Vas, was gestern bitter befehdet wurde, heute als gemeinsamer Wille geachtet und befolgt wird. Noch ein anderes kommt hinzu: eben die Tatsache, Vast manche unserer großen Gesetzcswcrkc veraltet und längst als veraltet erkannt sind. Sie können nicht von einem Tage zum andern durch bessere Gesetze ersetzt werden; an dem langsamen Fortschreiten der Reform des Strafrechts und des Zivilprozeffes sehen wir, daß bei aller Kraftanstrengung Jahre und selbst Jahrzehnte vergehen, bis ein Rechtsgebiet neu geordnet ist. Nur zu leicht wird hier das Kommende des Bestehenden Feind; nur allzu schwer ist es, im Volke die Überzeugung wachzuhallen, daß das geltende Gesetz Achtling und Gehorsam bis zu der Stunde fordert, in der ein besseres Gesetz an seine Stelle tritt. Das Ziel ist fern; um so fester muß unser Lntschluß sein, uns ihm zu nähern. Wenn uns etwas in der Hoffnung bestärken kann, daß wir auf diesem Wege vorwärts kommen werden, so ist cs der soeben von dem Herrn Rcichsminisler der Justiz aus gesprochene Gcdailkc, daß wir den Übergang von einem individualistischen zu einem sozialcnZcitaltcr durchleben. Sozial denken heißt, sich als Mitglied der Volksgemein schaft fühlen, die eigenen Interessen den Interessen der Gemeinschaft unterordncn, nicht sich selbst leben, sondern dem Volke und der Zukunft des Volkes, dem wir angehören. Wenn das Gemeinschaftsgefühl erstarkt, muß auch das Rechtsgefühl erstarken. Dem Zeichen, das uns an den heutigen Tag erinnern soll, sind die Worte aus geprägt: Lin Reich - Lin Recht. Lassen Sic uns hoffen und dahin wirken, daß dieser Spruch in nicht allzu ferner Zeit dahin ergänzt werden kann: Lin Reich - Lin Recht; Lin Volk - Lin Geist. Je eher wir Deutsche uns aus dem Boden des Rechts zusammensinden, desto eher werden wir auch hoffen können, daß das nächste und höchste Ziel des Rechts erreicht wird, die ganze Menschheit, die Völker miteinander zu verbinden. Ls kann so scheinen, als ob die unsichtbaren Mauern, welche die Staaten voneinander trennen, unter der Nachwirkling des Weltkriegs heute noch hemmender wirken denn je. Aber kulturelle und wirtschaftliche Interessen verbinden die Menschheit stärker und stärker und fordern wechselseitigen oder gemeinsamen Rechtsschutz, und schneller denn je überspringen neue Rcchtsgcdanken die Grenzen. Zu einem wahren, einem gesicherten Recht unter den Völkern aber können wir nur gelangen, wenn auch hier der Ge danke der Gemeinschaft sich durchsetzt, wenn auch im Verhältnis der Völker zu einander die Gewalt dem echten Rechte weicht, dessen Wesen Ausgleich, dessen Ziel Friede ist. Das Reichsgericht sicht heule zu seiner größtcnFrcudc alle dicOrgane desRcichs und der Länder bei sich vereinigt, die mit ihm die Verantwortung für die deutsche Rcchls- 19