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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 05.03.1897
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1897-03-05
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18970305014
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1897030501
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1897030501
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1897
- Monat1897-03
- Tag1897-03-05
- Monat1897-03
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(Alfred Hahn), Universitütssrrabe ö (Paulümm), Laut, Lösche. Katharineichr. 14, Part, und König»p1atz 7. Anzeiger. Amtsblatt des Äömglichen Land- «nd Amtsgerichtes Leipzig, des Nathes «nd Nolizei-Ämtes der Ltadt Leipzig. Abend-Ausgabe: Vormittags 10 Uhr. Morgen-AuSgabe: Nachmittags 4 Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je eine halbe Stunde früher. Anzeigen sind stets an die hsxpedttion zu richten. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig. 118. Freitag den 5. März 1897. S1. Jahrgang. Die Vorlage, betr. das Invalidität-- vnd AUersverficherungsgesetz. L Mit dem dem Reichstage soeben zugegangenen Entwurf eine» Gesetze», betreffend die Abänderung des InvaliditätS- und AlterSversichrrungSgesetzeS — oder des „Invaliden- vrrfichrrungSgeseyeS", wir e« künftig heißen soll —, ist dem überlasteten Parlamente eine neue Ausgabe gestellt, deren Lösung in dieser Tagung ausgeschlossen erscheint. Schon der Umfang der Arbeit ist ein außerordentlich großer. ES ist keine Novelle vorgelegt, sondern das ganze Gesetz soll einer Umwandlung unterzogen werden, und zwar sind für 1t4 von den 163 Paragraphen deö geltenden Gesetzes Aeuderungen vorgesehen, während 19 Paragraphen wegfallen und 11 hinzu kommen sollen. Dabei bedürfen die zum Theil tief ein schneidenden Borschläge der reiflichsten Prüfung. Der Abschnitt der Vorlage, welcher sich mit der Ver sicherung und den Versicherten befaßt, wird vielleicht auf keiner Seite principiellem Widerstande begegnen. Es handelt sich da um eine Einengung des Kreises der Versicherungs- Pflichtigen (Personen, welche nicht mehr als 12 Wocken im Jahre Lohnarbeit übernehmen und im Ucbrigcn sebstständiz erwerben, sollen dem Versicherungszwange nicht mehr unterliegen), ferner um Ermäßigung der Beiträge in der I. und II., sowie um Bildung einer V. Lohnclasse (für Iabres- verdienst von mehr als 115N -X? mit 3V ^ Beitrag), Ermäßigung der Wartezeit (auf 200 Beitragswochen für die Invaliden- und auf 1200 Beitragswochen für die Alters rente), Erleichterung des Anspruchs auf Invalidenrente, sodann nm eine geänderte Berechnungöweise bei den Renten, die eine kleine Verschiebung von deren Höhe nach sich zieht, und um noch einige andere verwandte Bestimmungen. Die Gestaltung dieser Neuerungen im Einzelnen wird nickt leicht und jedenfalls zeitraubend sein, und für den andern Theil der Vorlage sieht neben Meinungsverschiedenheiten über Specialfragen noch ein grundsätzlicher Streit in Aussicht. Zunächst kommen Aeuderungen in der Organisation der Versicherungsanstalten in Betracht. Es soll ermöglicht werden, die Verwaltung einer Anstalt durchSectionenzu tecenlra- lisiren und für beliebige Theile eines Bundesstaates Anstalten zu errichten. Die theueren „Kartenmuseen" sollen dadurch überflüssig werde», daß den Anstalten das Recht zur Ver- nichtung der Quittungskarten unter Verzeichnung ihres beweiskräftigen Inhalts auf Sammelkarte» eingeräumt wird. Weiter ist den Anstalten die Befugniß zugedacht, das Heil verfahren gegenüber den Versicherten einlrcten zu lasten; hiermit hängt zusammen eine Regelung des Verhältnisses zu den Kraiitencasien, deren Mitwirkung auch bei der Einziehung der Beiträge m Aussicht genommen ist. DasAussicktSrecht des Reichs» ersicherungsamtS über die einzelnen Anstalten soll sehr erheblich erweitert werden. Während jene Behörde bisher nur einschreiten konnte, wenn eine Anstalt den Bestimmungen des Gesetzes zuwider- gehandelt batte, überträgt ihr der Entwurf das Recht, Beschlüsse der Anstalten aufzuheben, „von denen eine Ge fährdung der öffentlichen Interessen zu besorgen ist", ein Recht, das auch dem Vorsteher der einzelnen Anstalt gegenüber den Beschlüssen der Organe der Anstalt beigelegt werden soll. Sehr wichtig ist ferner die Bestimmung, welche den Anstalten vorschreibt, alljährlich dem ReichSversicherungs- »mte ihren HaushaltungSplan zur Genehmigung und eventuellen Abänderung vorzulegen. Zu dieser Ueber- wachung tritt eine weitere in der Vorschrift, daß Beschlüsse der Anstalten über die Bestellung der Vorstandsbeamten, Festsetzung der Besoldungen, Erwerb und Veräußerung von Grundstücken, die Errichtung von Dienstgebäuden und Kranken häusern der Genehmigung der Landescentralbehördrn bedürfen. In der Begründung dieser Bestimmung wird aus eine bisher mehrfach zu Tage getretene weitgehende Opulenz hingewiesen. Haben diese Neuerungen Anfechtungen unter dem Gesichts punkte der Selbstverwaltung zu erwarten, so werden sich gegenüber der Aenderung der Vertheilung der Nenten- last, dem einschneidendsten Vorschläge des Entwurfs, gewichtige Interesten und Gründe der Gerechtigkeit zur Geltung zu bringen suchen. Zur Zeit bestreitet jede der 3l deutschen Versicherungsanstalten die Versicherung für ihren Bezirk, ab züglich des festen Betrags von '»0 den das Reich zu jeder Rente zuschießt. Daraus ergiebl sich eine Verschiedenheit der Vermögensverhältnisse der Anstalten, die hier kaum über den Bedarf für die Renten verfügen, dort erhebliche Ueberschüste besitzen. Die Ursachen der Verschiedenheit liegen in der Ungleichmäßigkeit der Erwerbsverhält- niste, zum nickt geringen Theile Wohl auch in der größeren und geringeren Seltenheit von Beitragshinterziehung. Die stärkere procentuale Vertretung der älteren IahreSclasscn in den überwiegend landwirthschaftlichen Gebieten ist un bestreitbar, sie geht auS der Statistik der Vertheilung der Altersrenten hervor. Ob dabei die Wegwanderung der jüngeren Arbeiter eine große Rolle spielt und ob die Be lastung der industriellen Bezirke mit Invalidenrenten nicht eine größere ist, wirb genau untersucht werben müssen. Jeden falls widerstrebt es einem Grundgedanken des Invaliden gesetzes, wenn vorgeschlagen wird, es solle künftig jede Anstalt nur die Hälfte der von ihr festgesetzten Rentenlast tragen, die andere Hälfte aber sei auf die Gesammtheit der Ver sicherungsanstalten nach Maßgabe des Vermögensstandes jeder einzelnen zu vertbeilen. Damit noch nicht genug: wenn in einem Bundesstaat mehrere Versicherungsanstalten bestehen, so sollen sie durch die LandeScentralbehöide verhalten werden können, die ihnen verbleibende Hälfte der Lasten noch einmal unter sich zu halbiren, so daß die Anstalten nur ein Viertel der Rentenverpflichtung, die sie statuiren, zu tragen hätten. Daß dadurch nicht Gerechtigkeit, wie sie durch eine einzige Reichsversicherungsanstalt, deren Errichtung das Centrum bei Schaffung des Gesetzes verhindert bat, herbeigeführt worden wäre, sondern Willkür geschaffen würde, liegt auf der Hand. Dieser großen, schwierigen Fragen also wird der Reichs tag in dieser Tagung nicht Herr werben können. Um so weniger, als schon eine Revision der Unfallversicherung zur Beratbnng steht, die die nicht sehr zahlreichen sachverstän digen Mitglieder vollauf beschäftigt. ES taucht denn auch schon der Vorschlag auf, wegen der neu zugegangenen Vor lage den Reichstag in diesem Sommer abermals zu vertagen. erzielen. Deutsches Reich. x Berlin 4. März. Wie wenig der vom Kaiser so osi tone riveier gleichzeitig erschienenen Artikel in zwei Blat , L7 LkLa.iL 'sehr verschiedenen Gründe» °°n Einfluß auf die Ansichten grogerer Kreise sind. >m ..Ber liner Tageblatte" und in den „Hamburger Nack richten". ^Für das „Berliner Tageblatt" bildet den Aus gang zu seinem Artikel die Mahnung eines «"deren Blattes die bürgerlichen Parteien möchten bei den Wahlen vo Aall ru Fall gegen die Socialdemokratie sich gegenseitig L.L.» D?K Mahn,., w°d> °°« was verlangt werden muß, wenn man nicht der ^ocia demokratie einen immer umfassender werdriiden Einfluß aus unser parlamentarisches Leben geben will, ^rotzdem wendet sich das „Berliner Tageblatt" mit einer scharfe sonder gleichen gegen diese Aufforderung und empfiehlt, wie N über ber-.ls die „Franks. Z.g.", eine Taktik, d.e aus n.ch s Aw dereS hinauStäuft, als aus cm Zusammengehen ni't der Socialdemokratie gegen die rechtsstehenden Parteien. Hu diesem Zwecke wird die Socialdemokratie als eine harmlose ReformpaNei. die auf durchaus gesetzmäßigem Boden stehe und die eine maßvolle Agitation betreibe, rargestcllt. In schallen, Gegensätze zu dieser Auffassung verlangen die „Hamb, Nach- richlen" unter Bezugnahme auf die Kaiserreve ein Ausnahme gesetz gegen die Socialdemokratie mit der Motivirung, daß weder iunstische noch politische Bedenken gegen ein solches Gesetz vorhanden feien. Will man selbst zugeben, daß die Stellung der Socialdemokratie unter ein Ausnahmegesetz be rechtigt wäre, so wird man doch nicht ver Ansicht des Hamburger BlatteS sein dürfen, daß keine politischen Be denken gegen daö Gesetz sprächen. Das hauptsächlichste Bedenken in der Politik ist immer die Frage, ob eine Maßregel durchführbar ist. Ist sie eS nicht, so wird durch den Versuch, sie durchzuführen, nur die Position der Gegner gestärkt. Nun hat sich aber eben jetzt erst das Centrum in seiner Presse bei den Erörterungen Uber die Möglichkeit einer Verschärfung des VereinsgesetzeS mit größter Entschiedenheit gegen jedes Ausnahmegesetz erklärt. Cenlrum, Polen, Welsen, Elsässer, Socialdemokraten, die freisinnige Volkspartci und füdveutsche Voltspartei verfügen im gegenwärtigen Reichstage über rund 2lo Stimmen, so daß diese Partien allein schon die Ablehnung eines Aus nahmegesetzes in der Hand haben. Eine Auflösung des Reichstages wegen der Ablehnung eines Socialistengesetzes würde aber einen so unsicheren AuSgang haben, daß keiner Regierung zu einem solchen Experiment geratben werden kann. Der Artikel der „Hamburger Nachrichten", der auch von oer Furchtsamkeit der Rathgeber der Krone spricht und dem Monarchen räth, muthigere Männer an die Regierung zu bringen, ist auch darum zu bedauern, weil er den radikalen Parteien Gelegen heit giebt, ihrePosition durch den Hinweis auf augebliche Staats streichsgelüste zu stärken. Mit Belrübniß muß man derartig scharfe Gegensätze in Len Auffassungen der bürgerlichen Parteien verzeichne». So lange diese Gegensätze bestehen, brauchen sich die Socialdemokraten auch durch die Reden von Höchster Stelle nicht in der Hoffnung stören zu lassen, immer weitere Fortschritte zu machen. So muß man leider schon jetzt sagen, daß, wenn nicht unvorhergesehene Ereignisse eintrelen, hei der maßlosen Gehässigkeit und Verworrenheit unter den bürgerlichen Parteien die Socialdemokraten bei den nächsten Wahlen bedenkliche und bedauerliche Fortschritte machen werden. * Berlin, 4. März. Der Bericht der römischen Diana-Vaughau-Commission über deren Thäligteil ist nun nachträglich, nachdem das Unheil derselben schon veröffentlicht worden war, in der .Mvist» Llltäwsssouicrck' er schienen. Unterzeichnet ist er von Herrn Vacelli als Referenten. Die „Germania" entnimmt ihm Folgendes: Die Commission bat sich von Anfang an Informationen zu ver schaffen gesucht; allein viele Briefe wurden gar nicht beant wertet, andere ungenügend und unbestimmt, andere waren zur Sache nicht beweiskräftig. An Diana Vaughan,d. h. wenigstens an die uns angegebene Adresse der selben, wurden mehrere Briefe gesandt, die ihr vorstellten, sie sei nunmehr im Gewissen verpflichtet, sich zu zeigen oder ihre Existenz zu beweisen, sie möge den Heroismus ihrer Namens- und Schutzpaironin, der ehrw. Jean ne d'Arc, nachahmen. Einer dieser Briefe vom 13. November v. I. lud sic ein, sie möge auf Kosten der Commission irgend eine Persönlichkeit ihre« Vertrauens in Rom beauftragen, dem Cardinal-Vicar des Papstes und zwar diesem allein die Beweise ihrer Existenz und Bekehrung zu übergeben. Mil dessen Erklärung würde sich die Commission zufrieden er klären. Miß Diana Vaugham antwortete unter dem 28. November 1896, indem sie einen angesehenen, in Rom weilenden Prälaten als ihren Vertrauensmann bezeichnet«, dem sie die einschlägigen Schriftstücke gesandt habe. Von der Commission befragt, erwiderte dieser ausgezeichnete Prälat, daß er bis zum 25. Januar 1897 kein Dokument von der Baughan zur Miltbeiluug erhalten habe. Auf die Briefe der Commission an Leo Taxi! und Abb6 de BessonieS und andere Persönlichkeiten in Frankreich erfolgten Antwort-Schreiben, die aber die Haupt- oder viel mehr die einzige Frage, die der Existenz der Miß Vaughan, deren Bekehrung und die Echtheit ihrer Schriften nicht in genügender Weise lösten. Taxil selbst hielt in Trient sein Versprechen, dem Msgr. Lazzareschi die Beweise für die Existenz der Diana Vaughan zu geben, nicht. Die übrigen Vertheidiger tonnten nur ihre persönliche Ueberzeugung von der Existenz der Diana Vaughan aussprechen. Leo Taxil, der auf dem Congreß in Trient die Beweise in der Tasche zu haben behauptete, hat auch nicht ein einzige- Beweisstück erbracht. Seine Artikel u. s. w. suchten nur die Frage Feuilleton. Aus -er Lunstliteralur. Nachdruck vrrbotrn. Unsere Kunstliteratur befindet sich gegenwärtig in einer Umwandlung, die schon darum hohe Beachtung verdient, weil sie geeignet erscheint, oie allgemeine Kunstbildung veS deutschen Volkes in starkem Maße zu beeinflussen. Veranlaßt ist diese Umwandlung durch die rapide und staunenerregende Ent wickelung, die in den jüngsten Jahrzehnten die mechanischen Vervielfältigungsversabren genommen haben. Die Autotypie (Netzätzung) hat sich deute so vervollkommnet, daß sie die Möglichkeit bietet, die Wievergabe eines Kunstwerks in meist genügender, manchmal sogar sehr befriedigender Aus führung und in — fast kann man sagen unbegrenzter Anzahl herzustellen. Die photographische Treue dieses ReproductionsverfahrenS und seine große Billigkeit — Blätter in guter Ausstattung und stattlichem Formate kommen je nach ihrer Größe auf 8*/,—12»/r zu stehen — lasten es für die Massenverbreitung wie geboren erscheinen. Diese Errungenschaft hat nun, wie jedes Ding in der Welt, ihre zwei «eiten (einzig Ubland'S Briefe, so meinte seine Frau, batten stets nur eine Seite). Die bedenkliche Folge ist die Zurückdrängung der persönlichen Verfahren, der verviel fältigenden Künste. Für Kupferstich und Radirung zwar kommt die Concurrenz nickt ernstlich in Frage, da sie ihrer Natur nack nicht für die Massen bestimmt sind, sondern sich an die begüterten Clafsen wenden. Wohl aber leidet unter der Autotypie der Holzschnitt, der seit Alter» so recht die volkSthllmliche Kunst in Deutschland war, dem Volke un zählige fliegende Blätter, populäre Bilder und JllustrationS- werke geliefert bat, von Meistern, wie Dürer, Holbein, Cranach, zu herrlicher Kraft und Schönheit entwickelt und in unserem Jahrhundert bekanntlich von Menzel au» langer Erstarrung neu erweckt worden ist. Der Holzschnitt war m Deutschland in den 80er Jahren in guter Entwickelung. Breud'amour, Bong, Weber, Heuer L Kirmse u. A. m. pflegten ihn fleißig und hielten trotz einer Art fabrikmäßigen Betriebe« doch einen persönlichen, wobl unterscheidbaren Charakter fest. Weber entfaltete den größten Farbenreickthum, Bona die eleganteste Anmuth, Heuer L Kirmse besaßen die duftigste Zartheit, Breud'amour betonte besonder» die kräftige Form. Nun sind unsere Holzschneider durch die auf der ganzen Linie siegreich« Netzätzung entschieden in den Hintergrund gedrängt. Fast alle unsere illustrirteu Zeitschriften, fruber die Bollwerke de» Holzschnitte», haben sich zur Autotypie bekehrt; nur die „Leipziger Illustrirte Zeitung" hält noch au chm fest, müßte ihm jedoch, um mit der sicherlich bestechenden LeiftungSfähigkeit der Autotypie coneurriren zu können, unseres ErachtenS mehr persönliche Haltung und mehr malerische Kraft geben. Diese Mißachtung des Holzschnittes ist sicherlich zu bedauern, da der Holzschnitt in der gesunden Derbheit und schlichten Wahrheit, die ihm z. B. Dürer ge geben hat, so unmittelbar zum Volke spricht, wie kein anderes Verfahren. Denn eine mechanische Reproduktion, wie die Autotypie, hat keine eigene Sprache, sie setzt den Beschauer nicht in ein Verbältniß zu sich, sie ist und bleibt etwas Maschinelles. Wir glauben, daß die gegenwärtige Zurück setzung des Holzschnitts etwas Vorübergehendes ist, und daß er sich seine Stellung rasch wieder erobern wird, wenn er davon abläßt, den malerischen Reichtbum anderer Verfahren anzustreben und zu der energischen Formensprache zurückkehrt, die sein besonderer Vorzug ist. Auch in der Illustration von Zeitereignissen muß er, wie die oben genannte Zeitschrift richtig empfindet, schließlich dock seinen Platz behaupten, da die Photographie immer doch nur etwas Zufälliges wieder geben kann und es dem gestaltenden Künstler Vorbehalten bleibt, daS Wesentliche eines Vorgangs formend zu sammenzufassen. Andererseits wird die künstlerisch ge- handhabte Anwendung der Netzätzung bei der Dar stellung gewisser Gegenstände, bei der Wiedergabe von Baulichkeiten, von Landschaften (wo der Holzschnitt nur unter der Hand eines großen Meisters echte Stimmung atbmet, die Autotypie aber den großen Bortbeil für sich bat, die Wir kungen des Spiel» des Lichte« benützen zu können), von Werken deS Kunstgewerbes rc. sich stets empfehlen; und so dürften Holzschnitt und Autotypie mit der Zeit selbst ständig nebeneinander zu wirken berufen sein. Die aus ländischen Zeitschriften sind längst fast bedingungslos in« Lager der Autotypie übergegangen, der sie durch malerische Haltung der Photographie im allgemeinen einen größeren Reiz zu geben verstehen, als e« bei un« gewöhnlich ist. Einen gewissen Ersatz für den Rückgang des Holzschnitt« bittet der erneute Aufschwung der Lithographie. Diesen Auf schwung bat Alwin Sckultz schon vor mehr als einem Jahr zehnte vorausgesagt. Zuerst bat er sich wohl in Frankreich voll zogen, wo dir vorjährige lithographische CentenarauSstelluog vrreit« eine Fülle von Meisterleistungen zeigte. Nicht ohne Einfluß auf diesen Aufschwung ist die glänzende Entfaltung der Plakatkunst gewesen, die die Farbrnlitbographie überaus schnell auf eine bisher kaum erreichte Stufe der Leistungs fähigkeit hob. Die zum Theil im höchsten Maße pikanten und geistreichen Arbeiten von EhLret, Caran d'Ache, Forum und Toulouse-Lautrec rissen die Technik mit sich fort. Nun wird da» künstlerische Placat auch bei un« gepflegt und bat schon schöne Arbeiten gezeitigt, denen di« Farbenlitbographie zu Gute gekommen ist. Aber auch von ibr abgesehen, habe« unsere jüngeren Künstler den Reiz de» Steindruck« erfaßt uad die Originallithographien, di« beispielsweise Liebermann und Dkar- bin» in Berlin. Lubrig und Grimer in Dresden hrrgestellt haben, sind zum Theil sehr schöne Arbeiten. Der Steindruck, wie er fick gegenwärtig entwickelt bat, kommt an Wohlfeilheit der Herstellung dem Holzschnitt am nächste», vermag ibn in den besten Werken an schlichter Kraft und volkstbümlicker Klar heit zu erreichen und übertrifft ibn im allgemeinen an Weich heit und Zartbeit. Darum hat auch der Künstler, der, so viel er auch mißverstanden wird, dock sicherlich unter den Heutigen am unmittelbarsten aus der deutschen Volksseele heraus empfindet und schafft, Hans Tboma, eine besondere Vorliebe für den Steindruck gefaßt, den er mit wahrhafter Größe und mit schönheitsreicher Anmuth zu behandeln versteht. Es muß dem Leipziger Verlage von Breitkopf L Härtel zum entschiedenen Verdienste angerechnet werden, daß er es unternommen bat, eine Anzahl der Lithographien Tboma'ö weiten Kreisen zu- aänalich zu machen. In ihrem großen Formate sind sie als Wandschmuck des deutschen Hauses gedacht, und wer diese Blätter — 10 sind erschienen — durchsieht, der darf sich mit Freude sagen, daß unsere Kunst wieder fähig geworden ist. Werke zu schassen, die in ihrer gesunden Naivetät, ihrer herzlichen Traulichkeit, ihrer klaren Formeniprache, ihren lebensvollen Borwürfen geeignet sind, da« Auge des künst lerisch Gebildeten zu erfreuen, wie zum Gemürhe deS Schlichtesten unserer Volksgenossen zu sprechen. Der Ber yll durfte angesichts dieser Arbeiten getrost das vielgemiß- brauchte Wort „Volkskunst" anwenden. WaS dem Herzen de« deutschen Volke« von Alter« ber am vertrautesten ist, das Leben von Feld und Wald, der Zauber der Familie d,e Innigkeit treuen Glaubens — da« klingt und singt auS diesen Blattern, bekannt wie ein Lied aus der Kinder- zeit und doch eigenartig durch die Persönlichkeit des Künstler-. Wenn die Ausführungen, in denen wir vor längerer Zett an dieser Stelle das Wesen und die Kunst Hans Tboma'« zu entwickeln versuchten, zu unserer Freude Verstandmß und Tbeilnahme fanden, so dürfen wir auck wohl heute die Hoffnung hegen, daß mancher Leser dieser Zeilen, der r« selbst schon empfunden hat, wie wenig Kraftvolles, auf die Dauer Befriedigendes und Anregende« uns als Wandschmuck angepriesenen Blätter besitzen, nnt dreien Arbeiten Bekanntschaft schließen wird — um so mehr, als die schön auSgestatteten Blätter zu dem sehr billigen Presse von 2 ^ da« Stück abgegeben werden») »fahren, daß Tboma für die Vreltkopf L Härtelschen Lithographien selbst passend« Rahmin entworfen hat. Auch dies ist »ine hochwillkommene Neuerung im Kuasihaudel; waren doch bieder im Allgemeinen »1. Rahmen der -IS Wandschmuck verwendeten Lwwar. "ichtSsagrnd in «raun oder Schwarz oder auArmgttch in prunkendem Gold gehalten Tboma Um nun zur Autotypie zurückzukehren, so liegt die erfreuliche Seite ihrer Entwickelung darin, daß man jetzt die Werke aller Kunstperioden in einer Treue und in eurer Wohlfeilheit den weitesten Kreisen zugänglich machen kann, die bei jeder früheren ReproductionSart gänzlich außer dem Bereiche der Möglichkeit lag. Hieraus bat sich nun ein völlig neuer Zweig der Kunstliteratur entwickelt. Noch vor etwa 15 Jahren war der, der nicht gerade eine größere Kunstsammlung am Orte zur Verfügung batte, für die Kenut- niß und den Genuß der klassischen Werke der bildenden Kunst in sehr übler Lage, wenn er nicht über große Mittel verfügte. Heute ist ihn« das Studium der Kunst durch eine Reihe guter Bilderwerke überaus bequem gemacht. An erster Stelle ist hier nach wie vor der von Bruckmann in München begründete „Classische Bilderschatz" zu nennen, ber nun schon viele Hunderte von Blättern aus alle» Epochen der Kunst gebracht hat. E« ist ia bei einer derartigen Sammlung nicht leicht, in der Auswahl die richtige Mitte zu halten zwischen solchen Werken, die durch ihre Vollendung Jedem sofort einen reinen Genuß zu bereiten vermögen und solchen, die in erster Linie ein kunfl- bistorisches Interesse bieten, und e« wird sich nicht vermeiden lassen, daß der Laie auf manche dieser Blätter mehr mit Br fremden, als mit Antheil blickt. ES erscheint uns daher eine besondere Bevorzugung der Hauptwecke der Kunst nm so mehr am Platze, als die Autotypie ja ihre Grenzen der Leistungsfähigkeit bat. Sie versagt um so mebr, je figuren- reicher und detaillirter die wiedcrzugebenden Werke sino und e« wäre daher wünschenSwerth, daß von berühmten Gemälde» dieser Art Detailblätter gegeben würden, die diesen Mangel biö zu einem gewissen Grade ersetzten. Von einem Bilde, wie Tizian'S Tempelgang Mariä z. B., kann man in der autotypischen Wiedergabe kaum mehr als die Größe der Ge- sammtcomposition genießen. Doch dies nebenbei; die Haupt sache bleibt eine ganz ungeahnte Verallgemeinerung des KunstschatzeS. uno der Erfolg bat bewiesen, daß für derartige Sammlungen ein entschiedenes Bedlirfniß vorliegt. In jüngster Zeit ist ver Bruckmann'sche Verlag an dieSckaffung eines Seiten- stücks, des „Classischen Skulpturenschatz««" gegangen Hier liegt di» besondere Schwierigkeit darin, daß es ungemein schwierig (zum Tbril sogar umstritten) ist, wie ein plastisches Werk am günstigsten und treuesten aufzunehmen und wieder- zugeben fr,. Bei den meisten Skulpturen macht es eine» roßen Unterschied, ob sie im Profil oder vn kaco gesehen fld; e« kann eine starke Verschiebung de« Bilde« dir Folge ein. Der Wiedergabe de« sogenannten Idolino (griechische Sronzestatue eine« Jüngling« »n Florenz) ist eine' von der Rückseite aufgenomnitne Ansicht der Figur beiaraeben; und ^"raschend, wie verschieben in dribrn Positionen die (Schönheit de» Werke«, »er anmuthsvollr, unbewußte «ei» eines schönen 2üngling«kvrpir» sich »räftntin. E» ist »is»
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