie sehen, daS sind die ungünstigen Umstände bei der Sache. Wollen Sie mir nicht auch jagen, waS zu Ihren Gunsten spricht?" „Nichts, außer daß ich Ihre Tochter mit der ganzen Kraft meines Herzens, aus der ganzen Fülle meiner Seele liebe!" Der Major schwieg abermals einen Augenblick. Grey hatte, ohne daß er es wußte, von dem wirksamsten Argu ment Gebrauch gemacht, das er gegenüber dem, WaS Will- mor's Seele bewegte, hätte aufstellen können. „Ich zweifle nicht an Ihrer ehrenhaften Neigung für mein Kind", versetzte der Major freundlich. „Zum Mindesten indeß muß ich einiges Nähere über Sie wissen — wir kennen uns noch gar so kurze Zeit, wie Sie sich erinnern werden. Wollen Sie mir einige Worte in dieser Hinsicht sagen?" „Gern. ES ist Ihr Recht und Ihre Pflicht, dies zu fordern. Mein Vater war der Squire Grey von Greystone Abtei, wie sein Vater und sein Großvater vor ihm. Ich war der jüngste von drei Söhnen und hatte also keine Aussicht, im Besitze des Familienmajorats zu folgen, da zwei Brüder im Alter vor mir standen. Darauf angewiesen, mir einen Beruf zu wählen, entschied ich mich für den Militairdienst und erhielt von meinem Vater ein Capital, das mir eine jährliche Rente von dreihundert Pfund sicherte, mit welchem Einkommen ich in den meisten Infanterie-Regimentern als Osficier standesgemäß würde haben leben können. Leider jedoch hatte ich eine lebhafte Vorliebe für Pferde und begiug die Tborheit, bei einem kostspieligen Aufwand verursachenden Cavallerie-Regiment einzutreten." „Ah, ich verstehe!" nickte der Major, dem der Umstand, einen früheren Militair, gleich ihm selber, in Grey zu ent decken, diesen nur noch sympathischer machte. „Und Sie waren also in der Armee, haben gedient? Das freut mich! Ich dachte mir'S doch gleich so und sprach auch davon, als Tom Sie bei nnS einführte. Das erklärt auch wohl das Gefühl, daS ich damals batte und das mir seitdem mehrfach wiederkehrtc, als sei mir Ihr Gesicht nicht unbekannt, als müsse ich Sie schon gesehen haben. Alle Kameraden begegnen einander immer einmal wieder, hier und da und in dieser oder jener Weise — oft, wenn man eS am wenigsten ver- muthet. Bei welchem Regiment haben Sie gestanden?" „Bei de» zehnten Husaren." „Merkwürdig! Ich erinnere mich nicht, mit dem zehnten Husarcn-Regimenl je in Berührung gekommen zu sein, und doch kommt mir Ihr Gesicht so bekannt vor. Ich muß Ihnen schon irgenvwo begegnet sein. Haben Sie noch bei einem anderen Truppentheil gestanden?" Grey schien die Frage überhört zu haben und wendete den Kopf ein wenig ab, wie um den Blicken Willmor'S auS- zuweichen. „Wir jungen irischen Ofstciere suchten unS einander in der Verschwendung zu überbieten", fuhr er zu erzählen fort. „Ich will mich nicht besser vor Ihnen machen, als ich bin. Unglücklicherweise hatte mein Vater das Capital, aus dem ich mein Einkommen bezog, ganz in meine Hände gelegt. In kurzer Zeit hakte ich durch meine Verschwendung das Ver mögen vergeudet und war ohne Mittel, mein Carriöre forl- zusetzen. Mein Vater, ein sehr strenger Mann, hatte keine Nachsicht mit dem Leichtsinn, der gedankenlosen Thorheit der Jugend, und zog seine Hanv vollständig von mir ab, zumal er seine Capitalien, soweit diese überhaupt für ihn disponibel waren, bereits erschöpft hatte. Ich mußte meine militairische Stellung aufgeben und sah mich in den Wirbel des Lebens hinauSgestvßen, um mir selbst Existenz und Besitz zu erringen oder unterzugehen." „Und haben Sie reussirt?" „Nein!" stieß er kurz und düster hervor. Dann, dem fragenden Blick des Anderen begegnend, fügte er wider strebend hinzu: „Ich kann Ihnen von diesem Theil meine- Lebens bis zu meiner Uebernahme des FamilienbesitztbumS nichts Befriedigendes mittheilen. Lassen Sie uns, bitte, darüber hinweg gehen. Genug, wenn ich Ihnen auf mein Ehrenwort versichern darf, daß dieser Theil meines Daseins, obwohl ein für mich unfruchtbarer, verlorener, so doch nicht lasterhaft war, noch Ehrenrühriges enthält." Major Willmor blickte sehr ernst und betreten drein. Was er da hörte, war schlimm, weit schlimmer als irgend etwas, das er zu hören erwartet hatte. Er wußte, daß Grey, bevor er in den Besitz deS Majorat« gelangt, ein vermögens loser Manu gewesen, aber darin lag nichts Auffälliges, nicht» ihn Herabsetzendes. Jetzt jedoch sprach er von dieser Ver gangenheit als von einer Zeit, über deren Details er ein Geheimniß walten lassen müffe, und da» sah bedenklich aus. Ein Geheimniß über eine Lebensepoche Jemandes ist immer auffällig, immer betenktich, und Gutes oder auch nur Harm loses pflegt man nicht vor den Menschen, die Einem die Nächststchenden im Leben sein oder werden sollen, in ein Geheimniß zu hüllen. Der Major räusperte sich und fing von etwas Anderem an. „So ist Ihr Besitzthum, wie ich voraussetze, stark belastet?" sagte er nach einer kurzen Pause. „Durchaus nicht. Es ist schuldenfrei. Ich habe die Zinsen, welche sich während der Jahre seiner Unbenutzlheit aufgesammelt, sowie das, was ick in der Zeit meines Besitzes selbst nicht verbraucht, dazu verwendet, die Schulden, die darauf ruhten, zu tilgen. Es gewährt mir den unverkürzten Betrag von jährlich fünftausend Pfund, und die Ver besserungen, die ich vorgenommen, werden dieses Einkommen bald noch erhöhen." „Sie sprachen von einigen Jahren, in denen das Besitzthum unbenutzt gelegen. Sie wußten in dieser Zeit nicht, daß Sie zum Erben geworden — so lange Zeit nicht? Das ist seltsam!" „Natürlich genug, wenn Sie erwägen, daß ich, vom Leben umhergetrieben, außerhalb des Landes war und weder iu Verbindung mit der Heimat!) stand noch dort Jemand wußte, wo ich mich befand. So erfuhr ich erst nach längerer Zeit, daß meine beiden Brüder gestorben seien und ich an ihre Stelle getreten." Major Willmor erhob sich von seinem Sitz und schritt nachdenklich einige Male durch das Zimmer. „Sie müsse» mir Zeit geben, dir Sache zu überdenken, lieber Grey", sagte er sreimülhig, aber nicht unfreundlich. „Es tritt das Alles so neu vor mich — ich hatte es nicht erwartet. Und Sie müssen mich entschuldigen, wenn ich es sage: Ich glaube, Sie hätten sich zuerst an mich wenden sollen, bevor Sie mit meiner Tochter sprachen." „Ich pflichte Ihnen bei. Es war meine Absicht, dies zu thun; allein at» mich bei meinem Kommen ein unvorher gesehener Zufall dort am Strand mit — mit . . . ." er zögerte einen Augenblick, schwankend, ob er „mit Miß Wilmor" jagen oder sie mit dem geliebten Namen „Margaret" be zeichnen solle, der sich stürmisch aus seine Lippen drängen wollte; daun aber faßte er sich und wählte vorsichtig lieber neutralen Boden. „AlS ein unerwarteter Zufall mich mit Ihrer Tochter zusamwentrrffen ließ", fuhr er fort, „über wältigte dies alle meine guten Vorsätze". „Gut denn, gut; wir werden weiter darüber sprechen", schloß der Major die Unterrevnng. Sei» erster Schritt in der Angelegenheit war, seine Schwägerin Bctsy zu Rathe zu ziehen, die sich zu seiner nicht unangenehmen Ueberraschung viel günstiger zu der Sacke stellte, als er selbst glaubte, eS thun zu müssen. „WaS wollen Sie! Ei hat als junger Mann ein bischen verschwenderisch gelebtI Pah!" sagte sie mit der Nachsicht, die man im weidtichen Gemüth so oft trifft, wenn e« sich um Fehler der Männer bandelt. „ES leben Viele seines Stande- und seines damaligen Alters verschwenderisch: Junge
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