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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 18.03.1897
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1897-03-18
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18970318020
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1897031802
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1897031802
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1897
- Monat1897-03
- Tag1897-03-18
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Größere Schrift«, laut nas«« Brei», urrzeichaiß. Tabellarischer and Zifserusatz auch höherem Tarif. Extra-Beilagen (gesalzt), «ur mit dn Morgen.Ausgabe, ohne Postbeförderum »i M.—, mit Postbefördrrung ^l 70.—. Anaahmeschlnß für Anzeigen: Abend»Ausgabe: Vormittag» 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittags 4Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je eine halbe Stunde früher. Anzeige» sind stets an die Expedition zu richten. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig. uv. Donnerstag den 18. März 1897. 91. Jahrgang. Politische Tagesschau. * Leipzig. 18. März. Der Reichstag, der vorgestern die Vorlage über die reichsgesetzliche Regelung des AuSwanderungs- wesen» nach einer nicht gerade in die Tiefe gehenden, aber der Vorlage ein nicht ungünstige- Schicksal verkündenden Berathung an eine Commission von 21 Mitgliedern verwies und gestern nach einer ziemlich verworrenen Debatte über die Bäcker eiverordnuna sich dahin schlüssig machte, mit Rücksicht darauf, daß der Reichstag bereits die Nothwendig- keit einer Abänderung dieser Verordnung anerkannt und der Bundesrath Erhebungen über ihre Wirkung ver anstaltet habe, sei daS Ergebniß dieser Erhebungen abzuwarten, — tritt heute in die zweite Berathung des Marine-Etat» ein und wird in Folge dessen eine ungewöhnlich starke Frequenz aufweisen. Eine ganze Reihe süddeutscher, elsässiscber und welfischer Abgeordneter, die man seit Monaten im Reichstage nicht gesehen, ist be reits in Berlin eingetrofsen. Von der Stärke, in der die einzelnen Fraktionen erscheinen, hängt wahrscheinlich nicht nur die Entscheidung über die Forderungen des Marineetats, sondern auch über das Entlassungsgesuch des StaatssecretairS Holl mann ab. Einzelne Berliner Blätter behaupten zwar, der Kaiser habe bereits dieses Gesuch abgelebnt, aber da die „Nordd. Allgem. Ztg." lediglich zu melden weiß, es ver- laute in parlamentarischen Kreisen und werde auch von anderer Seite bestätigt, daß das Gesuch „nicht angenommen" worden sei, so muß man wenigstens mit der Möglichkeit rechnen, daß es angenommen werde, wenn daS Plenum sich völlig auf den Boden seiner Budgetcomniission stellt. Um dies zu ver hüten, haben Besprechungen, an denen StaatSsecretair Or. v. Boe tticher sich betbeiligt hat, mit dem Centrum statt- gesunden; die officiöse Presse ist eifrig bemüht, den Nachweis zu führen, daß die angeblichen finanziellen Bedenken des Herrn Or. Lieber jeder Begründung ent behren, und zweifellos werden bei der Plenarberathung sowohl der Reichskanzler, wie die Staatssecretaire des Reichsschatzamts und des Auswärtigen auch ihrerseits sich bemühen, nicht nur alle von der Opposition ins Gefecht geführten Bedenken zu entkräften, sondern auch den Nachweis zu erbringen, daß falsche Sparsamkeit bei unserer Kriegsflotte daS deutsche Ansehen und sogar die deutschen Fiuanzen schädigen würde. ES handelt sich ja bei der bevorstehenden Berathung nicht um die Denkschrift des Herrn Holl mann mit ihren Plänen für die Zukunft, über die selbst in RrgierungSlreisen ein volles Einvernehmen nicht zu herrschen scheint, sondern lediglich um die Positionen des vorliegenden Etats, die schon im Bunvesrathe erhebliche Abstriche erfahren haben und daS Minimum dessen darstellen, waS die verbündeten Regierungen für das nächste Elatsjahr verlangen zu müssen glauben. Trotz aller dieser bereits aufgeweudeten und noch aufzuwendenden Mühe ist eS jedoch rwch s«hr zweifelhaft, ob die ausschlaggebende Partei, das Erntrum, von seiner in der Budaetcommission eingenommenen Haltung sich wird abbringen lassen. Rundweg erklären die ultramontanen Blätter, man solle ja nicht darauf rechnen, daß daS Eentrum zu irgend welcher Nachgiebigkeit sich bereit finden lasten werde. Dem widerspricht allerdings die Meldung eines Berliner Blatte-, daß die Verhandlungen zwischen der Regierung und dem Centrum noch nicht ab gebrochen seien und daß die Partei des Herrn vr. Lieber zwar anscheinend fest entschlossen sei, von der Höhe der abzestrichenen Summe nicht herunterzugehen, aber vielleicht zu einer Verständigung auf der Basis sich bewegen lassen werde, daß die für zweite und dritte Raten bewilligten Summen noch weiter gekürzt und die dadurch ersparten Summen für zu bewilligende erste Raten verwendet werden würden. Man weiß aber nicht, ob man sich darüber freuen dürfte, wenn ein solcher Pakt zu Stande käme. Die Regierung bat bei der zweiten Berathung des Marine-EtatS in der Commission ausdrücklich darauf hingewiesen, daß eine Ver langsamung des Baues der in den letzten Jahren bewilligten Schiffe erhebliche Nachtheile mit sich bringe. Trotzdem hat die Commission bereits bei vier zweiten und dritten Raten für im Bau befindliche größere Schiffe je eine Million ge strichen. Wie es obne die schwersten Nachlheile möglich sein soll, noch mehr von den zweiten und dritten Raten ab zustreichen, um dadurch etwas für erste Raten übrig zu be halten, vermögen wir nicht einzusehcn. Die zweite Plenar- berathung des MarineetatS beginnt also bei völliger Unklar heit über den AuSgang einer „Krisis", deren Tragweite vielleicht vielfach überschätzt wird, jedenfalls aber auch nicht unterschätzt werden darf. Zwischen dem 18. und dem 20. März 1890 vollzog sich der Austritt deS Fürsten Bismarck aus dem Amte, ein Ereigniß, das man noch nicht lange vorher für unmöglich gehalten hatte. Bei der großen Zahl der Gegner, die damals der Fürst hatte, war eS nicht verwunderlich, daß von dieser Seite der Rücktritt des gewaltigen Mannes wie eine Art Erlösung betrachtet wurde. Seitdem hat sich die Zahl der Gegner stetig vermindert und beute kann ein fortschrittliches Blatt schreiben, daß die wachsende Begeisterung derselben Schichten, die bei dem Auszuge des Fürsten Bismarck aus dem Reichskanzlerpalaste selbst den Dank an ihn vergaßen, für den Einsiedler von Friedrichsruh begreiflich sei. Berechnet man das Wacksthum an Liede und Verstänbniß für den Fürsten in dieser Zeit, so kann man wohl sagen, daß es in diesem Sinne für ihn sieben fette Jahre gewesen seien. Für Deutsch land aber waren eS sieben magere Jahre. In der inneren Politik ist man seit jenem Ereignisse nur selten aus der Un ruhe herausgekommen. Wer die Krisen seit dieser Zeit her zählen will, kommt mit seinen zehn Fingern nicht auS. Kommt Deutschland aus der jetzigen Krisis glücklich heraus, so kann man ziemlich sicher sein, in kurzer Frist vor einer neuen zu stehen. In der äußeren Politik hat Deutschland gewiß noch eine sehr geachtete Stellung, aber die selbstverständliche Führung, die eS unter Bismarck'scher Leitung batte, ist ver loren gegangen. Es war früher ebenso selbstverständlich, daß der Congreß zur Begleichung der russisch-türkischen Schwierig keiten im Jahre 1878 in Berlin zusammentrat, wie daß im Jahre 1880 eine ergänzende Conferenz über die orien talische Frage wiederum in Berlin stattfand und 1884/85 die Congo-Conferenz über die Regelung der Handels freiheit am Congo und die Neutralität deS CongostaateS in der Deutschen Reichshauptstadt tagte. Wenn vielleicht wiederum wegen der ja gerade jetzt acuten orientalischen Frage eine Conferenz stattfinden sollte, so ist e« doch recht fraglich, ob gerade Berlin zum Vororte gewählt werden würde. Eine derartige Frage ist keineswegs eine Sache der Eitelkeit, sondern der Respect, den das Ausland vor einem mit Ueberlcgenheit geleiteten großen Staate empfindet, ist eine sehr werthvolle Garantie dafür, daß sie sich davor hüten werden, den Frieden dieses Staates zu stören. Darum ist mit dem Fortgange veS Fürsten BiSmarck gleichzeitig eine Friedensgarantie für jdaS deutsche Reich geschwächt worden und man kann sagen, daß die Zahl Derer, die sich über den Rücktritt des Fürsten BiSmarck gefreut haben, bei unseren lieben Nachbarn jenseits der Vogesen und bei den Vettern jenseits des Canals in demselben Maße gestiegen, wie sie in Deutschland gesunken ist. Möchten den sieben mageren Jabren nun bald sieben fettere folgen; Deutschland kann eS brauchen. Nach einer Meldung der „Agence Havas" haben die Admirale die Bedingungen derAulonomie für Kreta unter der Suzeränitäl deS Sultans proclamirt. Ueber den Inhalt der Proclamation meldet man uns: * Knnca, 17. März. (Meldung der „Agence Havas".) Die Bekanntmachung, betr. die Errichtung der Autonomie, giebt der Be völkerung der Insel kund, daß die Mächte in dem Bestreben, eine Heilung für die Uebel, welche Kreta verwüsten, herbeizuführen und eine Wiederholung derselben zu verhindern, in gemeinschaftlichem Einvernehmen Maßregeln ergreifen, welche bestimmt seien, da autonome Regime zu regeln, Beruhigung herbeizuführen, Jedem ohne Unterschied der Rasse und Religion die Freiheit und Sicherheit des Eigenthums zu verbürgen und die Wiederauf nahme der ländlichen Arbeiten und des Handels und die fort- schreitende Entwickelung der Hilfsquellen des Landes zu erleichtern. Die Mächte wünschen, daß diese Sprache von Allen verstanden werde. Ein neuer Zeitabschnitt beginne für Kreta. Mögen Alle die Waffen niedrrlegen. Die Mächte wollen Frieden und Ordnung; im Noth falle werden sie das nöthige Ansehen besitzen, um ihren Beschlüssen Achtung zu ver. schassen. Sie rechnen auf die Mitwirkung der christlichen und mohainedanijchen Bevölkerung, um sie zu unterstützen bei der Ausführung des Werkes, welches auf Kreta Eintracht und Wohl ergehen zu sichern verspricht. Man wird abwarten müssen, ob diese „Bedingungen" die aufständischen Christen veranlassen, die Waffen bei Seite zu legen. Es fehlt nicht an Stimmen auS Kreta, welche die Be freiung von tüi kischer Willkürherrschaft durch die Mächte freudig begrüßen, aber noch ist die Erregung der Gemüther, welche durch die Anwesenheit ver griechischen Truppen wach erhallen wird, zu groß, als daß man im Handumdrehen ein Aufhören der blutigen Kämpfe, der Metzeleien und der Plünderungen erwarten könnte. Für alle Fälle sind die Verstärkungen der gemischten Detache ments unterwegs und werden bald an Ort und Stelle sein. Die Blockade Kretas war bis gestern Abend noch nicht verkündet, weil der französische Admiral erst nach der im Senat erfolgten Abstimmung die erforder lichen, mit denjenigen der anderen Geschwaderchefs identischen Weisungen erhalten hatte. Wie unS unser Pariser Corre- spondent telegraphirt, habe die Blockade diese Nacht noch begonnen. Doch wird, worauf wir unten zurückkommen, diese Meldung von englischer Seite bestritten. Jedenfalls wäre es, wie die Dinge heute liegen, unbegreiflich und könnte die Situation nur ausS Bedenklichste ver schärfen, wenn die Mächte auch nur noch einen Tag zögern, mit ihren Drohungen Ernst zu machen. Aus Kandia wird unS unterm gestrigen Datum berichtet, daß ein griechisches Segelschiff mit Waffen und Munition gelandet sei. ES wurde zwar durch das Kriegsschiff „Sebeniko" in Grund gebobrt, weil die Insurgenten von den Bergabbängen auf zwei zur Visitation entsandte Boote des „Sebeniko" gefeuert hatten, so daß diese sich hatten zurückziehen müssen, aber immer bin vermochte der griechische Segler doch zu landen, wieder ein Beweis, daß die bisherige Controle der Admirale eine ganz ungenügende ist. Dergleichen Landungen haben fast ununter. brochen stattgefunden, worauf eS zurllckzufübren ist, daß die Insurgenten ihre Action ungeschwächt und siegreich fortsetzen tonnte». Die nach Kreta beorderten europäischen Truvpen- Abtheilungen sollen, wie das „Reuter'sche Bureau" erfährt, hauptsächlich zur Aufrechterhaliung der Ordnung in den Städten und deren Nachbarschaft verwendet werden, da eine so kleine Truppe nicht gut eine andere Thätigkeit entfalten könnte. Der Zweck der Blockade sei derjenige, eine Landung weiterer griechischer Truppen, sowie die Ausschiffung weiteren Kriegsmaterials und Lebensbedarfs zu verhindern. Dies genügt auch, nur muß endlich der Ring um Kreta thatsächlich geschloffen werden. Oberst Vassvs bat, wie unS auS Athen mitgrtheilt wird, die Verlegung des griechischen Lagers nach Sphakia aogeordnel und dort große Mengen von Lebens mitteln aufgehäust. In seinem Verhalten läßt nicht» darauf schließen, daß er Kreta raumen will. Mit Athen ist mittels des optischen Telegraphen ein Nachrichtendienst eingerichtet worden, ein Beweis, daß man auch in Athen nicht mit seinem Rückzug rechnet. Dort scheint man vielmehr zum Aeußersten entschlossen. Man meldet unS: V/. Pari», 18. März. (Privattelegramm.) Der franzö sische Gesandte in Athen Bouröe telegraphirte hierher, Griechenland bereite trotz aller Warnungen den Krieg vor. Zwischen den Großmächten findet ein eifriger Notenwechsel angesichts der Möglichkeit statt, daß Griechenland trotz der Blockade dem Willen Europas trotzt. In der Thal läßt Das, was in Athen vorzeht, kaum noch eine andere Deutung zu, als daß Griechenland am Vorabend eines Krieges mit der Türkei steht. Die allgemeine Mobilmachung ist verkündigt, in Athen herrscht die regste militairische Thätigkeit, Bataillon um Bataillon geht nach der Grenze ab, und auch der Abmarsch des Regiments Kron prinz in Stärke von 4000 Mann steht bevor, wenn er heute nicht bereits erfolgt ist. Weiter berichtet man uns: * Athen, 17. März. (Meldung der „Agence Havas".) Tie griechische Armee in Thessalien ist in zwei Divisionen getheilt, deren Commandant der Kronprinz ist. Prinz Nicolaus befindet sich gegenwärtig im vordersten Treffen, seine Anwesenheit ruft lebhafte Begeisterung hervor. Die griechischen Streitkräfte in Epirus sind den türkischen überlegen, welche sich eiligst verstärken. In Janina herrscht eine allgemeine Panik. Alle Geschäfte, mit Ausnahme der Eßwaarenhandlungen, sind geschlossen. * Athen, 17. März. Wie verlautet, soll die vom Bischof Germanos 1812 im Kloster Lavra auf dem Peloponnes zur Ver» kündung deS Unabhängigkeitskrieges gehißte Fahne dem Regiment „Kronprinz" vor Lessen Abmarsch nach Thessalien übergeben werden. Tausende aus Ostrumclien eingctroffene griechische Freiwillige wurden begeistert empfangen. — Die Kammer nahm Las Gesetz an, durch welches die gerichtlichen Fristen aufgehoben werden. * Athen, 17. März. Die „Asty" bespricht die Rede Frey, cinet's im französischen Senate und sagt, Griechenland habe sich für die Rathschläge Frankreichs stets empfänglich gezeigt. Griechenland sei auch für Freycinet'S Worte empfänglich, cs sei aber genöthigt, für die nationale Ehre zu kämpfen, und werde vorwärts gehen, wie Frankreich nach den Niederlagen von 1870 vorwärts gegangen sei, trotz Allem und Allem. Selbst besiegt werde Griechenland seinen Ruf retten, wie Frankreich den seinigen gerettet habe. Dasselbe Blatt erklärt, im Falle einer Blockade der griechischen Häfen werde Griechenland di» Feuilleton» 22i Ein Frauenherz. Roman frei nach dem Englischen bearbeitet von Emil Bern seid. . Nachdruck verboten. „Anfangs freute ich mich nur und fühlte mich geschmeichelt", gestand sie. „Ich war eine eitle Tbörin. Ich batte von ihm sprechen hören, als von dem Stern der Gesellschaft, dir glänzendste Partie der Saison, auf welche alle Mädchenaugen sich begierig richteten, und eS machte mich stolz, ihn gewonnen zu haben, mich seiner Eroberung rühmen zu dürfen. Dann — dann, glaube ich, habe ich ihn geliebt. Es wurde mir klar, daß ich ihn liebte, in dem Moment, wo ich entdeckte, daß er nie ernst an mich gedacht, daß er nur sein Spiel mit mir trieb!" „Wäre eS möglich! Arme kleine Pansy!" „ES war sicherlich meine eigene Schuld, daß ich mich hatte täuschen lassen", fuhr daS junge Mädchen mit einem webmüthigen Lächeln fort, „aber ich war eine arme, schwache Thörin, ick liebte ihn und wiegte mich in dem Gedanken, daß ihn die gleichen Gefühle für mich beseelten. Eine» Tages war er keck genug, mich zu küssen, und ich duldete es — sah ich doch in ihm den Mann, der mir seine Liebe gestehen und mich zu seinem Weibe begehren werde. Dann aber, als er siegeSgewobnt, in seinem kalten, lässigen Gleichmuth, in seinem aristokratischen Stolz gelaffen schwieg und weiter mit mir scherzte, weiter mit mir tändelte, stieg die Erkenntniß meiner Täuschung allmählich in mir aus und ich begriff Alle». Ein amerikanisches Mädchen dünkte ihm just rin geeignete» Spiel zeug, seinen Scher» damit zu treiben; unsere Gewohnheiten gestatten uns größere Freiheiten de» ThunS und Handeln», die ihn weniger einengten, und er war nicht fähig, tactvoll zu erkennen, wo die Grenze gezogen ist." „Aber Pansy, solltest Du Dich nicht täuschen, wie er sich vielleicht bezüglich Deiner täuscht? Du warst oft hart. Du warst oft grausam gegen ihn und hast ihn gequält mit Deinen Launen, Deinen Neckereien; und ihnen begegnend, mag er den rechten Weg, den er wünschte, verfehlt oder nicht einzuschlagen gewagt baden. Ich möchte meinen Kopf verwetten, daß Lord Arthur Dich liebt und ich glaube, daß Jbr einander nickt verstanden habt, durch Deinen Fehler nicht minder al» durch seinen. Nimm mir'» nicht übel, liebe kleine Pansy, ich glaube, daß Ihr so viel Verstecken» mit einander gespielt, daß Ihr Euch nur deshalb nicht gefunden habt!" „Nein, nein, Margot, Du weißt nicht, wie er mich be leidigt hat! Spottend über die Ungezwungenheit und Frei heit, die unS Amerikanerinnen »erstattet ist, und doch stets versuchend, einen größeren Gebrauch davon zu machen, als recht war, erlaubte er sich, mich einzuladen, ohne Begleitung meines Vaters mit ihm das Theater zu besuchen, mit ihm auszufahren oder auSzureiten — Dinge, die, ich bin eS über zeugt» Dir oder irgend einer anderen englischen Dame an zubieten er nie gewagt haben würde. Und einst — oh, wie war ich empört, beschämt, beleidigt! — einst, an jenem SchreckcnStage der Explosion in Eurem Hause, als ich eioen schönen Schmuck in einem reizenden Schmuckkästchen in einem Schaufenster Dublin» bewundert hatte — denke Dir nur, Margot, hatte er die Keckheit, mir ihn als Präsent zuzu senden I" „Ab — ich begreife! Und diese» Schmuckkästchen — eS war daS Packet, daS Du bei Dir trugst, als Du zu mir kamst, nicht wabr?" rief Margaret überrascht aus, vorderen innerem Auge plötzlich ein Helle» Licht auf die Sache fiel. „Ja! Ich wußte, daß ich ihn Nachmittags zum Thee bei Euch treffen würde, und eS war meine Absicht, ibm daS Kästchen, wenn ich e» unbemerkt thun könne, mit entrüsteten Worten zurückzugeben oder es ihm durch einen Eurer Diener obne ein Wort und ohne daß e» Jemand sähe, in seinen Wagen legen zu lassen. E» kam mir Alles darauf an, die Sache, die mich auf« Tiefste beleidigte und empörte, nicht laut werden zu lassen. Zum Glück konnte ich mich in Eurem Hause rückhaltlos bewegen. Ich fand Gelegenheit, unbemerkt in daS Garderobezimmer zu schlüpfen, nahm da» Packet mit mir und stopfte es gewaltsam in die innere Brustlasche seines UeberrockeS, die ich zerriß, um es hineinzuzwängen. Dort hat er es gefunden, hat mich verstanden und eS — wie ich Gelegenheit hatte, zu bemerken, da er beim Geben klüglich den vrfecten, seltsam aufgebaufchten Rock über den Arm trug — mit sich fortgenommen." „Es war ia sicherlich ein großer Febler von ihm. Allein er hatte gewiß nicht« Böses damit beabsichtigt, unbedingt lag ihm nicht« ferner, al» Dich beleidigen zu wollen. Die größere Freibeit, die, wie Du selbst sagst, den Amerikanerinnen gestattet ist und die häufig der Gegenstand de» Gespräch« zwischen Euch war, mag ihn zu dem bedauerlichen Jrrtbum verleitet haben, daß Du als Amerikanerin auch hierin ander» unheilen würbest, al« es die Engländerin zu thun gewöhnt ist. Gewiß bat er seinen Mißgriff erkannt und aufrichtig bereut. Du solltest ihm verzeihen!" Pansy schüttelte zornig daS reizende Köpfchen. Sie hatte sich durch die Erzählung der iht widerfahrenen Unbill zu einer erneuten Entrüstung entflammt und war nicht geneigt, sich so leicht zu beruhigen. ,L»ß ihn mir sagen, daß er bereut bat und meine Ver reibung nachsucht!" erklärte sie entschlossen, sich auS idrer knienden Stellung erbebend und ihre zierliche kleine Gestalt stolz emporrichtend. „Laß ibn vor mir auf den Knien liegen, wie ich hier soeben neben Dir gekniet, und mich demüthig bitte«, daß ich ihm vergeben möge, — dann vielleicht, wenn ich ihn zuvor meinen ganzen Zorn habe fühlen lassen, wenn ich ihm Alles gesagt, was er von mir zu hören verdient, werde ich geneigt sein, Milde walten zu lassen und —" Sie wurde durch ein Pochen an der Tbür unterbrochen und auf Margaret'- Ruf „Herein!" trat eine Dienerin in daS Zimmer mit der Meldung, Lord Flemmingbam sei zurück- gekebrt und bitte um die Ebre, Miß Russell zu sehen. Pansy errölbete zuerst tief und erbleicbte dann. „Mich?" rief sie erschrocken auS. „Ich will ihn nicht sehen! Ick gehe nicht!" „Tu thust unrecht, Pansy, und wirst eS kaum auS- schlagen dürfen", bemerkte Margaret mahnend. „Er könnte Nachrichten oder gar wohl eine Botschaft von Deinem Vater bringen." „Ah so — ja!" Pansy zögerte. „Willst Du mit mir kommen, Margot?" fragte sie dann. Aber Margaret entschuldigte sich; eS erscheine ihr nicht paffend, erklärte sie, da der Lord nicht sie, sondern Pansy zu sprechen verlangt habe — e« würde deshalb befremdend aus- sehen, wenn die Freundin von ihr begleitet komme. Im Grunde ihres Herzens sagte sie sich, die beiden Leutchen würden sich vielleicht besser verständigen, wenn sie allein wären. So war Pansy genöthigt, ohne Margaret zu gehen, wenn sie sich nicht in den Anschein versetzen wollte, eine Unterredung mit dem Lord zu fürchten. Flemmingbam, der, von ihr unbemerkt, nah« der offenen Tbür im Salon stand, sab sie die Stiege vom oberen Stock werk Herabkommen und constatirte bei sich selber, daß sie ihm wie ein Engel de» Licht- erscheine, so wenig er auch für ge- wöhnlich zu derartigen poetffchea Anschauungen geneigt war. Er sah sie zögern, al« sie sich mit gesenktem Kopf, rasch vorwärts schreitend, jetzt einen Moment Halt machend, der Thür näherte und sah da« wiederholte Erröthen, das über ihre Wangen glitt und wieder verschwand, um abermals wiederzukehren. Dann stamvfte sie leise mit dem Fuß auf, ihre Zäbne preßten sich zusammen, wie zu gewaltsamem Entschluß, sie that einen tiefen Athemzug und kam aus die Thür zu. Lord Flemmingbam hatte ihren inneren Kanipf mit Ent zücken wahrgenommen, in seinem Innern leuchtete es hell auf vor Seligkeit und mit Mühe bewahrte er seine respekt voll gemessene, ruhige Haltung, unterdrückte er im Ausdruck seines Gesichts die schrankenlose Kundgebung dessen, was ihn bewegte. Von Pansy's Antlitz schwand alle kampfesniutbige Entschlossenheit und sie stand erröthend, verwirrt, als sie ihn plötzlich bemerkte und zu ihrem Entsetzen inne ward, daß er sie beobachtet batte. Einen kurzen Moment standen dir Beiden einander schweigend gegenüber, Lord Arthur sich stumm verbeugend, Fassung in den ihn bestürmenden Ge fühlen suchend; Pansy befangen, erschreckt über daS. was sie ibm unbewußt verrathen zu haben fürchtete. Einen kurzen Moment wäbrte diese peinliche Situation, dann machte ihr Pansy gewaltsam ein Ende. „Sie wünschten mich zu sprechen?" begann sie in nervöser Entschlossenheit. „Ich hatte um die Ehre einer Unterredung gebeten", sagte er mit einer abermaligen Verbeugung. „Ich kehre soeben von Stetford zurück, wo ich Ihren Vater gesehen. Er ist wohlauf und befindet sich in vollster Zuversicht. Meine Bemühungen indeß, seine Freilassung gegen Bürgschaft zu bewirken, sind gescheitert. Man weigerte sich, darauf einzu- gehen." „Ist e» möglich! Sollte man ihn in der That für schuldig halten?" „Ich muß leider sagen, ich fürchte, daß wenigsten« jene Beamte dort es thun. Gott, ich weiß nicht, wa» diesen Leuten in den Kopf gefahren ist! Daß Jemand als Geschäfts mann Dynamit verkauft, will doch noch nicht sagen, daß er mit dem Dynamit auch anderer Leut« Ställe in die Luft sprengt I Es beißt, er sei verdächtig, weil er verspätet zu der Picknick-Gesellschaft kam. Aber, zum Wetter, ich bin später gekommen al« er. und man hat mich nicht verhaftet!" „ES ist eben ein großes Glück, einen hohen Titel zu be sitzen!" äußerte Pansy bitter. „Denken Sie so, Miß Pansy? Würden Sie ihn al» Amerikanerin nicht verschmähen?" sagte er bedeutsam. „In diesem Laude, meine ich!" entgegnete sie verwirrt. „Ich bin Republikanerin .... aber o, wa» ist da« für »ia
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