Suche löschen...
02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 20.03.1897
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1897-03-20
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18970320020
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1897032002
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1897032002
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Bemerkung
- Bindefehler = Seiten vertauscht
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1897
- Monat1897-03
- Tag1897-03-20
- Monat1897-03
- Jahr1897
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
BezugS-PreiS tl b«r Hauptexpedition oder den im Stadt bezirk und de» Bororten errichteten Aus« oavestellen abgeholt: vierteljährlich^4.50, bei jwetmaliger täglicher Zustellung in» Hau- 5L0. Durch die Post bezogen für Deutschland und Oesterreich: vierteljährlich >l 6.—. Directe tägliche Kreuzbandiendung i»A Ausland: monatlich 7.50. Di« Morgen-Au-gabe erscheint um '/,? Uhr. dt« Abeod-Ausgabe Wochentag» um 5 Uhr. Nr-action und Lrpe-ition: Johanne»,affe 8. Die Expedition ist Wochentags ununterbrochen geöffnet von früh 8 bi- Abend- 7 Uhr. Filialen: Ott« Klemm - Gartt«. (Alfred Hahn). Universität-ftraße 3 (Paulinum), Laut- Lösche. Katharinenstr. 14, Part, und KSnig-pla» 7. Abend-Ausgabe. MMer Tageblatt Anzeiger. Amtsblatt -es Königlichen Land- und Amtsgerichtes Leipzig, des Aathes nnd Nolizei-Ämtes der Ltadt Leipzig. Äannabend den 20» März 1897. politische Tagesschau. * Leipzig, 2V. März. Da die EentrumSfraction des Reichstags schon vor der »weiten Plenarberathung de» Marine-EratS einhellig beschlossen hat, an den Beschlüssen der Budgetcommission sestzuhalten, hat diese Plenarberathung für die Vertreter der verbündeten Regierungen und die ihre Forderungen unter stützenden Parteien eigentlich nur noch den Zweck, die Wähler von der Nothwendigkeit dieser Forderungen zu überzeugen und sie zu einer Einwirkung auf die Hal tung ihrer Abgeordneten in der nächsten Session anzu regen, für d,e Opposition dagegen den Zweck, sich die Zustimmung ihrer Wähler zu sichern. Alle Reden müssen daher zu den Fenstern des Sitzungssaales hinaus gehalten werden. Dem ReichSschatzsecretair Grafen v. Posa- towSky fiel dabei gestern die Aufgabe zu, den Eindruck zu verwischen, den seine begreiflicherweise sehr kühle Behandlung der „Denkschrift" seines College» Hollmann mit ihren Zu- kunstSprojecten in der Budgetcommission hatte Hervorbringen müssen und der noch verstärkt worden war durch die ent stellenden Darstellungen der Opposition über Charakter und Zweck der Denkschrift. Dieser Aufgabe konnte er sich dadurch am besten entledigen, daß er von der Denkschrift völlig absah, sich lediglich auf die Forderungen des Etats bezog und mit Zahlen nachwies, daß die Finanzlage deS Reichs die unverkürzte Bewilligung dieser Forderungen gar wohl ver trägt. Seine Ausführungen entziehen den Gegnern einer zweckentsprechenden Verstärkung unserer Flotte die Möglichkeit, sich für ihr ablehnendes Votum auf den Stand der ReichS- sinanzen zu berufen, gründlich. Später sah sich der Reichs kanzler durch die Behauptung deS socialdeniokratiscken Abg. v. Vollmar, die Vorlegung der Denkschrisl sei un- constitutionell gewesen, genöthigt, auf dieses Schriftstück wenigstens durch die Erklärung zurückzukommen, Admiral Hollmann habe, bevor er die Denkschrift der Commission vorgelegt habe, ihm, dem Kanzler, den Wunsch ausgesprochen, seine Ansichten der Commission vorlegen zu dürfen, und dieser Wunsch sei als ein durchaus berechtigter gewährt worden. Daß diese Erklärung nicht genügte, um das Verfahren als ein nicht nur den constitutionellen Gebräuchen entsprechendes, sondern auch als taktisch richtige- erscheinen zu lasten, bedarf Wohl kaum deS Hinweise-, denn der Verlauf dev Dinge hat cbkn bewiesen, daß das Verfahren ein taktisch verfehltes war und der Opposition Waffen in die Hand gab, die sie erfolgreich in Anwendung brachte. Es war daher sehr dankenSwerth und klärend, daß der Abg. v. Bennigsen auf das Verfehlte dieser Taktik hinwies, die Vorlegung der Denkschrift in der Commission als verspätet, deshalb verwirrend und den Gegnern Wasser auf die Mühle liefernd bezeichnet- und damit de» RegierungSvertretern zeigte, waS sie in Zukunft zu vermeiden haben werden, wenn sie nicht ihre eigne Aufgabe nnd die der Marinefreunde erschweren wollen. Ueberhaupt war die Rede deS nationalliberalen Führers eine politische Kundgebung in großem Stile, die nicht allein die unverkürzte Bewilligung der Forderungen deS MarineelatS als dringendes Bedürfniß des Reiche« und als völlig im Bereiche seiner finanziellen Leistungsfähigkeit liegende» Postulat nachwies, sondern auch alle die unerfreulichen Erscheinungen unsrer Tage und die Stellung betonte, welche die Regierung sowohl, wie die nationalen Parteien diesen Erscheinungen gegenüber ein- zunebmen haben. Auf daSEindringlichste warnte er vor einem dicta- lorischen Regiment«: und forderteAchtungvorden constitutionellen Rechten deS Parlament-. Gleichzeitig betonte er aber auch, daß die Autorität eines ParlamenlS wie deS deutschen Reichstags »ur dann aufrecht erhalten werden könne, wenn im gegebenen Falle die großen Parteien und ibre Führer den Muth hätten, momentanen Stimmungen und Strömungen und irrigen An schauungen der Bevölkerung entgegenzutreten. Er richtete dann einen eindringlichen Appellan das Centrum, das in der vorliegenden Frage den Ausschlag zu gebe» babe, oder viel mehr an dessen Wähler und warnte znin Schluffe vor der zweischneidigen Maßregel einer. Reichstagsauflösung für den Fall der Aufrechlerhaltnng der Coiuiuissionöbeschlüssc durch das Plenum. Die Rede, die wir ausführlich wiederzugeben uns für verpflichtet Hallen, machte ersichtlich einen tiefen Eindruck, der aber bei der Opposition schwerlich so tief gehen wird, um sie zu einer Aenderung ihrer bereits tundgegebcnen Absicht zu veranlassen. Daß die Socialdcmokratie entschlossen ist, jede Marineforderung abzulehnen, mag sie gerechtfertigt sein oder nicht, ergiebt sich aus der Erklärung des Abg. v. Vollmar, daß seine Partei der entschiedenste Gegner des Militarismus zu Wasser sei. Auch Herr Eugen Richter ließ keinen Zweifel daran aufkommen, daß er und seine Getreuen lieber noch viel weniger, als einen Heller mehr bewilligen würden, als die Eommission zu bewilligen ror- schlägt. Er gab die Parole aus, nur durch Unnach- giebigkeit könne der Reichstag oder vielmehr die frei- leien und der Nationalliberalen zur unverkürzten Bewilligung der Marinefordernngen auf eine gewisse Furcht vor den Wünschen des Kaisers zurückführe» zu sollen, wie er denn überhaupt jede Erweiterung der Marine nicht für eine sach liche Nothwendigkeit, sondern für eine Art persönlichen Sports des Kaisers hält. Gegen solche schiefe Auf fassungen zu kämpfen, ist natürlich zwecklos; es soll nur hervorgehoben werden, dasi Herr Richter gerade jetzt nicht ohne besondere Absicht den Kaiser als einzigen Urheber aller Marinepläne hinstellt. Wie der Abg. v. Voll mar, so ist auch der Abg. Richter ein erklärter Gegner jeder „Weltpolitik" und möchte am liebsten, daß Deutschland sich um Kreta oder das Transvaal gar nicht tüinmerte, weil in dem eine» Falle ein paar griechische, iu dem anderen ein paar englische Kaufleute mißgestimmt werden könnten. In solcher Politik sieht der Beherrscher der freisinnigen Volkspartei die beste Wahrung der HandelSintereffen Deutschlands, aber eS ist zu hoffen, daß auch von den Wählern dieser Partei gar mancher mit dem StaatSsecretair v. Marsch all nbercin- stimmen wird, der erklärte, daß bei solchen Anschauungen das deutsche Reich nicht nur seine Marine, sondern auch sich selbst liquidiren könnte. Erfreulich war eS, daß unter den drei conservativen Rednern, die für die Bewilligung der RcgierungS- forderungen eintraten, aucb Herr v. Ploetz sich befand. Es eröffnet sich dadurch die Aussicht, daß auch der Bund der Landwirthe, wenn der jetzige Reichstag bei seiner unfreund lichen Haltung gegen eine zeitgemäße Verstärkung unserer Flotte beharrt, bei den nächsten Wahlen nur für solche Candidaten eintritt, die bereit sind, das Versäumte nach zuholen. In der „Post" finden wir heute die folgende, von dem Abg. Freiherrn v. Stumm veranlaßte und vom Telegraphen bereits kurz gemeldete Erklärung: „In der gestrigen Abendnummer des „Berliner Tage blatteS" steht ein Artikel über Mittheiluuge», welche Freiherr v. Stumm-Halberg im Aufträge Sr. Majestät des Kaisers an Mitglieder des Reichstags über die Coiijeqneuzen, welche die Ausrechtcrhaltung der die Marineabstriche betreffenden Com- missionsbeschlüsse nach sich ziehen würde, gemacht haben soll. Richtig ist, daß Freiherr von Stumm fernen pollinchen Freunden Aeußerungen Sr. Majestät über diese Angelegenheiten mitqetheilt hat; unwahr aber ist die Darstellung des „Berliner Tageblattes", daß von cinein „Kladderadatsch" oder davon die Rede gewesen sei, das Staatsministerium „die Kosten der Ablehnung bezahlen zu lassen". Die Insinuation, das Ltaatsininisrecium „solle zum Teufel gejagt werden', tragt an sich schon den Stempel der Erfindung an der Stirn. Daraus, daß Herr v. Stumm in dieser Erklärung nicht sagt, wie der Kaiser sich geäußert hat, ergiebt sich, daß der Herr Abgeordnete nicht den Auftrag erhalten hatte, diese Aeußerung zur Kenntnis; seiner College» unv durch diese zur Kenntniß des Volkes zu bringen. Er würde sonst gewiß nicht zögern, sich dieses Auftrages in seiner Erklärung zu entledigen. Er bat überdies die ohne Auftrag einigen College-, gemachten Mittheilungen nicht mit der Bestimmtheit gemacht, die Miß verständnisse hätte ausschließcn müssen. Daß durch der artige vage Mittbeilungen über kaiserliche Worte, die nicht ausdrücklich für die Oeffentlichkeit bestimmt waren, weder das Ansehen des NeichSvberbaupteS, noch die Sache gefördert wird, deren ungünstigen Verlaus der Kaiser mit Recht beklagt, ergiebt sich auf ras klarste ans der Art, wie diese Worte von den Gegnern der Flottcnverstärkung entstellt und für ihre Zwecke ausgebeutet worden sind. Wir hoffen daher, daßHerr v. Slummnach dieser neuen Probe seines politischen TacteS nicht wieder in die Lage kommt, über private Meinungsäußerungen deS Kaisers zu berichten. Die Griechenland notificirte Blockade K r e t a S hat schon einen Erfolg gebabt: Die griechische Flotte hat gestern ibre Ankerplätze vor Kanea verlassen, um sich nach der Kap Malta vorgelagerten Insel Eerigo zu begeben. Stolz können die Großmächte auf diesen ersten Erfolg allerdings nicht sein, denn eS waren nur noch vereinzelte griechische Schiffe, die in den kretischen Gewässern zurückgeblieben waren und daß diese sich der Kaperung nicht anSsctzen würden, war vorauszusehen; sie werden jetzt anderwärts nvlhiger als vor Kreta gebraucht. Im klebrigen bat die „Notification" auf Griechenland nicht den geringsten Eindruck gemacht. Die Regierung sitzt immer noch auf dem hoben Pferde nnd spielt den Mächten gegenüber den Gekränkten and Vergewaltigten, dem bitter Unrecht geschieht. So hat sie, wie uns der Draht aus Athen meldet, die Dreistigkeit gehabt, gegen die Be schießung eine- griechischen Segelschiffe- durch da- öfter reichische Kriegsschiff „Sebeniko" Einspruch zu erheben. Der österreichische Geschäftsträger rechtfertigte daS Vorgehen deS Schiffe- als durch einen Angriff auf ein österreichisches Boot hervorgerufen, ließ sich aber zu dem Zugeständniß herbei, eine Untersuchung der Angelegenheit herbeizuführen. Die griechischen Rüstungen für den Krieg mit der Türkei werden mit fieberhafter Hast fortgesetzt. Das griechische Geheim- comite „Ethniki Heteiria" wirbt auch in Konstantinopel mit gcheinier Unterstützung deS griechischen ConsulatS Freibeuter zu einer Erpedition nach Makedonien an. DaS Comite giebt jede», Angeworbenen hundert Francs Handgeld und bezahlt die Verpflegungs- und Fahrtunkosten. Bis jetzt hat das Comite dreihundert Leute hier und etwa zweihundert an den Küsten des Schwarzen Meeres angeworben, eine Thätigkeit, welche veranlaßt bat, daß von diplomatischer Seite die Auf merksamkeit der Pforte auf diese Avantgarde der griechischen Armee und ihre Hintermänner gelenkt worden ist. lieber A«zeigerr.PreiS die 6 gespaltene Petitzeile 20 Pfg. Reclamen unter dem RrdactionSslrich (-ge spalten) öO^j. vor den Familiennachrichte, (6 gespalten) 40 Größere Schriften laut unserem Preis- »erzeichniß. Tabellarischer und Zisfrrnsatz nach höherem Tarif. Extra-Beilagen (gesalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbesörderunz; SO —, m,t Postbesörderung 70.—. Annahmeschluß für Anzeige«: Abend-AuSgabe: Bormittags 10 Uhr. Bkorge „-Ausgabe: Nachmittags 4Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je ein« halbe Stunde früher. Lntkige» sind stet« an die Gxpetztti»» zu richte». Druck und Berlag von E. Polz in Leipzig. 91. Jahrgang. die Stimmung, welche in Athen herrscht, geben folgende Meldungen Aufschluß: * Athen, 19. März, 9 Uhr Abends. (Telegramm der „Agence Havas".) Bor dem Abgänge seine» Regiments hielt der Krön- prinz Revue über dasselbe ab. Eine große BolSmenge war in den Straßen, durch welche daS Regiment zog. angesammelt und bracht- demselben begeisterte Kundgebungen dar. Das Regiment, welches ick in drei Fahrzeugen im Piräus rinschiffte, begiebt sich nach B«lo und von da »ach der Grenze. w. PariS» 20. März. (Privattrlegramm.) Große- Auf ehen erregt eine Unterredung de- Athener Berichterstatter- des Journals „Franklin", Bouillon, mit dem Kronprinzen Eon- staut in. Dieser erklärte, Griechenland wäre ehrlos, wenn es vor Europa zurückwlche. Die Folge der Haltung der Großmächte sei uuabweislich der griechisch-türkische Krieg. Der Aron- prinz wälzte die Schuld an den bevorstehenden Ereignisse» aus schließlich ans die Schultern Europas. Nach den Meldungen deS Athener Correspondeuten des „Daily Chronicle" würde die Blockade Griechenland- das Signal zum Kriege geben. Mit dieser hat eS nun aller dings noch gute Wege, aber an der makedonischen Grenze kann der Spuk schon vorher loSgeheo. Jedenfalls thut die griechische Negierung nichts, um die- zu verhindern. Den „Times" zufolge scheint man in Athen noch über die Moti- virung der Kriegserklärung nachzudenken. Man werde, beißt eS, eine alsbaldige Grenzregulirung genau nach der Vorschrift des Berliner Vertrages verlangen und daraus dann einen casus delli machen. Auf Kreta nehmen die Feind seligkeiten unterdessen ihren Fortgang. Kein Tag vergebt ohne Blutvergießen und Plünderung, und immer sind eS die in der Minderzahl befindlichen Mohamedaner, welche den Christen weichen müssen. Auf die Insurgenten scheint die Verkündigung der Autonomie noch keinen sonderlichen Ein druck gemacht zu haben. Wir erhalten darüber folgende Nachricht: * Lan-o», 20. März. (Telegramm.) Die „Times" melde» aus Kanea unter dem gestrigen Tage: Infolge der Aufforderung der Admirale begaben sich vier Führer der Aufständischen an Bord de» italienische,, Flaggschiffes. Admiral Canevaro hielt an dieselben eine Ansprache, in der er die Verkündung der Auto- nomie besprach; die Insurgenten weigerten sich jedoch, eine andere Lösung als dir Einverleibung Kretas in Griechen land anznnehmen. So weit hat eS das „schrittweise" Vorgehen, welches die eng lische Regierung als Bedingung ihres Verbleibens im Coucen der Mächte gemacht hatte, gebracht. Daß wir mit unserer gestrigen Kritik deS „Nur immer langsam voran!" der europäischen Cabinette nicht vereinzelt dastehen, zeigt folgende Auslassung des „Hamb. Corresp.": Es ist kein erbauliche- Schauspiel, das diese- „euro- päische Concert" darbietet. Ist eS nach wochenlangen Verhand lungen endlich darüber ins Klare gekommen, daß der griechische Friedensbruch Zwaugsmaßregelu gegen den Friedensstörer noth- wendig macht, so werden von London aus neue Verhandlungen über das Tempo und die „Reihenfolge" dieser Maßregeln ringrleitet. Die Action kommt über den Anfang nicht hinaus und die griechische Regierung wird in dem Wahne bestärkt, daß ihre Halsstarrigkeit dem geeinten Europa gegenüber berechtigt ist. Bier Wochen sind vergangen, seit Deutschland mitdem Blockadev orschlag heraul- kam. Nur Rußland und Oesterreich-Ungarn stimmten zu, während England die Maßregel als verfrüht bezeichnet» und Fraakrrich und Italien dieser Auffassung zostimmten. Jetzt haben die Thai- Ferrttletsn, Ein Frauenherz. -41 Roman frei nach dem Englischen bearbeitet von Emil Bernfrld. Nachdruck »erbeten. Margaret sank mit gebrochener Kraft und hoffnung-loS auf die Kissen des Ruhebettes zurück. Ja, es war kein Zweifel mehr möglich, daS fühlte sie selbst ja in ihrem tiefsten Inneren an, klarsten, denn was sie gehört, stimmte nur zu überzeugend zu dem, was sie insgeheim erkundet und wußte. Alles war schreckliche Wahrheit und Wirklichkeit! Ihr Gatte war Mitglied eine- fenischen Geheimbundes, er war jener Soldat Rurik, der für sein Vergehen acht Jahre im Kerker gebüßt, er war der That schuldig, deren ihn Blessington bezichtigt hatte und — o fürstlicher als Alle»! — er war c«. der über sie, die ihn so heiß geliebt, die ihn trotz Allein und Allem noch immer liebte, das Elend der Blindheit verhängt batte, unter dem sie so schwer litt! Sie preßte ihre Hände krampfhaft auf die brennenden, thränenlosen Augen. Es schien ihr in diesem Moment, als sei daS Aeußerste dessen, waS sie zu tragen vermöge, überschritten, als müsse sie im nächsten Augenblick zusammenbrechen unter der Last, Alles dies glauben zu müssen von dem geliebten Gatten, an dessen Brust sic geruht, dessen Arm sie in ihrer Hilflosigkeit gestützt und geschirmt nnd auf ihrem Pfade geleitet hatte! Ihr Vater stieß ein dumpfes Stöhnen auS — daS er schütternde, dem Schmerz einen Augenblick freien Weg gebende Stöhnen des starken Mannes. „Kehre zu Deinem Vater zurück, mein armes Kind,' sagte er. „Beginne ein neues Leben und versuche zu vrr Hessen!" Er schloß sie in seine bebenden Arme, und an seine Brust gelehnt, fand sie endlich wenigsten- die Erleichterung der Thränen. XXIII. Major Willmor, gleich allen Irländern rin Mann leb hafter Entschlüsse und gewohnt, der auS diesen einmal her vorgegangenen Ansicht »nt Zähigkeit zn folgen, hatte seinen Schwiegersohn aufrichtig hochgeschätzt und war nicht so leicht iu dem Glauben zu bewegen gewesen, daß dieser seiner Liebe und Achtung nicht würdig sei. Von dem Augenblick an, wo kr ihn als jenen Berurtheilten von vor zehn Jahren wieder- rrkannte, hatte er ihn rückhaltlos von sich geworfen und wollte nicht mehr den, Gedanken, daß seine Schuld auch nur weniger groß sein könne, als eS schien, Raum geben, kein Wort zu seiner Vertheidigung oder Entschuldigung mehr hören. Er wurde fast zornig über seine Tochter, als diese sagte, daß die erste Pflicht des Weibes sei, ihren, Manne au- rugehören. gleichviel ob er schuldig sei oder nicht; und der Major erklärte sich nur dcsbalb hastig bereit, nach London zu gehen und nach dem Stande der Dinge zu sehen, um Margaret von dem Schritt zurückzuhalte», sich selbst dorthin zu begeben — denn, niockte cS kommen wie es wolle, sagte er sich, das mit allen Mitteln zu erstrebende Endziel mußte immer sein, Margaret zu bestimmen, daß sie sich von ihrem verbrecherischen Gatten loSsagte und den kurzen schönen Traum ihres EhelebenS zu vergessen suchte. In Verfolg dieser Ab sicht geschah eS, daß der Major, um Margaret unthätig zu erhalte», den Plan seiner Reise nach London auszuführen be schloß und seine Tochter in der Obhut Pansy'S zurückließ, die noch auf der Abtei weilte. Flemmingham erklärte sich sofort bereit, mit ihm zu gehen, um sein Bestes für Russell in London zu thun, oder, wenn er nickt» thun konnte, wenigsten- seine Sympathie für beide Ver haftete zu bekunden und ihnen nahe zu sein, wenn sie seiner bedurften. Der Lord hatte sich mit Blessington wegen dessen rücksichtslosen Vorgehen» vollständig überworfen und T»m, der sich in dieser Weise von allen Näyerstebenden verurtheilt sah, war Wütbend schon vor ihm nach London abgereist, in dem rachsüchtigen Entschluß, alle seine Maßregeln in der Sache, dix so großen Unwillen gegen ihn hervorgerufen, nur um so schärfer und schonunaSloser weiter zu betreiben. Margaret und Pansy waren nach der Abreise de» Major- und Flemmingham'- etwa drei Tage lang allein in der Einsamkeit der jetzt verödeten Abtei gewesen, al- eine- Morgens Hannah mit verweinten Augen in dem Zimmer Margaret- erschien und bat, ihr eine Mittheilung machen zu dürfen. „WaS ist eS, Hannah, sprich!" entgegnet« Margaret in der müden, theilnahm-losen Weise, die ihr jetzt in ihrer tiefen Niedergeschlagenheit gewöhnlich war.« „E« betrifft Grime-, Ma'am," sagte da- Mädchen in dev, vergeblichen Bestreben, ihre Stimme zu befestigen. „Er hat jetzt endlich den Doctor holen lassen und — und der Arzt sagt, die Wunde sei keiue-weg- «in Schnitt oder rühre von einem Messer her, sondern e« sei eine Schußwunde und die Kugel noch immer darin, die ganze Zeit über — und - sei sehr schlimm. Er sei zu spät gerufen worden." „Der arme GrimeS. Sollte er sterben müssen?" „Ach, Ma'am, ich fürchte, eS ist keine Hoffnung mehr. Ich habe die ganze Nacht bei ihm gewacht, und es war herz zerbrechend, ihn so leiden zu sehen. Er phantasirte und stöhnte so schrecklich, und ich dachte ein paar Mal in meiner Verzweiflung, es gehe mit ihm zu Ende! Gegenwärtig hat er kein Fieber und fühlt nicht mehr so arge Schmerzen wie zuvor — aber der Doctor meint, daS sei daS schlimmste Zeichen von allen." „Kann ich etwa» für ihn tbun, Hannah?" „Er möchte Sie sehen, Ma'am. Er sagt, er könne nicht ruhig sterben, bis er etwas in Ihre Hände gegeben, da für Mr. Grey bestimmt ist. Ach. Ma'am, wenn Sie es können, so kommen Sie doch zu ibm!" „Ich komme sofort!" erklärte Margaret, sich unverzüglich erbebend. Sie empfing ihren Hut aus Hannah'S Hand, und auf den Arm deS Mädchen» gelehnt, halb, um von ihr ge führt zu werden, halb, weil sie ihrer als Stütze bedurfte, da sie in diesen letzten Tagen der Angst und des Grame- schwach und von fremder Hilfe abhängig geworden, schritt sie dem ParkwächtrrhäuSchen zu. In diesem war Alle» ruhig und still. Nur der kranke Mann befand sich dort, und er lag bewegungslos und lautlos mit geschlossenen Augen auf seinem Bett. Eine jähe Angst durchfuhr Hannah'S Herz und ließ sie der Gegenwart ihrer früheren Herrin nicht achten. Sie fürchtete, daS Leben deS Verwundeten sei entflohen. Stür misch warf sie sich neben dem Lager auf die Knie nieder und bedeckte klagend die bleiche, hagere Hand auf der Bettdecke mit leidenschaftlichen Küssen. Ein Schrei der Freude brach von ihren Lippen, als GrimeS die Augen aufschlug und ihr matt zulächelte. Sie erhob sich nicht au- ihrer knieenden Stellung, aber wandte sich zu Margaret zurück, der sie in ihrer Aufregung ihr Geständniß ablegte, ihre frühere Herrin, wie sie in Momenten der Erregung noch immer zu thun pflegte, bei ihrem Mädchennamen nennend. „Ich will'-Ihnen ja bekennen. Miß Margaret," schluchzte sie, ,e< ist ja mein Geliebter, mein Bräutigam, den ich damals nicht nennen wollte! Ich hatte versprochen, e- skr mich z« behalten, nicht zu sagen, daß er e- sei, und ich bin meinem Versprechen treu gebt,eben — aber jetzt, o mein Gott, jetzt kann e- ja nicht- mehr schaden, wenn ich'- sage, und ich kann e« nicht länger tragen, daß Sie schlecht von mir denken sollten! Ach, ick habe ja selber nicht gewußt, wie sehr er mich wirklich liebte, bi- zu der Zeit, wo ich hierher kam, um ihn in seinen Leiden zu pflegen, und ihn so wiederfand. Sehen Sie, liebste beste Miß Margaret, ich wagte ja nicht, Ihnen die Wahrheit einzugestehen, denn ich fürchtete so schrecklich die Sache von damals! Er war eS, der mich damals, als da- große Unglück in Ihrem Hause geschah, zum einem Rendevou- bestellt, batte, so daß ich ohne Erlaubnis von Hause fortgiug. Zwei Stunden wartete ich, aber er kam nicht, um mich zu treffen und er war fort unv blieb verschwunden, bi- ich ihn hier wiederfand. Und nun konnte ich mir nicht helfen, ich mußte die ganze Zeit über denken, daß er damals, als er mich ver anlaßt, au« dem Hause fortzugehen, etwa- davon gewußt habe, was sich dort Schreckliche- zutragen werde!" „Sie waren damals nieineS Gatten Diener, Grime-, nicht wahr? Und vor zehn Jahren sein Kamerad beim 72. In fanterie-Regiment in Canada — ist e- nicht so?" fragte Margaret schnell. „Wie — Sie wissen?" schrak Grime- auf. „Hat er c« vcrrathen —?" „Nein — ich erfuhr r- zufällig. Sie wurden damal« Beide entdeckt nnd anaeklagt. Ihnen gelang e-, zu entfliehen; er fiel allein zum Opfer nnd hatte seine Strafe abznbüßen. — Weshalb sandten Sie jetzt nach mir?" „Ich glaube, ich bin ein schlimmer Stein in seinem Wege gewesen", stöhnte der Kranke mühsam. „Ich möchte, ehe ich sterbe, Einiges gut machen an ihm — an ihm und an Ihnen, an der ich, fiirchte ich, große- Unrecht gethan nnd die Sie so gut gegen mich gewesen sind. Um Hannah'S Willen — um ver lieben guten Hannah willen habe ich nachgegeben und den Doctor holen lassen, obwohl ick fürchte, daß e» nicht- mehr nutzt und e» mit mir zu Ende gebt und der Doctor hat da« auch gesagt, — aber er bat etwa- gemerkt, woher die Wunde rühre, die ich hier so verborgen gehalten, und ich weiß, er wird die Polizei benachrichtigen, damit sie mich »och rasch verhören können, ehe eS mit mir zu Ende geht. Da« thut nicht-, denn ich werde bald au« ihrer Gewalt sein. Aber da- mit Mr. Grey mußte ich zuvor noch ordnen. Diese Papiere, die sie ihm von mir geben sollen, mußten zuvor sicher in Ihrer Hand sein, ehe die Polizei kommt". Er hielt erschöpft inne und suchte, schwer alhnieud, sich von der Anstrengung de» Sprechens zu erholen. Margaret wartete geduldig, bis er im Stande sein werde, fortzufadren, während Hannah seine Lippen mit Brandy und Wasser an- feuchtete und weinend seine Hand streichelte. Plötzlich schob er mit momentan wiedergekehrter Kraft seine Hand unter
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite