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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 29.03.1897
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1897-03-29
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18970329027
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1897032902
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1897032902
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1897
- Monat1897-03
- Tag1897-03-29
- Monat1897-03
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trag eichs nrr» »tt» Än ver- jkatt- ge» fch«n rda, nach »äs".) , der jrdeni meine ilien- iptlle ikron- ! »Ni schen- ,a».") > der n der durch Bezug-Preis Dtz U» Hauptrxp^ttto» oder den t» Gtödt- bezirk und de» Vororte» errichten» Ao»- gadestrllr» ab geholt: vierteljährlich ^l4.S0, bei «oetmaltger täglicher tzuftellung tu« Laug^T LÄ. D«ch di, Post bezogen fü, Deutsch Umd «ud Oesterreich: viertestahrlich L—. Dittcte tüglichr -reuzbandsrndang i»A 8bv»laud: monatlich ^ 7^0. Dt» vkorgm-Au-gabe erscheint «m '/,? Uhr. di« vbeud-Au-gabe Wochentag» um b Uhr. Ledartto» und Lrpe-itiou: Lohanue-gass« 8. DieUkpMtio» ist Wochentag» uauutrrbroche» Mösstret vou früh 8 bi» «brud» 7 Uhr. Filialen: - Ott« Alt««'« Gartim. (Alfred Hahn). UuiversitLtSstraHe 3 (Paalinum), Laut» Lösche, Aaiharineustr. 14, Part, «ud NönigSplak 7. Abend-Ausgabe. Anzeiger. Amtsblatt des Königlichen Land- «nd Amtsgerichtes Leipzig, des Mathes nnd Nolizei-Ämtes der Ltadt Leipzig. AuzrigeuPrei- dle -gespaltene Petitzeile SV PA. Nrclomrn unter demAedactionsstrtch (4g»> spalten) bO^j, vor de» Aamiltranachkichtea («gespült«») 40-4- Grüßere Lchriftru laut ousrrem Preis- verzeichuiß. Tabellarischer uad tztssernjotz nach höherem Tarif Extra »Beilagen (gesalzt), unr mit der Morgen »Ausgabe, ohne Postbrfürdrrum ^ll SO—, mit Postbefürderuag K 70.—. Imrahmeschlut fiir Anzeige«: Abend-Au»gabe: vormittag» 10 Uhr. ü?orge»»Ausgabe: Nachmittag» 4Uhr. Bei den Filialen «nd Aunakmestelleu je ein» halbe Stunde früher. Anzeigen sind stet» an die Expedition zu richten. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig. 160. AAontag den 29. März 1897. 91. Jahrgang. oa»".) rung welche des c auf- S S» da»".) :enge keinen lthen vurde, man- t des n See he für eschlag akleion i nach welche ind. — i Lager Ikalaxa Lager avaS" « ssischen lgenten Er er weichen avaS") ? rufen n auS- erklärte t Lager LebenS- Akrotiri welcher alb des Aewebr- h nicht hat in den be- Kandia Versuch lenn die :eichische -orgehen ovian- angenen hätten, Malara Höhen errschen, sie zum i gaben ürkischen Polittfche Tagesschau. * Leipzig, 29. März. Mit der am Sonnabend erfolgten endgiltigen Ab stimmung des Reichstags über die Marinc-Aorderungcn kann dieser Gegenstand bis rum Herbst auS der hochpolitischen DiScussion, d. h. derjenigen über die allgemeine innerpolitische Lage, verschwinden. Die nationale Presse wird nicht versäumen, über die Bedürfnisse des Reiches zur See auch weiterhin Aufklärung zu verbreiten, zu einer Marine-Agitation im Lande ist eS jedoch zu früh; ihre Wirkung würde bis zum Herbst verflogen sein. Um so energischer muß sie vor Beginn der nächsten Session ausgenommen werden; sie wird um so erfolgreicher sein, je früher die Regierung sich entschließt, mit einem scharf umgrenzten und gründlich motivirten Flotten bauplaue vor die Oeffentlichkeit zu treten. Einstweilen zeigt sich die Presse des Herrn v. Ploetz entschlossen, durch Aufforderung zum Conflict und ConflictSgerüchte Erregung zu erzeugen. Die „D. TageSztg." schreibt, mit der Ab stimmung sei „der Conflict bestätigt", und sie fügt hinzu, für die „nähere oder fernere Zukunft müsse unweigerlich mit der Auflösung (des Reichstags) gerechnet werden". Nun, die „nähere Zukunft", in der ver nünftigerweise eine Auflösung erfolgen könnte, ist der Tag, an dem der Etat sertiggestellt sein wird, also wahrscheinlich übermorgen. Daß an diesem Termin nicht aufgelost wird, weiß auch die „Deutsche Tageszeitung", und die fernere Zukunft ist die Zeit der nächsten Tagung, der aus jeden Fall Wahlen folgen müssen. Recht sonderbar ist eS, daß gewisse Organe einräumen, sich von einer Auflösung für eine gesunde Reichspolitik nichts zu versprechen, aber den Schritt doch fordern — im Interesse der Autorität der Regierung, die etwas thun müsse, nachdem sie die abgelehnten Kreuzer als unentbehrlich bezeichnet habe. Wird aber der Autorität gedient, wenn die wegen der Schiffe ausgeschriebenen Neuwahlen wieder eine ver weigernde Mehrheit ergeben? Fürst Bismarck hat sich kon sequent mit der,Oluittuna" des Reichstags begnügt, wenn er nicht hoffen durfte, die Wählerschaft werde das Parlament corrigiren. Eine aussichtslose Auflösung kann eine Regierung verfügen, die zu einem Conflict entschlossen ist und sich stark genug fühlt, ihn zu einem für sie vortheilhaften Abschlüsse zu bringen. Angesichts deS letzteren Requisits braucht man die verfassungsrechtlichen und bunvespolitischen Bedenken gegen den Conflict und demgemäß die gegen die Auflösung sprechenden gar nicht weiter zu erörtern. Herrv.Bcnnigsen hat denn auch mit seiner dringenden Warnung vor der Ausschreibung von Neu wahlen alle nationalen Politiker, die nicht Geschäftspolitiker sind, auf seiner Seite, namentlich auch die Conservativen. Die „Kreuzztg." muß deshalb, da sie in gewohnter Art dem nationalliberalen Führer etwas anhängen will, zu einer selbst bei diesem „starknervigen" Blatte nicht ganz gewöhn lichen Täuschung ihrer Leser schreiten. Sie schreibt: „Daß ein Parlament, welches sich seiner Aufgabe hinsichtlich der vaterländischen Wehrhaftigkeit nicht gewachsen zeige, damit seine eigene allgemeine Leistungsunsähigkeit be kunde, gab er (Herr v. Bennigsen) zu; den Gedanken aber, daß eine solche Volksvertretung durch eine andere geeignete Einrichtung ersetzt werden müßte, wieS er weit zurück. WaS soll, WaS kann man sich dabei denken? Darauf würde Herr v. Bennigsen, wenn man ihm ernstlich zu Leibe ginge, die Antwort schuldig bleiben müssen." Der Redacteur der „Kreuzzeitung" ist Reichstagsabgeordneter und sollte es doch einmal probiren, ob Herr v. Bennigsen sich seiner nicht zu erwehren wüßte. Er würde sich dabei allerdings an die wirklich gesprochenen Worte halten müssen und nicht an die Fäschung seines BlatteS; denn Herr v. Bennigsen bat bekanntlich die Auflösung des Parlaments deshalb wider- rathen, weil er nicht an einen Ersatz desselben durch einen „geeigneten" Reichstag zu glauben vermag. Reichstag! Daß die „Kreuzzeitung" von einer andern „Ein richtung" spricht, halten wir zunächst für ein Schreibversebcn, da ein ander- gebildetes Parlament unter den obwal tenden Verhältnissen einen BerfassungSbruch voraussetzt, den u befürworten das leitende Organ der Conservativen wohl aum Lust verspürt. Ueber die Stellungnahme der conservativen Fraktion des Reichstags zur „Handwerkervarlage" werden die Mel dungen der Presse immer verworrener. Der „Schles. Ztg" geht von einer Seite, der das Blatt „die genaueste Kcnntniß der innerhalb der Partei herrschenden Stimmung zuschreiben zu dürfen" glaubt, eine Zuschrift zu, in der es heißt: „So weit wir die in conservativen maßgebenden Kreisen herrschende Stimmung kennen, glauben wir behaupten zu dürfe», daß der Entwurf in der Form, die ihm der Bundesrath schließlich gegeben hat, nicht Gesetz werden wird. . . . Die Partei wird die Vorlage nicht unverbessert acceptiren, sondern diejenigen Corrrcturen anbringen, die behnss ersprießlicher Wirkung der Bestimmungen nothwendig sind. Sollten diese vom Bundeörathe alS zu weitgehend erachtet werden, so würde die Verant wortung für das Scheitern der Vorlage ketnensalls auf der conservativen Partei lasten bleiben." Daraus muß man schließen, daß die „maßgebenden" Kreise der Conservativen zu einer Ablehnung der Vorlage ent schlossen seien, sofern eS ihnen nicht gelingt, tue Zustimmung der BundesratbSvertreter zu wesentlichen „Corrrcturen" zu erlangen. Bekanntlich hat aber Herr IacvbSkötter, der doch in dieser Frage zu den „maßgebenden" Persönlichkeiten gehören dürfte, erklärt: „Bei näherer und vorurtheilsfreier Prüfung wird mau aner kennen müssen, daß die Vorlage einen guten Schritt weiter zur Organisation des Handwerks bedeutet, und daß eS durchaus falsch wäre, dieselbe kurzer Hand zurückzuweisen, weil sie nichr Alles mit einem Mal bietet. . . . Wird die Vorlage Gesetz, so liegt es am Handwerkerstande selbst, sich zu organisiren und damit den Beweis seiner Lebenskraft zu sühren. Glauben die Handwerker aber, diese Vorlage ablehnen zu dürfen, weil sie ihnen nicht genug bietet, so mögen sie sich nicht täuschen — unter den gegenwärtigen Verhältnissen dürfte ihnen die Hand kaum wieder soweit entgegengestreckt werden." Das klingt gar nicht danach, als ob Herr IacvbSkötter und seine Freunde zur Ablehnung entschlossen seien, sofern sie mit Correcturanträgen nicht burchdringen. Der „Post" zufolge soll in der nächsten Fractionssitzung der Conservativen der Versuch gemacht werden, „die Einigkeit der Partei wieder berzustellen". Ob das gelingt, wird man abwarten müssen. Gelingt daS nicht, so wird bei der ersten Lesung im Plenum der Gegensatz schwerlich schroff zu Tage treten. Man wird sich, um ihn zu verschmusten, beeilen, die Vorlage einer Com mission zu überweisen. Erfolgt auch in ihr keine Einigung, so wird man auf eine Durchberathung der Vorlage vor den Ferien schwerlich rechnen dürfen. Und da nach ß 70 der Ge schäftsordnung Gesetzes Vorlagen, Anträge und Petitionen mit dem Ablaufe der Sitzungsperiode, in welcher sie ein gebracht und noch nicht zur Beschlußnahme gediehen sind, für erledigt zu erachten sind, so muß in der nächsten Session dir ganze Beralhung von vorn beginnen. DaS Handwerk kann ;a warten! Der Kronprinz von Griechenland ist nach der make donischen Grenze abgegangen und bereits, wie uns auS Volo vom 28. Abends gemeldet wird, dort an Bord der Macht „Spbakteria" eingetroffen, um sich voraussichtlich heute an Land zu begeben und daS Obercommanvo über die griechische Armee zu übernehmen. In Griechenland herrscht grenzenloser Jubel über diesen neuen Fortschritt in der hellenischen Action, und man glaubt bestimmt, daß die Er öffnung der Feindseligkeiten gegen die Türkei für den 6. April, den Tag der Nationalfeier, geplant ist. Die Abreise des Kronprinzen ist als Antwort auf den Beschluß der Mächte, die griechischen Häfen zu blockiren, anzuschen. Ob Griechenland seine Drohung, der Türkei den Krieg zu erklären, wahr machen wird, soll „von dem Ergebniß der Unterhandlungen abbängen, welche in Europa eingeleitet worden sind". Was soll daS heißen? Sind die Unter handlungen zwischen den europäischen Cabinetten gemeint? Aber Liese sind ja soeben wieder zu einem Abschluß gekommen, indem sich alle Mäckte im Princip mit der Blockirung der griechischen Häfen einverstanden erklärten. Oder sollte die griechische Regierung mit neuen Vorschlägen an die Mächte herangetreten sein? Das wäre nicht unwahrscheinlich, da Delyannis vor einigen Tagen erklärt hat, die Regierung erwäge die Möglichkeit der Gestaltung deS Verhältnisses Kretas zu Griechenland »ach der Art deS Verhältnisses von Bosnien und der Herzogewina zu Oesterreich-Ungarn. Sollte ein derartiger Vorschlag den Mächten unterbreitet sein, so wird er zweifellos auf allseitigen Widerstand stoßen, da er, wie wir schon ausfübrten, einer verschleierten Annexion gleichkäme, die auch England, daS selbst ein Auge auf Kreta geworfen, nicht will. Aber eS gicbt noch eine dritte Möglichkeit, die nämlich, daß England eine abermalige Verzögerung herbeizuführen bei der Arbeit ist. In Paris soll, wie oem „Berl. Tagebl." gemeldet wird, Salisbury dem französischen Minister deS Aeußeren erklärt haben, England könne wegen der wachsenden philhellenischen Stimmung in London an der Blockade Griechenlands nicht theilnehmen, doch sei er geneigt, wegen eines neuenModuS, durcy welchen der Ausbruch des Krieges verhütet werden könnte, zu unterhandeln. Weiter soll Salisbury geäußert haben, daß, falls er für die Blockade eintreten müßte, er ge zwungen sei, zu demissioniren,dadaSGesammtcabinet entschieden gegen die Blockade sei. Da hätten wir die Fortsetzung des englischen Spiels, und eS wird sich nun zeigen müssen, ob die Mächte sich abermals von Eng land ein Stück Wegs an der Nase führen lassen wollen, oder ob sie entschlossen sind, auch ohne England zur Blockade zu schreiten. Thun sie dies, so ist für Griechenland, wenig stens nach früheren officiösen Erklärungen, der casus dölli gegeben. Bis dahin haben die Führer der griechischen Grenz armee strengen Befehl, jeden Angriff zu vermeiden. Wir glauben nicht, daß irgend welcher englische Vorschlag den Krieg zwischen Griechenland und der Türkei aushalten wird, denn es giebt keinen, der mit dem bisherigen Vorgehen der europäischen Mächte sowohl, wie Griechenlands — weder jene können zurück, noch will dieses nachgeben — vereinbar wäre. Dazu kommt, daß nach der vergeblichen Mission des Bot schafters Onu in Athen alle Beziehungen zwischen dem griechischen und dem russischen Hose abgebrochen sind. AlS weiteres Zeichen der scharfen Spannung zwischen Athen und Petersburg können mehrere unverblümte Aeußerunzen an gesehen werden, die der russische Botschafter v. Nelidow üngst gethan hat. Die bemerkenSwerlheste darunter war olgende: er wünsche nichts sehnlicher, als türkische Truppen bald vor Athen zu sehen! Das ist auch unser Wunsch. Man hätte, wie wir wiederholt hervorgehoben haben, von vornherein eS der Türkei überlassen sollen, sich Griechenlands zu erwehren und vor allen Dingen aus Kreta Ordnung zu iciiaffeu und die frechen griechischen Eindringlinge hinauSzu- werfen. Dann wäre den Großmächten der internationale Scandal, zu welchem sich ihre Intervention nachgerade aus gewachsen hat, erspart geblieben. Es wäre auch jetzt noch daS Beste, wenn sie ihr Mandat in die Hände der Pforte zurückgeben würden. Den griechisch-türkischen Landkrieg verhüten sie doch nicht, und auf Kreta kann ihr Einschreiten noch zu den peinlichsten Situationen, ja geradezu zu Demüthigungen Europa« führen. Dort ist die Situation bereits eine derart bedenkliche geworden, daß die fremden Admirale sich nicht mehr auf daS Bom bardement der Aufständischen von den Schiffen aus beschränken können, sondern auch zu Lande vorzugehen gezwungen sind. Sie forderten ISmacl Bey, der trotz der Autonomie noch als Vertreter des Sultans in Kreta gilt, auf, die von den Griechen genommenen Blockhäuser wieder zu erobern. Darauf antwortete ISmael, daß dazu 4000 Mann nöthiz seien und er deshalb die Admirale bitte, entweder mit europäischen Truppen die Wievernahme der Blockhäuser zu unterstützen oder der Türkei die Erlaubniß zu erwirken, 20,000 Mann zu landen. Andernfalls seien die Wünsche der Admirale unausführbar, da ihm nicht einmal gestattet worden sei, ein Bataillon von Kandia nach Kanea zu bringen. Die Admirale beantworteten diese an Amoretti adressirte Note nicht, statt dessen ließen sie, wie gemeldet, eine inter nationale Truvpenabtheilung von 300 Mann, Franzosen, Russen und Italiener, nach dem Dorfe Buzunarion abgehen, um die Quellen, von denen die Wasserversorgung Kaneas und wohl auch der europäischen Schiffsbesatzung abhängt, zu schützen und daS Fort Buzunarion, welches von den die Höhen besetzt hallenden Griechen bedroht ist, zu vertheidigen. Also so weit ist eS schon, daß in Sitia die Aufständischen die PacificalionStruppen verproviantiren und in Kanea die Truppen der Mäckte um die Quellen kämpfen müssen. Nun fehlt bloS nock, daß bei einem zu erwartenden Zusammenstoß die In surgenten Sieger bleiben und eine Abtheilung der Truppen- detachementS adfangen! Auf die Intimität zwischen dem französischen Radi kalismus und der Socialdemokratie wirft ein Pro- ceß, der sich am Donnerstag vor den Pariser Gerichtsschranken sich absvielte, ein recht charakteristisches Schlaglicht. DaS in Toulouse erscheinende radical-socialistiscb e Blatt „De- psche" hatte ein Pariser Blatt, daS „Telegramme", wegen Verleumdung belangt, weil letzteres behauptet halte, der Chefredakteur deS Tonlouser Blattes habe einmal 5000 Fr cs. aus dem Geheimfonds des Ministeriums des Innern erhalten. Bon dem Anwalt der klägerischen Partei zur Erbringung deS Wahrheitsbeweise« auf gefordert, producirte die beklagte Partei an Gerichtsstelle eine in aller Form ausgestellte Quittung vom 27. April 1887, worin der Chefredakteur der „Depeche" bekannte, von Herrn Leon Cohn die Summe von 5000 Frcs. als Beitrag zu den Kosten der Deputirtrnwahl des 1. Mai 1887 erbalten zu haben. Damals war der genannte Leon Cohn Präfect des betreffenden Departements und der ultra- radicale Parteipolitiker Leon Goblet Minister deS Innern und ConseilSvorsttzender, die Wahl aber, die auS dem Geheimfonds de« Herrn Goblet mit 5000 Frc«. unter stützt wurde, galt dem bekannten Genoffen Calvinhac, ireauS".) cken von iritisckcn dauSflug die den :n. Lruppen- alienern, rignon, Quellen, c schützen lcheS von , zu ver- uter'schen gegangene at seien chten den ry beim als ein englischen li-bury von zwei England liSbury ugen nur it« gesagt England ie gestrige ation der eich» und »kV,ich «ei»»t» Immer vernünftig. 4) Novelle von August Niemann (Dresden.) N-LdruS »<rbotcn. „Momentan?" „Nun, das ist ein Gegenstand, worüber Sie besser mit meinem Mann reden. Komm, Bertba, Du hast nun gesehen, daß Herr von Miltenberg sich verhältnißmäßig gut befindet, und wir wollen un« empfehlen. Beste Wünsche für schnelle und völlige Genesung?" Liebenswürdige Leute, die Montbars, höchst liebens würdige Leute, dachte Theodor, als die Damen sich entfernt batten. Wie edel ist doch die menschliche Natur, wie hilf reich und gut! Ja, eS giebt wobt keinen Fleck der bewohnten Erde, einige Wohnsitze wilder Stämme ausgenommen, wo nickt rin leidender Mensch Hilfe und Freundschaft fände. Und selbst bei jenen wilden Stämmen — ist nicht Mofiat mit nichts als seinem Regenschirm in der Hand durch da« schwärzeste Afrika gewandert? Dennoch werde ich die Ein samkeit aufsuchen. Sie allein gewährt völlige Freiheit und di« Möglichkeit, seinen Geist auszubilden. Denn auS dem Innern muß die Entwickelung stammen. Alle« weiß dir Seele, wenn sie sich nur besinnt. Dann, wenn sie an» sich selber schöpft, wird sie zu einem Quell lebendigen Wasser«. Der Umgang mit anderen Menschen aber, obwohl er für die Jugend nothwendig und lehrreich ist, zerstreut nur die geistigen Kräfte des gereiften Manne«, und die allgemeine Verrohung unserer Zeit wird durch die allzu starke Bewegung verursacht. Unsere Zeit steht im Zeichen de« BerkebrS, da« heißt, dir Menschen laufen umher und finden nicht mehr die zum geistigen Fortschritt erforderliche Sammlung. Die Ver nunft wird durch die Geselligkeit dem Vorurtheil unterthan. „Minna, sagen Sie mir doch" so fragte er diesen Abend, als er seinen Thee erhielt, „sind Sie vom Lande oder au« der Stadt?" „Ich bin vom Lande", entgegnete sie. „Meine Mutter wohnt in Barchfeld, zwei Stunden von hier." „Und Ihr Vater?" „Mein Vater ist nach Amerika auSgewandert, al« ick ein Jahr alt war, und wir wissen nicht- von ihm." »Haben Sie Geschwister?" „Nein, ich bin die einzige." „Es gefiel Ihnen wobl nicht auf dem Dorfe. Oder weSbalb haben Sie Ihre Mutter verlassen?" „Auf dem Lande finde ich e« schöner als in der Stadt, aber eS giebt dort nichts zu verdienen. Meine Mutter ist arm." „Aus dem Lande finden Sie eS schöner al» in der Stadt?" „O ja, viel schöner." „Wirklich? Ich habe da» auch schon gedacht und habe die Absicht aufs Land zu ziehen." „Auf dem Lande schießt Sie Niemand ins Bein, Herr Hauptmanu." „Da« ist eine treffende Bemerkung, liebe Minna. Aber wird eS auf dem Dorfe nicht zuweilen langweilig?" „O, da giebt e« viele Arbeit, mehr al« in der Stadt." „Und solche Arbeit, die daS Gemüth befriedigt, weil wir die Frucht sehen", sagte Theodor sinnend. Minna erzählte ihm von ihrem früheren Leben in Barch feld, wie sie gemolken und den Garten bestellt hatte. Sie flocht in ihre Erzählung Betrachtungen ein, die Theodor einen hohen Begriff von ihrem Kopf und Herzen gaben. Als der Privatdocent ihn wieder besuchte, fragte er ihn, ob eS möglich wäre, daß ungebildete Menschen über all gemein wichtige Fragen richtig urtbeilen könnten. „Offen gestanden, denke ich", so sprach vr Meier, „daß die Bildung dem Menschen den Vortheil der Dressur bringt, ihn aber hinsichtlich der richtigen Erkenntniß deS Wichtigen und Unwichtigen nur zurückbringt. Wenn Sie mit einem Bauern über Feld geben und ihn nach den Dingen fragen, worüber sich meine Collegen seit Jahrtausenden den Kopf zerbrechen, so hören Sie von ihm Antworten, daß Sie geradezu Räder schlagen möchten." „Wieso?" „Nun, der Kerl weiß vom Leben und vom Tode, vom Glück und vom Unglück, vom Schicksal und vom freien Willen gerade so viel wie DuboiS-Reymond." „Dieser Professor fand doch daS Schlußwort im IgnorabimuS." „Ja doch! Und das ist das Schöne bei den Bauern. Denn wenn Sie mit einem Gebildeten reden, so bat er die einschlägige Literatur gelesen, weiß Alle« und bringt Sie durch seine Stupidität zur Verzweiflung." „DaS will mir nickt recht einleuchten. Ich gebe Ihnen recht, daß eine gewisse Weisheit zur Bekcnntniß der eigenen Unwissenheit gehört. Inwiefern aber dir Unterscheidung de» Wichtigen vom Unwichtigen durch die Bildung gehindert werden könnte, haben Sie keineswegs erklärt. Wenn ich nur daS IgnorabimuS hören soll, ist mir der Bauer ebensowenig erbaulich wie DuboiS-Reymond." „Nun denn, die Natur hat dem Menschen, sowie dem lieben Vieh ein Lickt angrzündet, um ihm den Weg zu zeigen, und . . ." „Erlauben Sie, lassen Sie daS liebe Vieh weg! Sie wollen dock von der Vernunft sprechen, und die ist nur dem Menschen eigen." „Von der Vernunft will ich, mit Ihrer gütigen Er laubniß, gar nicht sprechen. WaS dem Menschen den rechten Weg zeigt, ist sein Instinct. Fängt er erst an, vernünftig zu überlegen, so macht er in der Regel Dummheiten." „Das ist paradox." „Sie leiden eben auch an der Bildung. Herr Hauptmann, deshalb erscheint Ihnen die einfachste Wahrbeit paradox. Wenn Sie sich verlieben — folgen Sie da der Vernunft oder dem Instinct?" Theodor antwortete nicht gleich. Seine Gedanken richteten sich auf Minna. „Es könnte sein", sagte er dann, „daß mein Instinct mich auf ein Mädchen lenkte und daß meine Vernunft mir riethe, es zu heirathen, weil es arm und niedrig ist, weil ich da durch den Unbequemlichkeiten gesellschaftlichen Zwanges ent ginge." Der Privatdocent lachte. „Meine Freiheit", sagte Theodor, „meine Ruhe, ein Freund, ein liebende- Weibchen, ein Häuschen auf dem Lande, daS ist Alles, WaS ich ersehne." „Mein verehrtest» Herr. Sie nennen da in einem Athen die höchsten Güter und größten Schätze der Welt und stellen als erreichbar hin. wonach die Mächtigsten und Weisesten aller Zeiten so oft vergeblich getrachtet haben." „Sie übertreiben. Jedermann, der vernünftig ist, kann diese bescheidenen Ziele erreichen." „Bescheidene Ziele? Erinnern Sie sich nicht, WaS Philipp II. in Don Carlo« sagt? Sein Vater, Karl V., ging in rin Kloster, um nur wenigsten« Rübe zu haben, dachte nicht an liebende Weibchen und solche Schätze, wie Sie sie noch nennen. Der alte Kaiser Wilhelm hatte noch aus dem Sterbebette keine Zeit, müde zu sein. Und wa« denken Sie von Friedrich dem Großen, der sich den Diener des Staate« und einen abgesetzten Löwen nannte? Wissen Sie nicht, was Frau von Remusat von Napoleon schreibt, daß er nämlich immer finster, unleidlich in jeder Gesellschaft, jede Freude verscheuchend gewesen sei? Glauben Sie nicht, daß selbst ein Lebenskünstler wie Goethe Gott auf den Knien, mit Tbränen im Auge, gedankt haben würde, wenn er ihm ver liehen hätte, was S,e sich wünschen?" „Pah!" sagte Theodor. „Sie werfen die Objecte durch einander wie ein Taschenspieler." „Ich wünschte, daß ich das könnte, denn dann würde ich gewiß noch einmal ein berühmter Professor." „Ich behaupte nur, daß ein Mann, der vernünftig ist, sich ..." „Vernünftig ist kein Mensch". „Oho!" „Können Sie mir Jemand zeigen oder nennen, der ver nünftig ist, oder gewesen ist?" „ES fällt mir just keiner ein." „Mir auch nicht. Sollten Sie aber einen solchen auf finden, so würden Sie mehr Glück haben al- Diogenes mit seiner Laterne gehabt hat." Tbeodor's Wunde war geheilt, und er konnte sich wieder so gut bewegen, daß er die Reise nach der Festung Magde burg antreten mußte. Er war nämlich wegen seines Duells zu vier Wochen Festungshaft verurtheiit worden. Der Privatdocent batte drei Monate bekommen, und Theodor fand ihn schon dort. Die Herren begegneten sich auf dem Gefängnißhofe, als sie in der Freistunde spazieren gingen. „Es ist hier ganz bübsch", sagte Theodor. „Wenn die Häuser nicht wären, würden wir eine schöne Aussicht auf die Elbe baden." „O ja, und eine ganz nette Freiheit genießen wir iu Folge unsere« vernünftigen Benehmens." „Woher bekommen Sie da» Essen?" „Ich lasse e« au« dem Restaurant zum Goldenen Löwen holen." „WaS bezahlen Sie da?" „Eine Mark fünfzig für daS MittagSeffen. Abend» habe ich kalten Aufschnitt." „Ich werde meine vier Wochen al» Cur benutzen uno Mittag» Coinmißbrod und Milch genießen", sagte Theodor. „Halten Sie vaS für vernünftig?" „Allerdings. Gefängnisse sind die besten Terraincurorle." „Ich trinke den ganzen Tag Bier und das thun alle Mitgefangenen. Wir fühlen da» Lähmende diese» entsetzliche»
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