Suche löschen...
Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 17.03.1897
- Erscheinungsdatum
- 1897-03-17
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-189703170
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18970317
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18970317
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1897
- Monat1897-03
- Tag1897-03-17
- Monat1897-03
- Jahr1897
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 17.03.1897
- Autor
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
«v. 1.l>. l.C t v, t.v. t-v. I.V. l.0 l, I). w-vp.k ru-Lp^j t.0. t.v. «0. l. o. l.v. i v. i V. t V « I). BezugsPreis W ßir Hauptexpedttion oder den kn Stadt- beetrk «ud den Vororten errichtete« Au«, gadestrll«, ,hgeholt: vterteljährltch^lSchO, bei «etmaliger ütglicher Zustellung ins Öou» -HO. Durch di» Post bezogen für Deutfchland und Oesterreich: viertel,adrttch » S.—. Ltrect» täglich« Kreuzband,endung «>« «ulaud: numatltch >l 7ckO. Die Morgenausgabe erscheint um '/»^ Är. dt» Lbend-AuSgab« Wochentag« um S Uhr. Ne-actlon und Ervrdltio«: AotzanneSgafs« 8. Di» Expedition ist Wochentag» unonterbroch«» geöffnet vo, früh 8 bis Abend» 7 Uhr. Filialen: ttto klemm'« Tortim. (Alfred Hahu). Universitätsstraße 3 (Paulinum), L»ui» Lösche, Aatharinenstr. 14» Port, und Königsplatz 7. tlMlger Anzeiger. Amtsölatk des Lönigkichen Land- «nd Ämksgerichles Leipzig, des Ralhes nnd Nolizei-Ämles -er Ltadl Leipzig. Anzeigeu.Preis die 6 gespaltene Petitzeile SO Pfg. Reclamen unter dem Redactioasstrich l4ge- fpaiten) bO-H, vor den Aamiliranackrichten (6gespalten) 40 Größere Schriften laut unserem Preis- vrrzeichniß. Tabellarischer und Zifiernsatz nach höherem Tarif. -rtr« »Beilagen (gesalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohue Postheförderung ^l 60.—, mit Postbesörderung ^ 70.—. . Äanahmeschlvß für Anzeige«: Abend-Ausgabe: Vormittags 10 Uhr. Morgen- Ausgabe: Nachmittag« 4 Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je »in» halb« Stunde früher. Anzeige» sind stet« an die Expedition zu richten. Druck und Verlag von E. Polz l» Leipzig. t. o. l. v. >.o. > v. >. u. »o. >. v. »neu. 138. Mittwoch den 17. März 1897. 91. Jahrgang. »neu. N»E NOl.TbL «Ssr- » ». ». z. l»tte«. s. L L 8. 8. 8. 8. 8. b»8. 8. 8. 8. 8. 8. 8. 8. 6. 5. ». 8. 8. 8. 8. 6. 8. 8. II. itUvk Llark - 6. 1 8. - ». - ». r s. r s. »«Note >l»r» i I.tt.011008 - 8 p 8 p ». 8. 8. ,i. «.so» 8 e 8.» KL »St^d»..Vlv. Auch ein „deutscher Professor" über den Socialismns. Die zahlreiche und lebhafte Betheiligung dcS deutschen Professoren- und Gelehrtenthums an der socialistischen Be- tvegung und die Art, wie diese Theilnahme sich vielfach kund- giebt, hat es dahin gebracht, daß namentlich die Männer der staatlichen und der wirtbschaftlichen Praxis nahezu jeden Ge. lehrten und Professor für einen halben Socialisten halten und in dieser Voraussetzung nicht gerade günstig brurtheilen. Ztimmen au« letzteren Kreisen heraus, welche geeignet ge wesen wären, diese« Vorurtheil zu widerlegen, haben sich bis letzt nur in geringer Zahl vernehmen lassen. Da ist r« nun von besonderem Interesse, eine solche Stimme, und eine sehr gewichtige, allerdings aus einer um einige 20 Jahre hinter uns liegenden Vergangenheit zu vernehmen, au« einer Zeit, wo die Hinneigung der Gebildeten zn socialistischen Ideen kaum in ihren Anfängen vorhanden und von der Fieberhaft, die sie heute einzunehme» scheint, weit entfernt war. Es ist kein Geringerer als Heinrich von Treit schie den! wir hier das Wort geben. In einem Aufsatz: „Der Socialismus und seine Gönner" i» den Preußischen Jahr büchern von 1874 (1. Heft) spricht sich der berühmte Historiker über die Haltung des deutschen Gelehrtenthums angesichts der socialistischen Bewegung folgendermaßen aus: „Der stille deutsche Gelehrte, lenkt er einmal seine Blicke aus die schweren Gebrechen und Widersprüche unseres socialen heben«, so kann ihm jener thätige Zweifel, der den Mann der Geschäfte selten berührt, leicht zur gefährlichen Ver suchung werden. Seine philosophische Bildung drängt ihn, die Grundbegriffe seiner Wissenschaft mit dem Pfluge der Kritik, täglich umzuackern, sein reiches Wissen bietet ihm eine Fülle entgegengesetzter Gesichtspunkte, unheimlicher historischer Parallelen, bis endlich der Boden unter seinen Füßen schwankt und der vielgestaltige Wunderbau der modernen Gesellschaft, das Werk der Arbeit reicher Jahrtausende, ihm nur als ein Zustand greulicher Verwesung erscheint. Der leidenschaftliche Partcikampf, welcher heute die deutsche nationalökonomische Wissenschaft bewegt, zeigt genugsam, wohin solche maßlose Zweiselsuchl führt. Besonnene Gelehrte wetteifern beharrlich, neue „Fragen" aufzuwerfe», die Niemand zu beantworten weiß; Männer der Mttlelparteien erproben ihren Scharfsinn durch schonungsloses Verdammen unserer socialen Ordnung, reden über Alles, was besteht, mit einer ingrimmigen Bitterkeit, die wir sonst nur auS dem Munde der Demagogen zu vernehmen pflegten. Der Schopenhauer'scke Pessimismus, diese Modcthorheit unserer Tage, die ihre jämmer liche Willensschwäche durch maßlosen Dünkel zu veroecken sucht, brütet über willkürlichen GeschichtSconstructionen, stellt dem Volke Kant s und Fichte'S den Werdegang der Menschheit als eine ewige Krankheit dar und verleitet die National ökonomen zu einer volkSwirthschaftlichen Erbsündenlehre, die um Nichts fruchtbarer und um Vieles trostloser ist als die theologische. Am letzten Ende dient dieses Heer von An klagen, das sich gegen die bürgerliche Gesellschaft heran- wätzl, doch nur als bequeme Flankendeckung für die Be strebungen der Socialisten (Socialdemokraten), der ge schworenen Feinde jeder edlen Gesittung. Auf das arglose Gemüth des Gelehrten macht die dicta- lorische Zuversicht der socialistischen Apostel doch einigen Ein druck. Er sagt sich, daß wir Gebildeten in diesem Zeitalter rcflectirter Bildung von dem Gemüthsleben der Massen leider sehr wenig wissen. Er sieht in den tobenden Volks versammlungen der Socialisten elementarische Kräfte ent fesselt, deren Macht er nicht zu berechnen weiß. Er nimmt die Prahlereien der Demagogen für haare Münze und glaubt lreuhrrzig, daß wirklich die „ungezählten Hungerbataillone deS deutschen Reichs" entschlossen wie ein Mann hinter diesen Schreiern ständen. Aus den Reihen der Stände, welche unter der wirthschaftlichen Krisis der Gegen wart am schwersten leiden, der gebildeten Mittelklassen, dringen bittere und nur zu berechtigte Klagen an sein Obr; so redet er sich ein, der Glaube an die Grundlagen aller bürgerlichen Ordnung sei in seinen Tiefen erschüttert. Um nur nickt ungerecht zu werden gegen eine Richtung, deren bodenlose Gemeinheit er im Stillen ahnt, kommt er den Gegnern Schritt für Schritt entgegen und verhandelt so lange mit ibren Vorposten, bis die Führer, die über den harmlosen Mann sich ins Fäustchen lachen, ihn mit ihren Truppen umstellt haben und er mitten im Lager der Feinde sieht. Dazu die Furcht vor den gestaltlosen Schreckbilvern einer ungeheuren Zukunft! Wenn unsere besitzenden Elasten unleugbar oft durch die Gleichgiltigkeit gegen das Loos der Arbeiter gefehlt haben, so stehen wir heule im Begriff, durch die Angst vor den Massen uns noch weit schwerer zu ver sündigen." Deutsches Reich. X. Berlin, 16. März. Die schwierige Lage, die durch die Ablehnung des wesentlichsten Theiles der Neüforderungen für die Marine entstanden ist, erweckt Unbehagen in allen Kreisen, selbst in denen, die einen Sieg erfochten haben. Mit merkwürdiger Uebereinstimmung heben die „Freis. Zlg." und die „Germania" hervor, daß von den einmaligen orventlichcn Ausgaben ja 54 Millionen bewilligt und nur 12'/» Millionen gestrichen worden seien. DaS führende Centrumsblatt ver- fchweigt dabei wohlweislich, daß die Streichungen deswegen von besonderer Bedeutung und viel wichtiger sind, als die Bewilligungen, weil die Streichungen zum Tbeile sich auf erste Baurate» bezogen, wahrend die Bewilligungen zum großen Theile die nothwencige Folge von Be willigungen in früheren Jahren waren. ES soll also dem Leser der Anschein erweckt werden, als ob die Strei chungen, die ja rein rechnerisch nicht ganz ein Fünftel der geforderten Summe ausmachen, nicht von erheblichem Belang seien. Wenn da« Blatt dann weiter zur Entschuldigung der Ablehnungen sagt, daß durchschlagende sachliche Gründe vor handen gewesen seien, so bleibt eS diese Gründe ebenso schuldig, wie am vergangenen Sonnabend Herr vr. Lieber Der CentrumSpresse, so trotzig sie sich anstellt, ist also an scheinend doch unbehaglich zu Muthe, und daraus läßt sich die, wenn auch nicht allzu große, Hoffnung herleiten, daß im Plenum wenigstens einige Remevur eintrilt. Daß ein Theil der Sieger an diese Möglichkeit glaubt, ergiebt sich aus der Bemerkung deS Richter'schen OrganS, man müsse für die Plenarberathung mit Ueberraschungen aller Art rechnen. Eine auch nur balbwegS günstige Lösung der Schwierigkeit bei der Plenarberathung ist besonders darum zu wünschen, weil ein besonnener Politiker von extremen Mitteln, wie von einer ReichStagSauflösung, «inen Erfolg sich nicht versprechen kann. Ganz abgesehen davon, daß cs fraglich ist, ob Marinesvrderungen überhaupt eine kräftig wirkende Wahlparole sind, muß man berücksichtigen, daß gegenwärtig in Folge von mancherlei Umständen eine nicht günstige Stimmung im Lande besteht. Die Art, wie die Denkschrift des Admirals Hollmann bei der CommissionS berathung vorgebrachl wurde, hat selbst bei Staatsmännern wenig Beifall gesunden. ES wäre daher dem Centruin vielleicht gar nicht unlieb, gerade bei der jetzt herrschenden Stimmung sich bei Neuwahlen als Wahrer der Rechte des Volkes und der Volksvertretung aufspielen zu können. Man darf ferner nickt unbeachtet lassen, daß im Gegensätze zu der Haltung der conservaliven Vertreter in der Budgetcommission das Organ des Bundes der Landwirthe mit ganz außerordentlicher Kühle die Ablehnung der Marineforberungen behandelt. Braucht die conservative Fraction auch für ihre Abstimmung nickt auf die Auffassung des BundeSorganS Rücksicht zu nehmen, so verändert sich die Sachlage sehr beträchtlich, sobalv Neuwahlen ausgeschrieben werden. Der Bund der Landwirthe mit seiner festen Organisation bildet den Kern der conservative« Partei, und da auzunehmen ist, daß bei einer so wichtigen Frage die Auslassungen des Organs nicht eine Privatleistung der Redaction sind, sondern die Auffassung der Führer widerspiegeln, so müßten diese Auffassungen bei Neuwahlen berücksichtigt werden. Die conservative Partei könnte also nicht mit vollem Dampf in die Agitation unter der Parole „Für die Marineforderungen" eintreten, und damit wäre der Attacke gegen die Radicalen und das Centrum die Spitze abgebrochen. Auch der Rücktritt deS AkmiratS Hollmann würde für die Neuwablen gar nichts nützen, da die große Mehrbeit der Bevölkerung mit Gleichgiltigkeit darüber hinweggehen würde. So beliebt und geschätzt auch Hollmann bei den Parlamentariern ist und so wünschens wert!) auch sein Verbleiben im Amte wegen seiner hervor ragenden Fachkenntniß und seiner ehrlichen, offenen Kampf weise sein mag, so ist er der Bevölkerung doch recht fremv, und wir wollen ihn gewiß nicht kränken, wenn wir annehmen, daß einem sehr erheblichen Theile des Volkes es gleicbgiltig ist, ob der Staatssecretair der Marine Holtmann oder Tirpitz oder sonstwie heißt. Aus allen diesen Gründen muß eine Auflösung als ungeeignetes Mittel zur Erreichung deö Zweckes angesehen werden. Von anderen Maßnahmen, die in manchen Blattern angedeutet werden, schweigen wir lieber, weil die ohnehin ungünstige Position der Negierung durch solche An deutungen nur noch schwieriger gestaltet werden kann. * Berlin, 16. März. Wir haben schon berichtet, daß der verantwortliche Redacteur des „Geselligen", Herr Fischer in Graudenz, von der Thorner Strafkammer als Berufung« instanz wegen Beleidigung deS Pfarrers Polomski zu 50 Geldstrafe verurtheilt worden ist. Ueber die Ver handlung ist nach dem „Ges." noch Folgendes zu berichten: Nebenkläger Zeuge P o l o m S k i - Briefen sagte unter dem Zeugeneide aus, daß die Verweigerung der Beichte außerordentlich selten vorkomme, nur notorischen Sündern gegenüber (zum Beispiel bei Doppelehe). Mördern werde nicht einmal die Abnahme der Beichte verweigert. Er, der Pfarrer, habe, seines Wissens, noch nie die Beichte verweigert, am allerwenigsten in dem vorliegenden Falle. ES sei eine schwere Beleidigung, ihm so etwas zuzulrauen. Vom RechtSanwatt Wagner-Grandenz, Vertheidiaer de« Angeklagten, war eine katholische Frau Demski au« Briefen vorgeladen, welche, auch unter ihrem Eide, bekundete, Pfarrer PolomSki habe persönlich ihr die Beichte verweigert, sie nicht zur Osterbeichte zngeiassen, weil ihr Ehemann evangelisch sei und nicht katholisch werben wolle, wie der Decan eS verlangte, sie sei aus der „Seelenliste", welche die Katholiken ausführte, die zur Osterbeichte zugelassen werden, gestrichen worden. Nach dieser Vorhaltung enlgegnete Decan PolomSki schließlich nur: „DaS weiß ich nicht". Von der Vertheidigung und dem Angeklagten wurde fest gestellt, daß die Verweigerung der Beichte gegenüber dein katholischen Theile in der Mischehe durchaus nicht etwas so Seltenes sei, wie eS der Decan Polomski hin stelle. Ein Fall mit der katholischen Frau des Polizei wachtmeisters Sch., jetzt in G-, war erst dem Herrn Decan gar nicht bekannt, dann erinnerte er sich schließlich doch und behauptete, er habe der Frau die Beichte nicht verweigert. Die Berathung deS Gerichtshofes dauerte tangere Zeit. Die Strafkammer des Thorner Landgerichts verurtheilte, vem Anträge de« StaatSanwaltS gemäß, den verantwortlichen Redacteur deS „Geselligen", P. Fischer, zu 50 Geld strafe und in die Kosten, auch wurde auf Publikation deS Urtheils im „Geselligen" erkannt. Der Gerichts hof in Thorn (LandgerichtSdirector Graßmann) hat, und zwar in Uebereinstimmung mit dem Reichs gericht, den Schutz des Z l93 St.°G. nicht als vorliegend erachtet, aber angenommen, daß der Angeklagte in gutem Glauben gebandelt habe, eS könne dem Angeklagten — so wurde ungefähr in der Urteilsbegründung auSgefübrt — geglaubt werden, daß er sich deS Vorwurfs der Amtsüber schreitung nicht bewußt gewesen sei, zu verurtheilen sei er aber dennoch wegen öffentlicher Beleidigung und zwar wegen deSgegen den Pfarrer Polomski gerichtete n Vorwurfs, daß dieser katholische Geistliche kirch liche Zuchtmittel zumZwecke der Polonisirung ge- inißbraucht hätte. — Der verantwortliche Redacteur des „Geselligen" bat gegen dieses Urtheil Revision eingelegt. * Berlin, 16. März. Die Ordnung der Enthüllung des Nationaldenkmals für Kaiser Wilhelm am 22. März 1897, Vormittag« 11 Uhr, ist nun wie folgt frstgestellt: 1) Die conunandirten Truppen haben nach den darüber ergehenden Befehlen bis 10'/, Uhr im Lustgarten und auf dem Platz am Zeug hause Aufstellung zn nehmen. 2) Die zum Feste geladenen Personen versammeln sich um 10'/- Uhr auf dem Festplatz, und zwar: die fürstlichen Personen in dem vor Portal III des königlichen Schlosses errichteten Zelt, die im Gefolge derselben erscheinenden Damen und Herren aus den zu beiden Seiten unmittelbar anstoßenden Tribünen, der Reichs kanzler, die stimmführcnden Bevollmächtigten zum Bundesrath, die Ritter des Schwarzen Abler-Ordens, die königlich preußischen Staats- minister, die Präsidenten, Vice-Präsidenten und Schriftführer des Reichstags und beider Häuser des preußischen Landtags, die nicht in Parade stehenden Generale, die Admirale, die inaktiven Staats minister, die Chris der Reichsämter, die Wirklichen Geheimen Näthe, die Räthe erster Classe, der Ober-Präsident des Stadtkreises Berlin, der Polizei-Präsident von Berlin, die Oberbürgermeister und Stadt- verordneten-Borsteher der Städte Berlin, Potsdam, Spandau und Charlottenburg, die Rectoren der Hochschulen, sowie die besonders geladenen Ehrengäste, rechts und links neben dem Zelt, die Geistlichkeit vor dem Denkmal, die Künstler, Baubeamren und Handwerksmeister, welche bei der Ausführung des Denkmals mit gewirkt haben, unmittelbar am Denkmal, die übrigen Mitglieder des Bundesraths, des Reichstags und beider Häuser des preußischen Landtags, die Abgeordneten der Armee und Marine, sowie der Behörden und öffentlichen Körperschaften, der Schulen, gemein nützigen Vereine und alle übrigen eingeladeiien Personen aus den beim Denkmal errichteten Tribünen. 3) Die Kaiserin und die Kaiserin Friedrich begeben sich bei Be- ginn der Feier aus die für sie in dem Zelte heraerichtete» Plätze. 4) Der Kaiser verläßt das königliche Schloß durch Portal V, reitet die Front der in Parade stehenden Truppen ab und begiebt sich sodann von dem Palais des seligen Kaisers Wilhelm aus an der Spitze der die Fahnen und Standarten begleitenden Truppen- theile nach deni Feslptatze. 5) Aus das vom Kaiser zu gebende Zeichen locken die Tambours zum Gebet; die Trompeter der Cavallerie blasen zum Gebet. Das Bläsercorps spielt das Lied „Lobe den Herrn." Der Generaisuper- intcndent Faber spricht das Gebet. Die Tambours und Trompeter schlagen und blasen ab. 6) Der Kaiser ertheilt den Befehl zur Enthüllung. Sobald die Hülle des Denkmals gefallen ist, präsentire» die Truppen und rufen Hurrah l Die Tambours schlagen, die Musikchöre spielen „Heil Dir im Siegerkranz". Zugleich wird die Enthüllung durch 101 Kanonen schüsse und durch das Geläute aller Glocken verkündet. Das Btäser- chor spielt einen Choral. 7) Die commandirten Truppen defiiiren vor dem Kaiser. Schluß der Feier. V. Berlin, 16. März. (Telegramm.) Der Kaiser und die Kaiserin unternahmen heute Vormittag eine gemein same Spazierfahrt. Von derselben inS Schloß zurückgekehrt, empfing der Kaiser den Chef des Militaircabinets General v. Habnke, den stellvertretenden Chef des Ingenieur- und Pioniercorps und der Festungen Vogel von Falckenstein, sowie den Kriegsminister Generallieutenant von Goßler zu gemein samem Vortrage und arbeitete demnächst mit dem Chef deS Militaircabinets. Um 12 Uhr wohnte der Kaiser auf dem Kasernenhofe des 2. Garde-Dragoner-Regiments, Kaiserin von Rußland, der feierlichen Uebergabe der dem Regiment?, welches in Parade zu Pferde auf dem Casernenhofe auf- marschirt war, von der Kaiserin von Rußland ver liehenen silbernen Kesselpauken bei und nahm nach der Feier im Kreise des Osficiercorps des genannten Regi ments das Frühstück ein. Heute Abend wird das Kaiserpaar einer Einladung des russischen BotschafterpaareS zum Diner entsprechen. V Berlin, 16. März. (Telegramm.) Die „Nationalztg." schreibt gegenüber den in parlamentarischen Kreisen ver- Fruitt-toir. Der Laubkönig, ein thüringisches Friihlingsfess. Wenn der Frühling wieder in- Land zieht mit Blüthen und Sonnenglanz, wenn Pfingsten, da« liebliche Fest de« neuen Geistes der Schöpfung, erstrahlt, dann wachen auch die Herzen der Menschen aus zur Lebenslust und Festes freude, und vor Allem daS fröhliche, sangeskundige Volk der Thüringer, das Gott der Herr mitten in einen weiten Park der Natur, von der Wartburg bis zur Schwarzburg, ins Herz deS deutschen Reiches eingepflanzt hat, stimmt mit in riesen Jubel ein. Uralt ist die Freude über den wiedergekebrten Frühling. Zur Zeit der Sonnenwende, mitten im eisigen Winter, wenn alles Leben der Natur erstarrte unter dem Eise und be graben lag, tief unter der Schneelast, wallfabrtete der alte Thüringer wohl hinauf auf die von schneidendem Wind um tobten Berge, um im Kreise der Sippschaft dem Gotte deS Lichte- im Rausche blutige Opfer zu bringen und Gelübde des Dankes zn bezahlen beim Brand bellauflodernden FeuerS. Und auf solchen Opfer- und Cultu-stätten, die einst belebt waren von den nervigen Gestalten unserer Ahnen und den geheimniß- vollen priesterlichen Druiden, aber auch bedeckt mit den Wänsten der geschlachteten Pferde und Thiere, deuten di« kahlen, ausgebrannten Kuppen eine« HörsekS-, eine- ZnselS- und WartbergrS heute noch hin. Bei der Cbristianisirung des Lande- nabm die Kirche schonend und rücksichtsvoll die gefundenen Bräuche auf, und unter ihrem wunderbaren Sieges- Zeichen verwandelten sich die alten Feste der Natur zu Fr»ern des Reiche« deS Herrn, und di« Berge der Götzen wurden zu Burgen de« wabren Glauben«. Der wüste Opferlärm aus den Höhen war verhallt, und di« unheimliche Glnth der Festfeuer zur Zeit der Sonnenwende war verlodert. AuS den romanischen Fenstern der Capellen an den Füßen der Berge leuchtete eine heilige Weihnacht, da« ewige Licht deS Gottessohnes, und im Chor ertönte e« feierlich von Priester und Volk: Welt war verloren, Christ ist geboren, Freue dich, freu« dich, Christenheit! Und welcher Jubel nun erst, wenn der Lenz mit seiner Herrlichkeit einzog, mit seinen Blüthen und Liedern, Ostern, das Fest der Auferstehung der Natur, war auch das Fest der Auferstehung des Geistes, und zur Pfingstzeit, da Alles in schönster, duftigster Blüthe stand, sprach der Herr gewaltig mit der Stimme der Gnade. Pfingsten, das Blüthenfest, war ja daS Fest der Ausgießung deS heiligen Geiste-. Dies ursprüngliche Naturfestj das einst fröhlich die Alten und Aeltesten Thüringens begangen haben, lebt beute noch bei den Kindern fort. ES ,st die LaubköoiaShuldigung, die am dritten Psingsttag in den Dörfern am Fuß deö InselS- und HörselSbergeS heute noch in origineller Weise erfolgt. „Laub-(Lub-)König" ist wohl ein Fest zu Ehren des Kölligs der „Loibe". Loibe, ein slawisches Wort, bedeutet dichter Walv. Noch jetzt heißt ein Theil der Gegend von Suhl „die Suhlner Loibe". Verwandt ist offenbar das deutsche Wort „Laube". Noch im Anfang de» 11. Jahr hunderts schenkte Kaiser Conrad II. auf Verwenden seiner Gemahlin Gisela einen Theil der großen Fläche am Thüringer Wald, die Loibe genannt, dem mächtigen Grafen Ludwig T mit dem Barte, dem Stammvater der alten Landgrafen von Thüringen. Doch kommen wir wieder zurück auf unseren Laubkönig. Eine recht interessante Notiz ist uns noch au« der Zeit vor Ausbruch de- 30 jährigen Kriege« in den Generalvisitations- acten auS dem Jahr« 1613 erhalten. Dort bemerken die ge strengen Visitatoren bei der Besuchung in Craula folgenden „bösen Brauch": „Aus den ersten Psingstfeiertag kleydet sich einer aus den Roßbuben ganz nackt in grünlaub und bestecket sich um den Hals mit gelben Blumen, dem volgen die Roßbuben nach und singen miteinand: Nu biten wir den heiligen Geist . . . Diesen Roßbuben müssen hernach die Hevenburger genug zu trinken geben. Item sie haben macht; selbigen TagS in die Gärten zu reite» und ihre Pferde zu wryden." Man sieht aus diesem Bericht noch ganz deutlich die Vermischung des Christlichen mit dem Altbeitniscben. Diese Feier war offenbar der Ueberrest eines einstigen FrüblingS- festeS, bei dem die ErstlingSgaden ver Natur, der Blütben und des Gezweigs gespendet wurden den Göttern des Lenzes und den Söhnen de- LichtS. Sie wurden aber eine Art Mummenschanz, bei dem die männliche erwachsene Jugend ibren Tribut brachte in grünem Laub und mit Blumen kränzen um den Hals und ihre Rechte in frischem Trunk und freier Weide empfing von den Heimburgern, d. h. von den erblich angesessenen und tonangebenden Aeltesten de« OrteS. WaS ist nun heute nach fast 300 Jahren aus jener alten Frühlingssitte in Thüringen geworden? Zunächst ist zu sagen, daß da« Fest de« Laudkönig« in den Walddörfern Thüringen« und »war im Emse- unv Hörselthal, also inmitten der sagrnreichen Gegend zwischen dem InselSderg, dem Hörsrl- berg und der Wartburg, gefeiert wird. Hier sind ja auch beute noch di« Hauptstätten deS uralten heidnischen Göttercult« zu suchen. Wer kennt nicht die Mythen der Frau Holle, die auf dem Hörselberg thront, der Frau Venu«, deren geheimnißvolle Gemächer dort ver schlossen liegen, die wundersame Mär des uralten Don Juan», Ritter Tannbäuser, di« Sagen von ver Wunder blume »nd vom verzauberten Bergmann, dir Minnelieder und Kampsgesänge der romantischen Wartburg? Un ermeßliche «chäye an Erz, Gold und Edelgestein erglühen bier dem ärmsten, einsamsten Wanderer, der in heiligen Nächten die ehernen Kammern und verfallenen Schächte der Berge betritt, und schauerlich rauscht über seinem Haupte hinweg über die Spitzen der böchsien Tannen Wodan's wildes Heer mit dem Drachen in seinem Gefolge. . . Gleichwobl, das Fest des LaubkönigS, einst ein Fest der mannbaren Recken, ist heute nur noch eine Feier der Jugend, und zwar deS schwächeren Geschlechtes, der jungen und ganz jungen Mägdelein. Schon wochenlang vorher rüstet sich daS junge Dölkcken. die rechte Pfinzstbraut (Psingstbroit) zu küren, eine Ehre, die gewöhnlich dem ältesten Schulmädchen gebührt. Die Groß mütter kaffen sich's nicht nehmen, die Enkelinnen heraus- zuputzen mit Bäncern und Kronen von Flittergold und Blumen und jungem Maiengrün. Nicht selten umgürten sich die Theilnebmerinnen am Feste mit Schnüren von auS- geblasenen Eierschalen, mit denen Wohl auch die Erwachsenen in heiliger Pfingstnacht die Brunnen und Quellen im Dorfe bebängen. In einigen Orten de- Hörselgrundes ist eS beute noch Sitte, die Königin deS Festes, die Braut, in grünes Laub völlig einzuhüllen. Am dritten Psingstfeiertag früh um vier beginnt nun die eigentliche Feier. Die Mädchenschaar zieht mit der Braut in der Mitte durch das mailiche Dorf. Vor jedem Ha»S — beim Herrn Pfarrer beginnt man — wird unter fröhlichem Gesang ein Tanz volltührt, bei welchem die Braut mit je einem Mädchen de- Hause- zu tanzen pat. Diese Pfingstlieder sind nun originell und uralt, vererbt von Großmutter auf Kind und Kinde«kind. Einige Proben dieser Gesänge mögen hier folgen! Der Kirschbaum hat sein Laub verloren. Wir müssen tkm Laub besorgen. Was haben wlr d» lieben Braut gethan. Wir bieten ihr einen guten Morgen. Einen guten Morgen bieten wir ihr. Wir bieten ihn gar zu gerne, Und wenn ich ein schöne« Mädchen srh', So möcht ich morgen sterben. Bring heraut den schönsten Strauß Allerschönstrr Rosen. Du bist geschmückt mit Manbelknn, Und wer Dich sirht, brr hat Dich grr»
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite