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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 15.04.1897
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1897-04-15
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18970415026
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1897041502
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1897041502
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1897
- Monat1897-04
- Tag1897-04-15
- Monat1897-04
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Durch die Post bezogen für Deutschland und Oesterreich: vierteljährlich S.—. Direct» tägliche Kreuzbandjendun- 1»» Ausland: monatlich 7.50. Die Morgen-AuSgabe erscheint um '/,? Uhr. die Abend-Ausgabe Wochentags um 5 Uhr. Ue-actio« rm- Expedition: Iohanne-gaffe 8. Dir Expedition ist Wochentag- ununterbrochen geöffnet von früh 8 bis Abend- 7 Uhr. Filialen: vttn Alsmin's Sortiin. (Alfred Hahn). UniversitÜtSslraße 3 (Paulinum), Loui» Lösche. Natharinenstr. 14, Part, und König-Platz 7. Abend-Ausgabe eipMcr.TagMM Anzeigen Prei- die 6 gespaltene Petitzrile 80 PsL Reclamen unter dem Redactionssirich l4ge» spalten, 50 ,z, vor den Familiennachrichtea (6 gespalten) 40 Größere Schriften laut unserem Preis- verzelchniß. Tabellarischer und Ziffernjatz nach höherem Tarif. Anzeiger. Amtsblatt des Königlichen Land- nnd Amtsgerichtes Leipzig, des Rathes und Nolizei-Ämtes der Ltadt Leipzig. ikrtra-Beilagen (gesalzt), nur mit d» Morgen-Ausgabe, ohne Postbeförderum, 60.—, mit Poslbesörderung ^l 70.—. Ännuhmeschluß fnr Anzeigen: Abend-Ausgabe: Vormittags 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittag- 4 Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je eine halb« Stunde früher. Anzeigen sind stets an die Expedition zu richten. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig. ^ IS2. Donnerstag den 15. April 1897. 91. Jahrgang. Politische Tagesschau. * Leipzig, 15. April. Der Führer des „nationalen TorialiSmus", Herr Nau mann, sucht, da er mit seinen übrigen Anbändelungs versuchen kein Glück hat, den katholischen LocialiSmuS zum Abschluß eines auf Gegenseitigkeit gegründeten Wahl bündnisses zu bewegen. Zu diesem Zwecke veröffentlicht er in Nr. 85 seines Organs einen größeren Artikel, in dem er die Geschichte der katholischen Socialpolitik entwickelt und den „Volksverein sür das katholische Deutschlavd" zum Gegen stand eingebender Besprechung macht. Am Schluffe rückt er dann mit folgendem Vorschläge heraus: „Die katholische sociale Bewegung, insbesondere der „Volks verein", bietet auch sür uns National-Sociale manche Anknüpfungs- puncte zu gemeinsamer Arbeit und zum Zusammengehen bei communalen und politischen Wahlen .. So lange wir National- Sociale noch nicht eigene Vertreter in den Reichstag senden können, sind wir besonders bei Stichwahlen vor die Entscheidung gestellt» welche andere Partei wir unterstützen sollen Wenn sie (die Eandidaten desCentrums) auf sociale Forderungen sich verpflichten, denen auch wir zustimmen, so müssen wir mit ihnen Zusammengehen, wie wir später ein gleiches Entgegen kommen von ihnen erwarten dürfen." Die „Germania" ist von diesem Vorschläge sichtlich nicht unangenehm berührt; sie rühmt dem Naumann'schen Artikel sachliche und leidenschaftslose Beurtheilung des Volksvereins und seines Wirkens nach und will sich gegen das Werben des national-socialen Pastors nicht ablehnend verhalle». Aber wenn sie auch ibm selbst zutraut, daß er die Unterstützung ultramontaner Welfen-, Polen- und Jesuitenfreunde mit seinem „nationalen" Programme nicht unverträglich finden werde, so ist sie doch einigermaßen im Zweifel darüber, ob seine Gefolgschaft von gleicher Weitberzigkeit sein werde. Der ultramontane Moniteur bemerkt daher: „Große Wählermassen haben die Herren National-Socialen noch nicht hinter sich; ihre Zuneigung zu Eentrumscandidateu wird daher vorerst eine mehr platonische sein. Auch darf nicht außer Acht gelassen werden, daß die Stützen der National-Socialen pro testantische Professoren und Pastoren sind, die schwer lieh „die Macht Noms" stärken wollen." Er liegt nun in der Hand der betreffenden „Professoren und Pastoren", die Zweifel der „Germania" zu zerstreuen und ihr die Zusicherung zu geben, daß sie, ein gleiches Ent gegenkommen erwartend, bei Stichwahlen von Herrn Nau mann der Verpflichtung auf die nationalen Paragraphen ihres Programms sich entbinden lassen und ultramoutane Candi- daten, die ihrerseits auf die socialen Paragraphen sich ver pflichten, mit der ganzen Kraft ihrer Anhängerschaft unter stützen werden. Wie kürzlich gemeldet wurde, ist die längst in Aussicht gestellte Novelle zum preußische» BercinSgesetze endlich fertig- gestellt worden. Ueber ihren Inhalt aber beobachten die preußischen Officiösen Schweigen und öffnen dadurch allen möglichen Vermuthungen Thür und Thor. Es schwirren daher Gerüchte der verschiedensten Art, die genährt werden durch die Thatsache, daß bereits am 27. Juni vor. Jahres der Reichskanzler Fürst Hohenlohe die Erklärung abgab, daß der 8 8 des preußischen VereinsgesetzeS, nach welchem politische Vereine nicht mit einander in Verbin dung treten dürfen, aufgehoben werden solle, und daß fast ein Jahr vergangen ist, bevor ein entsprecheiipeS Gesetz bat zu Stande gebracht werden können. Das läßt^weder auf Einigkeit im preußischen Ministerium über die Frage, noch darauf schließen, daß die Novelle sich auf die Aufhebung jenes Verbots be schränke. Wenn aber aus der langen Verzögerung der Aus arbeitung der Novelle geschlossen wird, die Novelle werde sich als ein wahres Ungeheuer und ein für Preußen zu geschnittenes „Umsturzgesetz" entpuppen, so steht dem eine Thatsache gegenüber, die einem solchen Schluffe die Berech tigung entzieht. Bei der dritten Berathung des bürgerlichen Gesetzbuches warf der Abg. Nickert die Frage auf, ob jene Zusage des Reichskanzlers dahin zu inlerpretiren sei, daß die Abänderung des preußischen Vereinsgesetzes sich lediglich auf die Aufhebung des Verbindungsverbotes zu beschränken habe. Dabei bezeichnete der genannte Abgeordnete als seine Auf fassung und als diejenige der großen Mehrheit deS Hauses die folgende: „Die preußische Staatsregierung übernimmt damit (d. h. mit der Erklärung des Reichskanzlers) die unbedingte Verbindlichkeit, vor Lein Ablauf dieses Jahrhunderts dieses Verbot zu beseitigen, aber nicht in dem Sinne, daß sie ein Vereinsgesetz einbringt, welches an die Annahme dieses Verbots Bedingungen knüpft, die eine Verschärfung des gegenwärtigen Vereinsgesetzes enthalten — wenn das geschehen sollte, so würde ich das nicht als eine Ein lösung des Versprechens, das der Reichskanzler gegeben hat, betrachten." Der Abgeordnete schloß seine Bemerkungen mit dem Aus druck der Hoffnung, daß der (anwesende) Herr Reichskanzler mit dieser Interpretation einverstanden sei und daß Wider spruch gegen dieselbe nicht erhoben werde. Tbatsächlich ist ein solcher Widerspruch, wie aus dem stenographischen Bericht ersichtlich ist, weder vom Reichskanzler oder einem Minister, noch von irgend einem Mitgliede des Hauses erhoben worden. Daraus folgt allerdings noch nicht, daß Fürst Hohenlohe sich verpflichtet habe, die Novelle auf die Aufhebung des Ver- binvungsverboles zu beschränken, aber es folgt daraus, daß er die Ansicht des Abg. Rickert, die Novelle dürfe keine Verschärfung des gegenwärtigen Vereinsgesetzes verlangen, theilte. Nun kann man freilich sehr verschiedener Ansicht darüber sein, ob eine Bestimmung eine Verschärfung bedeute, oder nicht, und jedenfalls wird das, worüber das preußische Ministerium nach langen Mühen sich über die Aufhebung des Verbindungsverbotes hinaus geeinigt hat, von einem sehr großen Theile der preußischen Volksvertretung ganz anders beurtheilt werden, als von der Regierung. Aber wenn man nicht annehmen will, daß Fürst Hohenlohe seit der dritten Lesung des bürgerlichen Gesetzbuches seinen Standpunkt in der Frage einer Reform des preußischen VereinsgesetzeS vollständig ver lassen habe, wird man von der jetzt fertig gestellten Novelle ein Muster reactionärer Gesetzmacherei nicht zu besorgen haben. ES ist übrigens schwer verständlich, warum all den aufregenden Vermutbungen und Gerüchten nicht ein schleuniges Ende durch Veröffentlichung der Novelle bereitet wird. ES giebt wahrhaftig begründeten Anlaß zur Beunruhigung der Gemüther übergenug, so daß es nicht nöthig ist, durch Geheimnißkrämerei noch mehr „Beunruhigungsbacillen" zu züchten. Die französischen Socia listen haben im vergangenen Winterhalbjahr im französischen Parlamente mit ihren Attaquen gegen die Regierung wenig Erfolge zu erzielen vermocht. Gegen den Schluß des Sessionsabschnittes hin erlitten sie noch dadurch eine Schlappe, daß gerade einer ihrer Parteigenossen sich durch den Panamascandal com- promitlirt zeigte. Trotz alledem haben die Socialisten im Lande keine Abnahme ihrer Anhängerschaft zu verzeichnen, wie durch einige letzthin erfolgte Genieindewahlen fest- gestellt wird. In Roubaix und in Carmaux hatten Er satzwahlen stattzusinden, und zwar war in dem letzt genannten Orte das gesammte Gemeindecollegium, dessen Wahl sür ungiltig erklärt worden war, neu zu wählen. In beiden Orten haben die Socialisten ihre Positionen zu behaupten vermocht, wenn sie auch einige Hundert Stimmen verloren. Wenn die Socialisten in Frankreich trotz socialer und politischer Niederlagen ibre Stellung behaupten, so ist das auf zwei Gründe zurückzuführen. Einmal nämlich ist Jedermann in Frankreich davon überzeugt, daß auch eine erkleckliche Anzahl von Mitgliedern der herrschenden gemäßigt republikanischen Partei sich an dem Panamaschwindel betheiligt und der Be- stechlickkeit schuldig gemacht hat. Zweitens aber wird der Socialismus in Frankreich so lange nicht nur nicht an Boden verlieren, sondern sogar noch an Macht wachsen, als von den herrschenden bürgerlichen Parteien nur mit Widerstreben an eine jede sociale Reform herangegangen wird. Kein Land ist trotz des temperamentvollen und politisch- radicalen EharakterS seiner Bewohner ein an sich so wenig geeigneter Boden sür die Socialdemokratie, als Frankreich. Die Wohlhabenheit des Landes, der Er werbssinn und die Sparsamkeit der Bewohner könnten die Neigung zum Socialismus bei der Mehrheit der Be völkerung unterdrücken, die Ausbeutung aber der Bevölkerung durch Schwindelgesellschaften, wie das Panama-Unternehmen, die enorme Höhe der indirekten Steuerbelai'lung und die Ab neigung der herrschenden Claffen gegen Reformen auf dem Gebiete deS Steuerwesens und der Socialpolitik führen den Socialdemokraten immer wieder neue Schaaren von Anhängern zu. ES ist nur zu wahrscheinlich, daß bei den nächsten all gemeinen Wahlen zur Deputirtenkammer die radicale Seite der Kammer und insbesondere der Socialismus neuen Zu wachs zu verzeichnen haben wird. Die Grundgedanken des vor der Auflösung der Kammer eingebrachten und beifällig ausgenommen«!! Italienischen Heeresreform-Gesetzes beibehaltend, hat der KriegS- minister während der Parlamentsruhe die Form des Entwurfs nicht unwesentlich geändert, in dem Bestreben, nicht nur die wichtige Frage der HeereSreform eudgiltig zu lösen, sondern, ohne die Befugniß des Parlaments zu schmälern, die Frage der Wehrkraft den stets sich wiederholenden heftigen und schädlichen Erörterungen im Parlamente zu entziehen. Nur aus vier Artikeln bestehend, erwähnt die nene Vorlage die Reformdecrete MocenniS nicht, bringt auch keine organischen Tabellen derCadreS, die in Zukunft der Festsetzung durch königliche Verordnungen überlassen werden, ändert an dem Inhalt der früheren Vorlage, soweit dieselbe die Recrutirung und die mit dieser zusammenhängen den Fragen betrifft, nichts, geht von dem Grundsätze au-, daß nach Bewilligung des OrdiaariumS und Extra ordinariumS des Budgets, die Exekutivgewalt, insbesondere der Kriegsminister, die Verantwortung trägt für den Zu stand und die stete Bereitschaft deS aus Corps (l2), Divisionen (24), Brigaden, Einheiten der Mobilen und Territorialmiliz, BesatznngStruppen u. s. w., Etablissements bestehenden HeereS. Die rein militairisch-technischen Fragen wie die Organisation der Einheiten werden so dem Parteihader entzogen und in die Hand der competenten Fachautoritäl en gelegt. Dieser Grundsatz schädigt die Rechte des Parlaments nicht, er wurde ohne Widerspruch auch schon bei früher» radicalen Reformen deS Heeres be folgt, so z. B. von Fasili, Lamarmore, Ricotti, die ebenfalls die Neuerungen durch königliche Verordnung durchführten. Es handelt sich um Gedanken von hoher politischer und tech nischer Bedeutung, das Auseinanderhalten der Rechte des Parlaments und der Verantwortung des Kriegsminislers in militairischen Fragen, um die Sicherstellung der Stetigkeit der leitenden Grundsätze für die Entwicklung der Wehrkraft, die allein ihr eine bessere Zukunft sichern kann. EinweitererEinfall griechischer Bandenin türkisches Gebiet bat, wie uns aus London berichtet wird, nach einer „Times"-Meldung aus Elassoiia am Montag stattgefunden, ist aber erfolglos verlaufen. Die Nachricht besagt: * London, 14. April. In der Nähe von Grevena haben etwa 1000 Manu die Grenze überschritten und die Türken an gegriffen. Nach heftigem Kampfe sind die Griechen mit einem Verluste von 50 Mann zurückgeschlagen worden. Seitdem ist cS zu keinerlei Vorstößen wieder gekommen; vielmehr müssen jetzt auch griechische Meldungen zugeben, daß die Irregulären sich unter Verlusten auf griechisches Gebiet haben zurückziehen müssen. UnS sind darüber folgende Nachrichten übermittelt worden: * Trikkala» 14. April. (Meldung der „Agence HavaS".) Die makedonischen Banden sind bis aus einen verhältnißmäßig kleinen Theil auf griechisches Gebiet zurückgekehrt. Die Insurgenten be- finden sich gegenwärtig an der Grenze bei Kutzuphliani. (Wdh.) * Athen» 14. April. Aus Trikkala wird gemeldet, viele Aufständische hätten der Uebermacht weichen müssen und sich in das thessalische Dorf Malakaji zurückgezogen. * Athen, 14. April. (Meldung der „Agence HavaS.") Die Zahl der in Makedonien verbliebenen Aufständischen ist nicht bekannt, anscheinend aber ziemlich beträchtlich. Ter Rückzug der auf griechisches Gebiet wieder übergetretrnen Aufständischen war mit Verlusten verbunden, da dieselben mit überlegenen Streit- kräftea zu kämpfen hatten. — In Makedonien herrscht große Kälte. — Während die Aussrändischen Balttno besetzt hielten, haben sie daselbst einige Häuser verbrannt. Die letzte Athener Meldung behauptet zwar, daß sich noch Freischärler in Makedonien befinden, aber man sieht eS ihrer unbestimmten Fassung an, daß sie nur den Zweck hat, das Mißlingen des Einfalls zu verdecken. Von besonderem Interesse ist, daß die Nachricht indirect zuaiebt, die Irregu lären hätten Baltino nur vorübergehend besetzt gehabt, dann aber wieder verlassen müssen. Wenn in den griechischen Telegrammen immer von Aufständischen die Rede ist, so soll damit offenbar der Anschein erweckt werden, als habe man eS mit griechischen Bewohnern türkischen Gebietes zu thun, die sich erhoben hätten. Die „Ausständischen" sind jedoch zugezogene Banden, die aus Griechen und Gesindel, sowie aus phiihellenischen Prahlhänsen- und Abenteurern anderer Nationen bestehen. Von einem Aufstand in Makedonien, den man durch die Einfälle hervorzurufen hoffte, kann, heute wenigstens, noch keine Rede sein. Ob es zu einer Erhebung kommen wird, läßt sich noch nicht sagen, doch bezweifeln wir es, und sind auch überzeugt, daß wenn die Revolution doch losbrechen sollte, die türkischen Streitkräfte zahlreich genug sind, sie rasch zu unterdrücken. Jedenfalls aber werden die Griechen erneute Versucke machen, in Makedonien vorzudringen und die Be völkerung mit sich forlzureißen. Man berichtet uns: * London, 14. April. Nach einer Meldung der „Times" auS Arta vom 13. d. M. hat ein Haufe von 2500 Frei- 13j FeiriH-tsir« Sneewittchen. Roman von A. I. Mordtmann. Nachdruck «erboten. Auch den Weihnachtsabend brachte Zarnow im Gerard'schen Hause zu. Die Bescheerung fiel für ihn so reichlich auS, daß er vor Ueberraschung und Rührung kaum eines Worte mächtig war. Allerdings kam hinzu, daß eS überhaupt der letzte Abend war, den er in diesem echt deutschen anheimelnden Kreise znbrachte; denn am nächsten Tage mußte er nach England abreisen, um den Brasildampfer in Liverpool zu treffen. Und zwei Augenblicke gab eS, die ihm diesen Weih nachtsabend sür immer unvergeßlich machen sollten. Der erste war, als nach Beaugenscheinigung ver Geschenke unter dem prächtig geputzten Tannenbaum Händedrücke und Dankesworte von allen Seiten gewechselt wurden. Indem nun Iuanila, von der Zarnow ein gehäkeltes, seidenes Geld beutelchen erhalten hatte, ihm für sein Geschenk, eine wunder- niedliche, italienische Ausgabe von Tasso's „Befreitem Jeru salem", danken wollte, und er, eigerrthümlich bewegt, ihr zierliches Händchen an die Lippen zog» da erhob sie sich auf den Zehen und gab ihm, wie allen klebrigen, mit kindlicher Reinheit und Unbefangenheit einen Kuß. Es durchbebte ihn wie ein elektrischer Schlag, und für einige Sekunden war er ganz verwirrt, erst Hartmann'S eifriges Bemühen, ihm die Vorzüge des Münzenschranks auseinander zu setzen, den seine Principal« ihm geschenkt hatten, brachte ihn wieder inS Gleich gewicht. Dann kam der obligate Karpsenschmau», ohne den es in Hamburg kein Weihnacht-fest giebt, und zum Schluß Punsch und Bischofs. Und nun, nachdem schon verschiedene Gesund heiten mit Begeisterung getrunken waren, erhob sich Gerard Und sprach: „Mir ist keine Rednergabe beschieden, und darum muß mir, wenn eS da drinnen brodelt und kocht, in den krät- tigen Worten Lust machen, die bei unverständigen Leuten wie kein alten Windbeutel Hartmann und meinem nie über bas Schwabenalter binauskommenden Schwager so viel grinsende- Gefeixe Hervorrufen. Darum, lieber Zarnow, uebmen Sie mit wenig Worten vorlieb: wenige sind es, aber sie kommen, bei Gott, von Herzen. Wir haben Sie alle lieb, sogar das unvernünftige Vieh, der Nero, hat Sie in sein Herz geschloffen. Ich trinke auf Ihr Wohl, Zarnow — ich wollte, meine Worte genügten, um Sie hier festzuhalten! Denn ich will nicht der hundertjährige Meergreis sein, der ich bin, wenn mir nicht der Gedanke, daß ich Sie heute zum letzten Male sehe, einen Schatten auf das Fest geworfen hat. Ich — ich — nun — auf Ihr Wohl, Zarnow!" Als Gerard die letzten Worte mit erstickter Stimme sagte, brach Juanita plötzlich in Schluchzen auS und eilte aus dem Zimmer; eS dauerte ein Weilchen, bis sie mit ge- rötheten Augen wieder hereinkam und nachträglich mit Zarnow anstieß. Daran mußte der Doctor immer wieder denken, als ihn der Schnellzug über die schneebedeckten Gefilde Hannovers und Westfalens entführte. Und als mit der englischen Küste da» letzte Stück von Europa versank, drängte sich in seine Gedanken an Cäcilie das Bild der keuschen Holdseligkeit Iuanita'S. Erst nach und nach verblaßte es wieder, um Cäcilien'S stolz« Schönheit als Alleinherrscherin rurückzulassen. Nach Zarnow'S Abreise führte Gerard den Plan aus, den er vorher vielfach und ernstlich mit ihm durchgesprochen hatte. Es war nothwendig, dem Heranwachsenden Mädchen eine Lehrerin zu geben, die in dieser Eigenschaft und als Gesell schafterin die letzte ausfeilende Hand an Iuanita'S Ausbildung legen sollte. Eine geeignete Persönlichkeit dafür zu finden, war nicht leicht. Denn Gerard, dem Zarnow natürlich darin beipflichtete, wollte aus Juanita keine oberflächliche Welt dame machen, sondern strebte «ine ideale Herzensbildung, verbunden mit Beherrschung der äußeren Formen, an. Wo aber eine Dame finden, die alle dazu gehörigen Eigenschaften in sich vereinigte? Der „nicht mehr ungewöhnliche" Weg war Gerard gründ lich verhaßt; er fand ihn so ordinär, daß „selbst die Pata- gonier und Feuerländer" sich seiner schämen müßten, ganz abgesehen von der unermeßlichen Arbeit, „sich durch einen Himalaya von Offerten durchzufreffen", und von der Gefahr, durch den Ansturm der Bewerberinnen eine beträchtliche Ver kehrsstörung vor dem Dammthor zu veranlassen. Ein unerwartetes Zusammentreffen befreite Gerard auS dieser Verlegenheit. Friedrichs«» erbat sich Urlaub, um seine aus Kairo beimkehrende Schwester vom Babnbof abzubolen. Auf Gerard'S theilnehmende Fragt, ob Fräulein Cäcilie ihrer Gesundheit wegen in Egypten geweilt habe, erfuhr er zu seiner Ueberraschung, daß sie dort als Gesellschafterin einer alten Dame gewesen und durch deren kürzlich erfolgten Tod stellenlos geworden sei. „Hm — bin — natürlich!" brummte er verdrießlich. „Wenn man nicht mit dem Alter das Gehirn einer Spitz maus bekäme, so hätte ich mir sagen müssen, daß Sie Ihre Schwester nicht zur Cur uach Kairo schicken können. Ich werde wieder in die Klippschule gehen, um wenigstens soviel verständiges Denken zu lernen, wie ein ABC-Schütze allen falls braucht. — Nun also, gehen Sie, Friedrichsen, selbst verständlich, und empfehlen Sie mich sein Ihrer Schwester — ich erinnere mich ihrer von den DelmarS her — ein schöne- und hoch gebildetes Mädchen..." Die letzten Worte aber, die er sprach, weckten eine Ideen verbindung in ihm, die zu ganz ungeahnten Folgen führen sollte; zunächst allerdings nur zu einer Einladung an Herrn Friedrichsen und dessen beiden Schwestern, am nächsten Sonntag bei ihm zu Mittag zu speisen. Dies kleine Familiendiner verlief in der üblichen Weise, nur mit dem Unterschiede, daß Gerard diesmal eifrig mit Fräulein Cäcilie über sein Lieblingsthema sprach, während Mauvillon an Fräulein Helene eine verständnißvolle Zuhvrerin für seine künstlerischen Ideen fand. Nach Tische suchte Gerard Gelegenheit, mit Cäcilie ein ungestörtes Gespräch zu führeu, das er mit großer Geschicklichkeit nach dem Puncte hin zu steuern wußte, auf den eS ihm ankam. Cäcilie errieth seine Absicht, wenigstens zur Hälfte. Sie glaubte, eS liege ihm daran, von seinem schönen Pflegekinde zu sprechen, und als wohlerzogene.Dame kam sie diesem Wunsche auf halbem Wege entgegen, indem sie einige liebens würdige Worte über da« junge Madcben sagte. „ES freut mich, dies gerade von Ihnen zu hören", äußerte darauf Gerard. „Ich bin rin Mann und in Bezug aus Juanita, dir mir nun einmal ganz närrisch an» Herz gewachsen ist, befangen. Ich möchte wissen, wie Damen, die ganz un parteiisch sind, über sie denken." Cäcilie wollte einige allgemeine Redensarten hinzufügen, aber Gerard unterbrach sie: „Nein, mein Fräulein, so war es nicht gemeint. Ich wollte nicht wie unvernünftige Elter» das Lob ihrer Kinder von deu Gästen d«S Hause- hören, sondern ein ernstes und ehrliche- Urtheil." „Halten Sie mein Urtheil nicht für Beide-?" fragte Cäcilie lächelnd. „O gewiß, gewiß. Aber Sie wissen ja, sür jede- lobende Urtheil giebt e- in der Welt ein Anhängsel, ein tückische- Aber oder ein bo-hafte- Nur. Und — ist es nicht so? — wer uneingeschränkt lobt, der behält eben das einschränkende Aber stillschweigend für sich." „MeistentheilS. Und daS ist gut so. Warum soll ich ein gute» Diner nicht loben, weil mir eine Kleinigkeit nicht ge lungen, die Suppe ein ganz klein wenig versalzen schien? Verschweige ich dies, so liegt darin noch keine Heuchelei, sondern nur daS Gefühl, daß eS engherzig wäre, einem wohlverdienten Lobe einen Tadel, wäre er auch noch so winzig, anzuhängen." „Richtig. Aber wenn nun die Hausfrau Ihre intimste Freundin wäre und zu Ihnen mit der Bitte käme. Sie möchten ihr den Gefallen, den großen Gefallen tbun, ibr die Mängel, die Sie an dem sonst trefflichen Diner hier und da bemerkt hätten, mitzutheilcn?" „Dann würde ich es ehrlich sagen." „Das denke ich auch, und so ähnlich lautet heute meine Bitte an Sie. Juanita ist der allgemeine Liebling, aber ich meine immer, es könnte ihr hier und da noch etwas fehlen, am äußeren Schliffe, an ihren Kenntnissen, an der Art, wie sie sich giebt, wie sie spricht — kurz überall." „Und Sie verlangen, daß ich das schon nach so kurzer Bekanntschaft beurtheilen soll?" „Die Frauen haben darin ein sehr seines Gefühl." Cäcilie sah mit forschendem Blick und einem Lächeln um den Mund nach Juanita hinüber, die eben Fräulein Helene ihre Noten zeigte und dabei mit großer Lebhaftigkeit sprach. Sie war, das gestand Cäcilie beinahe widerwillig zu, ein Mädchen nicht nur von außergewöhnlicher Schönheit, sondern auch von seltener Anmuth der Beweaungen und gewinnendem Zauber de« Umgangs. Man mußte ihr gut sein. Aber Cäcilie, verwöhnt durch die allgemeine Bewunderung, die man ihr seit ihrer frühesten Jugend entgegen gebracht hatte, gehörte zu den Frauen, die überall, wo sie erscheinen, die Alleinherrschaft auf dem ersten Play beanspruchen und Anderen nur den zweiten Rang einräumen mögen. Gewiß. eS sollte schöne, liebenswürdige und kluge Mädchen geben, nnd Allen sollte alle- erdenkliche Lob gegönnt sein, aber nur unter der Bedingung, daß sie unter all den Gepriesenen gewissermaßen ai- längst Prämiirte dors cko concours wäre. Gerard würde wohl etwa« verwundert gewesen sein wenn er gewußt hätte, daß sich unter Cäcilien« wohlwollende m Lächeln der neidische und eifersüchtige Gedanke verbarg. eS erwachse ihr in der armen Waise eine gefährliche Nebenbuhlerin aus
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