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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 11.03.1897
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1897-03-11
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18970311020
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1897031102
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1897031102
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1897
- Monat1897-03
- Tag1897-03-11
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18LS tzt« Nativ» »tcht t«r Unthätlakelt verdammt sein »trd and dich weder dir gelammte Armee, noch ihre Führer di« Bestrebungen Derer unlersiüyen werben, welche den Frieden nur sichern wollen, um ihre egoistischen und begehrlichen Zwecke zur »»Sführuog za bringen. Ein platonischer Widerstand liegt »tcht im nationalen Programm, welch letzterem, wie die Liga hofft, diejenige» nicht frrustehen, welche die Beschicke Griechenlands be stimmen." E» muß also doch in den Kreisen der Athener Chauvinisten die Befürchtung herrschen, die griechische Regierung treibe nur platonisch, d. h. zum Schein Widerstand. Damit gewinnt die Bermuthung de» „Tempü" au Wahrscheinlichkeit, daß im Hintergründe der griechischen Note der geheime Wunsch der Regierung stecke, daß eine Pression ausgeübt werde, welche hinreiche, um aus ihrem Gehorsam einen Act absoluter Notbwendigkeit zu machen. Die Geneigtheit Griechen lands zum Rückzuge erscheint um so begreiflicher gegenüber den umfangreichen türkischen Rüstungen einerseits und den Schwierigkeiten, auf welche die griechische Mobilisirung andererseits stößt; die Reservisten haben sich diesmal so wenig vollzählig wie bei früheren ähnliche» Gelegen heiten gestellt. Wir sprechen mit den „Hamb. Nachr." die Hoffnung auS, daß die Mächte nicht den Fehler begehen, Griechenland gar zu leichten Kaufs davonkommen zu taffen und eS damit zu ähnlichen Unternehmungen 5 In Kreta zu ermuthigen. Ueber die wieder* in den Vordergrund getretene Frage einer Blockade im Frieden schreibt die „K. Ztg": Die letzte Blockade, die die Großmächte — damals mit Ausnahme Frankreichs — ausübten, war ebenfalls ge gen Griech en» land gerichtet. Die Blockade-Ankündigung — in der völker rechtlichen und diplomatischen AuSdruckswelse Notifikation genannt — ging der wirklichen Sperre voraus, und durch die Versammlung einer entsprechenden Anzahl von Kriegsschiffen wurde dem Erfordernisse genügt, daß die Blockade eine wirksame sein muß, was für die im Frieden zur An wendung kommende nicht minder verlangt werden muß wie für die im Seekrieg auSqeübte. Nicht ganz unzweifelhaft ist die Frage, ob die Friedensblockade auck Wirkungen gegenüber den Schiffen der neutralen Staaten auS- ubea kann. Dir herrschende, in der BölkerrechtSliteratur durch Bluntschli, Bulmaincq, Martens, PaelS, Clunel und andere als Autoritäten anerkannte Lehrer und Schrift steller de» Völkerrechts vertretene Auffassung ist folgende: Für die neutralen Staaten sei die Friedens vlockade überhaupt nicht vorhanden, so daß also ihr Handel und Verkehr mit den blockirten Häfen in keiner Weise ge hemmt werden könne, selbst insoweit nicht, als von neutralen Schiffen Kriegsmunition in die gesperrten Häfen eingeführt werde. Wiewohl dies zu der Folge führe, daß der blockirte Staat durch die Maßregel nicht allzuschwer betroffen werve, so müsse diese vielleicht nicht erwünschte, noch wünschensweribe Folge mit in den Kauf genommen werden. Nur im Kriege dürfe und könne der Handel der unbetbeiligten Staaten unterbunden werden, lediglich daS strenge Kriegsrecht gestatte es, Staaten, die sich von dem Streite vollständig fern halten, in Mit leidenschaft zu ziehen, indem man sie mittelbar zwinge, auch ihrerseits die VerkehrSsperre allzuerkennen; eine Ausdehnung dieser Befugniß auf die FriedenSverbältnisse sei unstatthaft. Die thatsächliche Uebung der Mächte entspricht der herrschenden Anschauung, und auch hierfür muß wieder auf da» Beispiel der letzten Friedensblockade, die 1886 gegen die griechische Küste verhängt wurde, zurückgegriffen werden. Die an ihr theilnehmenden Staaten erklärten, daß dir unter griechischer Flagge fahrenden Schiffe an dem Ein laufen in d«e Häfen gehindert und im Falle eines Blockadebruchs festgenommen würden; der neutrale Handel hat von der Blockade keine Notiz genommen und auch keinerlei Hinderung erfahren. Bei alledem darf man nicht in Ueberfchätzunc theoretischer Entwickelungen vergessen, baß das Völkerrecht weniger durch Professoren de- Staatsrechts als durch Männer der Praxi-, die die augenblicklichen Bedürfnisse im Auge be halten, weitergebildet worden ist. Die etwaigen Blockade beschlüffe der Mächte brauchen sich nicht ängstlich an papierne Theorien zu halten, daS Ziel, die Bewahrung des europäischen Frieden»,rechtfertigt jede nicht dem allgemeinen Rechtsbewußtsein und AnstandSgesühl widersprechende Maßregel. Insbesondere erscheint die Frage, wie neutrale Schiffe, die Kriegsvorrath für den blockirten Staat herbeisühren, zu behandeln seien, noch sehr der Erwägung bedürftig. Es wäre eine kleinliche Bureaukratie in riesenhaftem Maßstabe, wenn die Mächte hier auf Eommentare des Völkerrechts und gelehrte Abhand lungen mehr Werth legten als auf die dringenden Bedürf nisse de- Augenblicks. Macht und Recht sind auf diesem Gebiete nicht streng geschieben, und daS kann man in einem Falle, wo ein kleiner bankerotter Staat die heilsamen Be strebungen der sechs Großmächte leichtfertig zu durchkreuzen sucht, nur freudig begrüßen. Deutsches Reich. * Leipzig, 11. März. In der LanveSverrathSsache gegen den ehemaligen Depot-Feldwebel Meinecke ist, wie wir hören, die Voruntersuchung abgeschlossen worben. DaS Hauptversabren ist noch nicht eröffnet; Meinecke ist jedoch aus Metz bereits hierher gebracht, ein Umstand, der mit Sicherheit daraus schließen läßt, daß in den nächsten Tagen der Eröffnungsbeschluß erfolgt. * Berlin, 10. März. DaS kaiserliche statistische Amt ver öffentlicht auf Grund der Berufszählung vom 14. Juni 1895 eine Statistik über die Hausirgewerbetreibende». Im Ganzen — an selbstständigen und unselbstständigen — wurden 126 885 Hansirer gezählt, also noch nicht Proc. der Bevölkerung, von denen 64,11 Proc. auf bas männliche und 95,89 Proc. auf das weibliche Geschlecht entfielen. Dem Alter nach waren von den Haufirern männl. weibl. zusammen 21 Jahre und darüber . 95,17 Proc. 95,11 Proc. 95,15 Proc. 16-21 Jahre .... 9.87 - 3,78 . 3.84 - unter 16 Jahren . . . 0,96 - 1,11 « 1,01 - Dem besonderen Berufe nach gehören naturgemäß die meisten Hausirer, nämlich 113 520 oder 89,47 Proc. der Abtheilung „Handel und Verkehr" an. Sie fanden sich hier fast ausschließlich i» der BerusSart „Waaren- und Producten- hankel" (68 187) und in der Beruföart „Hausirhandel" schlechtweg (43 510). Außerdem entfielen bierbin noch 1714 auf die Berufsarl „Buch-, Kunst- und Musikalieiihandel", 94 aus „Zeitungsverlag und -Spedition" und 15 aus „Be herbergung und Erquickung". Die in der Bcrufsabtbeilung „Freie Bcrnssarten" gezählten (8143---6,41 Proc.) Hausirer kamen fast durchweg (8ll8) auf die Berufsart „Musik, Tbeater, Schaustellungen". 25 Personen übten „Gesundheits pflege und Krankendienst" im Umherziehen aus. An Haufirern von selbstgeferligten Waaren gab es 878 Scheeren-, Mcsser- und Werkzeugschleifer, 759 Korbmacher, 405 Weber, 356 sonstige Flechter von Holz und Stroh, 332 Bürstenmacher, 299 Nadler, 254 Conditoren, 208 Stock- und Scbirmmacher, 153 Photographen, 144 Bäcker, 114 Glaser, 107 Verfertiger grober Holzwaarcn, 104 Klempner. Mit Gärtnerei und Tbierzuchl befassen sich 98, es waren theilS Gärtner, mit Samen im Umherziehen handelnd, und hausirence Kranz- binter, theils solche, welche Geflügel und Singvögel, auch Fische (Goldfische) züchten und verhausiren. — Bei einem DurchschnittSsatze von 2,45 Hausirer auf 1000 Einwohner des Reiches und 2,09 Hausirer auf 1000 Preußen erscheinen mit den niedrigsten Verhälmißzahlen Posen (0,80 pro Mille), Ostpreußen (0,86), Wcstpreußen (0,97), Lippe'(l,38), Schaum- burg-Lippe (1,45). Relativ am meisten Hausirer finden sich in Hohenzollern (8,83 pro Mille), Lübeck (4,35), Sachsen (3,95), Schwarzburg-Rudolstadt (3,91), Hamburg (3,91), Elsaß- Lothringen (3,72), Württemberg (3,69), Mccklcnburg-Strelitz (3,49), Brannschweig (3,47), Baden (3,46). (Sociale Praxis.) ^ Berlin, 10. März. Die Auseinandersetzungen der Antisemiten mit den Conservativen wegen deS „Ab falls" der letzteren vom Antisemitismus dauern fort. In einer gestern von der deutsch-socialen Reformpartei abgebal- tenen Volksversammlung richtete der Redakteur H. Puch stein in einem Bericht über daS Thema: „Die conserva tiven Verräther am Tivoliprogramm" heftige Angriffe gegen diejenigen conservativen Abgeordneten, die mit antisemitischer Hilfe gewählt sind und ihre Versprechungen nicht eingelöst haben. Durch Unterstützung der Antisemiten sind, erklärte der Redner, nicht weniger als 15 konservative Reichstagssitze gerettet, auch Herr v. Langen, der jetzt vom Anti semitismus nichts mehr wissen wolle, befinde sich unter denen, die als Antisemiten gewählt seien. (Beifall.) Die Wahl des Herrn v. Levetzow an Stelle deS Herrn v. Manteuffel sei trotz aller conservativen Ableugnungsversuche die Capitulation vor dem Judenthum; v. Levetzow habe s. Z. als einziger seiner Fraction gegen das Verbot der Indeneinwanderung gestimmt Nach dem Verhalten der conservativen Führer in der Judenfrage sei die Zustimmung zum Tivoliprogramm nur als Mittel zum Wäblerfang anzusehen. Die conservativen Redner bezeichneten tue „Hetze" gegen die konservativen Führer als ein höchst unglückliches Manöver; besonders in Berlin könnten die Antisemiten ohne conservative Hilfe gar nichts auSrichten. Nach dem Auftreten des Herrn Puchstein und der schroffen Stellungnahme der „Staatsb.-Ztg." gegen die Conservativen würden sich die letzteren wohl auch für eine Waffenbrüderschaft von dieser Seite bedanken. Abg. Werner (deursch-soc. Reformp.) erklärte darauf: Die antisemitische Partei nehme den Fehdehandschuh auf; es werde sich zeigen ob die Wählerschaft den Conservativen noch folgen werde, wenn die Antisemiten deren Sündenregister aufrollten. In Berlin gebe es keinen Conservativen, der nicht scharf anti semitisch denke; ebenso stehe es im Lande. Die Volkslhüm licbkeit habe die conservative Partei nur so lange, als sie streng antisemitisch bleibe. Die eigentliche staatserhaltende Partei sei die antisemitische, sie werde noch bestehen, wenn über die Conservativen längst GraS gewachsen sei. (Stür Mischer Beifall.) 9« Oesterreich ist bekanntlich die sociale Arbeiterversicherung ander» als bei uns oraanifirt worden, indem dort da» Territorialprincip und da» Capital- deckungSverfahren in Anwendung gelangt sind. In der letzten Zeit haben sich die Direktoren der böhmischen LandeS- verstckerungSanstalt, Haubner und Marschner au» Prag, hier eine Woche lang aufgehalten, um die Einricktungen de» ReickS-VersicherungSamtcS, der BerufSgenoffensckaften, Krankencassen rc. rc. zu studiren, um bei etwaiger Abstellung einzelner bei der österreichischen Organisation bervor- getretener Mängel auck von den bei unS gemachten Er fahrungen Nutzen zu ziehen. — Mit Beginn des laufenden Jahre» hatten von den ausschließlich dem ReichS-VersicherungSamt unterstellten ge werblichen Berufsgenossensckaften 55, das sind 93 Procent, UnfallverbütungSvorschriften erlaffen. — Die „N. Berl. Corr." theilte mit, daß der frühere Kriegsminister General Bronsart von Sckellendorff ein ReickstagSmandat für den Bund der Lankwirthe an- nebmen werde. Wie die „Post" erfährt, bestätigt sich diese (von uns bisher nicht wiedergegebene) Nachricht nicht. — Wie sehr die Errichtung der preußischen Central- casse für Genossenschaften einem Bedürfniß entspricht, und wie sehr sie ihren Zweck, die genossenschaftliche Ent wickelung zu heben und zu fördern, erfüllt, beweist die Tbat- sache, daß die Casse nach nickt voll 1'/rjcihrigem Bestehen bereits einen Jahresumsatz von 2 Milliarden Mark erreicht hat. — Stabsarzt v«. Ko hl stock wird sich nun, nachdem ein wirksames Serum gegen die Rinderpest gefunden ist, nach Südwest-Afrika begeben und dort die Impfung des Rindviehbestandes einleiten. — DaS Kaiserpaar wird am 19. März einer Einladung des österreickisch-nngarifchen Botschafters v. Szögyeny-Marich zur Tafel entsprechen. — Der neuernannte russische Minister-Resident in Weimar, Baron v. Budberg, ist aus Petersburg hier eingetrosfen. * Kiel. 10. März. Nach einer Verfügung des Ober kommandos der Marine scheidet der Kreuzer „Prinzeß Wilhelm" im Laufe des Sommers auS dem Verbände der Kreuzerbivision aus und begiebt sich von Ostasien nach Südamerika. * Thorn, 10. März. Die Strafkammer verurtheilte, wie die „Berl. N. N." melden, den Redacteur der hiesigen „Gazeta TorunSka" Johannes Lipinski wegen öffent licher Beleidigung des Pfarrer- Hellwig in Ielenz (Kreis Tuchel) durch die Presse, zu 150 ^ Geldstrafe, im Nichlbeilreibnngssalle zu 30 Tagen Gefängniß. In dem be treffenden Artikel war darüber hergezogen, daß Pfarrer Hellwig den Confirmanken-Unterricht in deutscher Sprache ertheile, und daran eine beleidigende Bemerkung geknüpft. 1k. Jena, 10. März. Pfarrer Naumann erklärte hier in einer öffentlichen Versammlung zu dem Gerücht, man plane, ihn bei den nächsten Reichstagswahlen als Canvidaten im hiesigen Wahlkreise aufzustelleu, ein officielleS Uebereinkommen sei zwar nicht getroffen, die Candidatur jedoch privatim in Erwägung gezogen worden. Seine Anwesenheit in Jena galt wohl auch hauptsächlich der Besprechung mit seinen Freunden über diese Sache. Es ist noch nicht bekannt, ob auö derselben wirklich etwas wird. * 8era, 9. März. Der Landtag bat Finanzrath Für bringer-Gera zum Präsidenten und Iustizrath Ür. Jäger Hirschberg zu besten Stellvertreter wievergewählt. Mainz, 9. März. Im „Berl. T." lesen wir: „Die auch von uns gebrachte Nachricht, daß Herr Lanbes- gerichtSpräsident Lippold in Mainz sich gegen einen Bismarcktoast bei der Cenlenarseier ausgesprochen habe, beruht, wie uns derselbe mitkhcilt, auf einem Irrt hum. Die Sache liegt vielmehr wie folgt: Herr Lippold hob her vor, er sei einer der größten Verehrer deS Fürsten Bismarck und erachte es für nothwendig, daß in der Festrede selbst desselben rühmend gedacht werde. Eine Rede, in welcher dies nicht geschehe, sei ihm undenkbar. Aller dings war er der Ansicht, daß Toaste nicht ausgebracht werden sollten, erklärte es indessen für selbstverständlich, daß in erster Linie ein Toast auf Fürst Bismarck ausgebracht werden müsse, im Fall sich an die Festrede noch Toaste an- sckließen sollten. Ueber die Frage, ob letzteres geschehen solle oder nicht, wurde ein Beschluß überhaupt nicht gefaßt." * Nürnberg, 10. März. Vor der Strafkammer fand beute das Verfahren gegen den „NürnbergerAnzeiger" wegen der jüngst confiScirten Nummer statt. Es wurde die Einziebnng der zu Händen des Gerichts gekommenen Exem plare beschlossen. (M. N. N.) * Karlsruhe, 10. März. Bei der am 7. März in Offen bach abgebaltenen Versammlung der Deutschen DotkS- partei und der Freisinnigen BolkSpartei Badens ist es sickerm Vernehmen der „Köla. Z." nach wegen der von den Freisinnigen gcmißbilligten centrumsfreundlichen Haltung der Demokraten zu einer Spaltung gekommen, die bis jetzt nicht ausgeglichen werden konnte. * L-rnich, 9. März. 9n der BÜr-erauSschu-wahl der 3. Clafse wurden 187 socialistische und 315 freisinuig- ultramontan-kleinbeamtliche Stimmen abgegeben. DaS letzte - Sti— Mal erhielten die Socialdemokratea 257 Stimmen, sind also tark zurückgegangen. (F. Z.) Oesterreich-Ungar«. * Prag, 10. März. Der Landtag wurde heute geschlossen. Frankreich. Neuer Skandal in Sicht. * Pari», 11. März. (Telegramm.) Die Untersuchung rer Bücher der Panama-Gesellschaft soll die Angaben Arton'S vollständig bestätigt haben, wa» in Kammer reisen große Sensation hervorgrrufcn baden soll. Pari», 11. März. (Privattelegramm.) Der lntersuchungörichter Le Poittevin beschloß bisher d»e Vrr- olgung von 37 Abgeordneten in Folge der Ent hüllungen Alton'». * Paris, 10. März. Die Begrüßung der Königin Victoria durch den Präsidenten Faure soll morgen Nachmittag 5>/r Uhr auf der Station No»fsy-le-Sec stattsinden. Schweiz. * Bern, 10. März. Der vom Nationalrath niedergesetzte Ausschuß hat den Gesetzentwurf, betreffend die Einführung der obligatorischen Kranken- uud Unfallversicherung unter finanziellerMitbilfe des Bundes einstimmig angenommen. Großbritannien. * London, 10. März. Bei dem Festmahl der Bereinigung der Handelskammern sagte Salisbury, den Toast auf die Minister erwidernd, die Regierung suche die Unterstützung ver öffentlichen Meinung. Die Interessen der Engländer seien immer ibre erste Sorge. Das Cabinet werde sein Bestes thun, die Herrschaft, die Freiheit und Gerechtigkeit zu fördern, vor Allem aberden europäischen Frieden, sowie den Handel und die Industrie zu erhalten. * Windsor, 10. März. Königin Victoria hat sich heute in Begleitung der Prinzessinnen Heinrich von Batten berg und Victoria zu Schleswig-Holsteio vach PortSmouth begeben, um von dort nach Nizza weiter zu reisen. Die Kaiserin Friedrich begab sich nach der Abreise der Königin nach London, woselbst sie bis zu ihrer Rückkehr nach Deutschland im Buckingham-Palast Wohnung nimmt. Rußland. Audenhetze. * Der in Königsberg i. Pr. erscheinende „Ostpr. Gen- Anzeiger" schreibt: Wie wir einem uns zur Verfügung ge stellten Privatbriefe entnehmen, sind im Gouvernement Kiew Unruhen gegen die Juden ausgebrochen. In Spola wurde am Dienstag und Mittwoch der vergangenen Woche eine ganze Anzahl jüdischer Läden und Geschäfte geplündert und ein bedeutender Schaden, wie eS heißt, von mehreren Millionen, angerichtet. Der Pöbel erstürmte daS HauS des Bankiers Protzki, und da er den Caffaschrank nicht öffnen konnte, wurden au» Wuth darüber die Pferde ab- gestochen und die Wagen vernichtet; ebenso wurden ein Tuchladen und ein Colonialwaaren-Geschäft vollständig auSgeplündert. Eine Menge Waaren wurden direct auf die Straße hinauszeworfeu. Auch in dem benachbarten Smerlo werden Unruhen befürchtet. Aus diesem Anlaß bat sich eine jüdische Deputation nach Kiew begeben. Der fanatisirte Pöbel beschränkte seine Zerstörungswulh nicht nur auf jüdische Gebäude, sondern ließ sich im Eifer deS Gefechts auch Hinreißen, daS von der Spiritus monopol- verwaltung hergerichtete staatliche Gebäude zu zerstören. Die feuersichere Caffetle eines andern jüdischen Einwohner» von Spola, Rewsclowitsch, wurde mit Gewalt erbrochen, daS baare Geld in Höhe von 1000 Rubel geraubt und Werth- papiere im Werthe von 7000 Rubel in Stücke zer rissen. Die Juden konnten sich gegen den Ausbruch des Pöbels nicht schützen. Eine große Anzahl von ihnen hat mit Weib und kleinen Kindern über 48 Stunden im Keller zugebracht, ohne Nahrung zu sich zu nehmen, und wäre verbungert, wenn nicht am Mittwoch Abend ein Trupp Kosaken mit dem Gouverneur an der Spitze in die Stadt eingcrückt wären und die Ruhe theilweise wieder hergestellt hätten. Jeder, der nachweislich an dem Tumulte theilgenommen hatte, erhielt sofort eine provisorische Strafe von 25 Hieben. Die Iuden- schaft hofft, daß ihnen auch Schadenersatz zu Theil werden wird. Bemerkt sei noch zum Schluß, daß in der Nähe von Smerlo sich eine Zuckerfabrik befindet und in der Nähe von Spola 4 bis 5 Fabriken. Orient. Die türkischen Wirren. * Kauen» 10. März. (Meldung der „Agence HavaS".) Die Nachricht, englische und italienische Transportschiffe seien mit Truppen an Bord hier eingetroffen, beruht auf einem Jrrthum. Eia englisches TrauSportschisf hat Lebensmittel, ein Ohr daS Murmelm zweier im unterdrückten Ton mit ein ander sprechenden Stimmen auS dem Nebenzimmer vernahm, von denen die eine peinvoll und schmerzlich stöhnend, die andere jammernd und theilnahmsvoll klang, ohne daß sie jedoch verstehen konnte, waö gesprochen wurde. Dauu kam Haunah zurück, weinend, wie der Ton ihrer Stimme verrieth. „Es «st GrimrS, Ma'am, der krank ist", sagte sie. „Ach Gott, und ich glaube, eS steht schlecht mit ihm!" „WaS fehlt ihm, worüber klagt er?" „Er hat eine schreckliche Wunde io der Schulter — ach, alle- ringsherum feuerroth entzündet! Und er fiebert stark!" „Eine Wunde! Hat er Niemanden, der ihn pflegt? WaS sagt der Arzt?" Daß Hannah in der Thai heftig weinte und ihren Thränen sitzt freien Lauf ließ, war uuverkennbar, doch Margaret legte dem kein besonderes Gewicht bei. Sie hatte daS Mädchen längst zener 'schwachen, erregbaren Kategorie weiblicher Personen eingereiht, welchen Thränen überaus leicht zu Gebot stehen. „Er will keinen Doctor haben!" fuhr Hannah, mühsam ihr Schluchzen unterdrückend, fort. „Er sagt zu mir, er sei gefallen, auSzeglitlen, und habe sich mit einem Messer, daS er in der Hand hielt, verletzt. Ader ach, ich glaube cS nicht, Ma'am l Ich glaube, er hat Streit gehabt — eine arge Rauferei — und wagt nun nicht, es laut werden zu lassen! Ach, und wahrhaftig, Ma'am, er ist sterbenskrank!" „Die Wunde muß gereinigt und verbunden werden!" „O, Ma'am, bitte, erlauben Sie, daß ich eS tbue? Er sagt, bisher habe der Herr es zetban, seit er es nicht mehr selbst vermochte; aber sitzt ist der Verband angetrocknet und hat sich verschoben, er muß erneuert werden. Zur Kranken pflege gehört eine weibliche Hand — bitte, erlauben Sie eS mir, Ma'am!" „Gewiß, Du magst bleiben. Nur trage Sorge, daß Du zur rechten Zeit zurück bist, um Deinen Dienst bei Miß Pansy nicht zu veriaumen. Und sage GrimeS, ich werde ihm Bouillon schicken und etwa- Fruchlsaft zur Erquickung." „Danke! Er hat e- auch bisher bekommen, sagteer. Der Herr hat ihn damit versehen." Ein neues tiefe» Slöbnen ertönte auS dem Kranken zimmer und Hannah eilte hinweg, um nach dem Leidenden zu sehen. Margaret tastete ihren Weg nach der Thür zurück, öffnete sie und machte auf der Schwelle Halt, um ans den Regen za lauschen, der jetzt nachzulaffen begann. Als sie so stand, hörte sie rasche Schritte sich nahen, die sie kannte. Es war ihr Gatte, der schnell herbeieilte. „Ich hörte, daß Du in den Park gegangen, und eilte Dir nach, um Dich mit einem Schirm zu versehen", sagte er ein wenig unsicher, indem er näher trat, seinen Regenschirm schließend und daS Wasser von ibm abschüttelnd. „Was das für ein vehementer Guß war! Hast Du hier Schutz gesucht?" „Ja. Wir traten vor wenigen Minuten in das Haus ein, daS wir gerade erreicht Hanen. — WeSbalb hast Du mir nicht gesagt, Stephen, daß Grimes krank ist?" Jbr Gatte zögerte einige Augenblicke mit der Antwort. „Ich batte verschiedene Gründe, eS nickt zu tbun," sagte er gepreßt. „Einer war, daß Du den Mann nicht leiden magst —" „Du wirst nicht glauben, daß «»ich dies verhindert haben würde, für ihn zu sorgen, wenn er krank war," unterbrach sie ihn vorwurfsvoll. „Ich mochte Dich mit dem Manue nicht beunruhigen. Ein zweiter Grund war, daß GrimeS selbst Niemand davon wissen lassen wollte." „Geschah eS deshalb, daß er sich weigerte, einen Arzt zu seben?" „Vielleicht. — Ich habe meinerseits für ihn gethan, Wa ich vermochte." „Hannah ist jetzt zu seiner Hilfe bei ihm. Darf sie von Zeit zu Zeit herkommeu, um nach ihm zu sehen? Du weißt, ich selbst bin außer Stande, Jemandem zu helfen; aber wenn ich durch einen Anderen —" «Sicherlich — ich habe nicht» dagegen einzuwenden, daß Hannah sich seiner annimmt, wenn sie ihre anderen Pflichten darüber nicht vernachlässigt. Und vorausgesetzt — hm — was ich allerdings zur Bedingung machen müßte — daß sie nicht von der Sache sprickt." „Du meinst. eS muß ein Geheimniß bleiben?" Er beugte bejahend den Kopf und sie errieth, daß sein Schweigen Bestätigung auSdrücke. ES lag auf der Hand, daß wichtige Gründe obwalten mußten, über GrimeS' Ver wundung Stillschweigen zu beobachten, doch eS überraschte sie das kauin, sie fühlte sich bereit- daran gewöbnt, in dieser Angelegenheit solche Wahrnehmungen und Entdeckungen von mysteriösen Ungewöhnlichkeiten zu machen. AlS sie in Nach denken darüber versunken stand, fiel ihr ein, was Blrssington von stürmischen Auftritten im nahen Stetford erzählt hatte, und sie erschrak aufs Neue. Hatte er nicht auch einen förm lichen Kampf mit der Polizei erwähnt? „Der Regen hat auSgesetzt", Hub ihr Gatte an, einen prüfenden Blick auf den Himmel werfend. „Werden wir nicht gut thun, wenn wir die Zeit benutzen, nach Hause zurückzukehren?" Sie sckrak aus ihrem Sinnen auf. War er wirklich nur gekommen, sie aufzusuchen, hatte ihn nicht auch seine Pflicht gegen den Kranken hergeführt, die er vielleicht nicht verletzen durste, ohne sich einer Gefahr ausznsetzen? „War cS nicht Deine Absicht, GrimeS zu sehen?" fragte sie sckwack. „Es war meine Absicht", antwortete er freimüthig, „aber ich kann ihn später sehen. Für jetzt ist Hannah bei ihm, sie vermag zur Zeit mehr für ihn zu thun, als ich." Sie legte schweigend ihren Arm in den seinen und pilgert«, sorgsam von ibm unterstützt und geführt, an seiner Seite dem Hause zu. Wie glücklich sie sich fühlte, sich seiner zärt- licken Obhut so hiugezeben zu wissen, sich so vertrauensvoll und innig an ihn zu schmiegen und von ihm, der ihr Auge war, wie er ihre Seele und ihr Fühlen war, geleitet zu werden! Margaret fühlte sich nicht mehr so betrübt, daß er zurück blieb, als sie Abends im Wagen Platz nahm, um zu dem Diner nach Coinberhill zu fahren. Er war so lieb, so traut gewesen; eS beschlick sie wie ein Gefühl der Dankbarkeit: sie wollte die kurze Trennung willig ertragen, da sie seinen Wünschen damit dienlich war. Dennoch sagte sie beim Ab schiede, als er sie in den Wagen gehoben und sorgsam be schäftigt war, die Falten ihres Kleides zu ordnen und sie in eine leickte seidene Wagendecke znm Schutz gegen Luftzug und Feuchtigkeit zu hüllen: „Würdest Du nicht kommen, uns abznhole», Stephen? Ich glaube, wir werden lange beisammen bleiben in Comber- hill und Dein Geschäft wird beendet sein, bevor die Gesell schaft dort schließt." „Nein — ich kann nicht kommen, eS ist mir unmöglich", entgegnete er hastig — fast gereizt hätte e» ihr scheinen können, wenn er nicht gleichzeitig so zärtlich geschäftig bei seinen Bemühungen um sie verharrt hätte. Die Pferde zogen an und der Wagen rollte von dannen, Grey zurücklafsend, der einsam auf der Schwelle stand und niedergeschlagen in die Richtung, die da» Gefährt genommen, hinausblickte. Die Gesellschaft bei dem Diner war sehr heiter, sämmt- licke Thrilaedmer, mit Ausnahme Margaret'», auf» Beste aufgelegt. Man machte Blrssington Complimente über sein schmuckes Junggesellenheim, und Tom, mit einem verstohlenen Seitenblick auf seine schöne Cousine und einem verstohlenen Seufzer bei dem Gedanken, daß er die verwünschte Dumm beit begangen, sie als Krone diese» HeimS zu verscherzen, erklärte in pathetischem und galantem Tone, so ein Jung gesellenhaus könne doch nimmermehr seinem Besitzer den traulichen Comfort, den Glanz und die Annehmlichkeiten bieten, wie ein Heim, da» sich der Reize der e» belebenden und in ihm wallenden weiblichen Angehörigen erfreue, und wenn ihm seine kleine Besitzung nicht um seine» RennstalleS willen nöthig wäre, der ihm zur Zeit allerdings über Alles ginge, so würde e» sich kaum der Mühe verlohne», sie zu Hallen. Pansy, in brillantester Laune, übertraf sich selbst an Heiterkeit und Unbefangenheit, und der arme Flemmingbam suchte eS ihr wenigstens in Bezug auf letztere Eigenschaft nach Kräften nachzutbun, um jede Erinnerung an den gestrigen Vorfall möglichst auS ihrem Verkehr m«t einander zu verbannen. „Tom", wandte sich der Major während de» Essen» an seinen Neffen: „Hast Du recht gethan, von Neuem in Deinem Blatt die Fenier derart anzuareifen, wie ich soeben wieder darin gelesen? Du warst schon von ihnen bedroht, sagt man, und hast Dich auS Dublin vor ihnen zurückgezogen —" „Ricktig — um eS ihnen von hier au» in Sicherheit desto tüchtiger zu geben! Man kann nicht genug thun, um diese Bande in der öffentlichen Meinung zu Grunde zu richten — diese» Gezücht mit seinen verwünschten geheimen Verbindungen, die eine Landplage für unser gesegnete» Königreich sindl" „Aber ick glaube, daß Du nicht der Mann dazu bist und nicht den Beruf dazu hast", meinte der Major mit miß billigendem Kopfwiegen: „Ich würde e» für unmännlick er achten, irgend Jemand vom Kampf gegen die Fenier zurück- zudalten, wenn e» ein wirklicker Kampf ist, den er gegen sie führt. Allein Du bist nicht Politiker und sprichst in Deinen Artikeln nicht al» solcher. Du kämpfst nicht gegen sie, son dern Du schinähst und stachelst sie auf und verhöhnst sie. DaS bringt Dir Gefahr, ohne einen gerechtfertigten Zweck zu haben, Zudem will Dein Blatt kein streitbare» Tendenz- vlatt, sondern ein gesellschaftliche» UnterhaltungSjournal sein — e» sollte sich von diesen Dingen fern halten." (Fortsetzung folgt.)
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