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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 19.04.1897
- Erscheinungsdatum
- 1897-04-19
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-189704194
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18970419
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18970419
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1897
- Monat1897-04
- Tag1897-04-19
- Monat1897-04
- Jahr1897
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 19.04.1897
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Durch die Post bezogen für Deutschland und Oesterreich: vierkeljäbrlich L—. Direkte tägliche Krruzbandiendung ins Ausland: monatlich »> 7,bO. Di» Morgen-Ansgab« erscheint um */,7 Uhr, hi» Lbend-Lusgabe Wochentags um - Uhr. Ne-artion un- Erpedition: JohanneSgaffe 8. Die Expedition ist Wochentags ununterbrochen geöffnet von früh 8 bis Abends 7 Uhr. Filialen: Otto Slcmm's Tortim. (Alfred Hahn), UniversitätSsrraße 3 (Paulinum), Louis Lösche, Katbarmenstr. 14, pari, und Königsplatz 7. Amtsblatt des Königlichen Land- und Amtsgerichtes Leipzig, des Rathes «nd Polizei-Amtes der Ltadt Leipzig. Anzeigen Pr»tO die 6 gespaltene Petitzeile 20 Pfg. Reklamen unter dem Redactionsstrich (4ge spalten) LO/H, vor den Famtlieauachkicht»n (S gespalten) 40^. Größere Schriften laut unserem Prers- verzeichniß. Tabellarischer und Zisfernsap nach höherem Tarif. Ultra-Beilagen (gesalzt), uur mit der Mo tuen-Ausgabe > ohne Poftbesörderuag -4 ö».—, mit Postbesörderuug 70.—. Iinnahmeschluß für Äuzeigrn: Abend-Ausgabe: Vormittags 10 Uhr. ' Morgen-Ausgabe: Nachmittags 4Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je eine halbe Stunde früher. Anzeigen stad stets an die Expedition zu richten. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig. 197. Montag den 19. April 1897. 91. Jahrgang. D« ^ nach ste Nummer erscheint morgen früh. Aeber Bildung «nd Verbreitung von Bildung. i. Wie in anderen Städten, hat man im letzten Winter in der unsrigen gemeinverständliche wissenschafliiche Vorträge veranstaltet, die sich an weiteste Kreise wenden; jetzt geht man mit dem Plane um, öffentliche Lesezimmer einzurichlcn, wie solche mit großem Erfolge anderwärts schon bestehen. Diese Veranstaltungen sind Aeußerungen einer größeren Be wegung, di- sich m mannigfacher Weise geltend macht und die verschiedene Aufnahme gefunden bat — Gleichgiltigkeit, Zustimmung und Ablehnung. So ist eS Wohl nicht un angebracht, diese Bewegung einmal näher zu betrachten, zu sehen, welche letzten Ziele sie verfolgt und ob diese gul- zuheißen sind, welche Gedanken ihr zu Grunde liegen und ob diese völlig neue oder ob sie nur aus vorhandenen und uns gelämigen Anschauungen weiter entwickelt sind. DaS Ziel jener Bewegung ist, so werden wir kurz sagen können, Bildung zu verbreiten, mehr als bisher noch, und zwar in'doppeller Hinsicht: sie wendet sich an weitere Kreise, als eS ähnliche Bewegungen bisher getban haben, und sie will geistigem Streben einen größeren Raum im Leben des Einzelnen gewinnen, invem sie auf die Darbietung immer erneuter Anregungen besonderen Werth legt. Um Bildung also handelt eS sich — und so müssen wir zuerst fragen: Was verstehen wir unter Bildung? Um hierauf wieder eine richtige Antwort zu erhalten, werden wir unS an das Wort .selbst am besten wenden. Da brauchen wir denn das Zeitwort „bilden" zunächst, von körperlichen Dingen redend, von dem Formen, dem Gestalten einer Masse: eine Büste wird aus Tbow „gebildet", Krystalle „bilden" sich auS einer Lösung. Das Hauptwort „Bildung" aber bezeichnet daS Ergebniß eines solchen Vorganges, wie „Bild" und „Bildniß". So gebraucht dann Goethe noch das Wort von der menschlichen Gestalt, wenn er von der „lieblichen Bildung deS Mädchens" spricht. In geistigem Sinne beieichnet dementsprechend das Wort das Ergebniß der „Ausbildung" geistiger Anlagen des Menschen zu Fähigkeiten, und zwar sowohl einzelner beson derer, — so, wenn wir z. B. von „musikalischer Bildung" reden —, als auch — wenn wir von „Bildung" schlechthin sprechen — das Ergebniß der Ausbildung der geistigen An lagen des Menschen überhaupt, die dadurch entwickelte all gemeine Fähigkeit desselben, sich geistig zu bethätigen. Diese Fähigkeit ist nun gewiß sehr verschieden, je nach den Anlagen und je nach der Möglichkeit, die zu ihrer Entwickelung dem Einzelnen geboten wird — aber das Wesentliche ist eben doch, daß sie überhaupt, wenn auch in noch so einfacher Weise, vorhanden ist. Denn sonst könnten wir ja auch nicht verschiedene Arten der Bil dung unterscheiden, wie wir, von Volksschul- und Realschul- dildung, humanistischer und akademischer Bildung sprechend, doch tdun. Und wir dürfen UNS in dieser Auflassung deS Begriffes nicht dadurch irre machen lassen, daß wir unter „Gebildeten" gemeinbin die verstehen, die ihre „Bildung" in einem gewissen Grave entwickelt haben, die ihre Anlagen an einem gewissen Mindestmaß von Wissensstoff gebildet, dieses in sich ausgenommen haben. Wir dürfen deshalb vor Allem auch nicht etwa Wissen und Bildung verwechseln — und wir unterscheiden Beides auch wohl, wenn.wir einer seits von der „Herzensbildung^ eines einfachen Menschen reden, und andererseits von „todtem Wissen" eines oft recht gekehrten ManneS. Im Gegensatz zu diesem ist Bildung lebendiges, praktisches Wissen — freilich nicht im Sinne öder materieller Lebensanschauung, die unter „praktischem" Wissen nur das versteht, daS der Mensch in Gold ummünzen, in seinem Beruf für daS „praktische" Leben unmittelbar verwenden und verwerthen kann. Wol>l aber ist Bildung lebendiges Wissen in dem Sinne, als sie besiibigt, Antheil zu nehmen am Leben in all seinen verschiedenen Aeußerungen — am Leben der Natur, am Leben der Völker, am Leben deS menschlichen Geistes, in dem sie ermöglicht, mit all diesem daS eigene Leben in Ver bindung zu bringen und eS so über seine räumlichen und zeitlichen Grenzen hinaus zu erweitern, es mit so viel reicherem Inhalt, als es innerhalb dieser an sich haben kann, zu erfüllen. Bildung läßt uns so zum Bewußtsein der Zugehörigkeit zu einem großen Ganzen kommen, wie cs jene Goethe'schen Verse aussprechen: Wölbt sich der Himmel nicht da droben? Liegt die Erde nicht hier unten fest ? Und steigen freundlich blickend Ewige Sterne nicht herauf? Schau ich nicht Aug' in Auge Dir, Und drängt nicht Alles Nach Haupt und Herzen Dir. Und webt in ewigem Geheimniß Unsichtbar, sichtbar neben Dir? Erfüll' davon Dein Herz, so groß es ist! Bedauernswerth der lebendigen Leibes Todte, von dem daS Evangelinm spricht, der nur für sein leibliches Wohl befinden, für seinem beschränkten Beruf Sinn hat, für den die übrige Well todt ist — und Hab' er noch so großes Wissen, verkehr' er mit Fürsten und Herren, gebiete er über Hunderte und verfüge er über Millionen! Und wollen wir nun die Frage beantworten, wieweit das Streben, Bildung möglichst weit zu verbreiten, be rechtigt ist, fragen wir, um das zu können, weiter: was nützt dem Einzelnen Bildung? welches Interesse hat die Gesammtheit daran, Bildung in den Einzelnen ver^ breitet zu sehen? so ist die Antwort auf die erste Frage leicht nach dem Gesagten. Und zwar nickt nur, soweit es sich um einen ideellen Gewinn etwa handelte, so, daß Bildung daS Interesse an geistigen Dingen stärkte und förderte und rohe materielle Genüsse zum Besten des ganzen Menschen ent sprechend zurückvrängte. Nein, auch bezüglich des Wertbes, den Bildung für das tägliche Leben, den Berus hat. Denn nichts falscher als der ia freilich oft gemachte Einwurf, eine „höhere" Bildung entfremde dem Berus«, sie mache den Menschen für daS gewöhnliche Leben untauglich. Gegen wahre Bildung ist er unberechtigt — und von ihr reden wir natürlich nur, nicht von Halb- oder Schein bildung, die mit unverstandenem Wissen den Menschen verwirrt, mit oberflächlicher Spielerei leeren Dünkel nährt. Wahre Bildung befördert vielmehr das geistige Streben veS Menschen überhaupt, und was er auf seine allgemeine Bildung verwendet, kommt darum auch seinem Beruf nur wieder zu Gute. Denn jeder ernste Berus erfordert einen ganzen Mann — nicht so, daß er allein unmittelbar sein ganzes Interesse in Anspruch nehmen solle, sondern so, daß er die Fähigkeit voraussetzt, allen Verhältnissen gerecht zu werden, die er mit sich bringen kann. Em in diesem Sinne wirklich Gebildeter ist mit seinem weiteren Blick leicht Dem überlegen, der seine Augen nie von des Tage» Arbeit erhoben hat. — Ebensowenig aber macht auch wahre Bildung mit der Arbeit deS Berufes, und sei sie noch so gering, etwa unzufrieden — sie erzeugt im Gegentheil erst rechte Liebe zu ihr, weil sie den Beruf in seinen größeren Zusammenhängen aufsaffen lehrt, und auch den geringsten als Theil eines großen Ganzen erkennen läßt. Daraus ergiebt fick aber auch zugleich, warum sich gerade m unserer Zeit daS Bildungsstreben immer mehr verbreitet und vertieft. Denn je weiter die Zusammenhänge werden, in denen derEinzelne, auch der einfachste Arbeiter steht, ;e enger andererseits die Schranken, mit denen infolge immer größerer Arbeitstbeilung der Beruf den Einzelnen umgiebt, um so größer wird naturgemäß das Bedürfuiß eines Jeden, jene Fähigkeit auSzubilden und zu erweitern, die ihm ermöglicht, diese Schranken zu durchbrechen, jene größeren Zusammen hänge und in ihnen erst sich selbst recht zu verstehen. Bildung lehrt unö nach dem anderen Goethe'schen Wort täglich und stündlich „daS Ganze im Kleinsten erblicken". — Bildung kann sich also der Einzelne nur zu seinem Nutzen in mehr facher Hinsicht aneignen. Bestrebungen, die dazu anregen, die dies erleichtern wollen, sind im Interesse der Einzelnen freudig zu begrüßen. Zugleich ist eS zu ver stehen. warum sie sich an weitere Kreise heute, als bisher im Allgemeinen, wenden und wenden muffen. Die zweite Frage, die wir dann zu beantworten baben, ist die, welches Interesse die Gefammtbeit an der Ausbreitung der Bildung innerhalb ihrer Glieder habe. Da versteht sich von selbst zunächst, daß ihr Wohl durch das der Einzelnen bedingt ist. Aber auch als solche hat die Gesammtheit ihr besonderes Interesse an der Verbreitung von Bildung. Denn erst dadurch, durch die Entwickelung jener Fädigkeit, mit der Umgebung in Verbindung zu treten, in den Einzelnen können sie zu einem Ganzen werden; erst so wirb ein Volk recht eine Seele, einen Willen bekommen und damit erst ein eigent liche- Leben. Und ebenso wahr, wie der lateinische Spruch „meng 8uim in corpore 8rmo", „nur im gesunden Körper ein gesunder Geist", ist für ein Volk seine Umkehrung: nur ein gesunder Geist hält einen Volkskörper gesund und kräftig. Hobe geistige oder materielle Cultur kann gewiß auch von einer abgeschlossenen Kaste erzielt werden, die die anderen Claffen als Wesen niederer Art betrachtet und sie als Sclavcn benutzt — von langer Dauer wird eine solche nie sein. Die wird nur einer Gultur beschiedcn sein, deren Wurzeln im frischen Boden des Volkes stehen. Die muß sie desto weiter auS- breiten, je höher sie ihre Zweige und Aeste emportreibt. Ist der Baum so nickt fest mit dem Boden verwachsen, können nicht stets frische Säfte nach oben steigen, so wird er morsch — und ein Sturm bricht ibn um. Dem aber, der meint, allein solche geistige oder materielle Cultur sei werthvoll, können leickt Beispiele auS der Geschichte zeigen, wie wenig sie allein sich zu halten vermag. Der Zusammen druck der antiken Cnltur ist wohl das größte, der unseres Volkes im Anfang deS Jahrhunderts daS unS naheliegendste — wie seine Erhebung danach, sein Aufsteigen durch Ein heitssehnen, Einheitsstreben und Einheitskampf zu seiner heutigen Machtstellung das sckönste Beispiel für die Macht geistiger Kräfte in einem Volke ist. So müssen wir auch die zweite Frage bejahend beantworten, und damit das Streben. Bildung so weit wie möglich zu verbreiten, auch vom Standpunct der Gesammtheit aus atv berechtigt a»- erkennen. Und tbatsächlich sind ja auch jene ihm zu Grunde liegenden Gedanken an sich gar nicht neue; vielmehr ist ihre Berechtigung allgemein anerkannt, vor Allem dadurch, daß der moderne Staat die Pflege deS Bildungswesens in seine Hand genommen hat und daß er den Grundsatz der allgemeinen Schulpflicht praktisch durchgesührt hat. Damit bat er einmal der Erkennlniß Folge gegeben, daß die Aus breitung von Bildung in seinem, im Interesse der Gesammt- heit liege, und dann der anderen, daß die Bildung eine möglichst weitverbreitete sein müsse, sich grundsätzlich auf alle seine Mitglieder erstrecken müsse. Deutschland hat am ersten gerade diesen letzten Gedanken verwirklicht, und darum ist eS bieder an der Spitze der Bildung marschirt und zugleich und deshalb an der Spitze der Völker überhaupt; das ist die tiefere Wahrheit des Wortes vom Sieger von Königgrätz! Geschichte -er Pleißenbnrg. V. Schleinitz und Drondorff marschirten mit ihren Truppen nach Dresden zum Kurfürsten; als sie jedoch dort angekommen waren, wurden sie sofort in Gewahrsam ge nommen, „weil sie Stadt und Festung Leipzig durch einen lürerlichen Accord in des Feindes Hände geliefert und ihre Pflicht schlecht beobachtet hätten". Diese Anschuldigung batte ihre guten Gründe; Drondorff hätte eS auf Abwebr deS feindlichen Sturmes ankommen lassen können. Vor Allem aber kann die Richtigkeit von dem Verhalten deS Joachim von Schleinitz angezweifelt werden. Es läßt sich nicht leugnen, daß selbst nach Uebergabe der Pleißenbnrg die Stadt Leipzig allein länger zu halten ge wesen wäre. Auch die Leipziger waren damals auf einen derartigen Ausgang der Verhandlungen mit den Schweden nicht gefaßt gewesen. Ein anderes Ende als die Einnahme der Stadt durch die Schweden hätte freilich die Belagerung auch bei längerem Widerstande kaum nehmen können, da tbatsächlich weder der sächsische Kurfürst, noch der Kaiser ein Heer in der Nähe bereit hatten, welches zum Entsatz Leipzigs hätte herangeholt werden können. Nach diesem schwedischen Sieg waltete in Leipzig der Reichsrath und Generalmajor Axel Lilie als Obercommandanl aller von seinem Staate besetzten sächsischen Plätze. Comman- vant der Pleißenbnrg wurde zunächst der Oberst Schulmann, nach ihm noch mehrere andere schwedische Ossiciere, deren Namen heute obne Belang sind. Die Burg wurde sofort wieder mit Munition und Vorräthen gefüllt und die Be schädigungen, die sie erlitten, ausgebeffert. Die Schweden betrugen sich während der acht Jahre, in denen sie nun Leipzig besetzt dielten, vollständig als rechtmäßige Besitzer der Burg. Ihre Gefangenen fanden hier sicheren Gewahr sam; so unter anderen, im Jabre 1l-47, als Schweden mit Kursachsen schon wieder in Waffenstillstand lebte, der berüch tigte Oberstlieulenant Wancke, eine Existenz, wie sie nur der dreißigjährige Krieg schaffen konnte. Wancke hatte es mit Schweden und Kursacksen gleich verdorben. Er war als schwedischer Officier desertirt und schließlich zum Räuber bauplmann geworden, als welcher er einen gefährlichen Mordanschlag auf die ganze kurfürstlich sächsische Familie gemacht hatte. Das Abfeuern der Geschütze auf der Burg verherrlichte jetzt die Siege der Schweden, die Ankunft ihrer vornehmen Gälte und im Frühjahr 1645 den Regierungsantritt ihrer jungen Königin Christine. Erst im Sommer 1650 wurde die Leipziger Pleißenburg als letzter sächsischer Platz von den Schweden geräumt. Auch diesmal ist das Schicksal der Pleißenburg ein Abbild der allgemeinen politischen Lage Deutschlands gewesen. Die Schweden und Franzosen, zwei Deutschland feindliche Mächte, konnten sich als rechtmäßige Herren von Städten, die tief im Innern dieses Landes liegen, betrachten; ihre Anwesenheit allein vermochte den Abschluß des Friedens um Jahre hinaus zu verzögern. Am Schluß dieses Zeitraums drängt sich die Frage auf. ob die Pleißenburg die Aufgabe, die ihr bei ihrer Erbauung zugedacht worden ist, erfüllt hat; denn nach dem dreißig jährigen Krieg ist die Pleißenburg überhaupt niemals wieder in die Lage gekommen, auf Kriegsereiginffe bestimmend ein wirken zu können. Nach der einen Bestimmung bin, die freilich von dem Gründer niemals ausgesprochen worden ist, als Zwing bürg gegen eie Stadt Leipzig zu bienen, hat die Pleißen- bürg überhaupt niemals eine ernstliche Prüfung abzu legen gehabt. Seit Beginn der neuen Zeit hätte zunächst schon das in kleinem Kreise stramme Regiment des Kurfürsten August etwaige Freiheilsbestrebuugen der Leipziger Bürger schaft gleich im Keime erstickt; dann verboten die Ereignisse und schließlich die Noth des großen Krieges den Gemülhern gewaltsam jedes andere Bestreben, als bloS das auf Erhaltung des Bestehenden gerichtete, und schließlich, wieder ein halbes Jahrhundert später, finden wir bei der allgemeinen Ber kümmeiung des deutschen politischen Lebens die Leipziger als die freudigsten und überzeugtesten Untertbanen Augusr'S des Starken wieder. Die zweite und wichtigere Ausgabe dagegen, den Besitz des Punctes Leipzig gegen äußere Feinde zu sichern, hat die Pleißenburg während des dreißigjährigen Krieges genügend oft zu erfüllen gehabt. Hierbei ist jedoch hervorzuheben, daß, als diese Aufgabe das erste Mal im Jahre 163t an sie derantrat, bereits fast achtzig Jahre seit ihrer Erbauung verflossen waren. Wenn sich auch in jenen Zeilen die Regeln der Besestigungskunst nicht so rasch wie jetzt veränderten, so war die Pleißenburg doch schon damals keine ganz moderne Festung mehr, wie im Ui. Jahrhundert, immerhin war sie aber noch rin den Anforderungen der Kriegführung genügend gewachsenes Werk. Dazu freilich, was der eigentliche Zweck einer Ciladelle ist, und was auch bei ihrer Erbauung deutlich beabsichtigt war, daß ihre Schicksale selbstständig von denen der Stadt verlaufen sollten und daß der Feind erst nach Zweierlei Meinung. Ein» heitere Osterg»schicht». Von Hugo Klei» (Wien). . . Nachdruck »erbdtrn. In dem Vorgärtcken eines hübschen, einstöckigen Hauses gingen am Morgen deS Oster-SonntagS zwei junge Mädchen Arm in Arm umber. Tie Eine war klein, zierlich und blond, die Andere hübscher, resoluter und brünett. Da kamen die „Oster-K'nder" vorbei. In diesem schlesischen Städtchen zogen wie in vielen anderen deutschen Gauen die Kinder der ärmeren Quartiere in ihren einfachen, koch reinlichen Fest- gewändern von HauS zu HanS, um di» Osterblumen in den Hof zu bringen, Hau-lieb, Schneeglöckchen, echte, frübe Rosen. Dazu sprechen di» Kinder hübsche Verse, und man beschenkt sie gern für den Besuch; erhalten sie aber nicht-, so wünschen sie immer in Reimen eben nicht da- Veste den kargen Händen, die nicht geben wollen. . . Die „Oster-Kinver" erschienen also auch vor dem ein stöckigen Häuschen mit den grünen Jalousien. Die Kinder blieben vor den jungen Damen stehen, ein etwa zehnjähriger, aufgeweckter, blauäugiger Knatr trat vor und sagte sein Sprüchlein her: „Der Herr ist wirN» auserstanda Und Freud, herrscht in all» Londa. Das Glück Uuch trefsi ,nf olla Wega, Oroucht '» Vrölchel nur in d Miltz' zu leg»! Große Hoffnungen hatten sich die Kinder Wohl nicht ge-1 macht. Die Frauen geben nicht gern und immer nur sehr sparsam. Die Brünette suchte indessen eifrig im Täschchen — war sie wohltbätigen Sinne«, oder gefiel ihr der hübsche Bube, oder dachte sie wirklich, sich mit dem Geschenk das Glück auf allen Wegen zu erkaufen? Endlich hatte sie die kleine Münze gesunden, reichte sie dem Knaben, und die Kinder dankten dafür im Chor. Aus dem Strauße des „Oster-Buben" hatte sich die Spenderin nur ein arüneS Zweiglein mit einer gelben Blüthe genommen — eS paffe zu ihrem Teint. Die Blonde hatte nichts ge schenkt und nichts genommen. Die Brünette setzte dann daS begonnene Gespräch fort, in belehrendem Tone, wie «in Mädchen, das die Welt ge sehen batte und sich ans alle Dinge verstand — sie war eben nach einjähriger Abwesenheit von den Münchener Maler schulen, wo sie sich au-bild«te, zu kurzem Besuche nach der Heimath und zur Tante zurückgekehrt. „Ja, meine Liebe", docirte sie weiter, „es giebt nicht« Eitleres als die Männer. Jeder Einzelne ist so durch drungen von seiner Uebrrlegevbei». so überzeugt von srinen Vorzügen, daß es einfach den Spott herauSfordert. Di, Frauen fangt man mit Schmeicheleien, mag sein! So dick kann man aber die Schmeicheleien gar nicht auftragen, daß rin Mann davon befriedigt wäre!" „Wie kommt man ihq,n aber bei?" fragte di« kleine Blonde neugierig. „Der Weg zum Herzen eine« Manne« geht durch den Mqgrn, lieb, Av,l». E« ist fraglich, ob die Männer über- Haupt H,rz haben — ab,r Magen besitzen sie sehr kiel. Koch, ihnen ihr, vi,blingsspeis,n. setz, ihnen zu trinken v»r. so viel sie und mehr als sie vertragen, so sind sie bezaubert und können sich nicht loSreißen." ,Das ist aber entsetzlich" , sagte die kleine Cousine ein wenig erschrocken, „daS zerstört ja alle Illusionen!" „So sind sie nun einmal", fuhr die Andere unerbittlich fort. „Sie verthun auch ihr Geld nur in WirtdSbäusern und bei Unterhaltungen, wo sie Erfolge erringen können, ohne sich viel strapaziren zu müssen. Natürlich bleibt nicht« zum Weglegen, und das ist der eigentliche Grund, warum die Männer beut' zu Tage nicht heiralken. DaS Rauchen und daS Spiel, das Bier, das gute Essen und die Trinkgelder an die hübschen Kellnerinnen — ja, wie soll da ein Capital übrig bliiben, mit dem man einen Hausstand gründen könnte?" „Das ist arg, sehr arg", erwiderte die Blondine mit einem kleinen Seufzer und senkte den Kopf auf die Brust. „Arg — das ist da« Wort!" wiederholt« die Andere. „Har man keine Mitgift, so reich, daß die Herren ibr be quemes Leben fortsttzen können, so bleibt man sitzen. Darum bilde ich mich zur Malerin auS. Ich will wenigsten- mein Brod haben, wenn ich schon «ine alte Jungfer werde, und der Jagd nach einem dieser sauberen Herren enthoben sein, die mir beschämend scheint. Man muß auf eigenen Füßen stehen können. Auch Du, liebe Adele, solltest irgend einen Beruf ergreifen, der Dich frei und unabhängig macht." „Glaubst Du?" fragte Adele furchtsam. Die Mädchen waren so weit ia ihrem Gespräche, als plötzlich ein hübscher junger Mann, zum Au«geh«n gekleidet, di« Freitreppe Herabstieg, die auS d,m Haus, in den Bor gar«,n führte. Di« Brünitt» erröth«t« »in wenig. ..Gnren M»egen, lieb» E,usin», gut« Mo,g,n. Gchw«st»r," sagte der junge Mann, indem er Beiden die Hand reichte „Ich habe Dich gestern Abend kaum begrüßen können, Theres . ich bin etwa- spät nach Hause gekommen, es ist wahr." E. lachte. „Man ließ mich nicht fort. Dafür will ich mich Ti. aber heule ganz widmen. Ich begleite Dich in die Kirckc, ich begleite Dich ans den Besuchen, die Du machen willst, und wir plaudern auf dem Wege wie in alten Zeiten." „Schön, Herr Vetter, da« Anerbieten wird dankbar an genommen", sagte die junge Malerin und gab ihr freund lichstes Lächeln dazu. „Ich aber muß ins HauS", sagte Adele. „Unsere Gäste sollen heute mit ihrem Mahle zufrieden sein, da muß ick selber nach dem Rechten sehen. Und Toilette muß ich zu Mittag auch noch machen." Sie rrröthete dabei, als hätte man ihr'- vom Gesicht« ablesen können, daß eS zu einem be sondere» Zwecke geschah. „Ich übergebe Dir also die Cousine, HanS. Sorge für ihre Unterhaltung!" „WaS sich thun läßt, soll geschehen". Die Mädchen küßten sich, dir Blonde ging ins Haus. Die Brünette, die ihr Hütchen schon auf dem Kopse sitze», die Handschuhe schon angelegt hatte, nahm ihren Sonnen schirm von der Gartenbank und folgte dem jungen Man», der daS Gartenpsörtchen öffnete, auf die Straße. Sie spirlic mit ber gelben Blume, die sie an die Lippen hielt und die zu ihrem Teint so gut paßte. Scheinbar blickt« sir zerstreut vor sich bin. In Wahrbeit richt«t« sich ihre ganz, Aufmcrt- samkeit auf den jungen Mann an ihrer Seile, der b«i ihrer Ankunft sträflicher»«,'« nicht zugegen gewesen war und den st, jetzt geflissentlich nicht ansah.
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