Suche löschen...
01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 04.03.1897
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1897-03-04
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18970304012
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1897030401
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1897030401
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1897
- Monat1897-03
- Tag1897-03-04
- Monat1897-03
- Jahr1897
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Bezug-Preis Hl der Hauptexpeditton oder den im Stadt» beitrk und den Bororten errichteten Nu-» «weftellrn abgeholt: vierteljLdrlich>14.50, bei zweimaliger täglicher Zustellung in» hau- >1 5L0. Durch die Post bezogen für Deutschland und Oesterreich: viertellährlich -4 6.—. Direkte tägliche jkreuzbandiendung i»S Nu-laud: monatlich >1 7.50. Di« Morge»«A»-gab« erscheint umUhr. bi« Ab«ud-Au-gabe Wocheutag- um 5 Uhr. Lr-artiou «ad Expedition: A-hanae-,affe 8. DleLxyedilio» ist Wocheutag- uunnterbrocheu geüfsmt vou früh S bi- Abend- 7 Uhr. Filialen: vtt« INemm'S Sortim. (Alfred Hahn), NaioersitätSstrabe 3 (Paulinum), L-ui- Lösche, »atharinenstr. 14, part. uud Künigsplatz 77 M. Morgen-Ausgabe TiigMillt Anzeiger. ÄmLsvlalt des Königlichen Land- «nd Amtsgerichtes Leipzig, des Rathes «nd Nolizei-Ämtes der Ltadt Leipzig. Donnerstag den 4. März 1897. AnzeigonPretS die 6 gespaltene Petitzeite LV Pfg. Reclameu unter dem Redactionsstrich (4 a». spalten) 50^L, vor den FamilieanachruA» (6 gespalten) 40^. Größere Schriften laut uuserem Preis» Verzeichnis. Tabellarischer und Ziffrrpsatz nach höherem Tarif. Extra-Beilagen (gefalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbeförderuag M.—, mit Postbrförderuug >l 70.—. Annahmeschluß für Anzüge«: Abend-Ausgabe: Bormittag- 10 Uhr. Margen.Nusgabe: Nachmittag» -Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je «tue halbe Stunde früher. Anzeigen sind stets an die Expedition zu richten. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig. 91. Jahrgang. Zum Amtsantritte Mac Linley's. (Snm 4- März.) >- Nachdruck verbot«». VS Bier Monate nachdem die Wahlen in Amerika über den Präsidenten für die Jahre 1897 bis 1901 entschieden halten, darf erst der neugewählte Präsident in daS Weiße Haus ein- ziehen. Kein Wunder, daß sich in dieser Zeit die einander oft sehr widersprechenden Nachrichten über die Haltung Mac Kinley'S zu den verschiedenen inneren und äußeren Fragen nur so jagten. Trotzdem bat sich ans diesen Nach richten der Politiker ein gewisses Bild machen können und erwartet nun mit Spannung, in welcher Weise sich seine Auf fassung bestätigen wird. Am raschesten wird die Stellung der neuen Regierung zu einer wichtigen äußeren Frage, zu der Cuba frage, klar werden müssen. Es ist letzthin behauptet worden, baß die Haltung der neuen Regierung in dieser Frage sich von der jenigen Cleveland'S nicht wesentlich unterscheiden werde. Ist die- der Fall, so ist trotz einiger kleinen Erfolge, die von den Aufständischen in letzter Zeit errungen worden sind, daS Schicksal deS Aufstandes als entschieden anzusehen. Nur die Hoffnung auf eine Aendcrung durch die bald ins Amt tretende neue Regierung der Bereinigten Staaten hat dem Aufstande in den letzten Monaten noch einige Lebenskraft verliehen. Dafür, daß diese Hofinurm sich erfüllen wird, sprechen immerhin einige Momente: Erstens der Umstand, daß die jetzt ans Rnder kommende Partei bis her immer für ein schärferes Auftreten zu Gunsten des Auf standes eingenommen war: zweitens der Umstaiiv, daß der neue Staatssecretair des Auswärtigen, Senator Sherman, besonders als Anhänger einer entschiedeneren Politik gegolten hat; drittens die Tbatsache, daß gerade in der jüngsten Zeit in den Vcreingken Staaten ein schärferer Ton gegen Spanien angeschlagen worden ist und daß diese schärfere Tonart schon die Begnadigung eines in Havannah festgesetzten Amerikaners zur Folge gehabt bat. Läßt die neue Regierung den Cubanern Unterstützung zu Theil werden, so handelt eS sich noch sehr um den Umfang dieser Unterstützung. Zu einer direclen, gewissermaßen offi- ciellen Hilfe wird sich die Regierung kaum bereit finden taffen,, denn das würde nichts anderes bedeuten als einen Krieg mit Spanien; wohl aber könnte sie durch Dulvnng oder Begünstigung von Freischärlerzügen die Aufständischen sich immer neu ergänzen lassen unv dadurch die spanischen Kräfte zum Verbluten bringen. An Menschenmaterial fehlt es ja den Bereinigten Staaten nicht und an Männern, die sich gern zu derartigen Abenteuern hergeben, ebenso wenig. Einer so unmittelbaren Lösung bedürften nun die inneren Fragen allerdings nicht, wenn sich auch Mac Kinley sagen muß, daß vier Jahre keine Ewigkeit sind unv daß sein ohne hin nur mit Mühe überwundener Gegner aus jedem Fehler der neuen Regierung Riesenkräfte ziehen wird. Die Rücksicht auf diesen Gegner dürfte Mac Kinley veranlassen, seine Politik in maßvolleren Grenzen zu Hallen, als es sonst geschehen wäre. Er wird deshalb kaum zu einem übertriebenen Hoch- schutzzollsystem greisen, weil er dadurch die Arbeiter und die landwirtbschaflUche Bevölkerung schwer reizen würde. Auch in der Währungsfrage wird er voraussichtlich einen mittleren Weg einschlagen. Er will ja die Währungsfrage durch internationale Vereinbarung zu lösen suchen. Damit macht er den Silbermännern seine Verbeugung obne in den Fehler zu verfallen, direct in den Bahnen der Bryan'schen „Scklechtgeldleutc" zu wandeln. Sehnsüchtiger als der Lösung der Zollfraqe und der Währungsfrage sehen weite Kreise des amerikanischen Volke« dem Verhalten der Regierung gegenüber den „Trusts" entgegen. Dies dürfte der kitzlichste Pnnct für Mac Kinley'S Regierung sein. Gerade daS Großkapital hat in seiner Mehrheit ihn bei den Wahlen mit der Riesenmacht, die ihm zur Verfügung steht, unterstützt, und gerade dieses Großkapital wird durch jeve Einschränkung des Trust- wesenS empfindlich berührt. Trotzdem wird sich Mac Kinley nicht ganz um die Frage herumwinden können. Die Ringe, die gerade die Artikel für den Massenbedarf Mono polisten, haben immer mehr an Zahl und Macht zugenommen, und die Folge davon ist einerseits eine Zunahme des Proletarier thums, andererseits eine immer mehr drückende indirecte Be steuerung der breiten Mafien, da die Preisbildung gänzlich in die Hände dieser Ringe gegeben ist. Diese Monopole von Privatgesellschaften erbittern noch viel mehr als Staats monopole, weil einmal der Staat bei der Preisfestsetzung natur gemäße Rücksicht auf die Lage der Unterthanen nimmt, und weil zweitens der Gewinn des Staates aus Monopolen doch wieder der Allgemeinheit zu Gute kommt. Hier aber dienen die Monopole nur dazu, in den Händen Einzelner ungeheuere Capitalien zu vereinigen, und es ist für die Masse des ameri kanischen Volkes ein geringer Trost, wenn mit dem ihr ent zogenen Gelbe die Ringtöchter ausgestattet werden, um ver armte europäische Herzoge und Grafen zu heirathe». Gelingt es Mac Kinley, diesem Uebel auch nur einiger maßen abzuhelfen, und hält er sich in den sonstigen Fragen in mäßigen Grenzen, gelingt eS ihm ferner, seine Partei von dem üblen Rufe der Corruption freizuniachen, so mag cs sein, daß der unaufhörliche Wechsel zwischen republikanischer und demokratischer Regierung, der seit nunmehr 12 Jahren regelmäßig eingetreten ist, aufhört und daß den Republikanern wieder eine lange Regierung beschicken ist, wie von Lincoln's Zeilen an bis 1884. Deutsches Reich. X. Berlin, 3. März. Die Andeutungen, daß in dein preußischen Vereins ge setze nicht nur die Bestimmungen über den Znsammenbang zwischen politischen Vereinen beseitigt werben, sondern daß gewissermaßen als Correlat zu dieser Concession einige Bestimmungen des Vereinsgesetzes eine Ver änderung erfahren sollen, hat nirgends angenehm berührt; nur der Gedanke, daß, wie der preußische Minister des Innern schon früher angedeulet hat, die Möglichkeit geschaffen werden soll, Verhandlungen in polnischer Sprache zu unter sagen, hat Freunde gefunden, zu denen auch wir uns be kennen. Gerade dieser Gedanke aber macht daS Cent rum zum entschiedenen Gegner einer Veränderung deS Vereins gesetzes. Freilich sprechen dabei noch andere Motive mit. Die „Germania" besorgt, daß nicht nur die Socialdemokraten, sondern auch andere Parteien als Umsturz parteien ana-sel':n werden könnten, und fürchtet, daß gerade das Centrum dabei in allererster Linie betroffen werden würde, eine Selbsteinschätzung, die jedenfalls nicht uninter essant ist. Abgcseben davon aber bat daS Centrum über haupt kein Interesse an einem Gesetze, daS sich gegen die Socialdemokratie richten könnte. Man erinnere sich, daß das Centrum vor zwei Jahren für das Umsturz gesetz erst dann ein Interesse gewann, als es ihm geglückt war, Ausdrücke und Bestimmungen hineinzu bringen, die sich viel eher gegen andere Parteien wenden tonnten, als gegen die Socialbemokralie, und die vor allen Dingen die Freiheit der Wissenschaft und der religiösen Auf fassung schwer gefährdet hätten. Lebiglich an der Bekämpfung der Socialvemokratie aber liegt dem Centrum darum nichts, weil es ein gewisses Interesse an der Erhaltung einer starken socialdemokratischen Partei hat. Denn so lange eine solche Partei vorhanden ist, ist eine Herstellung der Cartellmehrheit von 1887 kaum möglich und bleibt das Centrum unter den bürgerlichen Parteien ausschlaggebend. DaS Centrum würde sich erst danu zu einer Aenderung seiner Politik gegenüber der Socialdemokratie versieben, wenn diese einen großen Theil des Bestandes ver Centrumswahl kreise gefährdete. So lange aber die Socialdemokratie nur etwa ein halbes Dutzend von Centrumswablkreisen ernstlich gefährdet, während sie die zehnfache Zahl der Kreise ver übrigen bürgerlichen Parteien bedroht, ist dem Centrum die Erhaltung der Socialdemokratie ganz angenehm. Nur wenn eS der preußischen Regierung gelänge, ui ihren Entwurf Bestimmungen hineinzubringen, die gewisse wissenschaftliche und der Auf klärung bienende Vereine und Gesellschaften den Beschränkungen der politischen Vereine unterziehen, wäre das Centrum für eine Aenderung des Vereinsgesetzes zu haben. ^ Berlin, 3. März. Die Mittheilung über die religiöse und nationale Bebrängniß der katholischen west fälischen Ansiedler in Lawau an der deutschen Ost grenze, welche den ganzen Protestantisirungslärm der deutschen Centrnmsblälter über die Tbätigkeit der An siedelungscommission einfach über den Haufen wirft, hat der Centruinspresse ein großes Unbehagen verursacht. Wir haben es nicht anoers erwartet. Sie hüllte sich zunächst in tiefes Schweigen, und es wäre wirtlich das Beste gewesen, sie wäre bei diesem Schweigen verblieben. Im Lawauer Fall ist wirklich weder für die Centruinspolitik noch für die Polenfreundschafl etwas anderes zu holen als — Blamagen. Die „Germania bringt nun eine Gegenerklärung, über deren Ur sprung wir nickt im Zweifel sind. Erklärt wird zunächst, jene 'Mitlbeiluiig habe „klassische Verleumdungen und Verdächtigungen" enthalten. In jener Mittheilung stand: daß für die Lawauer Katholiken eine eigene Parochie ge gründet und eine schöne neue Kirche gebaut ist, daß sic bisher vergebens aus einen Pfarrer warten, baß sie freilich einen bekommen können, der dem Posener Erzbischof genehm unv aus der Diöcese Posen ist, daß sie aber einen Geistlichen aus der Heimaib wollen, daß vie offene Zustimmung des Posener Erzbischofs bisher auSgeblieben ist, und daß die Lawauer Westfalen in ihrem Vertrauen aus das, was ihnen unter der Firma „Deutsch" von Posen zugeschickt wird, darum miß trauisck sind, weil ihnen die polnische Geistlichkeit bei der letzten Reichstagswahl polnische Stimmzettel in die Hand drückte. Nicht eine einzige dieser Thatsachen kann die „Germania" oder ihr Gewährsmann bestreiten, dafür führt er eine betäubende kirchenrccbtlicke Kanonade aus über die äußere Errichtung einer Pfarrei, bezüglich deren in jener Auslassung mit größter Bereitwilligkeit Herrn Erzbischof v. Slablewski zugestaiiben war, daß er es an nichts hat fehlen lassen. Das ist aber vollständig Neben sache, es handelt sich bei der ganzen Beschwerde lediglich darum: was siebt dem Wunsche ver Ansiedler entgegen, wo die Pfarre eingerichtet ist. einen Pfarrer ans der Heimatb zu erhalten? Von einer Bereitwilligkeit auf diesem Gebiet ist aber bei der geistlichen Behörde in Posen nichts zu merken und in dem Sinne schreibt die „Germania" weiter: „Diese Forderung von Import-Geistlichen! In der katho lischen Kirche besetzt — Gott sei Dank — die geistliche Behörde die vacanten Stellen und nicht eine Anzahl Ge- meiydemitglieder." Dabei ist weder in dem Artikel für die Lawauer Gemeinde dieser Anspruch erhoben worden, noch baden die Lawauer Katboliken selbst Wahl ihrer Geistlichen für sich in Anspruch genommen. Das Wort „Jmportgeistlicher" aber kennzeichnet die Sachlage so zu treffend, daß es conservirt zu werden verdient. Mit „Jm portgeistlicher" werben nämlich ein für alle Mal die deut schen Geistlichen aus anderen Diöcesen stigmatisirt, die sich der Aspiration hingeben, in der Diöcese Posen einen seel- sorgerischen Wirkungskreis zu suchen und dabei gut national zu bleiben! Zum Schluß wird dann den westfälischen An siedlern liebevoll zugesprochen; sie seien „viel zu gute Katho liken" und wenn „ein Einzelner" den Wunsch äußerte, einen einheimischen westfäliichen Geistlichen zu haben, so war er eben „ausgehetzl", kennt die „hiesigen" Ver hältnisse nicht und hat schließlich „keine Ahnung" vom Kirchenrecht. Es giebt kaum einen Ausdruck berechtigter Entrüstung, um diese Redensarten zu qualificiren, wenn man die beweglichen und substanziirten Klagen der Ansiedler selbst über ihre religiö'e Bedrängniß daneben hält. Die Tbatsache schließlich, daß die polnische Geistlichkeit versucht hat, den katboliichen Ansiedlern polnische Stimmzettel zuzustecken, aber bei dem deutsch-patriotischen Gefühl derselben aufgelaufen ist, wird überhaupt nicht erwähnt, geschweige denn getadelt. So stellt sich diese Erwiderung in der „Ger mania", die eingestanvenermaßen aus der Diöcese Posen stammt, dar als eine Expecloralion, in der die Verlegenheit über die widerfahrene Bloßstellung mit dem frivolen Versuche sich vermischt, diesen schreienden Mißstand zu sanctioniren. * Berlin, 3. März. Die ReichStagSbaucommission hat vorgestern unter dem Vorsitz des Slaatssccretais vr. v. Boetticher den Bericht der Reichstagsbauverwaltung über den gegenwärtigen Stand der Bauarbeilen entgegen- genominen und beschlossen, die am Bau gemachten Erspar nisse von 400000 für Anschaffung von Gebrauchs gegenständen für den Reichstag zu verwenden. Es wird, laut der „Voss. Z.", beabsichtigt, namentlich dem Kunst gewerbe durch Ertheilung von Aufträgen auf Bronzegegen stände, Tafelgeräkh und Gobelins Gelegenheit zu geben, be sonders schöne Arbeiten zu liefern, die dann 1900 als willkommene Bereicherung der Ausstellung deS deutschen Knnstgewerbcs in Paris dienen könnten. Für die innere Ausschmückung des Reichstags mit Gemälden, Statuen, Glasmalereien, Teppichen u. s. w. sollen vom 1. April 1898 an jährlich 100 000 ^ in den Etat eingesetzt werden, bis nach etwa 0—8 Jahren die Arbeiten vollendet sind. Für die Abwickelung der schwebenden Arbeiten soll die Reichs lagöhaucomniission in Function bleiben, währeno die Beschluß fassnng und Vergebung neuer Arbeiten dem Präsidium des Reichstages Vorbehalten bleibt. Die etatsmäßige Verrechnung der hierzu nothwendigcn Summen und der Abschluß von Verträgen, sowie die Vertretung Dritten gegenüber soll beim ReichSamt des Innern bleiben, weil der Reichstagspräsident staatsrechllich den Neichsfiscus nicht vertritt. Schließlich wurde der Vertrag, wonach der leitende Architekt Wallot die Aussicht über die künstlerische Ausschmückung führt, bis zum 1. April 1898 verlängert. V. Berlin, 3. März. (Telegram in.) Der Kaiser und die Kaiserin unternabmen heute Vormittag den regel mäßigen Spaziergang durch den Thiergarten. Ins Schloß zurückgekehrt, hörte ver Kaiser den Vortrag des Chefs deS Geheimen Civiicabinels. Um 1 Uhr Mittags nahm er die Meldung des Fürsten Mar Egon zu Fürstenberg, anläßlich dessen Stellung ü I» suits des Regiments der Garde- du Corps (als Rittmeister) entgegen. Zur heutigen Frühstückstafel waren der Commanbeur und sechs Herren des Kiirassier- Reginienls „Königin" (Pommerscheö) Nr. 2 geladen. Nach mittags gedachte der Kaiser einen Spazierritt zu unternehmen und Abends die Reise nach Wilhelmshaven anzutretcn. — Berlin, 3. März. (Telegramm.) Den „Berliner Neuesten Nachrichten" zufolge wird der Colonialrath im Mai oder Juni znsainmentreten, um u. A. den Zolltarif für Südwestasrika zu begutachten. Infolge der bevor stehenden endgiltigen Anerkennung der „Loutd ^ckricau leri-itories Oompan^" werde die Zahl der Mitglieder des Cvlonialraths um eins erhöbt. Zur Vertretung dieser Gesellschaft soll der Ministerresident Goering in Aussicht genommen sein. — Das Kaiserpaar wohnte gestern Abend dem Fast nachtsball im hiesigen königlichen Schlöffe bei. Der Ball, zu dem gegen 1800 Einladungen ergangen waren, schloß die diesjährigen Hofbälle; er endete gegen 1 Uhr. — Eine Meldung über die Entsendung de- Kanonen bootes „Wolf" an Stelle deS untergegangenen „Iltis" nach Ostasien entbehrt jeder Begründung. S. M. S. „Wolf" geht nach Westafrika für die heimbeörderte „Hyäne". — Der Aba. Ahlwardt, der in seinem Wahlkreise be kanntlich mit Unterstützung königl. Beamten gewählt worden ist, hat in Neuwedell, im Wahlkreise ArnSwalde-Friedeberg, einen Rechenschaftsbericht abgelegt. Er theilte bei dieser Gelegenheit mit, er beabsichtige jetzt, eine Agitationstour für seine Neuwahl durch deu ganzen Wahlkreis zu unter nehmen. Im nächsten Jahre wird auf seine Veranlaffung eine internationale Verbrüderung der Antisemiten aller Länder in Wien stattfiaden. — Regierungspräsident v. Tiedemauu (Bromberg), welcher vor einigen Wochen hier an Lungenentzündung schwer erkrankte, befindet sich, wie die „Post" hört, ans dem Wege der Genesung. — Am 1. März ist in BreSlau der hiesige Amtsgericht-rath Max Molinari im 58. Jahre gestorben. Herr Molinart war Borsitzender der Berliner Ortsgruppe deS allgemeinen Schulverein» zur Erhaltung des Deutschthums tm Auslände und hat al» solcher eine große Rührigkeit entfaltet. * Hamburg, 2. März. Di« deutsche Dampffchiff-Rhederei der King sin linie unterbreitete dem Reichstag ein um fassendes zweites Promemoria, betreffend den eingegangenen Gesetzentwurf über die Gewährung von N/, Millionen Mark Subvention behufs Erweiterung deS ostasiatischen Post dampferverkehrs des Norddeutschen Lloyd, und erklärte sich bereit, falls der Gesetzentwurf abgelehnt werde, ihrerseits ohne Subvention den regelmäßigen Chinaverkehr einzuhalten und dabei im Interesse Westdeutschlands sich zu verpflichten, vierwöckentlich Rotterdam ausgehend und rückkehrenv an zulaufen. (F. Z.) Feuilleton. Aus der Wett der Botschafter. Plaudereien eines alten Diplomaten. II. (Schluß.) Aber nicht nur wie sich der diplomatische Verkehr, auch wo er sich abspielt, verdient etwa« näher betrachtet zu werden. Von den Ministerien daheim freilich ist nicht eben viel zu sagen, obgleich auch hier die strengste Wahrung de- Geheim» niffes, mehr als in anderen AmtSgebänden. zu augenfälliger Erscheinung kommt. Wenn schon in jenen Räumen zahlreiche gepolsterte Tbüren zur Dämpfung de- Schalle- existiren, so pflegen Ministerien des Aeußeren gewissermaßen im Ganzen gepolstert zu sein, und ich kenne derlei Aemter, in die über haupt kein fremder Besucher eindringen kann und in denen der Verkehr mit Personen deS Hauses lediglich in abseits gelegenen Sprechzimmern gestattet ist. Manche- dieser Ministerien deS Aeußeren — dabei ist aber weder jene« von St. James noch das am Quai d'Orsay gemeint — ist im glücklichen Besitze eines Portiers, der ein wenig an den seligen Mezzofanti erinnert, so vieler Sprachen ist der dreispitz geschmückte und stabbewährte hohe Functionair des Hausflur mächtig. DaS ist auch sehr nützlich. Denn au« aller Herren Länder kommen da die Besucher, und wenn auch die fran zösische Sprache al- eine Art allgemeiner Weltsprache namentlich unter allen Diplomaten der Welt gebräuchlich ist, so wird doch die Anwendung seiner Heimath-sprache von jedem Vertreter einer fremden Macht angenehm empfunden. Bei dieser Gelegenheit mag auch ein Wort über die diplomatische Amtssprache am Platze sein. Man muß da die interne von ver externen Amtssprache unterscheiden. Inter nationale Actenstücke, wie Noten oder Staatsverträge, werden, wenn eS sich um verschiedensprachige Länder handelt, stets in französischer Sprache verfaßt und überreicht. Der interne Verkehr jedoch zwischen den Ministerien und ihren Missionen vollzieht sich durchwegs in der Amtssprache des eigenen Staates. Der mündliche Verkehr im fremden Lande dagegen geschieht nur dann in französischer Sprache, wenn der dort ansässige Diplomat deS üblichen JdiomS nicht mächtig ist. Es kann daher leicht Vorkommen, daß z. B. ein Botschafter seine Instruction in italienischer Sprache erhält, daß er in englischer Sprache mit dem fremden Minister conferirt und sodann in französischer Sprache etwa einen Vertragsentwurf ibm vorlegt. Vielsprachigkeit ist deshalb ein wichtiges, prak tische- Erforderniß in der Diplomatie, und wir besitzen Diplomaten, die fremde Sprachen so vollkommen beherrschen, daß sie besser als die dortigen Landsleute aller Feinheiten der Begriffsuntcrschicde und jeder Redewendung mächtig sind. Uebrigens verfügen die meisten Gesanvtschaften ebenso wie die BcrufSconsuln über ihre vereidigten Dolmetsche — bei den orientalische» Missionen Dragoman genannt — für deren Ausbildung alle Großmächte, außer England, specielle Hoch schulen besitzen, so Deutschland das orientalische Seminar, Oesterreich die orientalische Akademie rc. Das BotschaftSpalaiS, mag es nun bloS gemiethet oder Eigentbum de- fremden Staate- sein, bildet unter allen Umständen ein Stück Heimath in der Fremde. Diese Wohn- und AmtShäuser der Gesandten sind erterritorial und somit unverletzlich wie die Person de« Gesandten selbst. Sie sind ein kleine- Stückchen Ausland, in dem dir Herrscher gewalt und die behördliche Autorität des dortigen Landes „nix tau seggcn" haben. DaS deutsche BotschaftSpalaiS in Paris z. B. ist deutscher Grund und Boden, genau ebenso, wie etwa ein deutsches Kriegsschiff im Hafen von New Dork nicht Amerika, sondern Deutschlanv bedeutet. Und dieser Grundsatz hat mit allen seinen Consequcnzen zu gelten. Kommt etwa, wie eS im vorigen Sommer der Fall war, der Zar nach Pari- und steigt dort im Palais des russischen Botschafters ab, so befindet er sich auf seinem eigenen russischen Boden, mitten im weiten, fran zösischen Land. Und empfängt er daselbst Gäste bei sich, so kommen die Franzosen zum Russen nach Rußland im Herzen von Paris. In gewissem Sinne sind daher die Häuser der Gesandten eine Art von Freistatt oder Asyl; nur auf Ver brecher, die von der Polizei auf frischer Thal ertappt sind, pflegt der Grundsatz der Exterritorialität nicht angewendet zu werden, d. h. wenn eS sich nicht etwa um sogenannte politische Vergeben handelt. Personen, auch wenn sie nicht direkte Staatsangehörige dieses diplomatischen Vertreters sind, begeben sich daher manchmal dadurch in seinen Schutz, vaß sie sich einfach innerhalb der vier Wände seines Hauses flüchten, und so lange sie darin verbleiben können, fühlen sie sich vor den verfolgenden Polizisten oder Soldaten in Sicher heit. Hur Zeit deS Friedens und in civilisirten Ländern wird übrigens dieser Ausnahmefall Wohl nicht häufig Vor kommen. Die Angestellten einer Gesandtschaft haben in den meisten Staaten auch ein sehr werthvolleS Vorrecht in Bezug auf die Einfuhrzölle. Da da« BotschaftSpalaiS, in dem sie wohnen, exterritorial ist, so bildet eS auch sinngemäß einen xmrto trnnco, einen ZollauSschluß, und die Maaren, die Lu dern Heimathlande dahin gelangen, gelten so, al- seien sie gar nicht über die Grenze gebracht worden. Den Finanz behörden deS anderen Landes ist diese Ausnahmestellung manchmal sehr unangenehm, denn bei aller Rücksicht und Schonung für die meist etwas nervöse Empfindlichkeit im internationalen Verkehre muß doch nach den Zollgesetzcn große Vorsicht geübt werden. Thatsächlich sind Contraventioneu in dieser Hinsicht schon mehr als einmal vorgekommen. Ich könnte z. B. von einer Botschaft erzählen, deren Angehörige allem Anschein nach täglich mehrere Cbampagnerbädcr zu nehmen pflegten, denn anders wären die gewaltige» Sendungen edlen Schaumweines nicht zu erklären gewesen, die in ununterbrochener Folge unter dem Privilegium der Zollfreiheit an sie gelangten. Die einheimische Zollbehörde verhielt sich mäuschenstill, aber sie beobachtete die Thore des Hauses und kam nach einiger Zeit dabinter, daß die kostbare Waare bei dem Wirth eines großen Hotels ihren regel mäßigen Abnehmer fand, der auf diesem kleinen „diplo matischen Uuiwege" den hochzolligen Wein wohlfeil in die Hand bekam. Im klebrigen gehört da« Secttrinken zu den unvermeid lichen LebeiiSgewobnbeiten der Diplomaten aller Länder, be sonder- derjenigen in jüngeren Lebensjahren, denn daS gesell schaftliche Leben dieser Kreise, das keineswegs blo« unter dem Gesichtswinkel des Zeitvertreibs betrachtet werden darf, stell! de» größten Theil deS JahreS über recht anstrengende An forderungen. Hundertfältig sind die Proben dafür» daß eia gewandter Diplomat denselben Zweck, an dem er jahrelang auf dein «mttlichen Wege vergeblich gearbeitet hätte, durch seine Geschicklichkeit auf durchaus außeramtlichem Gebiete, etwa durch eine gewandt geführte Unterhaltung während der musikalischen Vorträge «mer Doir4», oder vielleicht auch dnrch
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite