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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 20.04.1897
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1897-04-20
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18970420018
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1897042001
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1897042001
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1897
- Monat1897-04
- Tag1897-04-20
- Monat1897-04
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Wrößere Schriften laut unserem Preis« verzeichniß. Tabellarischer und Zifsernsatz nach höherem Tarij. Extra-Beilagen (gefalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbeförderung .ck 60—, mit Postbeförderung ./L 70—. Iinnahmeschlaß für Anzeigen: Abend-AuSgabe: Vormittag» 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittags 4Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je rin« halbe Stunde früher. Anzeigen sind stets an die Expedition zu richten. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig. W. Dienstag den 20. April 1897. Sl. Jahrgang. VeLer Bildung und Verbreitung von Bildung. ii. Wenn irgendwo, so ist auf * geistigem Gebiete Still stand Rückgang. Darum schon muß nothwendigerweise der Bildungsgedanke als solcher, so lange er lebendig in einem Volke ist, nach immer größerer äußerer Ausdehnung streben, danach aber, wenn die größte mit Einbeziehung Aller erreicht ist, nach immer größerer innerer Nachdrücklichkeit. Und das führt unö zu dem anderen, jenen Bestrebungen, von denen wir ausgegangen sind, zu Grunde liegenden Gedanken, den wir kurz als den der „Fortbildung" bezeichnen können. Man will sich nicht begnügen, einmal im Menschen den Anstoß zur Entwickelung einer wenn auch nur einfachen allgemeinen Bildung gegeben zu haben; man hält es für nvlbwendig, um sie zu üben und zu erweitern, immer anfs Neue An regungen zu bieten. Wir sehen aber auch leicht nach dem anfangs Gesagten, daß dies auch an sich berechtigt ist, daß man damit nur etwas dem eigentlichen Wesen der Bildung Entsprechendes anstrebt. Wir wissen Alle recht wohl, daß es nicht ge nügen kann, eine körperliche Fähigkeit sich einmal an- zueignen. Oder können wir sie dann etwa jederzeit nützen'? Gewiß nicht, wir müssen sie stetig üben und weiter bilden. Nun, dasselbe gilt auch und gilt erst recht von jener geistigen Gesammlfähigkeit des Menschen, als die wir Bildung erkannt haben. Sie erstirbt, wenn sie nicht gepflegt wird und mit ihr dann das geistige Leben des Menschen überhaupt. Ist nun eben jene Erkenntniß aber etwa eine ganz neue? Oder beruhen unsere hauptsächlichsten und bisher fast einzigen Bildungsanstalten, unsere Schulen, auf ihr, wenn wir uns auch osk dessen nicht bewußt sind? Denn der Schule, oder den Schulen, ist ja doch die Aufgabe zugewiesen, allgemein bildend auf ihre Schüler zu wirken — sci's die Volks- oder die Realschule, das Gymnasium oder die Universität. Dabei sehen wir ab natürlich von der Aufgabe, die einzelne von ihnen haben, bestimmte Fachkenntnisse zu übermitteln, ebenso aber auch von der aller Schulen, gewisse Allgemein nütz liche Kenntnisse zu verbreiten; wir wissen za, daß wrr Bildung und Wissen zu unterscheiden haben. Wir fragen hier nur, wie sie den Menschen als solchen bildet — denn Keiner ist doch eben als Arzt oder Richter nur Mediciner oder Jurist, keiner als Arbeiter oder Kaufmann eine Arbeits oder Rechenmaschine: diese alle sind doch auch und sind doch vor allen Dingen Menschen — und als solche müssen sie eben auch und sollen sie zwar von der Schule gebildet werden. Wie kommt aber die Schule nun dieser Aufgabe nach? Etwa so, daß sie versucht, alle Kenntnisse unmittelbar zu übermitteln, die ihre Schüler voraussichtlich im Leben ein mal brauchen könnten? Ja, wäre denn das möglich ? Kann der Knabe für DaS Verständniß haben, was erst dem Jüng ling, der Student für Das, waS erst dem gereiften Manne entgegentritt? Und kann sie denn alle die unendlich mannig faltigen Verhältnisse des Lebens berücksichtigen, so daß sie für jeden Fall Regeln aufstellen und dem Schüler einzuprägen versuchen tonnte? Leicht sieht man ein, daß dieser Weg nicht zum Ziele führen würde, wenn man eS sich nur einmal klar macht — und man erkennt den Unverstand Derer, die die Forderung „für das Leben und nicht für die Schule solle man lernen" in dem Sinne aufstellen, daß diese lehren solle nur Das. aber auch alles DaS, was der Mensch im „praktischen" Leben brauche. Freilich sollen wir fürs Leben auf der Schule lernen, aber so eben, daß sie die geistigen Anlagen des Menschen auszubilden beginnt, in ihm jene Fähigkeit weckt, sie zu ge brauchen lehrt. Sie soll uns zeigen, wie wirS zu machen haben, um sie fortzubilden und sie uns dadurch dauernd zu erhalten. Und so machen eS ja eben tatsächlich auch die Schulen: sie wecken das geistige Interesse deS Menschen durch Darbietung allgemein giltiaen Wissensstoffes, sie lehren an ihm, wie wir Wissen in Bildung Umsetzer, sollen, es lebendig werden lassen können, wie wir es ver wenden können wieder zur Aufnahme neu auf uns ein Feiiilletsir. Die Hausmaus (Ms wuseuliis). Nachdruck verboten. Alle Dinge in der Welt haben bekanntlich mindestens ihre zwei Seiten, so auch das Verhältniß, in dem der Mensch zu der HauSmauS steht. Laßt einmal, wenn Ihr dazu Gelegen heit findet, ein MäuSlein in der wohlbesrtztrn obersten Claffe einer höhern Töchterschule oder auch nur in einem Ballsaale laufen, und Ihr könnt 'was erleben, woran Ihr immer mit Vergnügen zurückdenken werdet. Versetzt Euch aber im Geiste m die Lage eines armen, einsamen Gefangene», de» Mannes von Chillon etwa, wie ihn unS Byron beschreibt, der kein lebendes Wesen steht, als täglich den zum Schweigen verpflichteten Gefängnißwärter, der kein Buch zum Lesen, kein Material zum Schreiben, kein Hand- Werkzeug zum Basteln, nicht einmal rin Messer und Holz zum Schnitzen hat. Gleichförmig verrinnen ihm die dämmerigen Tage, einer wie der andere, gleichförmig folgen sich die finstern, langen Nächte. Da gesellt sich ein Mäuschen zu ihm, erst verstohlen und scheu, schnell huscht e« bei seiner geringsten Bewegung in den sichern Schlupfwinkel, aber er weiß e» kirre zu machen, «S wird seine Freundin, der Trost seine» einsamen Dasein». E» girbt doch noch eia lebende» Wesen auf der weiten Erde, da» sich, und wäre e» auch nur au« Selbstsucht, um ihn kümmert! Könnt Ihr nachrmpfindeo, wie der Mensch Uber «in arme» Mäuslrin denkt? E» wird erzählt, hoffentlich ist e» nicht wahr, daß einmal ein Gesängnißaouvernrur, al» er wabrnabm, daß einer seiner unglücklichen Schutzempfohlenrn und Pfleglinge sich »in solche« Trostthirrchrn gezähmt hatte, sofort befahl, e» weaeusanaea und z« vernichten Der Engel, der droben Buch fuß« Uber dringenden Wissens. Und so bereiten sie unS sürS Leben vor, daß wir dann wissen, wie wir's anzufangen haben, um mit Dem, was es uns bringt, fertig zu werden, daß wir all den vielgestaltigen Erscheinungen des Lebens mit Verständniß gegenüber treten. Beruht also die Thätigkeit unserer Schulen nothwendiger- wrise auf unserer Auffassung der Bildung als einer geistigen Gesammtfähigkeit des Menschen, so ist ganz verständlich, daß das Streben, der Bildung größere Kraft zu verleihen, neben Veranstaltungen, die deren Elemente anzueignen lehren, solche stellen will, die ihre dauernde Pflege und Betätigung an regen und ermöglichen. Für die Fortbildung zu sorgen, ist eine unabweisliche Pflicht der Gesamnnheit heute vor Allem deshalb, weil sie von einem Jeden ja eben die Erwerbung der Grundlage für eine gewisse Bildung fordert und ihm damit den Antrieb und die Möglichkeit giebt, sich weiterzubilden. Dann bat sie eben die Ver antwortung an ihrem Theil, daß die Möglichkeit zur rechten Entwickelung jenes Samenkornes geboten wird, und sie handelt unverantwortlich, wenn sie sich nicht darum kümmert, ob eS unter die Dornen gefallen ist, ob es nicht selbst zum wilden Gestrüpp wird, in das Einer sich und Andere verstrickt, statt, daß eS zum kräftigen Stamme emporwächst, an dem der Mensch sich aufrecht erhalten kann. Die Gefahr der Halb bildung hat sie abzuwenden; denn die besteht eben jetzt, wo dem sich selbst Ueberlassenen das Schlechte aller Art in Menge zuströmt, und wo ihm die Anleitung fehlt, um selbst daS Gute zu seinem Nutzen in sich aufnehmen zu können. Demgegen über kommt es darauf an, das Gute leicht zugänglich zu machen, zu ihm in verständiger Weise hinzuleiten, das dann durch seine eigene Kraft das Schlechte schon besiegen wird. Sonst muß man eben den Menschen vor aller freien geistigen Regung bewahren und ihn zeitlebens gängeln — und wer consequent nach diesem Grundsatz verfährt, bandelt sicher immer noch mehr zu seinem Besten, als wer ihn den halben Weg führt und ihn dann in die Irre gehen läßt. Wir haben aber nun einmal den Weg betreten —und müssen ihn nun um deS Ganzen und jedes Einzelnen willen weiter gehen, indem wir für Fortbildung aus allen Bildungsstufen sorgen. Besonder» aber besteht die Aufgabe, so lange nicht nur nach den Fähigkeiten dem Einzelnen die Gelegenheit für die Aneignung einer „höheren" Bildung in der Jugend geboten wird. Wir müssen diese Lücke, oie die Durchführung deS Grundsatzes der möglichsten Ausbreitung der Bildung läßt, soviel wie möglich dadurch auszugleichen suchen, daß wir cs Denen gerade, denen in der Jugend ohne ihr Verschulden nicht eine höhere Bildung zu theil gewcrden ist, leicht machen, daS Versäumte nach Kräften nachzuholen. In dieser Richtung sollen und können allgemeinverständ- liche Vorträge und vor Allem die Darbietung einer den Neigungen und Kräften des Einzelnen entsprechenden guten Leclüre wirken. Denn daS Lesen ist recht eigentlich d i e bildende Tbätigkeit insofern, als die bei der Auswahl sowohl als beim Lesen selbst gewährte Freiheit jede Leistung eben als freiwillige doppelt wcrthvoll macht. Und so kann die Einrichtung von Lesezimmern in unserer Stadt, die die Ge legenheit zu geistiger Beschäftigung vor allen Denen bieten soll, die keinen Familienanschluß, kein Heim haben, Wohl nur mit besonderer Freude begrüßt werden. Geschichte -er Pleißenburg. VI. Als die großen inneren deutschen Kriege deS 18. Jahr hunderts, die schlesischen Kriege, herrinbrachen, galt die Pleißenburg noch immer als Festung. Ein Jahrhundert früher, im Dreißigjährigen Kriege, hatte sie verschiedene Male aus die KriegSereignisie, die sich in ihrer Nahe abspielten, Einfluß auszuüben vermocht. Jetzt ist dies niemals mehr zu verzeichnen. Schon örtlich lag Leipzig in den schlesischen Kriegen zu sehr seitab, um bei den Operationen derselben ernstlich in Frage kommen zu können. Aber — selbst diesen Fall angenommen — wäre jetzt die Pleißenburg vermöge " ' ' " ^ die Thaten der Menschen hienkeden, gute und böse, wird ihm einen tüchtigen BelastungSpostrn in sein Conto geschrieben haben, denk' ich, einen derberen vielleicht, als jenem armen Teufel, der ausging seinen hungernden Kindern Brod zu stehlen und, dabei ertappt, vor Verzweiflung halbwahnstnnig einen Todtschlag beging. WaS haben so viele Menschen eigentlich an der HauS- mauS au-zusetzen, woher rührt ihr Widerwillen? Daß die Hau<frau die Brandschatzerin ihrer Speisekammer, daß der Getreidehändler di« kleine dreiste Diebin haßt und verfolgt, finde ich durchaus begreiflich, denn sie schadet nicht bloß m dem, waS sie frißt, sondern auch in dem, wa» sie besudelt; aber viele junge Damen sind durchaus keine Hausfrauen, werden'S auch niemals werden, und noch weniger sind sie Grtreidebändler, und doch kreischen und schreien sie wie ebenso viel alberne Gänse beim Anblick einer Mau» und zeigen eine Furcht, als ob sie ein Löwe oder ein Tiaertbier sei. Woher kommt daS? Jlch kann blo» drei mögliche Ursachen dieser wunderlichen Erscheinung finden, von denen bald diese, bald jene wirken mag. Einmal kann die Erziehung, die Ge wöhnung von Kindesbeinen daran Schuld sein, oder, und ich glaube, da« ist am häufigsten der Fall, die aanre Sache beruht auf affigem Gethue, und Fräulein Eulalia oder Balduine denkt, es gehöre zum guten Ton und verrath« eia zartbesaitete» Nervensystem und eine höhere, schwungvollere Bildung, Zetermordio über eine Mau« zu schreien, oder end lich der Grund liegt thatsächlich doch in der Mau», nämlich in ihrer raschen Beweglichkeit und m ihren huschenden Be wegungen. Diesen Grund könnte man allenfalls gelten lassen. Im Uebrigen ist dir Hausmaus eigentlich ein sehr nied liches Thirrchen. Sie hat ein intelligentes Köpfchen, ver- bältnißmäßig große, lebhafte Augen, ein allerliebstes, ewig schnüffelndes, naseweises, von stattlichen Varthaaren flanlirtes Tchnäuzchrn Die kahlen, großen Ohren verratben durch ibr Aussehen sofort, daß 1» ihrer Aufgabe als Schall» ihrer Umgebung und baulichen Beschaffenheit schwerlich noch zu einer längeren Widerstandskraft befähigt gewesen. Als im Jahre 1744 bei Beginn deS zweiten schlesischen Krieges Friedrich der Große in Kursachsen mit der directen Richtung auf Böhmen einmarschirte, ließ er Leipzig rechts seitwärts liegen. So kam der kurfürstliche Befehl, welcher dahin lautete, die Stadt bei einem preußischen Angriff ernstlich zu vertheidigen, nicht zur Ausführung. Die Pleißenburg war ,n Verfolg dieses Befehls armirt worden; sie hatte eine Be satzung von 200 Felbsoldaten erhalten, und die Geschütze waren auf den Wällen aufgesührt worden. Im Sommer des folgenden JabreS hatte die ganze sächsische Armee westlich und nördlich Leipzigs ein Lager be zogen; ihr gegenüber stand bei Halle Leopold von Dessau mit einer preußischen Armee. Im November marschirte dieser ans Befehl Friedrich s des Großen in Sachsen ein, die sächsische Armee zog sich vor ihm auS der Leipziger Gegend aus Dresden zurück. So ereilte Leipzig und die Pleißenburg wieder das Schicksal, welches ihnen schon so oft geworden war» Stadt und Burg mußten ohne genügende Besatzung angesichts einer großen feindlichen Feldarmee capituliren. Die Pleißenburg wurde von den Preußen besetzt, während der sächsische Commandant, der Irländer Barnabe Odembsee, mit seiner Truppe unter allen militairischen Ehren nach Dresden abziehen durfte. Die Bedingungen dieser Capitulation sind also beinahe dieselben, wie sie auch reichlich hundert Jahre vorder unter Vopel gewesen waren. Diesmal wurde aber dem Commandanten kein Haar gekrümmt; er und seine Mannschaft wurden jetzt als Besatzung der Festung Königstein verwendet, um nach geschlossenem Frieden ruhig wieder in ihre alte Stellung zurückzukehren. DaS Commando auf der Pleißenburg übernahm jetzt bis zur Räumung derselben nach dem Dresdner Frieden im December 1746 der Prinz Dietrich von Anhalt. Auf seinen Befehl wanderten die Geschütze der Festung nach Magde burg; denselben Weg haben dann während deS Siebenjährigen Krieges die meisten Gefangenen genommen, die aus der Pleißenburg nach Preußen hinein tranSporti« wurden. Die Leipziger konnten schon damals die Beobachtung machen, daß ihnen die Besetzung ihrer Stadt durch den Feind viel Opfer kostete. In der Nähe der Treppe des Trotzergebäudrs be fand sich noch die große, eiserne Bombe, die die Schweden einst im Dr-ißigjährigen -Kriege hier hereingeschoffen hatten. Nach dem Frieden ließ der Voltswitz an derselben Stelle eine Inschrift anbringen, die ihr zu ihrer Herstellung aus grobem Eisen gratulirtc, weil diese Beschaffenheit allein sie davor bewahrt hätte, auch mit nach Magdeburg reisen zu müssen. Auch Da-, was über die Pleißenburg aus dem Sieben jährigen .Kriege erzählt werden kann, ist nicht bedeutender und niemals erhebender Art. Beim Ueberfalle Sachsens durch Friedrich den Großen im Jahre 1756 besetzte die am weitesten westlich marschirende preußische Armecabtbeilung unter Ferdinand von Braunschweig ohne Schwertstreich Leipzig und die Pleißenburg. Bei der Uebergabe der letzteren fielen die gefüllten MontirungSkammern der sächsischen Truppen den Preußen mit in die Hände. Die Besatzung der Burg war schon vorder in daS Lager von Pirna abgerückt; sie hat auch diesmal dann sieben Jahre lang als Garnison der Festung Königstein gedient. Die ganze Geschichte Leipzigs während dieses Krieges besteht eigentlich auS weiter nichts als auS einer langen Reihe von Beitreibungen, Be zahlungen und Lieferungen größten MaßstabeS, die die Stadt dem Feinde leisten mußte. Während des ganzen Krieges diente daS Schloß dem Feinde als Gewahr sam seiner vielen Kriegsgefangenen. Eine ganze Musterkarte von Angehörigen der verschiedensten Völkerschaften und Contingente bat damals hier hinter Schloß und Riegel ge sessen; die Mehrzahl derselben waren jedoch immer öster reichische Gefangene. Das Kroaten- und Panduren volk, welches einen großen Theil dieser österreichischen Gefangenen auSmachte, scheint, seiner übrigen Beanlagung entsprechend, ganz besonders geschickt im AuSbrechen gewesen zu sein, denn gerade dieser Gattung von Gefangenen gelang eS am häufigsten, auS dem Schlosse zu entweichen. Einmal fänger zu dienen, ausgezeichnet entsprechen werden. In der That sind da» Gehör und der Geruch der Maus sehr hoch entwickelt. Ihre Pfötchen sind sehr fein und zart, und ein Mäuschen, das auf seinen Hinterbeinen sitzt und in den Borderpfötchen etwas hält, woran eS eifrig und schnell, aber dock nicht gierig herumknuppert, bietet wirk lich einen netten, den Naturfreund erfreuenden Anblick. Das Einzige, wa» man an der Erscheinung deS kleinen Nager- auSzusetzen baden könnte, ist der beinahe körperlange, fast ganz kahle Schwanz, und mancher Liebhaber zahmer, weißer Mäuse, bei denen er vollends wie ein Regenwurm auSsieht, schneidet ihn daher gelegentlich wohl seinen Lieblingen ab, um ihr AuSsehn zu veredeln. Nun, um nichts und wieder nichts existirt kein Ding in der Welt, und wenn die Maus nicht gerade solch einen Schwanz gebrauchte, wie sie ihn hat, würde er ihr sicher nickt so gewachsen sein. Unser Thierchen versteht bekanntlich sehr geschickt zu klettern, und dabei hilft ihr der kahle Schwanz vortrefflich. Einmal dient er ihr als Balancirstange, vrShalv wäre seine Kahlheit aber noch nicht nöthig, sie braucht ihn aber auch, wenn sie entlang eines dünnen Gegenstandes, eine» Stäbchen» oder Stricke» lauft, ihn um diesen herumzuwinden und so ihre Bewegung zu sichern, und da ist eS denn natürlich un gleich viel vorthrilhafter, wenn er unbehaart und glatt ist. Eine sehr störende Eigenschaft deS MäusegescklecbtS ist sein wirklich höchst unangenehmer Geruch. Ich habe als Knabe vielfach weiße Mäuse gehalten und bin sehr vertraut mit ihnen geworden, aber an ihren persönlichen Duft habe ich mich niemals gewöhnen können, er blieb mir immer gleich widerlich. Unsere Hausmaus genießt Alle», was ihr unwillkürlicher oder widerwillig« Patron, der Mensch, genießt, und noch Einiges mehr, wie rohe Kartoffeln, Rüben und Hanfsamen; auch kommt es wohl vor, daß si, einem unbeholfenen, in seinem Fette fast erstickenden. gemästeten Schweine bei lassen sich dreizehn mit Hilfe ihrer Leibgurte herunter, wo bloS der letzte von ihnen hängen bleibt und so wieder in preußische Hände fällt; ein andermal ist es sogar eine Rotte von 36 Mann, di: auf einmal ausbricht. Die größte Zahl der Gefangenen wurde nack der Schlacht bei Roßbach auf die Pleißenburg gebracht. ES waren dies über zweitausend Mann, ReichStruppen und Franzosen, welche im engsten Raum nebeneinander eingepfercht werden mußten. Auch nach der Schlacht bei Torgan im November 1760 kamen auf einmal über tausend gefangene Oesterreicher auf dem Schlosse an. Preußischer Comiiiandant von Stadt und Burg war erst kurze Zeit der Oberst von Manstein, nach ihm bis zum Herbst 1759 der von den Leipzigern wegen seiner Schroffheit und Härte gehaßte Generalmajor von Haussen. In dessen Gefolge kehrte ein Gast in Leipzig und in die Pleißenburg ein, der es verdient in ihrer Geschichte besonders hervor- gehobcn zu werden, der Dichter Christian Ewald von Kleist. Derselbe befand sich als Major beim Haussen'schen Regiment. Ter liebenswürdige Dichter, ein Vorläufer der neu an- brechenden Größe der deutschen Literatur, lebte hier in an regendem Verkehr mit Geliert; als Officier lag ihm die Ver pflegung und Besorgung der zahlreichen ans der Pleißenburg befindlichen Verwundeten und Gefangenen ob, und er bat diese Stellung ein ganzes Jahr, vom Frühjahr 1757—1758, auSfüllen müssen. Zweimal mußte im Verlaufe deS Krieges Leipzig mit seiner Pleißenburg von den Preußen aufgegeben werden; das erste Mal im August 1759 zur Zeit der Schlacht bei Cunners dorf, daS zweite Mal im October 1760, kurz vor der Schlacht bei Torgau; beide Male gelang es jedoch den Preußen sehr bald wieder» in den Besitz des Platzes zu kommen und ihn schließlich auch bis zum Friedensschluß zu behaupten. Der letzte preußische Commandant der Stadt war der Oberst- lientenant von Keller. Schon im August 1757 Halle der Commandant von Haussen einmal angefängen, Leipzig provi sorisch zu befestigen. Aber erst in der zweiten Halste des Krieges, seit dem Juni 1759, als sich auch die Kriegsereignisse öfter« näher an die Stadt heranzuziehen schienen, wurde die Verstärkung der Stadtumwallung und der Pleißenburg gründlicher betrieben. Diese Arbeit erstreckte sich bei der Pleißenburg auf Einschlagen von Pallisaden rings um den Graben herum, auf Vorbereitung zum Abbrennen der Iritigc:, Vorstädte und auf Freimacben deS VorgeländeS. Hierbei mußte eine schöne Maulbeerplantage vor dem Wall vernichtet werden. DaS Holz^ für die Pallisaden wurde theils aus den Wäldern der Stadt, theilS aus der Dübener Heide im Ueberfluß herbeigeschleppt; unter den dazu zusammengetriebenen Arbeitern befanden sich einmal zwei als Tagelöhner verkleidete österreichische Officiere, eine List, wie sie auch heute noch bei der Spionage angewendet wird. Auch aus Dem, WaS setzt noch die Pleißenburg betrifft, läßt sich ersehen, wie dieser Krieg von beiden Seiten bis zuletzt mit der größtmöglichsten Anspannung aller Kräfte geführt worden ist. Unter den österreichischen Gefangenen auf dem Schloß wurde die Sterblichkeit immer größer; es ist eine Erscheinung, welche im Verlaufe von allen lang dauernven Kriegen beobachtet wird, daß daS blutjunge Volt, zu dessen Aushebung schließlich geschritten werden muß, erschreckend rasch dahinstirbt. Während so das Innere des Schlosses einem großen Spital und Gefängniß glich, wurden jetzt in seinem Hofe mit ungemünztem Silber beladene Wagen auS Freiberg abgeladen. Dieses Metall wurde aus Befehl Friedrich s deS Großen hier aus der Münze von den Münzjuden Ephraim, Strig und Pomp nach reichlichem Kupferzusatz zu minderwerlhigen Achtgroschenstücken um geschlagen; in ungeheurer Menge wanderten diese Münzen dann als die berüchtigten Ephraimiten inS Land. Die Anforderungen, welche der Feind an die Mittel der Stadt Leipzig stellte, wurden im Verlauf des Krieges immer größer und häufiger, die Eintreibung derselben immer unerbitt licher und rücksichtsloser. Es haben sich damals in den Raumen der Pleißenburg Scenen abgespielt, die zu den traurigsten Ereignissen der Leipziger Geschichte gehören. Nachdem schon vorher von Leipzig durch die Preußen unter Anwendung von lebendigem Leibe ein Loch in den Speck frißt. Auch Wäsche. Bücher und allerlei anderes Papier benagt sie, und man sagt, daß sie das Letztere nur aus Durst thäte und von der Übeln Gewohnheit Abstand nähme, wenn man ihr i» Bibliotheken, Archiven rc. Schälchen mit Wasser hinstelle. Ich glaube, sie verfährt so aus Hunger und nicht aus Durst: der Geruch von Stärke, Kleister und Leim mag Hoffnungen in ihr erwecken und sie zu diesen erfolglosen Ilebellbalcn verlocken. Eine andere wunderliche Liebhaberei hat man ferner nock öfter bei Mäusen beobachtet, das ist ihre Vorliebe für sanfte Musik. Man hat sie gewöhnt, daß sie sofort und auch bc> Tage erscheinen, wenn Jemand auf dem Clavier etwas, nicht gerade den Tannhäusermarsch, oder auf der Geige oder Flöte spielte. Diese Liebhaberei geht aber noch weiter, die Mäuse wellen nickt bloS aufnehmen, sie wollen auch productiv sei». „Wenn sie", sagt Bech stein von den Hausmäusen, „in Zimmer kommen, wo Elaviere stehen, so suchen sie allezeit diese Instrumente zuerst auf und ergötzen sich an dem Klimpern, das ihr schädliches Hin- und Herlaufen auf den Saiten ver ursacht". Diese Thatsache ist nicht ein-, sie ist hundertmal beobachtet worden. Auch etwa- Anderes, noch weit Seltsameres, ist bei diesen Thierchen öfter beobachtet worden, da- ist die Erscheinuna der TingemäuSchen. Räthselhaft ist sie, aber wahr ist sic trotzdem. ES giebt nämlich Individuen unter den Hau.?' mäusen. denen Apoll' die Gabe des Gesanges, der Lieder Kunst verliehen hat. Vielfach ist der Gesang mit dem der Canarienvögel verglichen worden. Ein vr. wsck. Eichrlbrrg saß als politischer Gefangener au« der Zeit von 1833—35 im November 1846 in dem Castell zu Cassel und erhielt hier den Besuch eine» SingemäuSchenS geraume Zeit hinter einander, bi- eS durch Zufall weaarfangen wurde. „Die Töne", sagt Eichelbera, „dem Dchlaaen de« Eanarirn- vogel» sonst ganz ähnlich, hatten einen sanft,» und »undenvll
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