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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 04.05.1897
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1897-05-04
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18970504014
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1897050401
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1897050401
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1897
- Monat1897-05
- Tag1897-05-04
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V Die Erfolge des Hochschulvereins in München aus dem Gebiete der Popularisirung der Wissenschaften und die Fort schritte, welche die Bestrebungen zur Erweiterung der Volks bildung im letzten Vierteljahr in Deutschland gemacht haben, veranlassen unS, aus eine Institution einzugehen, die vielleicht der erste Versuch in Deutschland gewesen sein dürste, die Errungenschaften der Universitäts-Ausdehnungsbewegung zu verwerthen, die auch, wie behauptet wird, unabhängig von den Bildungs-Bestrebungen des Auslandes etwas Aehn- UcheS angestrebt hat, wie diese es gethan haben und noch thun. Es sind daS die sogenannten Vo lksvorlesungen, welche seit etwa sechs bis sieben Jahren in Frankfurt am Main abgehalten werden. Was diese Vorlesungen an sich interessant macht, ist der Umstand, daß man dieselben von vornherein bewußter Weise nur für die Arbeiterschaft ein gerichtet hat; das erklärt sich daher, daß für die besser be mittelten Elassen Frankfurts in dem seit dem Jahre 1884 reorganisieren Freien deutschen Hochstifl zu der Zeit, als man dem Plan zu den Volksvorlesungen näher trat, was im Jahre 1859igeschehen ist, bereits ein Institut geschaffen war, welches — ähnlich der Berliner Humboldt-Akademie — jährlich eine größere Reihe von Vortragscyklen veraiislaltele, welche den Mitgliedern des HochstifkeS ;u einem verhältnißmäßig billigen Preise zugänglich sind, der aber für die Arbeiterklasse immerhin als auf die Dauer unerschwinglich bezeichnet werden muß. Dabei darf es nicht befremden, wenn sich diejenigen beiden Männer, welche zuerst die ganze Angelegenheit in die Hand nahmen, der Stadtralh Or. Flesch und ein Arbeiter Namens Opificius, ohne jede Rücksichtnahme auf politische Anschauungen mit den Redacleuren socialdemokratischer Blätter, ReichStags- abgeordneten, Rednern in öffentlichen Versammlungen :c. in Verbindung setzten, um auf diese Weise erst mit den Arbeiter klassen Fühlung zu gewinnen. Einem Bericht des jetzigen Secretairs des Ausschusses für Volksvorlesungen, Or. F. Quilling in Frankfurt a. M. zufolge, wurde die Gründung einer „Volkshochschule" in Aus sicht genommen, deren Vorträge den Theilnehmern gegen einen Jahresbeitrag von 1 ^ zugänglich sein sollten. Die veranstalteten Vorträge sollten alle Wissensgebiete mit Aus schluß des'eigentlichen politische» Feldes betreffen, das nach wie vor den politischen Vereinen überlassen werden sollte. Dadurch sollte den Arbeiter» jedes Mißtrauen genommen werden, als ob eine Beeinflussung ihrer politischen oder wirthschaftlichcn Meinung beabsichtigt sei. Auch waren die Arbeilerverlreter mit diesem Princip einverstanden, nur daß sie die Unentgeltlichkeit wünschten, die auch späterhin durch die Anlehnung an ras bereits bestehende Institut deS Freien deutschen Hochslifts ermöglicht wurde. Es ist das um so be- metkenswerlher, als sich die Hauplangriffe der socialdemo- tralischcii Presse gegen den Berliner Plan, namentlich gegen die Bestimmung richtete, daß Themata, die zu Agitationen Anlaß geben könnten, nickt behandelt werden sollten. Die Franksurter Genossen waren in diesem Pnncte also einsichts voller, als die Berliner sieben Jahre später. Aus Vertretern der Arbeiterschaft also, die besonders in den ans freier und geheimer Wahl der Arbeiter hervor- gegangencn Arbeitermitgliedern des gewerblichen Schieds gerichts gefunden wurden, ferner aus Vertretern mehrerer gemeinnütziger Anstalten bildete sich ein Ausschuß, in welchem „außer den fast durchweg socialdemokratischen Arbeitern auch Arbeitgeber und Gelehrte der verschiedensten politischen Richtungen sich vereinigt halten, um Las gemeinsame Ziel — Erweiterung der Gelegenheit zur Fortbildung für die unteren Classen bei Vermeidung jeder Beeinflussung ihrer politischen Denkweise — gemeinsam zu verfolgen". Die Vorlesungen, die in der „Stadthalle" stattfanden, waren cyklische, aus welche zwanglose Besprechungen folgten, die sich sehr fruchtbar gestalteten, namentlich seitdem aus An regung des Ausschusses eine aus Gelehrten bestehende Com mission gewählt worden war, welcher die Ausgabe zusällt, denselben durch Beschaffung geeigneter Redner, Zuziehung der Fachgelehrten zu den DiSeussionen :c. zu unterstützen. Auch die Abhaltung von Vorträgen in den einzelnen Fackver- einen der Arbeiter über Themata aus ibrem WirkungS- feld erwiesen sich als sehr im Wunsche und Interesse der Arbeiter liegend. Da die wöchentlich einmaligen Vorlesungen nicht mehr für die Zahl der Besucher genügten, so finden jetzt seit geraumer Zeit allwöchentlich drei Vorlesungen am gleichen Abend statt, nämlich in Frankfurt, Bornkeim und Bockenheim. Die Themata werden in den Zeitungen bekannt gegeben, zugleich mit einer kurzen Disposition; ausführliche Programme werden an den Vortragsabenden gratis verlheilt. Wenn wir die innere Organisation des Ausschusses be trachten, bemerken wir einen Unterschied zwischen gleichen Be slrebungen an anderen Orlen, die meist Universitätsstädte sind: in diesen Orten arbeiten nur Gelehrte für die Unbemittelten, in Frankfurt aber werden die letzteren zu unmittelbarer Mit arbeit hcrangezogen, als vollberechtigte Mitglieder anerkannt, und eS wird bei der äußeren Anordnung der Vorträge und den sich anschließenden DiSeussionen, sowie bei der Auswahl der zu erörtenten Gegenstände den von ihnen geäußerten Wünschen und den Interessen der Arbeiter tbunlichst gewillfahrt. Daher erklärt sich auch die Beseitigung eines UebelstandeS, der vielfach Anlaß zu Bedenken wie zu Klagen gegeben bat. Nämlich abgesehen von der Forderung, daß einerseits die gebotenen Vorlesungen auch höheren wissenschaftlichen An forderungen genügen, insonderheit „diejenigen Lehren der einzelnen Wissenschaften behandeln sollen, welche derzeit als gesichertes, dem Streit der Meinungen nickt mehr unterworfenes Gebiet gelten können" , daß andererseits „die Vortragenden vermeiden sollen, auf die politischen, religiösen oder wirthschastlichcn Ansichten der Hörer» welcher Partei dieselben auch angehören, einwirken zu wollen", ist es bekannt, wie sehr es gerade aus die Wahl eines geeigneten Vortragenden ankommt, der neben diesen Vorschriften auch noch die erfüllen soll, daß der Vortrag populär sei, eine Fähigkeit, die bekanntermaßen nicht allen Gelehrten gegeben ist. Der letzte Jahresbericht deS Aus schusses löst nun diese Frage folgendermaßen. „Darübe., ob ein Vortrag oder ein Redner diesen Anforderungen entspricht, kann nickt durch eine Mebrheitsabstimmunz der zufällig in der Sitzung Anwesenden abgestimmt wurden; es muß viel mehr, wenn gegen ein Thema oder einen Redner aus einem dieser Gesichtspunkte Bedenken erhoben werden, gesucht werden, einen andern Redner für daS Thema, oder für den Redner einen andern Gegenstand zu finden, gegen den die gleichen Bedenken nicht erhoben werden können. Die Fürsorge für die Wahrung der ersten Forderung war naturgemäß haupt sächlich Sache der im Ausschuß rdäligen Gelehrten; die für den zweiten Satz hauptsächlich Sache der Arbeilerverlreter. Redner oder Gegenstände, von denen die eine oder andere Seile eine Schädigung der ihr anverlrauten Interessen be sorgte, wurden vermieden." Die Erfahrungen, die hiermit gemacht wurden, sind durchweg gut gewesen. Namenllich die enge Verbindung der Gewerkschaften mit den öffentlichen Bildungsstätten, Biblio theken, Museen, Lehranstalten, wissenschaftlichen Ver einen :c., sowie mit den verschiedenen gemeinnützigen und Bildungs - Vereinen hat sich als vortheilbaft beraus- gestellt und kann sehr wohl für gleiche Bestrebungen an anderen Orten vorbildlich dienen. Auch die Ver anstaltung von Volksvorstellnngen im Stadttheater, wobei jeder Platz 40 kostet, fallen in daS Bcthätigungs- gebiet des Ausschusses. Ein Zeichen dafür, wie wenig diese Volksvorslellungen etwa rein als Befriedigungsinittel eines allgemeinen Triebes zum Amüsiren aufgefaßl werden, ist darin zu erblicken, daß erläuternde Vorträge über die auf- znführenden meist klassischen Stücke sich eines überaus starken Besuchs erfreuten. Tie Frankfurter Bolksvorlesungen sind also in Deutschland nicht allein die ältesten continuirlichen Veranstaltungen dieser Art, bei denen die meisten praktischen Erfahrungen anzesammelt sind, sondern Frankfurt ist auch unseres Wissens bis heute die einzige Stadt in Deutschland, in welcher die l.'vlrer'-ätr- Oxleusion ohne direkten Anschluß an eine Universität sehr schöne Blüthen und Früchte erzeugt hat, ein Umstand, der wohl zu beachten ist und der geeignet sein dürfte, etwaige Bedenken, die einer Ausbreitung akademischen Wissens auch aus Städte ohne Akademie entgegenstehen könnten, zu zer streuen. Zudem ist die Bewegung in Deutschland noch so jung, daß wohl mancher Träger derselben sehr gern die Er fahrungen sich zu Nutze macken wird, die dieser erste aus deutschem Boden gewachsene Versuch von längerer Dauer ge zeitigt bal. Deutsches Reich. Berlin, 3. Mai. Ter Bundesrath hat in seiner letzten Plenarsitzung unter Anderm die Vorlage, betreffend die den Landesregierungen für die Durchführung terBerufS- und Gewerbezählung vom Jahr 1895 zu gewährende Kostenvergütung, den Ausschüssen zur Berathung überwiesen. Die Kosten, welche diese Zählung verursacht har beziehentlich noch verursachen wird, haben sich schließlich als bedeutend größer heransgeslellt, als ursprünglich angenommen wurde. Namentlich sind für die Bearbeitung und Veröffentlichung der Berufsslatistik, sowie der landwirthschafllichen und ge werblichen Belrieböstalislit höhere Beträge erforderlich geworden. Auch war für gewisse Ausgaben Deckung überhaupt nicht vor gesehen, so für Reisekosten und Tagegelder für Conferen^en von Vertretern der statistischen Landescentralstellen, für Herstellung von Berufs- und Gewerbeverzeichnissen zum Gebrauche bei AuSarbeilung der Tabellen, Mehrkosten der deutsch-französischen Formulare für einen Theil von Elsaß-Lothringen gegenüber den Kosten der Formulare der übrigen Staaten u. a. m. Bekanntlich ist zur Bestreitung aller dieser Mehrkosten im RcicbsbauShaltsctat für 1887 98 eine Summe von l 050 000 .äl auSgeworfen, nachdem bereits in den drei EtatSjabren 1894/95 bis 1896/97 zusammen 2 370 000 -L in Ansatz gebracht waren. Die Berufs- und Gewerbezählung des Jahres 1895 dürfte deshalb einen Kostenaufwand von 3 420 000 ^ ver ursachen. Von dieser Summe werden natürlich auch die Kosten, welche den Einzelstaaten erwachsen sind,' vergütet. Daß diese Kosten auch nicht verhältnißmäßig gleich sind und sein werden, geht schon aus der für Elsaß-Lothringen an geführten Sonderbeit hervor. Alle diese verschiedenen Momente werden auch in der erwähnten BundesrathSvortage ihre Berücksichtigung finden müssen. * Berlin, 3. Mai. Rechl lehrreich ist es, wie die National-Socialen für die Maifeier sich begeistern. Pfarrer Naumann entbietet in der „Zeit", wie schon er wähnt, dem „Deutschen Maisest" einen Willkommensgruß, und in der Erfurter „National-socialen Volksztg." schreibt P. K. u. A.: „Gegen die Frohnveste der Fabrik klingt heute der mächtige Schlachtruf deS Achtstundentages, er klingt aus Millionen von Kehlen mutbiger Proletarier. Er verkündet das große historische Princip derHerrschaft derArbeit über alle Arbeitsbedingungen, über die Scholle und über die Maschine. Die Arbeiterschaft will Dank ihrer gewaltigen Lrganisa- tionskraft das Scepter in der Fabrik schwingen. Der schwere Ansangsschritt dazu ist schon gethan; der Arbeiter rede: e u gewichtiges Wort in der Frage mit, wieviel Stunden er der traurigen, von aller Poesie verlassenen Arbeitscaserne opfern will. Tie letzte Consequenz des Rufes nach Verkürzung der Arbeitszeit wird immer der Emancipationsgedanke der Arbcu selbst sein. Tie große historische Bedeutung dieses Gedankens breit:! über da? Maisest der Arbeilerelasse einen heiligen Ernst und eine hohe sittliche Würde." DaS sind, bemerkt die „N. A. Z." zutreffend, d i e Leute, welche glauben, die internationale Socialdemokratie durch humanitäre Phrasen zu nationalem Bewußtsein bekehren zu können! V. Berlin, 3. Mai. Telegramm.) Der Kaiser be sichtigte beute auf dem Bornstedter Felde bei Potsdam die drei Bataillone deS 1. Garde-Regiments zu Fuß. An die Besichtigung schloß sich eine größere Gefechtsübung, zu welcher einzelne Schwadronen der Garde-Cavallerie-Regimenter in Potsdam und zwei Batterien des 2. Garde-Fcle-Artillerie- Reginicnts hinzugezogen wurden. Nack Beendigung der Hebung führte der Kaiser das 1. Garde-Regiment zu Fuß in die Stadt zurück und nahm bei dem Ofsiciercorps das Frühstück ei». — Der deutsche Gesandte am dänischen Hose, von Kiderlen-Wächter, ist zu kurzem Aufenthalte hier einzetrcffen. (-) Berlin, 3. Mai. ^Telegramm.) Der „ReichSanz." veröffentlicht einen Allerhöchsten Erlaß, betr. die Einrichtung einer Lberpoftdnerlioii in Vhemniy Derselben werden die bisher von der Oberpostdirectton Leipzig wahrgenommenen Post- und Telezrapheiivelwaltungsgeschäfte für die Kreis haupt Mannschaft Zwickau zugetheilt. D Berlin, 3.Mai. (Telegramm.) Wie der „ReichSanz." meldet, ist an Stelle des auf seinem Antrag von seinen, Amte als Vorsitzende rdcrCom miss ionfür Arbeiter Statistik entbundenen UnterslaatSsecrelairs Lohmann de: Untcrslaatssecrctair Fleck zum Vorsitzenden der Commission ernannt worden. (D Berlin, 3. Mai. (Telegramm.) Im Eultus- ministerium trat heute Vormittag unter dem Vorsitz des Ministerialdirektors Wirkl. Geh. Ober-Regierungsrath Or. von Bartsch die aus Parlamentariern, Verwaltungs- beamten und mediciniscken Sachverständigen bestehende freie Commission zur Dorberalbung der Umgestiltun« Ver preußischen Mcairinalbchörvcn zusammen. * Kiel, 2. Mai. Als seinen Vertreter bei der 50jäbrigen Jubiläumsfeier der Hamburg-Amerikanischen Packet- fahrt-A.-G. in Hamburg, die am 27. Mai stattfindet, hat der Kaiser den Prinzen Heinrich designirt. * Hamburg, 2. Mai. Die Freude, den Fürsten Bis marck wieder frisch und gesund zu wissen, ist in Hamburg ungemein groß — sie zeigt sich auch in der außerordentlichen Nachfrage nach Karten zur Detheilignng am Fackel zug. Der „Hambg. Corr." hört, daß der Fürst am 10. d. Mts. den Fackelzug wieder wie in den letzten Jahren in seinen: Park empfangen wird. * Bielefeld, 1. Mai. Nachdem der Stadtverordneten Vorsteher verhindert hatte, daß die nationalliberalen und conservativen Stadtverordneten in der Stadtverordnelen sitzung den Umstand zur Sprache brachten, daß der Stadt- verorduelenvorsteher anläßlich der Centenarfeier bei dem Hock aus den Fürsten Bismarck sitzen geblieben war, hatten, wie gemeldet, diese Stadtverordneten den Antrag ein gebracht, eine Commission zur Vorberathunz einerGeschäftS- ordnung zu wählen. Die gegnerische Mehrheit beging nun das Heldenstückchen, daß sie beschloß, über den Antrag zur Tagesordnung überzuzehen. Vom Auerhahn und seiner Bähe. Nachdruck verboten. Man liest in jedem Frühling wiederholt in den Zeitungen, dieser oder jener Hobe Herr habe sich da- oder dorthin zur „Auerhahnbalze" begeben. WaS ist es nun mit dieser Auerhahnbalze? Viele Leser deS „Tageblattes" werben daS genau kennen und die brauchen daS Folgende nicht zu lesen, Manche werden aber nichts davon wissen, und denen ist eS vielleicht nicht unangenehm, darüber und zugleich Uber den Auerhahn selbst etwas zu erfahren. Der Auerhahn (letrao urogallus), oder sagen wir lieber, es bandelt sich nicht um das männliche Geschlecht allein, daS Auerhubn gehört in die Unterfamilie der Hühner vögel, die man Waldkühner (letraouicLe) nennt. Diese Thiere sind mit ihrer Gegenwart an daS Vorhandensein der großen nördlichen Wälder, besonders des NadstholzeS und der Waldbeeren gebunden, werden also im Ganzen eine ähnliche Verbreitung haben wie die Kreuzschnäbel, bei denen das auch der Fall ist: wir finden sie im mittleren und nörd lichen Europa und in den nördlichen Gegenden Asien- und Amerikas. In Deutschland kommen drei Arten von Waldhühnern vor, nämlich außer dem Auerhuhn noch daS Birkhuhn (Oriurus tetrix) und daS Haselhuhn (Leuasa 3vlvs8tris). Die Auerbühner haben einen im Verhältniß zu den Füßen großen Rumpf, kurzen Hals, kleinen Kopf, kurze Flügel, mittellangen, abgerundeten Schwanz, mittelhobe, kräftige Ständer, haarartig befiederte Mittrlfüße, kräftige Nägel, aber keinen Sporn, und «inen kräftigen Schnabel mit unter dem Slirngefieder versteckten Nasenlöchern. Sie haben 26 Schwing- und 18 Stenerfedern. Sehr charakteristisch ist ein carminrother Ring um jede- Auge, der aus einer nackten, warzigen, der Anschwellung fähigen Haut besteht, die sogenannte „Rose". Seine rothe Färbung beruht auf einem eigenartigen, kupfer- und eisenfreien Farbstoff, Trtraonervtbrin, der an eine mit Fett gemischte, im Malpighischen Netze der Haut befindliche, schmelzbare, wach»artig« Substanz gebunden ist. Die Farbe ist unter Zutritt von Sauerstoff und Tageslicht außerordentlich vergänglich. An den Zehenrändern, besonders schön beim Auerhahn stehen, wie Fransen, lanzettförmige Blättchen, die Balz- oder Falzstifte. Sie sind im gewissen Sinne Zwischendinge zwischen Federn und Schuppen, wie sie an den Füßen der meisten Vögel auftreten. Diese Schuppen und Federn sind in ihrer Anlage eigentlich gleiche Gebilde, die sich nur verschiedenartig entwickeln. Davon kann man sich leicht überzeugen, wenn man die Füße gewisser Taubenrassen vergleichend untersucht. Man wirb finden, daß zwischen dem beschuppten Fuß, wie ihn diewiltenTauben und die Feldflüchter haben, und dein manch, mal fast flügelartig befiederten der Latschtauben alle möglichen verbindenden Ucbergänge vorhanden sind. Auch giebt es wilde Vögel mit völlig befiederten Zehen. Die Auerbühner mausern ihre Balzstifte im Sommer, und das männliche mausert dann auch seine Schnabelscheiden: die alten fallen stückweise ab, und unter ihnen liegen weiche neue. Der Vogel ist in der Zeit beim Fressen empfindlich und sucht sich aus dem Boden weiche Nahrung, während er sonst aus Bäumen mit der derbsten vorlieb nimmt. Der Auerhahn hat eine lange Mauserzeit von Ende April bis in den August, und während derselben fliegt er nur ungern und hält sich an feuchten Stellen im tiefen Gebüsche versteckt, WaS die Henne nicht thut. Alte Hennen werden, wie das nichts Seltenes bei Hühnervögeln ist, im Gefieder den Hähnen ähnlich, sie werden .hahnenfederig". Doch soll es auch weibliche Individuen geben, die von Jugend auf den männlichen ähnlich sehen, auch etwas schwerer als ihre Kameradinnen sind. Es wäre möglich, daß bei den letzteren Vögeln Zwitterthum die Ursache dieser Erscheinung wäre, obwohl mir, abgesehen von Fischen und Amphibien, kein unzweifelhaft klargestellter Fall von HermaphroditiSmuS bekannt ist. Bei den sonstigen hahnen- fiedrigen Hennen ist die Veränderung deS FederkleideS mit dem Erlöschen der Fortpflanzungösäbigkeit verbunden. Der innere Bau deS Auerhahns Heigt mancherlei Eigen- tbümlicheS. So ist seine Luftröhre länger als der gerade Weg ron der Stimmritze bis zur Gabelung zwischen den Lungen, sie muß sich daher in eine unter der Haut und vor dem Buistbrin befindliche Scklinge zusammen biegen, die beim jungen Hahn noch fehlt, aber mit dem Alter größer wird. Der Magen ist, wie es der derben Nahrung des Vogels ent spricht, sehr dickwandig und muskulös und entbält viele Ouarzkörnchen, die sich schön abrunden und den Waidleuten als „Auerhabnperlen" bekannt sind. Diese Körner sind für die Verdauung deS Vogels von großer Wichtigkeit und stellen zusammen mit der harten inneren Schwiele des Magens feine Zähne dar, während die gewaltige Magenmuskulatur in ihrer Leistung den Kaumuskeln der Säugethiere entspricht. Die Auerhahnperlen haben in Sibirien Veranlassung zu der Entdeckung gewisser goldführender Flüsse gegeben. Es ist dort in den jungfräulichen Wäldern oft kein kleines Stück Arbeit, an die Ufer der Gewässer zu gelangen, die von um- gestürzten und angeschwemmten Baumriesen übersäet sind, und Niemand unternimmt die Sache ohne zwingende Gründe. Da fand man im Magen von in der Umgebung erlegten Auerhähnen Körnchen goldhaltigen Flußkieses und schloß richtig, daß, wo die herstammten, ihrer noch mehr sein müßten, und so entstanden verschiedene Goldwäschereien. Die Blinddärme, Organe, die äußerst verschiedenartig bei den Vögeln entwickelt sind, und über deren Bedeutung man durch aus noch nichts Bestimmtes weiß, sind beim Auerhahn von ganz bedeutender Länge. Die Nahrung eines Vogels hat selbstverständlich einen wesentlichen Einfluß auf die Beschaffenheit seiner Fäcal- massen, — in der Heidelbeerzeit sehen wir in unfern Wäl dern häufig die durch den Farbstoff der Beeren violett ge färbten Kothklexchen der Drosseln und anderer beerenfressender Vögel, auch die Rothkeblcken verrathen eS durch das Colorit ihrer Losung, wenn sie Fliederbeeren fressen. Während eines großen TbeileS deS Jahre- ernährt sich der Auerhahn wesentlich von Tannennadeln, die den grünen Farbstoff der Pflanzen, das Blattgrün oder Chlorophyll und daS den Nadelhölzern eigene Harz enthalten, Stoffe, die in feinen Koth mit übergehen. Derselbe ist demzufolge dunkel grün lichbraun und brennt mit einer Flamme. Die Jäger nennen die Substanz deshalb „Balz- oder Falzpech", von der falschen Ansicht auSgebend, die Losung habe diese Beschaffenheit blo» während der Balzzeit, in der sie sich nur um den Vogel zu bekümmern pflegen. Die Nahrung deS HabncS weicht nicht unbeträchtlich von der der Henne und der Küchlein ab. Er aeoießt eine derbere» weir fru galere Kost, besonder-, wie bemerkt, yichtennadeln,und im Winter, namentlich bei hohem Schnee, wenn er nicht gern stiegt und lieber sozusagen zu Hause bleibt, frißt er bisweilen einen ganzen Baum kahl. Auch Bucheckern und junge Buchen knoSpen liebt er sehr. Nur während der Zeit der erwähnten Sckiiabelniauser giebt er sein ausschließliches Baumleben auf und sucht sich auf dem Boden weiche Pflanzenblättchen, Blüthen und allerlei Beeren, seltener Jnsecten und Schnecken. Die Henne und die Jungen fressen Beeren und sie tragen zur Verpflanzung der Erdbeeren wesentlich bei. Die Erdbeeren haben bekanntlich keine Kerne, ihre Fortpflanzproducte sitze» vielmehr in Gestatt sebr kleiner, schmaler Schüppchen aus der Außenseite der Frucht: diese wird von den Vögeln verdaut, aber der Samen passirt unverändert ihren Darm und gelangt mit dem Koth: nach außen. Sehr gern führen die Hennen ihre Küchlein aui die dem Walde nahe liegenden Aecker in da§ reifende Getreide. Im Winter genießen sie hauptsächlich die Beeren des Epheus, seltener des WachdolderS, und der der Eberesche zu liebe, fliegen sie auf die Bäume, was sie sonst nur selten thun. Jnsecten, Schnecken und Regenwürmer lieben sie sehr, und die Jungen leben in der ersten Zeit fast ausschließlich von Amrisenpuppen, die ihnen die Allen auS den Haufen herauS- scharren. Es ist bemerkenSwerth, daß bei den Auerhühnern blos die Henne scharrt, der Hahn aber nicht. Berühmt ist der Auerhahn wegen seiner Balze, jener wunderlichen Manöver, die er im Zustande deS Verliebtseinö ausführt, und in der der Reiz der Auerhahnjagd liegt, da ibr etwaiges Ergebniß für die Küche von einem sebr zweifel haften Werthe ist. ES gehört schon daS ganze Vorurtheil eines eingefleischten HubertuSbruderS dazu, dem Auerhahn- braten eine schmackhafte Seite abzuzewiuuen, — und um ihn weich zu bekommen, muß man ihn zu AaS werden lassen Die Balze ist ein Morgenständchen mit Tanzbegleitung und grotesk genug. „Der Auerhahn ist, „nach Or. Wurm'S An spruch, „Musiker Tänzer und Gladiator zugleich." Die Musik deS Auerhahn» ist wesentlich eine Vokalmusik, nebeabei aber doch auch etwa- Instrumentalmusik. Die letzter:, von den Jägern das „Rauschen" genannt, führt der Vogel mit den Flügeln auS, indem er mit den Schwungfedern ans seinen Balrsitz aufstreift, und diese Federn sind daber gegen Ende der Balze bei leidenschaftlichen Balzern ganz abgerirbrn. (Schluß folgt,)
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