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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 13.04.1897
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1897-04-13
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18970413024
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1897041302
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1897041302
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1897
- Monat1897-04
- Tag1897-04-13
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Abend-Ausgabe. apMrr JagclilM Anzeiger. Amtskifatt -es Königlichen Land- und Amtsgerichtes Leipzig, -es Nathes «n- Nolizei-Ämtes -er Lta-t Leipzig. Anzetgen-PreiS die 6 gespaltene Petitzeile 20 Pfg. Reklamen unter dem RedactionSslrich (4 ge spalten) 50^, vor den Familiennachrichten (6 gespalten) 40,^, Größere Schriften laut unserem Preis- vcrzeichniß. Tabellarischer und Zisfernja- nach höher-nn Tarif. Extra-Beilagen (gesalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbeförderunu 60—, mit Postbefürderung 70.—. Annahmeschluß für Anzeigen: Abend-Ausgabe: Vormittag» 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittags 4Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je eine halbe Stunde früher. Anzeigen sind stet» an die Expedition zu richten. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig. 188. Dienstag den 13. April 1897. S1. Jahrgang. Politische Tagesschau. * Leipzig, 13. April. Die „kreuzzeitung" hat dieser Tage dem Eentrniu bezeugt, eS sei „polnischer als die Polen, protest- lerischer als die Protestler und welsiscker als die Welfen". Wir wissen nicht, ob das konservative Organ geneigt sein wird, dieses sein Verdammungsurtheil über die ultrainontane Partei als eine vaterlandslose zu cassiren, nachdem heute die „Germania" sich über eine» patriotischen, noch dazu im Auslande vollzogenen Act sehr befriedigt gezeigt bat. Dieses Blatt veröffentlicht nämlich einen Bericht über die Hundertjahrfeier in dem Ursulinerinnen - Hause zu Balckenburg in Holländisch Limburg, einer von Klosterfrauen unterhaltenen Lehrerinnen-Bildungsanstalt. An dem Verlauf, wie er mitgetheilt wird, ist in der Thal nichts auSzusetzen. Aber die „Germania" selbst erweckt den Verdacht, daß es sich um ein auf die Nerven des preußischen Cultus Ministers berechnetes Paradestück gehandelt habe. Von diesem ist näm lich vor einiger Zeit ein Erlaß ausgegangen, wonach von 1899 an im Auslande ausgebildete Candidatinnen in Preußen nicht mehr zur Lehrerinnen-Prüfung zugelassen werden dürfen. Die Valckenburger Anstalt hak, wie der „Germania" zu entnehmen ist, in Folge dieser Anordnung bereits an Frequenz eingebüßt. Es wäre an sich kein zwingender Grund vorhanden, bei ihrer Leitung einen Zu sammenhang der Feier vom 22. März mit der Absicht einer Einwirkung auf die preußische Regierung voranszusetzen, wenn nicht die „Germania", und zwar abweichend von ihrer sonstigen Berichterstattung bei Hundertjahrfeiern in der auffälligsten, um nicht zu sagen aufdringlichsten Weise — auf drei klein gedruckten Spalten — die Valckenburger Festlichkeit beschriebe und wenn sie nicht aus deren Verlauf dem Cultus- minister beweisen wollte, das; seine von Rücksichten auf die patriotische Erziehung eingegebene Verfügung unnöthig sei. Daraus aber merkt man die Absicht und wird hoffentlich in Berlin verstimmt. Denn die „Germania" ist dasselbe Blatt, die baS Verhalten zweier geistlicher Redakteure von clsässischen Zeitungen, die vor her Hundertjahrfeier erklärten: „Wir machen nicht mit", gebilligt hat. Wenn sie die hierbei be kundete Gesinnung verleugnet, um das Mitmachen der Valcken burger Ursulinerinnen als etwas Löbliches zu bezeichnen, so charakterisier sie eben dadurch die Beweggründe für die holländische Veranstaltung. Das Blatt hätte selbst bedenken sollen, daß eS die denkbar ungeeignetste Stelle ist, um andere Leute wegen ihres Patriotis mus zu recommandiren. Namentlich angesichts seiner Aufführung in der Angelegenheit der Schwetzer Mord wahl. Heute übertrifft es in der Parteinahme für die polnischen Todtschläger sogar sich selbst. Man erinnert sich, daß fast unmittelbar nach der Wahl die zweite Blut- that, deren Opfer nunmehr auch gestorben ist, von einem Berliner Blatt gemeldet wurde. Gleichzeitig ward berichtet, daß der Mörder ausgerufen habe, er müsse deutsches Blut sehen. Diese Meldung hat die „Germania" acht Tage lang todtgeschwiegen, so daß ihre Leser nicht wissen können, welcher Schamlosigkeit sie sich gegenüber befinden, wenn sie jetzt in der „Germania" gesagt finden, es sei auf fallend, „daß erst jetzt!! nach zehn Tagen, der Todtschlag in seinen polenfresserisch aufgeputzten Einzelheiten erzählt werde". Merke deutscher Michel: Wenn ein Pole aus Nationalhaß einen Deutschen erschlägt, so schweigt die „aus schlaggebende" Partei darüber. Und wenn sich Jemand er frecht, den Mord und seinen vom Mörder laut hinauS- geschrienen Beweggrund zu erzählen, so wird er von der selben Partei ein „Polenfresser" genannt! Unmittelbar nachdem der Reichötagswahlkreis Wies baden in dem Eommerzienrath Köpp seinen Abgeordneten verloren hatte, wiesen wir darauf hin, daß das Mißlingen der bekannten Einigungsversuche zwischen Freisinniger Bereinigung und Freisinniger Bolkspnrtci in diesem Wahl kreise scharf zu Tage treten werde. Die Haltung, welche die „Freisinn. Ztg." des Herrn Eugen Richter bei der Lösung der Candidatenfrage einnimmt, übertrifft aber alle unsere Erwartungen. Das Organ des volksparteilichen Dictators begnügt sich nicht etwa damit, die Aufstellung eines volks parteilichen Candidaten zu verlangen, sondern es stachelt die Cartellparteien auf, ja nicht etwa für den von der freisinnigen Vereinigung aufgestellten Landgerichtsratb Dove zu stimmen, der ja nicht einmal aus Wiesbaden, sondern auS Frank furt a. M. stamme. Selbstverständlich kann ein Mann, der, wie Herr Richter^ kürzlich den Torgauern den Berliner Knörcke und vor einiger Zeit den Löwenbergern einen gleichfalls aus Berlin stammenden Rector präsentirt, nicht im Ernste daran Anstoß nahmen, daß den Wählern des Wiesbadener Kreises ein aus Frankfurt a. M. stammender Eandidat vorgcschlagen wird. Der eigentliche Zweck des Richter'schen Protestes gegen den „Frankfurter" geht klar daraus hervor, daß der Verfasser den Cartellparteien des Kreises zu Ge- inüthe führt, sie seien in diesem Kreise doch recht stark vertreten, während die Freisinnige Bereinigung in Wiesbaden nur etwa 30 Mitglieder zahle. Herr Richter wünscht also, die Cartellparteien möchten dein Candidaten der Freisinnigen Vereinigung einen eigenen Candidaten gegen- überstellen. Daß er aber einen solchen Candidaten nicht unterstützen wird, ist selbstverständlich. Er hofft vielmehr, daß die Aufstellung eines nationalliberalen oder freiconservativen Candidaten die Anhänger der freisinnigen Vereinigung in die Arme des volksparteilichen Candidaten treiben und dadurch diesen wenigstens in die Stichwahl bringen werde. Crwcist diese Berechnung sich als falsch, so ist wenigstens zu er warten, daß nicht der Candidat der freisinnige» Vereinigung, sondern der Cartellcanditat mit dem Svcialdcmoki-aten in die Stichwahl kommt, und dann kommt die Freisinnige Volkspartei in die angenehme Lage, dem Socialdemokralen zum Siege zu verhelfen. Herr Eugen Richter zeigt also durch seine an die Wiesbadener Cartellparteien gerichtete Auf forderung, daß ihm ein socialdemokratischer Wahlsieg in diesem Wahlkreise lieber ist, als ein Wahlsieg der Freisinnigen Vereinigung. Wir haben daran nie gezweifelt, erleben also keine Enttäuschung. Um so größer muß die der Freisinnigen Vereinigung sein, der nunmehr hoffentlich die Augen darüber aufgehen, nach welcher Seite sie Anschluß suchen muß. Eine Tcutschenhctzc ist in Belgien in Vorbereitung. Be kanntlich haben die Deutschen in Antwerpen und im Ant- werpcner Handel sich eine ganz hervorragende und einfluß reiche Stellung errungen. Bedeutende Antwerpcner Firmen sind in deutschen Händen, und von allen VorurtheilSlosen in Belgien wird anerkannt, daß die deutschen Elemente durch ihre hohe Intelligenz vor Allem den Aufschwung Antwerpens herbeigefüyrt haben. AllefranzösischenAnstrenguiigen,sürFrank- reich und seinen Handel eine Deutschland ebenbürtige Stellung in Antwerpen zu gewinnen, sind gescheitert. Der französische Generalconsul Carteron in Antwerpen hat jetzt seiner Regierung einen Aufsehen erregenden Bericht erstattet, in dem er die „Inferiorität" Frankreichs nachweist. In diesem Bericht heißt eS u. A.: „In Antwerpen hat der deutsche Handlungsdiener am meisten dazu beigetragen, die Oberherrschaft seines Landes zu sichern. Der Mechanismus seines Eindringens ist derselbe, wie in den anderen Ländern. Er ist daselbst angekommen mit wenig gefüllte» Tasche», aber mit starkem Willen; seine bescheidenen Ansprüche haben ihm den Eintritt in ein großes HandlungshauS verschafft. Nach und nach setze» ihn seine Arbeitskraft, sein angeborener Geschäftssinn, seine Sprachkenntnisse in Helles Licht. Ec benutzt eS, um sich un entbehrlich zu machen, dann zieht er Landsleute heran, dann tritt er in die Familie ein und wird Socius. Oder aber, wenn er auf eigenen Füßen stehen will, so gründet er seinerseits ein Haus. Die Banken eröffnen ihni breite Credite; er hat das Ziel erreicht. Ist es erforderlich, so läßt er sich als Belgier »aturalisiren, aber er hört »icht auf, Deutscher zu sein und im Interesse seines Landes zu arbeiten. Es dauert nicht lange, so erreicht er eine Stellung ersten Ranges in einer Stadt, in der er als Hauptconcurrenten trifft: den Eng länder, mehr Drainirer von Waaren als Gründer einer Colonie, den individualistischen Franzosen, der es nicht liebt, seine Capitalien aufs Spiel zu setzen, und leicht der Entmuthigunq zugänglich ist, den Antwerpcner, mehr Speculant als wahrer Kaufmann. So hat sich der Charakter des Platzes Antwerpen seit zwanzig Jahren ver ändert. Viele alte Handelshäuser sind verschwunden, weil sie es nicht verstanden haben, sich rechtzeitig zu sicher». Diejenigen Häuser aber, welche fortbestehen, sind verpflichtet, mit den Deutschen zu rechnen, deren ausdauernde Anstrengungen eins der merkwürdigsten Capitet des LtruMlo kor liko bilden." Wie es sich jetzt herausstellt, sollte die Veröffentlichung dieses Berichts eine Hetze gegen das Deutschthum ein leiten. Das Brüsseler cfficiöse klerikale „XX. Jahrhundert" versichert, daß sich dieses langsame Eindringen, dieser „Ein bruch des deutschen Elementes" in Brüssel noch schlimmer fühlbar mache als in Antwerpen, und daß es an der Zeit sei, einmal die Zahl der jungen Deutschen fest- zustellen, die von „belgischem Gclde" in Brüssel zum Schaden der belgischen Handlungsdiener leben. Schon seien in einer Brüsseler, mit belgischen Capitalien begründeten Versiche rungs-Gesellschaft von 80 Angestellten 00 Deutsche! Das Blatt erklärt, daß die Lage in der Thal „eine sehr ernste" sei und demnächst weiter von ihm geprüft werden solle. Hierzu bemerkt der Brüsseler Berichterstatter des „Hamb. Corr.": „Junge Deutsche finden in der Thal in Brüssel leichter Annahme, weil ihre Forderungen meist bescheidene, sie selbst tüchtig gebildet, intelligent und strebsam und nach vielen Richtungen hin den belgischen Mitbewerbern weit über legen sind. Jedenfalls ist es am Platze, wenn Deutschland diese neue belgische Bewegung mit Aufmerksamkeit verfolgt." In Rumänien ist an Stelle des von dem jungliberalen Aurelian präsidirten Zwischen-MinisteriumS ein national liberales Cabinet mit dem einsichtigsten Staatsmann des Landes D. Sturdza an der Spitze getreten. Die Ab dankung der Negierung Aurelian's ist als Folge des Wider spruchs zu betrachten, der sich zwischen ihr und der Vertretung der nationalliberalen Partei herausgebildet hatte. D. Sturdza hatte als Haupt der Parlamentsmehrheit dem nach seinem Rücktritte gebildeten Ministerium Aurelian seine Unter stützung unter der Voraussetzung zugesagt, daß es sich als eine Fortsetzung seiner eigenen Regierung betrachten und demnach auch deren GesetzeSvorlagcn zur Annahme bringen werde. Diese Voraussetzung ist nicht in Erfüllung ge gangen , und unter den Anhängern des früheren Minister präsidenten wurde der Wunsch rege, das Ministerium Aurelian Lurch ein parlamentarisches Mißtrauensvotum zum Rücktritte zu zwingen. Doch wurde den hieraus bezüglichen Vorschlägen der berechtigte Einwand entgegengesetzt, daß ein solcher Vor gang zu einer wiederholten Spaltung der liberalen Mehrheil Veranlassung geben und die Anhänger Aurelian's zu einer Verbindung mit der liberal-derv.okratischen Opposition N.Fleva'S bewegen könnte. Gleichwohl warein solches Verhäll- niß zwischen nationalliberaler Regierung und Parteileitung ans die Dauer unhaltbar, und es würde darüber wohlschon vor Wochen zum offenen Bruche gekommen sein, wenn Aurelian nicht ver standen hätte, in kritischen Momenten durch formelleNachgiebig- keit den drohenden Sturm zu beschwören. Mit dem Ausscheiden der als die Vertrauensmänner Stirrdza's im Ministerium Aureli»i geltenden Minister Cantacnzino und Stoicescu aus dem Cabinet aber wurde die Verbindung des letzter» mit der Parteileitung der Mehrheit vollends aufgehoben, und als das Budget bewilligt war, sah das Ministerium sich gänzlich im Stich gelassen, was seinen Rücktritt unaufschiebbar machte. ES wird allgemein anerkannt, daß dir letzte Minislerkrise. wie zum Theil schon die vorletzte, auf persönliche Motive zurück- zuführen ist. Mag übrigens ein Ministerium welcher Partci- richtnng immer kommen, so hat es nur eine Bedeutung für die inneren Berhältnisse Rumäniens; die äußere Politik ändert sich in keiner Weise, die bisherige ist von allen Parteien als die für das Land ersprießlichste anerkannt und angenommen. An der griechisch-türkischen Grenze dauern die be waffneten Zusammenstöße, und zwar auf türkischem Gebiet, fort, es ist also noch nicht, wie aus Konstantinopel gemeldet wurde, der Statur guo anto wieder hergcstellt. Wer bei den fortgesetzten Scharmützeln im Vortheil ist, läßt sich nicht constaliren, da man sich auf beiden Seiten den Sieg zuschreibt. Auch ist noch immer nickt Klarheit darüber geschaffen, ob die Türken eS nur mit Freischärlern oder auch mit regulären griechischen Truppen zu thun haben, doch scheint cS, das; letztere bis jetzt außer dem Spiel geblieben sind, wie es andererseits an Wahrscheinlichkeit gewinnt, das; die griechische Negierung um den Einsall der Banden gewußt, ja ihn dirigirt hat, um den Krieg, ohne selbst „angefangen" zu haben, beginnen zu können. An neuen Nachrichten liegen uns die folgenden vor: * Athen, 12. April, 7 Uhr Abends. (Meldung der „Agenec Havas".) Der Kronprinz wird demnächst Larissa verlassen, um die griechischen Militairposten an der Grenze zu in- spiciren. Ein Bataillon Infanterie und eine Schwadron Cavalleric werden ihn begleiten. Der Kronprinz wird mit den Truppen bivouakiren. — Assim Bei lenkte die Aufmerksamkeit des Ministers des Aeußeren auf die Vorbereitungen, welche, wie er erfahren habe, neue Banden träfen, um in türkisches Gebiet einzufallen. Man spricht hier sogar, ohne sich aber von der Wahrheit der That- sachen überzeugen zu können, von einem b er eit s erfolgten neuen Einfall der Banden. — Oberst Beriet, welcher versprochen hatte, mit 2000 italienischen Freiwilligen zu erscheinen, ist, wie verlautet, von der Regierung telegraphisch angewiesen worden, ans das erste Zeichen sich bereit zu halten. * Athen, 13. April. (Telegramm.) Die Aufständischen haben die telegraphische Verbindung zwischen Grevena und Jan ina zerstört. * London, 13. April. Der Correspondent der „Times" meldet aus Athen vom gestrigen Tage, der griechische Miinsterpäsident Dclyannis habe ihm in einer Unterredung erklärt, wenn griechische Freischaaren nicht in das türkische Gebiet eiilgedrungen wären, würde die griechische Regierung gezwungen gewesen sein, binnen wenigen Tagen einen Feuilleton Sneewittchen. Roman von A. I. Mordtmann. Nachdruck verboten. Gerard wurde aufmerksam und antwortete bedächtig: „Anna Reschwitz ist ei» prächtiges Mädchen, ich wüßte keine, die mir lieber wäre — gutherzig, gescheit, praktisch — keine bessere Frau könnte sich der Großmogul von Delhi wünschen — aber daß sie in der letzten Zeit gerade hübscher geworden wäre, kann ich nicht finden." „Schade, daß sie so arm ist . . ." Gerard pfiff leise vor sich hin und sah seinen Neffen mit den klugen grauen Augen forschend an, sagte aber nichts. „Andere behaupten freilick, sie habe Geld, sehr viel Geld sogar." „So?" sagte Gerard. „Hoffentlick ist es wahr." „Na, Onkel, Du mußt eS doch wissen", platzte Paul etwas ungeduldig heraus, „Du bist doch ihr Vormund." „Nicht so ganz, nur Testamentsvollstrecker ihres Groß vaters." »Ah'-" „Du weißt also . . . .?" „Wie es mit Anna'S Vermögen aussieht, meinst Du?" „Nun ja dock!" „Ja, daS weiß ich." „Wie ist eS denn damit?" Gerard lachte. „Mein lieber Neffe", sagte er mit gutmüthigem Spotte, .wenn Du noch nicht bemerkt hast, daß der alte Gerard kein Dachs ist, den man auS seinem Loche ziehen kann, sondern nn gerissener Fuchs, dann bist Du im Punkte des Verstandes ein Eskimo." „Aber die Sache interessirt mich lebhaft, Onkel", rief daul, „und ich gebe Dir mein Ehrenwort, daß ich ver- schwiege» sein werde." „Wirklich? Na, ich kann auch verschwiegen sein." „Weißt Du, Onkel, daß Anna mir sehr gut gefällt? Ich babr ein Auge auf sie geworfen, und da begreifst Du, daß mich ih« Vermögensveryältnisse doch etwa» interessirrn." „Hm — ja, das begreife ich. Nun, da will ich Dir wenigstens eins sagen: Ich habe dem alten Delmar daS feierliche Versprechen geben müssen, über die Vermögens- Verhältnisse Annas erst daun Mittheilungen zu machen, wenn diese Mittheilungen auf ihre Verlobung nicht mehr von Einfluß sein könnten." „So würdest. Du gegen eine» Bräutigam Anna'S daS Geheimniß nicht bewahren?" „Das käme ganz auf dessen Person an. Denn, siehst Du, mein Junge, der alte Delmar war ein etwas alt modischer Herr, der es für unmöglich hielt, daß ein an ständiger junger Mann je von einer Verlobung zurücktretcn könnte. Die Herrenwelt von heutzutage denkt darüber anders, und so würde ich cs mir sehr überlegen, ob ich die Ent hüllung nicht bis nach der Hochzeit verschieben müßte, wo eine .... Ehrlosigkeit unmöglich wäre." Gerard betonte das böse Wprt sehr nachdrücklich. Paul wurde roth und sagte etwas unsicher: „Würdest Du die gleiche Vorsicht gegen mich anwenden?" Gerard antwortete nicht gleich; er sah voraus, was Paul zunächst sagen würde, und ging mit sich selbst zu Rathe, was am meisten in Anna'S Interesse liegen könnte. „Vor zehn und auch noch vor fünf Jahren", begann er endlich, „würde ich mit meiner Antwort rasch fertig gewesen sein. Neuerdings habe ich besser von Dir denken gelernt. Dackiit mußt Du für heute zufrieden sein — wenn Du nicht etwa ernstliche Absichten auf das Mädchen hast." „Warum soll ich eS länger verschweigen?" erwiderte Paul, von einer unbestimmten Ahnung drohenden Unheils erfaßt. „Ich habe beute Vormittag um Anna'S Hand au- gehalten, und sie hat mir ihr Jawort gegeben." „Nun, da gratulire ich herzlich", versetzte Gerard^ indem er seinem Neffen die Hand reichte. Aber seine Stimme drückte nicht eben übermäßiges Entzücken aus. „Ich will nur wünschen, daß dieser Schritt Euch beiden Glück bringe» möge, Dir und der armen Anna — ja besonders der armen Anna, die wirklich den besten der Männer verdiente." „Wir haben uns Beide lieb", versicherte Paul. „Warum sollten wir also nicht glücklich sein?" „Ja, warum solltet Ihr nicht?" wiederholte Gerard. „Aber von der Liebe allein wird die schäbigste Infusorie nicht satt. Wie steht es denn mit Deinem Geschäft? Kannst Du darauf heirathen? Ich bin nämlich der Meinung, daß ein Mann, wenn auch nicht ganz, doch in der Hauptsache auf seine eignen Mittel rechnen sollte, wenn er heirathet." „Mein Geschäft wirft genug ab, um mich und meine Frau ganz anständig zu ernähren." „Vortrefflich, das freut mich ganz unbändig. Du wirsts nöthig haben." „Natürlich." Paul lächelte sehr gezwungen. „Was Anna mir zubringt, wollte ich ihr überlassen." „Ueberflüssige Großmuth!" lachte Gerard. „Was kann sie Dir groß zubringen? Höchstens einige Ersparnisse von dem, was sie bei den DelmarS nicht zugesetzt hat. Aber daS wird so viel sein, daß eine Mücke cS bequem auf ihren Flügeln forttragen könnte." „Anna hat doch eigene Einnahmen aus eigenem Ver mögen?" fragte Paul, dem es immer bänglicher umS Herz wurde. „Eigene Einnahmen wohl, eigenes Vermögen nicht. Die Einnahmen gehen mit dem heutigen Tage auf einen sehr kleinen Betrag zurück und mit dem Tage ver Hochzcjt hören sie gänzlich aus." Das Zimmer drehte sich mit Paul herum, er erfaßte mit der Hand den Tischrand, um nicht vom Stuhle zu sinken; wortlos, i»it offenem Munde und weitgeöffneten Augen starrte er seinen Onkel an. „Ja, daS ist eine ganz, ganz kleine iUebcrraschnng", fuhr Gerard fort, „und wenn ich nicht überzeugt wäre, daß es weder Deiner Liebe zu Anna Eintrag thun, noch Dein Eheglück erheblich verringern wird, so würde es mir um Anna und um Dich leid thun. Wenn ich Du wäre, Paul — ich würde jetzt einen festen, mannhaften Entschluß fassen, den Entschluß, glücklich zu sein. Zu sein, sage ich, denn dann wirst Du auch Anna glücklich machen. Wenn ich Du wäre, und ich hätte mich um Anna beworben, weil ich sie irrthümlich für reich hielt, ich würde darüber nie ein Wort verlieren, sondern das gute Mädchen in dem Glauben lassen, daß ich sie wirklich nur um ihrer selbst willen gesucht hätte. „Du magst recht haben, Onkel", erklärte Paul nieder geschlagen. „Es bleibt mir nichts anderes übrig." „Aber wie, bei allen Götter» der Verblendung, bist Du nur darauf verfallen, Anna für reich zu halten?" fragte Gerard. „Man sagte cS allgemein, und ich wußte, daß sie viertel jährlich eine große Summe von Euch erhielt." „DaS stimmt — und ich will zugcben, daß dadurch auch ein weiserer Mann als Du getäuscht werden konnte. Da ich nun aber einmal daS greuliche Katerthier aus dem Sack gelassen habe, will ich Dir auch erzählen, wie es mit diesem Gelte zusammenhäiigt. Es wird Dich ja immer noch inter- essircn — oder nicht?" „Natürlich, Onkel. Bitte erzähle." „Also: Das wirst Du ja wissen, daß die Mutter von Anna Reschwitz und Frau Delmar's Mann Geschwister waren. Anna s Großvater, der alte Morris Delmar, war ein Deutschamerikaner, der von Hans aus Moritz Tellmer hieß, und sich unter den Yankees ein großes Vermögen zusammenscharrte — ein paar Millionen Wohl. Später verspeculirte er sich, und daS Vermögen schmolz zusammen, daß es drüben in Amerika, wo man mit zehn Millionen noch ein armer Mann ist, für ihn nicht mebr gut leben war. Immerhin Halle er noch über anderthalb Millionen im Ver mögen, als er wieder herüber kam. Anna s Mutter hcirathele einen Gutsbesitzer aiiS dem Hannöverschen, einen prächtigen Kerl, aber argen Verschwender. Ter Reschwitz brachte cs fertig, die Mitgift seiner Frau in zwei Jahren zu verputzen; dann suchte er sein Glück in Amerika und wurde da bei einer wüsten Prügelei von einem rothköpsigen Irländer todtgeschlagen. Seine Frau starb bald danach. Der alte Delmar aber konnte sich mit seinem Sohne, der an Stelle des Herzens nur einen Geldsack besaß, nicht vertragen, und ging wieder „ach Ncw zstork zurück. Da ist er denn auch gestorben. Viel Glück bat er mit all seinem Gelde nicht gehabt. Denn auch den Tod seines Sohnes hatte er noch zu betrauern, und die beiden Enkelinnen Alice nnd Ellen, die er danach auf ein paar Jahre zu sich »abni, sind drüben richtige Yankee- Mädels geworden. I» seinem Testament nun bat er mich und Deinen Freund Rudolf Friedrichsen zn Testaments vollstreckern gemacht. Nun paß' einmal ans. Sein Ver mögen betrug l ooo ooo Mark, wsvon er die Hälfte seiner Tochter gab, als sie jenen Reschwitz heirathete. Sie, oder vielmehr ihr Kind, hatte daher eigentlich nichts mehr zn beanspruchen. Cö war also die Auf gabe des alten Mannes, sein Testament so einzurichten, daß die arme Anna nicht dem Elende oder der Gnade ihrer väterlichen Verwandte», die selbst arg hcruiitergekominene Habenichtse sind, preisgegeben wurde, und daß dennoch die Gerechtigkeit gegen seine andern beiden Enkelkinder nicht zu kurz kam. DaS sing er nun folgendermaßen an. Frau Delmar und ihre Kinder bekamen .'»00 000 Mark zur freien Verfügung, und sie haben darüber auch so frei verfügt, daß bei der Krisis über die Hälste zum Teufel gegangen ist. Für Anna wurden in der Girobank unter meinem Conto
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