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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 06.03.1897
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1897-03-06
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18970306026
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1897030602
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1897030602
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
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- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1897
- Monat1897-03
- Tag1897-03-06
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1710 Selbst wenn jedoch nur Lrfatzbauten, oder durch frühere Denk, schristen geforderte Bauten in Frage kommen, werden die Forderungen der nächsten Jahre nicht wesentlich hinter derjenigen für 1897/98 zurückbleiben dürfen. Dabei bleiben die kaierlicheu Wersten in gleich« milbiger Beschäftigung, welche ihr» Mittel und Arbeitskräfte nicht übersteigt; die Privatwrrsten können ihre Einrichtungen den lausenden Bedürfnisse» der Marine anpassen; »S wird jede sprungweise In anspruchnahme von Mitteln und Arbeitskräften vermieden. Durch diese- Vorgehen wird ferner eia« gleichmäßigere Ent wickelung der Schiffstypen begünstigt und rS wird vermieden, daß künftig in einem Jahre für «ine größere Anzahl von Schiffen gleich zeitig Ersatz gefordert werden muß, welche wegen gleichen Alters und auS denselben militairischen Gründen gleichzeitig unbrauchbar geworden sind. Weiteres Hinausschieben des mit dem vorliegenden Etatsentwurfe eingeleiteten Vorgehens zur Ausfüllung des Schisfsbestandes muß, abgesehen von der immer bedrohlicher werdenden Schwächung der maritimen Wehrkraft und den damit schon im Frieden verknüpften Verlusten, in späterer Zeit zu unverhältnißmäßig höherem Aufwand für den Schiffsbau führen! Politische Tagesschau. * Leipzig, 6. März. Daß in manchen Kreisen, deren Versiändniß für daS, waS möglich ist, geringer ist als ihr Wunschvermögen, ..uferlose Flottenpläne" aufgetaucht sind» läßt sich nicht leugnen; daß aber die Behauptung, die in den Martneetat für das kommende Jahr eingestellten Forderungen seien auf „uferlose Flottenpläue" des ReichsmarineamtS zurückzusühren, nichts ist als ein leichtfertig in die Massen geworfenes Schlag wort, das den Erfinder bei den Wählern in den Geruch eines sparsamen HauShalterS setzen sollte: das ergiebt sich klar und unwiderleglich auS der in der gestrigen Sitzung der Budget commission des Reichstags vom Admiral Hollmann vvr- gelegten Denkschrift, deren Inhalt wir im Borstehenden, stellenweise wörtlich, wiedergegeben haben. Unsere Marine ist in ihrer Entwickelung weit hinter den Anforderungen zurückgeblieben, die nach Maßgabe des heutigen Standes unserer nationalen Enlwickelung an sie schon in Zeiten des Friedens, geschweige denn erst in Kriegszeiten herantreten. Die Rücksicht aus die Finanzlage des Reiches bat unsere Marine-Fachmänner seit einer Reihe von Jahren davon ab gehalten, mit Forderungen hervorzutrcten, deren Bewilligung die Voraussetzung einer den Bedürfnissen deS Friedens und VeS Krieges entsprechenden Weiterbildung unserer Marine gewesen sein würde. Worauf diese Männer jetzt iin Gefühl ihrer Verantwortlichkeit vor Kaiser und Reich mit allem Nachdruck bestehen zu sollen meinen, ist die end liche Durchführung des FlottengründungS- planes vom Jahre 1873, der bisher nur Stückwerk ge blieben, um nicht zu sagen gänzlich inS Stocken gerathen ist. Die Erfinder des Schlagworts von den „uferlosen Flotten plänen" werden ja schwerlich von dem Versuche abstehen, die Denkschrift, die lediglich den Nachweis führt, wie weit unsere Marine hinter dem Plane von 1873 zurückgeblieben ist, und klarstellt, was geschehen muß, wenn jener Plan allmählich durch geführt werden soll, in das Licht eine- neuen Flottengründungs- planes zu rücken, zu dessen Bewilligung kein genügender Anlaß vorliege; aber wir hoffen von der Mehrheit des Reichstags, daß sie von einer solchen Darstellung sich nicht beirren lassen und anerkennen werde, daß die Verfasser der Denk schrift auf nichts Anderes dringen, als auf die endliche Durchführung des vor 24 Jahren von allen zur verfassungs mäßigen Beschlußfassung berufenen Factoren, Kaiser, Bundes rath und Reichstag, einmüthig genehmigten Flotten- bauplaneS von 1873. Der Reichstag würde sich mit seinem eigenen, vor 24 Jahren ergangenen Votum m flagranten Widerspruch setzen, wenn er der Flotte heute verweigern wollte, was er ihr damals zubilligte >md was als das Minimum dessen gelten muß, was sie bedarf, um ihre Stelle im Rahmen unserer nationalen Aufgaben erfüllen zu können. Am Montag tritt das Plenum wieder zusammen, es wird bestimmt darauf gerechnet, daß lne Mitglieder sich zahlreich einfinden, um sofort in Be- svrechung über die Denkschrift zu treten und der Budget commission ihre Ausgabe zu erleichtern. Daß diese den Marineetat, dessen Forderungen, einschließlich des Panzer schiffes. mehr als ausreichend motivirt sind, unverkürzt zv bewilligen Vorschlägen wird, halten wir für zweifel los. Wie jammervoll stände sie sonst da im Gegensätze zu den „englischen Krämerseelen", die gestern im Unterhause einer Erklärung des ersten Lords der Admiralität Goschen zujubelten, der auf die Behauptung, England habe seine Flotte zu schnell vermehrt und sie in verhältnißmäßig kurzer Zeit um 50 Procent gesteigert, stolz erwiderte: „er könne die Flotte so schnell, als es nöthig sei, bemannen, an aktiven Seemannschaften besitze England 100000, in Reserve 25000 und an Pensionairen 10000 Mann; außer dem könne er im Nothsalle eine bedeutende Anzahl von Sermannschaften von außerhalb heranzirhen. Was dir Zahl der Schiffe und di« SchiffSclassen anlangr, habe England, fall» morgen der Krieg erklärt würde, im Verhältniß zu den zwei großen Seemächten eine bedeutende Urber lege nheit. Kein ausländisches Geschwader könne an Geschwindig keit mit dem Canal- nnd Mtttelmeergejchwader concurriren. Falls die russische Flotte nach dem Mittelmeer komme, habe England sein Gibraltar- und Canalgeschwader und außerdem sein Mittel- meergeschwader. England behaupte den Vorrang in der Rasch- heit der Erbauung von Schiffen; e» sei keine Gefahr, daß es an Zahl, Geschwindigkeit und Stärke seiner Schisse hinter der Flottenmacht anderer Nationen zurückbleibe." Zu so stolzer Erklärung wird niemals ein deutscher See mann berechtigt werden; aver nationale Ehren- und Selbst- erhaltungSpflicht ist eS, daß der deutsche Reichstag niemal» hinter seinem früheren Wollen so weit zurückbleibt, daß die deutsche Flotte zum nutzlosen Spielzeug wird, da» weder im Frieden, noch im Kriege einer ernsten Aufgabe gewachsen ist. Am Montag läuft dir Frist ab, innerhalb welcher Griechenland sich entscheiden muß, ob e» seine Politik der Tollkühnheit und der Völkerrechtswidrigkeit den Mächten zum Trotz fortsetzen oder ob es davon abstehen will, Kreta mit den Segnungen hellenischer Wirtschaft zu beglücken. Bis jetzt muß man annehmen, daß der hellenische Chauvinismus, dessen Wogen hochausschäumend den König Georg um- brandeo, eS durchsetzen wird, daß der Monarch seine bessere Einsicht verleugnet. Er hat sich bekanntlich dem Berichterstatter eine» Kopenhagen«! Blattes gegen über bereits sehr kriegerisch geäußert, und hat sich so gereizt über daS Vorgehen der Großmächte ausgesprochen, daß man kaum noch auf einen Umschwung der Gesinnung bei ihm rechnen kann. Ein letzter Versuch in dieser Richtung ist offenbar der officiöse Artikel de» „Journal de St. PöterSbourg". Derselbe ist in sehr milder Form gehalten und giebt dem König nochmals zu ver stehen, daß noch nicht aller Tage Abend und Kreta für Griechenland nicht gänzlich verloren sei, wenn eS nur klug abwarten wolle, statt seine Zukunft zu compromittiren. Die Hoffnung, daß diese Mahnung von Erfolg sein werde, steht freilich aus sehr schwachen Füßen, denn die fortgesetzten Rüstungen und Truppensendungen nach Thessalien lasten sich nicht ander» erklären, als daß man in Athen ent schlossen ist, auf dem Balkan die Einigkeit der Mächte aufs Neur auf die Probe zu stellen, wobei man aus die österreichisch-russische Eifersucht glaubt hoffen zu können. Die Meldung, der Athener Ministerrath habe wichtige Entcheidungen getroffen, u. A. über Maßregeln für die der griechischen Flotte an der make donischen Küste zugrdachte Thätigkeit, sieht gerade wie eine Antwort aus das Ultimatum der Mächte im Sinne eines griechisch - türkischen Krieges aus dem Festlande aus. Dafür sprechen auch folgende Meldungen: * Athen» 5. März. (Meldung der „Agence Havas".) Die beiden letzten Jahrgänge der Reserve werden nunmehr auch einberufen werden. * Athen, 6. März, 1 Uhr früh. (Telegramm.) Meldung der „Agence HavaS". In ganz Griechenland herrscht fieberhafte Thätigkeit. TranSportdampfer bringen unaufhörlich große Mengen Munition, Waffen und Lebensmittel zum Zwecke der militairischen Ausrüstung nach Thessalien. Die Zus ammenziehung der Truppen gegen die Grenze zu vollzieht sich mit größter Beschleunigung. Die öffentliche Stimmung ist auf dem Höhepunkte der Erregung angelangt. In den gemäßigtsten Kreisen verhehlt man sich nicht mehr, daß im Falle von Zwangsmaßregeln der Mächte sich alles Interesse der Grenze zuwenden werde, wo die ernstesten Er eignisse erwartet werden. Mehrere ausländische Zeitungsbrricht- erstatter reisen nach Thessalien ab. Von verschiedenen Seiten verlautet, die Antwort aus das Ultimatum werde dahin lauten, daß Griechenland zwar seine Schiffe, nicht aber seine Truppen von Kreta zurückziehen werde. DaS kommt einer Ablehnung gleich und so tritt immer mehr die Frage in den Vordergrund: waS werden die Mächte im Falle der Wirkungslosigkeit ihres Ultimatums tbun? Welche Coercitivmaßregeln werden sie anwenden, ja, wird es überhaupt zu solchen kommen? Wie verlautet, vertritt die englische Regierung (und im Anschluß an sie die italienische) jetzt den Stantpunct, daß sie wieder auf ihr ursprüngliches Verlangen der Zurückziehung der türkisches» Truppen von Kreta zurückkommen müsse. Eher, erklärt dieselbe, sei man nicht berechtigt, gegen Griechenland im Wege der Gewalt vorzugehen. Man habe geglaubt, auf jenes Verlangen um so mehr zurückkommen zu sollen, als die griechische Regierung dem englischen Gesandten unter der Hand zu verstehen gegeben habe, die Rückberufung ihrer Truppen werbe sich eher ermöglichen lassen, wenn die Türken vorher abgezogen wären. Andererseits stellt sich, und zwar mit vollem Recht, der Sultan auf den Standpunct, daß, so lange Oberst Bassos mit Verletzung deS Völkerrechtes sich auf türkischem Terri torium befinde, die türkischen Truppen Kreta nicht verlassen könnten. Nach einer Londoner Meldung hat sich der deutsche Botschafter Graf Hatzfeldt ablehnend ver halten. Gleichwohl scheint ein Compromiß zu Stande ge kommen zu sein, wie auS folgender Nachricht hervorgeht: * L»utz»n, 5. März. Im Unterhause erklärteBalfour, in Konstantinopel sei heute eine ergänzende Collectivnote betreffs der Zurückziehung der türkischen Truppen auS Kreta überreicht worden. Unter keinen Umständen würde den Türken die controllirende Herrschaft über die Insel zugestanden. Offenbar hat man es wieder mit einem englischen Verzögerung-Versuche zu tbun. Um diesem Nachdruck ru verleiben, beginnt man jetzt auch in London mit Protestversammlungen gegen die Verwendung der eng lischen Flotte wider die Kreter. Es wird von verschiedenen Seiten behauptet, daß noch immer Ver handlungen darüber gepflogen werden, waS eigentlich zu geschehen habe, ja wegen der technischen Durchführ barkeit der in Aussicht genommenen Blockade der griechischen Häfen soll zunächst da» Gutachten der Admirale der vorKreta liegenden großmächtlichen Schiffe eingeholt werden und erst auf Grund dieser militairischen Vorschläge werden die seckS Cabi- nette ihre Entschlüsse fassen? Ist daS richtig und die andere Meldung, die Admirale vor Kreta hätten bereits definitive Instructionen, falsch, so ist nicht zu erwarten, daß am Montag oder DienStag bereit» etwa- geschieht, die Griechen brauchten sich mit dem Rückzug auS Kreta nicht sonderlich zu beeilen und könnten mit Ruhe dem Moment enlgegensehen, wo die Mächte es zu Wege gekrackt haben werden, ihm die Ehre eines — zweiten „Ultimatums" zu er weisen! Die mit Spannung erwartete Botschaft Mac kinley» an daS amerikanische Volk hat nur in einem Punkte be stimmte Arußerungen und Pläne enthalten, lieber wichtige Fragen, wie die Währungsreform, die Ersparnisse bei den Ausgaben, das Vorgehen gegen die Trusts, ging er mit einigen Redensarten hinweg und über eine andere höchst wichtige Frage, die Stellung zu den cubanischen Angelegenheiten, äußerte er sich überhaupt nicht. Nur in einem Punkte hat er eine beachtenSwerthe Offenheit walten lassen und diese Offenheit ist leider eine für uns recht wenig erfreuliche. Man hatte gehofft, daß Mac Kinley in der Schutzzollfrage zu gemäßigten Auffassungen gelangt sein würde, auS der Rede deS Präsidenten aber muß man entnehmen, daß er noch ganz dem starren Protec tion iS muS huldigt, wie in früheren Zeiten. Er erhofft alles Heil für die Vereinigten Staaten von hohen Schutz zöllen: einerseits soll die nationale Arbeit geschützt werden, andererseits sollen die Ausgaben der Vereinigten Staaten zum größten Theile aus den Schutzzölle» gedeckt werden. In beiden Beziehungen könnte sich Mac Kinley täuschen. Zunächst werden durch Schutzzölle nur lebensfähige Industrien gekräftigt. Soweit die amerikanische Industrie in einzelnen Zweigen leistungsunfähig ist, ist dies vielfach aus inneren Gründen, die auch durch Schutzzölle nicht beseitigt werden, der Fall. In diesen Industrien wird durch die Schutzzölle weiter nichts erreicht werden, als daß die Consumenlen theurere und schlechtere Waaren erhalten. Zweitens werden bei den in Amerika herrschenden Zuständen von den übertriebenen Schutzzöllen nur einige Wenige Nutzen ziehen, denn daS Trustwesen, daS Mac Kinley angeblich bekämpfen will, wird durch Hochschutzzölle in seiner Entwickelung gefördert. Drittens sollten die amerikanischen Gesetzgeber bedenken, daß zwar einige Zweige des Erwerbslebens durch Hochschutzzölle ge- kräsligt werden können, andere aber durch die von den anderen Staaten zu gewärtigenden Gezenmaßregeln um so mehr geschädigt werden. Denn eS ist zu erwarten und zu hoffen, daß die europäischen Staaten ihren Export nach den Vereinigten Staaten nicht ohne Kampf'werden vernichten lassen. Deutschland als Hauptexorteur nach Amerika ist besonders bei dem Kampfe imerrssirt und eS hat in Repressivmaßregeln gegen die Einfuhr vor allen Dingen landwirthschaftlicher Probucte und des Petroleums eine wirksame Waffe in den Händen. Was die Deckung der Einnahmen durch die Erhöhung der Zölle betrifft, so muß beachtet werden, daß eS auch hier eine Grenze giebt. Ist der Zoll so hoch, daß der Export nicht mehr verlohnt, so hört er eben auf und die Einnahme auS den Zöllen ver ringert sich, statt sich zu verinehren. Die Vereinigten Staaten hätten gewaltsame Maßnahmen zur Vermehrung ihrer Einnahmen wahrlich nicht nöthig gehabt, wenn nicht Corruplion und unerhörter Raubbau den natürlichen Reickthum des Landes erschüttert hätten. Statt von mäßigen Schutzzöllen zu übertriebenen Hochschutzzöllen überzugehen, sollte Mc. Kinley lieber versuchen, daS innere wirthschaftliche Leben des Staates auf gesündere Füße zu stellen und die schrankenlose Freiheit deS Einzelnen zu Gunsten der All gemeinheit zu verringern. Er wird es dann freilich mit manchen seiner hochmögenden Gönner von der Finanz aristokratie verderben, aber er wird dann sein Land nicht dem gefährlichen Experimente eines Zollkrieges auszusetzcn brauchen. In jedem Falle ist zu wünschen, daß die deutsche Regierung schon jetzt darüber nachdenkt, in welcher Weise der Gefahr für den deutschen Export am besten zu begegnen sei. Deutsches Reich. * Berliu, 5. März. Bei der Beantwortung der im Ab geordnetenhause gestellten Interpellation wegen Organi sation de» Handwekk» bat der preußischeHjrndAsmr'tkisie» auch die Frage de» generellen Befäbigung»nachweise» gestreift und dabei auf die schlechten Erfahrungen hingewiesrn, die mit dieser Einrichtung in Oesterreich gemacht sind. Einen trefflichen Beleg hierfür bietet die „Sammlung von Gutachten und Entscheidungen über den Umfang der Gewerbe rechte", nach amtlichen Quellen herausgegeben von F. Frey und R. Maresch (Wien I8S4). Der allgemeine Befähigungs nachweis bat in Oesterreich unzählige Competenz- streitigkeiten der einzelnen Handwerke unter einander hervorgerufen. Die neuzeitliche Entwickelung des Hand werks, welche neben der Specialisirung andererseits auch wiederum vielfach im Interesse von Kraft- und Zeitersparniß eine Vereinigung von Tätigkeiten, die ursprünglich verschiedenen Handwerken angehören, in einer Hand bewirkt hat, collidirte auf Schritt und Tritt mit der gesetzlich vollzogenen Umgrenzung der einzelnen Handwerks mäßigen Berufsarten. ÄuS der schier endlosen Reihe von Anzeigen, Beschwerden, Klagen und Berufungen — das ge nannte Wert umfaßt 1128 Druckseiten — mutben den modernen Menschen nicht wenige scherzhaft an. Da wird darüber gestritten, ob die Schieferdecker auch eine Zink rinne am Dache anbringen dürfen, ob der Schreiner eine Glasscheibe einzusetzen befugt ist, ob der Buchbinder den Reisekoffer aus Pappe auch mit ledernen Hand griffen zu versehen das Recht hat, ob der Buchbinder auch Bilder aufspannen und einrahmen dürfe, wie sich der Brodbäcker zum Kuchenbäcker zu verhalten habe, wie weit der Anstreicher, der Lackirer, der Vergolder, der Schrift- und Schildermaler, der Tapezierer in ihren Arbeiten gehen dürfen, ohne einander ins Handwerk zu pfuschen. Die Behörden aber hatten die Pflicht, auf solche und ähnliche Fragen mit dem ganzen Ernste amtlicher Gewissenhaftigkeit einzu gehen, und sie haben diese Pflicht, wie die in Rede stehende Sammlung erweist, im vollsten Umfange erfüllt. Ihre Ent scheidungen suchen stets die Mitte zwischen dem formalen Reckte des Gesetzes und den Anforderungen der natürlichen Entwickelung innezuhalten. Dennoch wird, wie die Menschen natur nun einmal ist, Zustimmung wohl immer nur auf der Seite erfolgt sein, die gerade Vortheil von der Entscheidung hatte, während eS ebenso gewiß ist, daß auf der andern Seite Verstimmung und Unzufriedenheit unausbleibliche Folgen waren. Am bedauerlichsten aber ist der nach theilige Einfluß deS generellen Befähigung Sn ach weises auf das genossenschaftliche Leben der gesetz mäßigen Handwerkerorganisationen, sofern dieses durch den Kampf um die Grenzen des „Gewerberechts" seinen eigentlichen Zwecken und Zielen entfremdet und seines besten Inhalts beraubt worden ist. Der Kampf für das Hand werksrecht hat, wie schon der Umfang der behördlichen Ent scheidungen wahrscheinlich macht und das große statistische Werk des österreichischen Handelsministeriums: „Die gewerb lichen Genossenschaften in Oesterreich" außer Zweifel stellt, die Genossenschaften vorzugsweise beschäftigt und ihnen nur wenig Zeit gelassen für andere und wichtigere Aufgaben der Selbstverwaltung, für die Regelung des LehrlingSwesenS, für den gemeinsamen Einkauf der Rohmaterialien, für die Hebung der technischen Leistungsfähigkeit, kurz, für die Ausfüllung des organisatorischen Rahmens, die diesem erst seinen wahren Werth zu leihen vermag. (N. A. Z.) — Der Kaiser ist heute Abend 11 Uhr 35 Minuten von Wilhelmshaven hierher zurückgekehrt. — Den „Hamb. Nachr." zufolge wird der Kaiser än der Festlichkeit ans dem Schnelldampfer „Augusta Victoria" anläßlich des fünfzigjährigen Jubiläums der Packelsahrt- gesellschaft am 27. Mai theilnehmen. — Der Flügeladjutant deS Kaisers Oberst v. Moltke, Commandeur deS Kaiser Alexander Garde-Grenadier-Regi- ments Nr. 1, hat sich nach Petersburg begeben. — Die Budgetcommission deS Abgeordneten hauses nahm heute einstimmig den Gesetzentwurf über die Regelung der Richtergehälter an mit einem vom Ab geordneten BeleiteS (nat.-lib.) beantragten und vom Finanz minister vr. von Miguel genehmigten Zusatze, nach welchem die Beförderten wenigstens das bisherige höhere Gehalt ver alten Stelle bis zum Aufrücken in eine höhere Stufe der neuen Stelle nach Maßgabe des Dienstalters in derselben belassen wird. Im Uebrigen blieb die Regierungsvorlage unverändert. Ferner hat die Budgetcommission die Novelle zum Relikten ge setz einstimmig unverändert angenommen. — Die Conferenz des Evangelischen Oberkirchen - rat HS mit den Generalsuperintendenten und Consistorial- Präsidenten ist heute noch nicht zu Ende geführt worden. — DerDerband Berliner Metall-Industrielles» (Vorsitzender Fritz Kühnemann) zählt zu seinen Mitgliedern 124 Metall-Industrielle und 85 Metallwaaren-Fabrikanten. Für beide Vereinigungen, deren erste 23 000 Arbeiter beschäft tigl, ist ausbedungen: Nichtfreigabe des 1. Mai als Arbeiter feiertag und Festhalten an der zehnstündigen Arbeitszeit als Normalarbeitszeit. — Der lnactive Staat-minister Herrfurth, früherer Minister des Innern, vollendet am 6. März sein 67. Lebensjahr. — Der Generalsuperintendent vr. Dryander wird gleich nach Ostern sich nach Plön begeben, um mit dem Confirmanden- unterricht der kaiserlichen Prinzen zu beginnen. war so unrecht von mir, daß ich Sie mit meinem Weinen geängstigt habe. Ich werde gleich machen, daß ich fortkomme und auf meine Kammer gehen." „Aber wir wollen Dir helfen, wenn wir können, Hannah, bleib hier!" sagte Margaret theilnehmend. „Helfen! Ach mir kann ja kein Mensch helfen!" jammerte da» Mädchen mit einem kummervollen Schütteln des Kopfes, schlug die Hände vor das Gesicht und brach von Neuem in Tbränen auS. „Laß es unS wenigstens versuchen. Laß uns hören, was e» giebt, und wir werden sehen, WaS sich thun läßt," befahl Pansy. „Hören lasten! Ja wohl, hören lassen!" schluchzte Hannah verzweifelt. „Ack, wenn ich eS Ihnen nur sagen dürfte, Miß! Aber ich darf ja nicht, ich habe es gelobt!" »Hast Du sie jemals in dieser Weise gesehen!" sagte Mar garet erstaunt und leise zu Pansy, damit unbewußt auf deren Blick antwortend, der jetzt nicht minder betroffen, als Mar garet selbst es war, zwischen ihr und Hannah hin- und her- schweifte. „Doch — doch, ich habe sie schon so gesehen," gab Pansy unruhig zurück. „Einmal — am Morgen nach der unglück lichen Explosion in Dublin." Das Mädchen hatte die Antwort gehört und stieß einen lauten Schrei auS, dann fuhr sie fort zu schluchzen, ver zweifelter und heißer als zuvor. „Hat das,^waS Dich bewegt, irgend etwa» mit jener Sache ru thun? Sprich!" rief Pansy stürmisch auS, während Margaret plötzlich rodtenbleicb geworden war. „Ack, ich weiß eS ja nicht, ick weiß nicht!" jammerte LaS Mädchen weinend. „Ich entsetze mich davor, zu denken, waS eS Alles zu bedeuten haben kann! Daß es mir so er gehen muß, ist schrecklich! Geradezu schrecklich! Es ist beut nicht daS erste Mal, seit ich hier bin, daß ich mick balblovt darum weine!" „Hannah", sagte Pansy entschlossen: „ich erinnere mich, daß Du einen Geliebten hattest, den die Polizei beargwöhnte, ein Mitwisser in jener unheilvollen Affaire zu sein. Hast Du ihn neuerdings wiedergesehen?" „Fragen Sie mich nicht, Miß Pansy — um aller Barm herzigkeit willen, fragen Sie mich nickt!" Pansy zog die Hände des Mädchen« von ihrem Gesicht und sah ihr fest ins Auge. „Wenn DaS, wovon Du sprichst, Dein Geheimniß ist, Hannah Hemming", sagte sie entschlossen und fest, so hast Du das Recht, eS zu bewahren; aber wenn es in irgend einer Weise Mrs. Grey betrifft, so ist es Deine Pflicht, eS ihr mitzutheilen — hörst Du wohl? Erinnere Dich, wie viel sie gelitten hat und wie gut sie immer gegen Dich gewesen ist, ja, eS noch immer ist, trotz deS schlimmen Verdachtes, den sie hegen muß, daß Du irgend etwas von jener schrecklichen Affaire weißt. Antworte mir wahrheitsgetreu und wie es Dein Gewissen von Dir fordern wird, Hannah; giebt Dir irgend etwas Veranlassung zu der Befürchtung, daß die Gesabr eines neuen wichen Vor kommnisses drohe?" „O, liebste, liebste Miß Pansy, was bringt Sie auf einen solchen Gedanken!" schrie das Mädchen entsetzt auf. „Wie können Sir glauben, daß ich Sie und die theure Mrs. Grey dann nur noch einen Augenblick in dem Hause bleiben lassen würde — ja, daß ich selbst auch nur noch einen Moment hier bliebe, um vor Angst zu vergehen!" Der Schrecken des Mädchens war so ungeheuchelt, daß Pansy'S halbentstandene Befürchtung sofort beseitigt war. Zudem mußte sie sich sagen, daß wohl kaum ein Grund hätte vorliegen können, denn wie sollte Stephen Grey in seiner stillen, privaten Zurückgezogenheit auf dem Lande, ohne jede Einmischung in das politische Leben und ohne auch nur eine öffentliche Kundgebung seiner Meinung den Haß der Schreckensmänner auf sich gelenkt haben? WaS aber die arme, unschuldige Margaret, die Tochter deS Majors betraf, so war schon der Schlag, den man gegen ihren Vater ge richtet, unverdienterweise auf sie gefallen und während selbst die glühendste Rachsucht sich von dem befriedigt fühlen mußte, was damit ihrem Vater geschehen, konnte doch sicher lich von einer Rache, die man an ihr selber suchte, nicht die Rede sein. Unwillkürlich richtete Pansy ihren Blick aus die junge Frau, um zu sehen, welchen Eindruck die Erinnerung an das entsetzliche Vorkommniß auf sie gemacht. Margaret batte, seit das Thema erwähnt wurde, kein Wort wieder gesprochen, doch ihre bleiche Gesichtsfarbe, ibre krampfhaft ineinander gepreßten Hände, ihre halb geöffneten Lippen und die ganze, angstvollste Spannung verrathende Haltung zeigten, in wel cher GemüthSbewegung sie dem Gespräch folgte. Auch Pansy empfand die lebhafte Begier, etwas Näheres über daS Ge heimniß des sich so seltsam geberdenten Mädchens zu er fahren, allein jeder Versuch, Aufklärung ron idr zu erlangen, war vergeblich „Fragen Sie mich nicht — ich wage nichts zu sagen — ich darf nichts sagen — ich habe solche Furcht!" war die beständig bervorgeschluckzte Antwort. „WaS schreckt Dich? Wen fürchtest Du? forschte Pansy ungeduldig. „Die Polizei! Sie hatten schon damals beinahe herauS- gebracht, ich hätte Alles gethan — ich, die ich eher sterben würde, als meine Hand zu solchem Teufelswerk zu leihen! Ach, und wenn jener Mann von der Polizei — jener Mr. CateS — nicht gewesen wäre, hätte ich ;a auch niemals, niemals Schlimmes von ihm gedacht!" Pansy errieth, daß das Mädchen sich aus ihren mysteriösen Liebhaber bezog und wartete gespannt, ob sie vielleicht, wenn in ihren Reden nicht gestört, sich von selbst näher äußern würde. Freilich war die kleine Amerikanerin auf daS, WaS alsbald folgen sollte, am allerwenigsten gefaßt. „Wahrhaftig, dieser Mr. Cates versuchte ja sogar, über Sie so etwas ausfindig zu machen, Miß Pansy," fuhr das Mädchen fort. „Ob ich wüßte, was in dem Carlo» war, den Sie bei sich batten, als Sie an jenem Tage zu M>ß Margaret zum Besuch kamen, fragte er mich, und ob Sir den Carton wieder mit sich nabmen, als Sie gingen! Ich begreife nicht, wie der Herr Major einen solchen unver schämten Menschen von Polizei-Jnspector im Hause sein Wesen treiben lassen konnte! Er würde eS gar nicht ge duldet haben, wenn er so wie wir Dienstboten die neugierige, zudringliche Manier von dem Mann hätte sehen können. Immer wieder und wieder kam er in das Dienerzimmer — auch noch, nachdem ich fort war. die Köchin bat eS mir er zählt — und fragte Alle nach allem Möglichen aus — sogar auch nach Ihrem Papa, Miß Pansy, wer und was das für ein Mann sei, und wieder nach dem Carton und — ach, Was weiß ick. wonach Alle»!" Pansy'S Neugier schien plötzlich erloschen — sie wandte den Kopf ab, etwas Unverständliches murmelnd, und trat an einen Seitentisch, an dem stehend sie Hannah den Rücken zukehrte; sie beschästigte sich dort mit dem Ordnen einiger gleichgiltiger Gegenstände, als ob sie die Sache nicht weiter interessirte. Aber ihr hübsches Gesicht war dunkelroth geworden. Margaret ergriff nun da» Wort, um der pein lichen Situation ein Ende zu macken. „Sprechen wir nicht mehr davon, Hannah", sagte sie in mildem Ton. „Wenn ich Dir Helsen kann, werde ich e« jederzeit gern thun, erinnere Dich daran — und wenn e» einmal irgend etwas giebt, daS Du mich wissen lassen solltest, wirst Du es mir sagen, ich bin dessen überzeugt, Kind". „Ich will, o gewiß, und ich werde es, Ma'am!" versicherte das Mädchen warm und nahm, die Beendigung der Audienz verstehend, mit einem Knix Abschied. Als sich die Thür hinter ihr geschlossen, glitt Pansy durch das Zimmer an die Seite ihrer Freundin und stand dort schweigend, bis Margaret die Hand ausstreckte und tastend die ihrige nahm. Dann drückte sie, einem raschen Antriebe folgend, Margaret s Finger innig an ihre Lippen. „Soll ich Dir Alles sagen, was jenen Carton betrifft?" fragte sie ein wenig gepreßt. „Nicht, wenn Du eS nicht gern möchtest, Liebe." „Ich möchte es nicht gern — ich hasse es, daran zu denken Aber lieber, als Dich glauben lassen, eS gäi^ irgend einen, auch nur annähernd vernünftigen Grund für die lächerlichen Phantasien jenes Polizeimannes, würde ich Dir die ganze häßliche Geschichte erzählen." Margaret antwortete nicht, sondern streichelte nur zärtlich und zutraulich die kleine» weiße, nervöse Hand, die in de» ibrigen lag. Es schien, als halte sie die Sacke keiner weiteren Erwähnung Werth und denke schon nicht mehr daran. Allein der erregten Pansy genügte daS nicht. „Sag' mir", drängte sie in die schweigende Freundin: „Hältst Du mich für fähig, in irgend einer Weise in jenes ruchlose Attentat verwickelt zu sein?" Margaret lachte freundlich auf sie hin, indem sie sich von ihrem Sitz erhob. Dann wurde sie ernst und seufzte leicht. „Du, Kind?" sagte sie ein wenig ungeduldig. „WaS für eine närrische Idee! Ich würde ebenso leicht meinen Vater oder meinen Gatten im Verdacht haben. Lassen wir dock die Sache ruhen. Das Ganze ist ein schreckliche» Geheimniß — und ich glaube, ich wünsche, daß es das bleiben möge! Ich trachte nickt darnach, zu wissen, wer die Thal begangen. Kannst Du Dir nicht denken, Liebste, daß man lieber Den nicht kennen möchte, der Einem so grausame», bitteres Weh angethan?" Pansy pflichtete zerstreut bei. Sie fühlte sich ein wenig gedrückt und verwirrt von Margaret'» Art und Weise. Fortsetzung folgt )
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