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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 20.04.1897
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1897-04-20
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18970420021
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1897042002
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1897042002
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1897
- Monat1897-04
- Tag1897-04-20
- Monat1897-04
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Nr-artto» und Lrvüittou^ 2ohan»e««asie 8. Di» Expedition ist Wochentags nnunterbroch« »öffnet von früh S bi» «bends 7 Uhr. Filiale«: ktt« KIr«m'S Bortt«. (Alfred Hahn), Universität-straße 3 (Paulimun), Loui» LSsche» Katharinenstr. 14, part. imd «önig-plaü 7, Abend-Ausgabe. und Anzeiger. Amtsblatt -es Königlichen Land- «nd Amtsgerichtes Leipzig, -es Rathes nn- Nolizei-Amtes -er Lta-t Leipzig. Auzeigeu-Prei- die Sgespattenr Petitzrile rv > v kerlamea «llter dem Rrdoctiontstrich (4g«» jpalten) 50/^, vor den Familiennochrtchtea (6 gespalten) 40-^. Größere Tchrist« laut unserem P«i»» detzeichniß. Tabellarischer und Ziffernfatz »ach höherem Tarif. Hxtia-Beilagen (gesalzt), nur «it den Morgen.Ausgabe, ohne Postbesörderunn 60.-, mit Poflbefötdenmg ^il 70.-. Annahmeschluß fiir Anzeige«: Abeud-Au-gab«: Vormittags 10 Uhr. Atorg«»»Ausgabe: Nachmittags 4 Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je ein« halbe Stunde früher. Anzeigen sind stets an die Expedition zu richten. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig. iss. Politische Tagesschau. * Leipzig, 20. April. Die Frage de« preutzischen BereinSgrfetzr» wird voraus sichtlich auch noch nach dem Feste die Kosten der politischen Unterhaltung zum größeren Thrile zu tragen haben. Aber eben mehr um der Unterhaltung willen, die sich gern eines allgemein politisch verwerthbaren Stoffes bemächtigt, als weil die Angelegenheit in der Thal Keime einer nahen Krisis enthält. Jedenfalls hat hinter den Verlautbarungen der „Nativnalztg.", daß auS Gründen, die mit dem Vereins gesetz zusammenhingen, oder doch auS ähnlichen Gründen mit der Wahrscheinlichkeit des Rücktritts des Fürsten Hohen lohe gerechnet werden müsse, „nichts gesteckt". DaS Orakel wäre auch höchst wahrscheinlich unverkündigt geblieben, wenn nicht der leitende Redakteur jenes Blattes eine Reise an getreten hätte. Dergleichen Verkettungen sind ja in der Weltgeschichte nichts Seltenes. UebrigenS gehört nicht gerade viel Combinatiousgabe dazu, um an die Angelegenheit des Verbotes der Verbindung der Vereine untereinander Verwicklungen anzuspinnen. Denn der Reichskanzler ist für . die Aufhebung dieser Bestimmung ohne Frage ernstlich engagirt. Seine von ihm im Reichstage ab gegebenen und von Herrn v, Boetticher ergänzten Erklärungen sino ganz unzweideutig. Wenn andere preußische Minister es wünschenswcrth finden, daß bei der Gelegenheit einige dem Mißbrauch des Vereins- und Versammlungsrechles steuernde Bestimmungen in das Gesetz ausgenommen werden, so ist das verständlich. Aber die Erfüllung dieser Wünscht darf nicht zur Bedingung der Einlösung jenes Ver sprechens gemacht werden, wenn anders man nicht gewillt ist, „zur Bekämpfung des Umsturzes" wieder ein gut Theil Vertrauen und Respecl vor der Autorität in die Brüche gehen zu lassen. Es heißt, eine Vorlage über bas Vereins gesetz solle noch in diesem Monat dem Landtage zugehen. Sollten aber die Bemühungen von Eollegen des Reichskanzlers, zugleich mit der Aufhebung des tz 8 des Vereinsgesetzes ge wisse, dem Abgeordneienhause annehmbare Aenderungen vorzuschlagen, über den Schluß der gegenwärtigen Tagung hinaus fortgesetzt werden, so würde man darin wohl kein Unglück zu erblicken haben. Aber der im nächsten Winter zusammentretende Landtag müßte allerdings unbedingt eine Vorlage, die den tz 8 beseitigt, vorfiiiden. Denn bis dahin muß es sich berauügeftellt haben, ob man sich in der preußischen Regierung über Anderes einigen kann oder nickt, und eine weitere Verzögerung würde nur noch als Verschleppung der Erfüllung einer feierlichen Zusage aufgefaßt werden können. Und nicht lange nach der Er öffnung der nächsten Session finden Reichstags- und preußische Landtagswahlen statt. Dieser Umstand sollte Herrn v. d. Recke bewegen, jetzt oder im Herbste nichts zu verlangen, waS begründeten Bedenken begegnet. Durch setzen wird er einschneidende Bestimmungen zur Einschränkung des Vereinsrechts im Abgeordnetenhause nicht — aber eine dahin abzieleube Campagne würde den radicalen Parteien die Wahl- und Wühlarbeit erleichtern. Die Regierung hat also nur zu verlieren, weun sie sich nicht aus die Aufhebung des tz 8 beschränkt, oder sich nicht mit bescheidenen Forderungen begnügt. Daß er mit dem Gleichmuth seine» Vorgängers eine aussichtslose Vorlage scheitern sähe — „na, denn nicht" — trauen wir Herrn v. d. Recke nicht zu. Einn- Auftritt wie den am Tage der Einsargung der Umstürze Dienstag den 20. April 1897. Vorlage erlebten verträgt auch eine Regierung nicht leicht zum zweiten Male. — Im Kampfe gegen die Umflurzbewegung wird die preußische Regierung um so leichter auf verschärfte Be stimmungen des Vereinsgesetzes verrichten können, je schärfer die Waffe ist, die ihr durch ein jungst mitgetheiltes Urtheil des Disciplinarsenats des Oberverwaltungsgerichtes über das Berhältnitz zwischen Beamtenthum «nd Tocial- demokratie in die Hand gegeben worden ist. Die Tbatsache, daß die ministerielle Correspondenz das Urtheil den weitesten Kreisen zur Kenntniß gebracht hat, beweist, daß die preußische Regierung der Wirksamkeit dieser Waffe sich völlig bewußt ist. Das Oberverwaltungsgerickt hat nämlich nicht nur dahin entschieden, ein Beamter müsse aufs Strengste bestraft werden, weil er das Zustandekommen einer socialdemokratischen Versammlung dadurch begünstigte, daß er seinen Privatwald dazu hergab, sondern das Urtheil sagt auch klipp und klar, daß ein Beamter seines Amtes und des Vertrauens, das sein Beruf erfordert, sich unwürdig erweise, wenn er die Bestrebungen einer politischen Partei, welche die Grundlagen der bestehenden Reckts- und Staatsordnung grundsätzlich bekämpft, bewußt unterstütze oder fördere. Die Socialdemokratie hat es bisher für praktisch befunden, die Ansicht zu verfechten, es verstoße gegen die Pflichten eines Beamten nicht, wenn er privatim ihr Vorschub leiste oder gar für ihre Forderungen einirete, vorausgesetzt, daß ihm in der Aus übung seines Amtes nichts nachgesagk werden könne. Diese Dvclrin, die darüber hinweggeht, daß in jedem Beamten ein Theil der staatlichen Autorität verkörpert ist, welche die Socialdemokratie principiell negirt, hat sich ins besondere den kleineren Beamten gegenüber als zweck mäßig erwiesen, deren Sache die Socialdemokratie ihrer seits wieder so lange zu vertreten sich bemüht, bis die Verwirrung auf den gewünschten Grad gebracht ist, um zwischen diesen und den mittleren und höheren Beamten eine das geordnete Functioniren des staatlichen Apparates hindernde Scheidewand zu errichten. Durch das vorstehende Urtheil wird den Beamten zum Bewußtsein gebracht, daß der Staat ausreichende Machtmittel besitzt, um sich gegen diese Eontrebanbe wirksam zu schützen. Damit ist aber die Tragweite dieses UrtheilS noch nicht erschöpft. Es spricht, bevor eS ausdrücklich auf die Socialdemokratie exemplificirt, ganz allgemein von einer politischen Partei, welche die Grund lagen der bestehenden Rechts- und Staatsordnung grundsätzlich bekämpft. Und das gilt nicht von der Socialdemokratie allein, sondern auch von der gro ß-po lnischen Agitation. Auch diese ist grundsätzlich Gegnerin der bestehenden Staats- und Rechts ordnung, indem sie die LoStrennung der ehemals polnischen Gebiete erstrebt, und es unterliegt nicht dem mindesten Zweifel, daß rin Erfolg dieser Bestrebungen nicht nur die Existenz Preußens, sondern auch des Reiche- auf das allerschwerste er schüttern würde. Wie die Socialdemokratie jetzt immer wieder betont, daß sie nur der gesetzlichen Mittel sich zu bedienen beab sichtige, so bestreitet auch die polnische Agitation, daß sie mit Gewalt ihren Zielen nachstrebe. Aber auch für sie gilt, was daS Oberverwaltungsgericht von ver Socialdemokratie sagt, um darauf daS oben citirteUrtheil zu begründen: Wenn sie die Macht zur Verwirklichung ihrer Ziele hätte, würde sie bis zu deren Erreichung auf gesetzlichem Wege schwerlich warten. Dieses Urtheil giebt unter diesen Umstande» dem Staate, soweit versucht wird, seine eigenen Organe gegen ihn nutzbar zu machen, zur Abwehr eine starke Waffe in die Hand, und es ist zu wünschen, daß davon mit Nachdruck Gebrauch gemacht werde. Der Krieg zwischen der Türkei «nd Griechenland ist endlich ofsiciell ausgebrochen und damit der Zustand eingetreten, den die Mächte durch Monate hindurch verzögert Kaden, ohne mit ihrer „Friedensaction" auch nur den kleinsten Erfolg errungen zu haben. Durch ein einmllthiges und kräftiges Eingreifen im allerersten Stadium der kretischen Frage hätten sie zweifelsohne den Gang der Dinge, der nun zu einem blutigen, auf beiden Seiten mit Erbitterung und auf griechischer Seite Wohl auch mit Verzweiflung be gonnenen Kriege geführt hat, noch ausbalten können. Nach dem sie den rechten Augenblick einmal verpaßt hatten, mußten sie sich jeder weiteren Einmischung enthalten und durften die Pforte nicht hindern, selbstständig zu handeln und mit Griechenland fertig zu werden. Nun ist es doch dahin gekommen, daß die Türkei sich selbst ihrer Haut wehren muß, nur daß die Lage infolge der verzögernden und unaufrichtigen Politik Englands und der Eifersucht zwischen dieser Macht und Rußland sick aufs Aergstc complicirt und der Kriegsschauplatz sich in gefährlicher Weise erweitert hat. Anfangs hatte man eS nur mit Kreta zu thun, und cS würde der Türkei nicht schwer geworden sein, dort die griechischen Flibustier zu Paaren zu treiben, ehe man in Athen daran hätte denken können, die Armee nach der makedonischen Grenze zu beordern. Aber diese retrospectiven Betrachtungen, so wenig wir auf dieselben verzichten konnten, ändern an der Sachlage nicht das Geringste mehr. Die Würfel sind gefallen, und das entscheidende Wort sprechen nunmehr die Waffen. Wie aus Len im heutigen Morgenblatte mit- getheilten Drahtnachrichten zu ersehen ist, hat der Kampf an zwei Stellen der griechisch-türkischen Grenze begonnen, südlich von Elassona und bei Arta. Auf beiden Kriegsschauplätzen tobte gestern noch der Kampf, der beute entschieden sein dürfte. Beide Parteien schreiben sich, wie üblich, den Sieg zu, und es ist, da die griechischen und die türkischen Nachrichten sich direct widersprechen, im Augenblick ganz unmöglich, sich ein zutreffendes Bild der Lage zu machen. Sicher ist, daß am 17. April reguläre griechische Truppen die Grenze zwischen den beiden Hauptquartieren Larissa und Elassona überschritten haben, worauf die Pforte in Consequcnz ihrer letzten Entschlüsse den Krieg er klärte, was den sofortigen Abbruch der beiderseitigen diploma tischen Beziehungen zur Folge hatte. Der griechische Feldzugsplan geht nun zunächst dahin, Elassona, der türkische dahin, Larissa zu nehmen. Zu diesem Zwecke ist die griechische Armee nördlich vorgedrungen, während die türkische sich südlich in Bewegung gesetzt hat. Noch auf türkischem Gebiete sind beide zu- sammengestoßen, an verschiedenen Punkten ist anscheinend mit wechselndem Glücke gekämpft worden, und nun ist die Frage: in wessen Besitz befinden sich die beiden wichtigsten Puncte, dcr Meluua» und der Reveni-Paß, deren Occupation den freien Vormarsch nach Glassona sowohl, wie nach Larissa bedeutet. Aber gerade in dieser entscheidenden Frage lassen die bis jetzt vorliegenden, an anderer Stelle wiedergegebenen Meldungen völlig im Stich. Nach der einen Version sind die Türken bei Reveni sowohl wie bei Meluna mit starken Ver lusten zurückgeschlagen worden und haben in Unordnung sich zurückziehen müssen und den Vormarsch deS griechischen Heeres 91. Jahrgang. auf Damassi zu und die Besetzung verschiedener Puncte in dessen Umgebung nicht hindern können. Nach anderen Berichten — bezeichnender Weise widersprechen sich auch die Telegramme englischer Blätter vom Kriegsschauplatz — sind die Türken überall siegreich vorgedrungen, haben den ganzen Meluna-Paß genommen, auch die von den Griechen besetzten Grenzblockhäuser wiedererobert, die ganze Höhenlinie längs der Grenze besetzt und den Feind über diese verfolgt; (a ein Gerücht besagt sogar, Larissa sei nach blutigem Kamps den Türken in die Hände gefallen. So steht Meldung gegen Meldung, und man wird auf umfassendere, genauere und zuverlässigere Nachrichten warten müssen, ehe man Klarheit gewinnen kann. Nicht besser steht es mit der Bericht erstattung über die Kämpfe bei Arta, an der West küste von Makedonien. Dort haben, von Prevesa aus. welches den Eingang zum Golf von Arta beherrscht, am 18. April Morgens die Türken auf das den Busen von lAmbrakia (— Arta) verlassende griechische Schiff „Makedonien" gefeuert und es in Grund gebohrt, WaS die Entsendung einer griechischen Flottille und die Beschießung Prevesas zur Folge batte. Zwei Tage dauerte daS Bombarde ment, das von türkischer Seite nur schwach erwidert worden sein soll. Nach griechischen Berichten wären fast sämmtliche Forts von Prevesa in Grund und Boden geschossen, griechische Truppen gelandet und Arta niedergebrannt. Die türkischen Meldungen stießen hier sehr spärlich; sie bestritten nur, daß Prevesa bereits gefallen sei. Demnach scheint es, daß bei Arta die Griechen bis jetzt im Vortheil sind. Was die Streitfrage anbetrifft, wer die Schuld an dem Ausbruch des Krieges trägt, so stebl auch hier noch Behauptung gegen Behauptung. Eine griechische Note sucht darzuthun, daß die türkischen Truppen bei dem Einfall irregulärer Banden sich nicht begnügt hätten, diese zürück- zutreibcn, sondern auch auf Vorposten der regulären griechischen Armee geschossen halten; ein Rundschreiben der Pforte da gegen verweist darauf, daß an dem zweiten Einfall auf tür kisches Gebiet bei Krania zweifellos reguläre griechische Truppen theilgenommen haben. Zieht man den ganzen bisherigen Verlaus deS griechisch-türkischen ConflicteS in Betracht, so kann es keine Frage sein, daß Griechenland die Verantwort lichkeit für die Ströme Blut trifft, die jetzt fließen. Nock am Freitag hat die Pforte erklärt, daß sie ihre Truppen zurückziehen werde, falls Griechenland daS Gleiche thue; die griechische Antwort war die Ucberschreitung der Grenze, also die faclische Kriegserklärung. Die Pfort« befindet sich that- sächlich in Nothwehr und hätte schon längst, trotz deS Ab- mahnenS der Mächte, losschlagen sollen. Tie Unterhandlungen zwischen Paris und Berlin über eine Verständigung in Bezug auf die Gurmafrage dürften, wie verlautet, in nächster Zeit beginnen; man sieht in Berlin einer Aeußerung der französischen Regierung entgegen. Die Berathungen werden nur in Europa geführt; es ist also nicht vorgesehen, wie eS sonst bei solchen Abmachungen über streitige Gebiete geschehen ist, daß eine gemischte Commission örtliche Erhebungen im inneren Nigerbogen macht. Da- „Bulletin du Coniito de l'Asrique Frantzaise", das Orpan der einflußreichen Colonialpolitiker Frankreichs, veröffentlicht soeben einen längeren Artikel über die Lage am Bogen des Niger, in dem auch der Zusammenstoß der französischen Officiere Band und Vermeersch, sowie des Gouverneurs Ballot mit de» deutschen Officieren in Basilo und Kirikri im Einzelnen dargrlegt wird. Natür- Sneewittchen. lös Roman von A. I. Mordtmann. Nachdruck vrrboNn. Iuanila blieb ohne Kenntniß von all diesen Vorgängen. Ohne erwähnenswerthe Abenteuer langte Friedrichsen in Paris an. Diese Reis« war für ihn eine förmliche Erholung nach allen Trübsal« der jüngst verflossenen Zeit. Obgleich mit Leib und Seel« Kaufmann, war er doch nur mit Wider willen in seiner gegenwärtigen Stellung thätig, weil er nicht vergessen konnte, was er früher gewesen. Wieder einmal selbstständig arbeiten und Anordnungen treffen zu können, erfüllten ihn mit wirklicher Befriedigung. Zwei Tage blieb er in Paris, wo er einige geschäftliche Angelegenheiten der Firma Mauvillvn L Co. mit glücklicher Hand erledigt«. Dann setzte er seine Reise nach dem Süden fort. An einem unfreundlichen Nachmittag im Februar kam er in Toulouse an und stieg im „Lion d'or" ad. Nachdem er sich etwas erholt hatte» ging er auS, um die Stadt anzusehen und eine vorläufige AuSkuodung der Rue de la Garonne vor- zunehmen, wo Herr Dessoudr« wohnen sollte. Trotz de» an« ipruchsvollen Namens war es eine wenig einladende Straße, die als enges Gäßchen vom Flusse ausging, nach einige« Krümmungen breiter wurde und schließlich in die Felder ver lief. Eine Vergleichung der Nummern zeigte Friedrichsen, daß daS gesuchte Hau» ziemlich am Ende der Straße liege« müsse. Die Dämmerung brach schon herein, lichtscheues Ge sindel schlich umher, und unter dem herabrieselnden Sprüh regen sah alles so trüb und abstoßend au», daß Friedrichsen nicht da» Herz hatte, schon heute Abend da» Hau» auf- zusuchen. Er ging in rin Kaffeehau» a» einem freien Platze, wo die Helle Gasbeleuchtung und der stark fluthend« Verkehr die eben rmpfanaenen trüben Eindrücke verscheuchte. Um im Gasthof ein Abendbrot einrunehmen, verließ er gegen zehn Uhr da- Kaffeehau» und schlug ewige Seitenstraßen «in, di« ihn seiner Berechnung nach bald in die breite Straße bringen mußte«, deren Zlerd« der „Goldene Löwe" war. Indessen, er hatte sich in der Orientierung getäuscht. Anstatt in di« breit» 8rn« Napalson zu kommen, gerirth er m ein Gewirr kleiner Gaffen, daS endlich in eine bei Tage belebte, jetzt aber ziemlich einsame Straße mündete, die auf die Garonne zulief. Einige rothe Laternen hingen vor Wirtschaften nieder» RangeS; sonst waren die meisten Häuser unbeleuchtet, da sie fast durchweg Geschäftslocalitäten enthielten, die jetzt geschloffen waren. Im Begriff, sich wieder dem Mittelpuncte der Stadt zu- zuwendea, blieb Rudolf plötzlich stehen, als er von einer der Schenken her ein junges Mädchen athemlos heranlaufen und von zwei halbtrunkeuen Männer» verfolgt sah. Gerade vor ihm stolperte sie und wäre hillgefallen, wenn nicht Rudolf herzugesprungen wäre und sie ausgefangrn hätte. Sie dankte kaum und wollte weiterlaufen, als er sie festhielt und sagte: „Seien Sie ohne Furcht, Mademoiselle, ich werde Sie beschützen." Die Verfolger blieben stehen, machten aber dann, als sie sahen, daß da» Mädchen einen Beschützer gefunden hatte, unter riaigen rohen Redensarten und Flüchen Kehrt. Da» Mädchen war noch sehr jung. Der erst« flüchtige Blick auf ihr Gesicht belehrt« Friedrichsen, daß sie auch sehr hübsch sei. Jedoch die» allein würde ihn kaum bewogen haben, sich ihrer anzunehmen — denn über solche Straßen abenteuer dachte er keineswegs romantisch — wenn ihm nicht ihre Ähnlichkeit mit Jemand, den er kannte, ctufgefallen wäre. Nur daß er jetzt bei genauerem Hinsehen und trotz an gestrengten Nachdenken» sich garnicht darauf besinnen konnte, wer diese Bekannte sei. Au» einem kindlichen runden Gesicht blickten ihn schöne dunkelblaue Augen ängstlich und bittend au. Da» Haar war von einem Tuch, das sie um den Kopf geschlungen trug, verhüllt. „Bitte — Monsieur — lassen Sie mich jetzt gehen", sagte sie. „Ich danke Ihnen recht sehr, aber ich muß eilen." „Erlauben Sie, daß ich Sie noch rin Stück Weg» begleite", erwiderte Rudolf ohne Zudringlichkeit. „Sie zittern ja noch immer, und ich glaube. Sie sind vor Belästigungen nicht sicher". Wirklich streiften einzelne verdächtige Gestalten an ihnm vorbei, beren Mienen nicht» Gute» weissagten. Da» Mädchen klammert« sich ängstlich an seinen Arm und sagte: ^Sl« haben recht. Aber ich muß schnell zur Apotheke". Die» Wort beruhigt« ihn. E» schien ihm ein« unver fängliche Erklärung für di« auffallende Erscheinung «ine» zunaen Mädchen» zu so später Stunde in solcher Gegend zu enthalten. „Sie haben Wohl Niemand sonst zu schicken?" fragte er theilnehmend. „Nein — mein Onkel war nicht zu Hau», sonst wäre er gegangen — und die Tropfen müssen geholt werden. Die Anfälle sind so gefährlich." Beide schritten eilig neben einander her auf einen Laden zu, vor dessen Thür eine Laterne daS Wort „Pbarmacie" in purpurglühenden Buchstaben auf mattgeschliffenein Glase zeigte. Das Mädchen ging hinein, und Rudolf blieb draußen stehen, um sie zu erwarten. Während sie die Tropfen an fertigen ließ, zerbrach sich Rudolf abermals den Kopf mit der grübelnden Frage, wo er ein im GesicktsauSdruck und in der körperlichen Haltung seiner neuen Bekanntschaft so ähnliches Gesicht schon einmal gesehen hätte. Der Apotheker war mit seiner Medicin rascher fertig als Rudolf mit seinem Nachdenken. Als daS Mädchen wieder herauskam und ihren Beschützer von vorhin dort noch stehend fand, erröthete «S und schreckte zurück, er aber sagte: „Sie brauchen sich vor mir nicht ru fürchten. Aber meine Begleitnug wird Sie vor unliebsamen Begegnungen schützen." Sie willigte stumm ein, lehnte aber den Arm, den er ihr anbot, mit heftigem Kopfschütteln ab. Dann schritt sie so eilfertig auS, daß Rudolf ihr kaum folgen konnte. Nach wenigen Minuten bog sie in die Rue de la Garonne rin, und hier sagte sie zu ihrem Begleiter: „So, jetzt bin ich sicher, hier kann mir nichts mehr begegnen. Gute Nacht. Ich dank« Ihn-n recht sehr." „Sind Sie hier schon zu Hause?" „Noch nicht. Aber Sie dürfen nicht weiter mit. Unser HauS ist beinah da» letzt« — weit hinaus — und so weit darf ich Sie nicht hinaussprengen." „Warum nicht? Ich bin hier fremd. Morgen muß ich da auch hinauf und da kann ich mir den Weg einmal an- sehen. Ich muß nach Nr. 125." „Nr. 125!" rief da» Mädchen. „Mein Gott, da wohnen ja wir!" „Ich will zu Herrn Dessoudr«." „DaS ist ja mein Vater!" Sie blieb vor Erstaunen stehen. »Oder nein — e« wird mein Onkel Anatole sein ..." „Dann sind Sie also ..." „Ich bin Josephine Dessoudr«." Rudolf nahm höflich den Hut ab und nannte seinen Namen. „Er wird Ihnen freilich nichts sagen," fügte er hinzu. „Aber ich komme aus Hamburg." „O, nun kann ich es mir schon denken — Sie wollen zu Herrn Williams. Wie seltsam!" „Seltsam in der Thal. Aber — wer von den Ihrigen ist denn so krank?" „Niemand. Mein Vater ist zwar seit Jahren geistes- umnachtet" — die Augen Iosephinen'S füllten sich mit Thränen — „er kennt nicht einmal mich, seine Tochter?" „Armes Kind! Welch' trauriges Schicksal!" „Körperlich ist er gesund und kräftig — ihm fehlt nichts und dem Onkel Anatole auch nichts. Der Kranke ist Monsieur Williams), der heute Abend wieder seinen Ansall bekam, und da muß er diese Tropfen nehmen." „Und haben Sie denn kein Dienstmädchen, daS Sic schicken konnten?" „O Monsieur, nein. Wir sind sehr arm!" Wieder blieb sie stehe», als komme ihr ein plötzlicher Einfall. „Unser Haus ist nichts für Sie . . . bleiben Sie hier — ich schäme mich." „Aber mein arme» Kind," wandte Rudolf ein, indem er sie sortzoz, „morgen muß ich ja doch den Herrn Williams besuchen. Und warum schämen Sie sich der Armuth. Das ist ein Unglück, aber keine Schande." Dieser abgenützte Gemeinplatz kam dem guten Rudolf sehr geistreich vor und schien auch auf Iosephine Eindruck zu machen. Sie fing wieder an, kräftig auszuschreiten und duldete eS, daß er sie weiter begleitete. Der Weg war noch sehr lang und beide kamen abermals in« Plaudern. Herr Williams litt an Herzkrämpfen, so erzählte Fräulein Iosephine, und da» einzige Mittel gegen solche Anfälle seien diese Tropfen, die ihm immer Linderung brächten. Die ärztliche Behandlung und die Arzneien seien sehr »Heuer, aber die Freigebigkeit der Hamburger Freunde de» armen Williams «rmöglichle ihm die Bestreitung dieser Kosten. Ah, das müßten brave Menschen sein, und e» wären auch wohl Franzosen, denn sie hießen Gerard, wa» doch kein deutscher Name wäre. „Es sind gleichwohl Deutsche", erklärte Friedrichsen über das nationale Borurtheil, da» sich in Iosephinen» Worten kundgab, unwillkürlich lächelnd. „Herr Gerard ist mein Chef und, obgleich ein Deutscher, einer der edelsten Menschen, die leben." (Fortsetzung folgt.)
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