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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 05.05.1897
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1897-05-05
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18970505016
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1897050501
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1897050501
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1897
- Monat1897-05
- Tag1897-05-05
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Gröbere Schriften laut unserem Preis« verzeichniß. Tabellarischer und Ziffernsatz nach höherem Taris. tSptra-Beilagen (gesalzt), nur mit der Morgen»Ausgabe, ohne Postbeförderung 60.—, mit Poslbesördrrung 70.—. Ännahmeschluß für Anzeigen: Ab end »Ausgabe: Bormittag» 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittags 4Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je eine halbe Stunde früher. Anzeigen sind stet« an di« Expedition zu richten. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig. 22«. Mittwoch den 5. Mai 1897. 91. Jahrgang. Frankreich am Scheidewege. Nachdruck »erboten. tzg Die Anwesenheit deS Kaisers von Oesterreich in Rußland mit ihren positiven Ergebnissen, die weit über das Ergebniß aller Fürstenzusammenkünfle der letzten Jabre binauSaehen, hat den Franzosen das Concept stark verrückt. Wenn sie die Petersburger Zusammenkunft niit der vor jährigen so pomphaft gefeierten Anwesenheit des Zaren in Pari- vergleichen, so müssen sie den sehr erheblichen Unter schied sofort rvabrnehmen: in Paris keinerlei positives Er- grbniß, in Petersburg als sofortige Folge der Zusammen kunft eine Note, die für die künftigen Ereignisse auf der Balkanbalbinsel ihren Weg vorschreibt; in Paris Toaste von vieler Freundlichkeit, aber wenig Inhalt, in Petersburg Trink sprüche von programmatischer Bedeutung. Die hohe Bedeutung der Trinksprüche ist von der fran zösischen Presse anerkannt worben, aber es ist interessant, wie man sich über ihre wahre Bedeutung hiiiwegzuiäuschen versucht. Es liegt auf der Hand, daß Kaiser Nikolaus, in dem er auf die „Gemeinsamkeit der Grundsätze" bin- wies, in erster Linie die Gemeinsamkeit der friedlichen Be strebungen betonen wollte. Daß er in zweiter Linie auch daS gemeinsame Bckenntniß zur legitimen Monarchie als dem obersten Grundsätze der Politik kennzeichnen wollte, ist allerdings anznuehmen und der „Figaro" ist daher berechtigt zu dem Hinweise, daß jenes Wort des Zaren den französischen Iacobinern zu denken geben müßte. Aber es ist eine offen bare Fälschung der Absichten des Zaren, wenn der „Figaro" weiter behauptet, jenes Wort richte sich auch gegen Italien und Deutschland, die je einen Tbeil ihres Bestandes revo- lutionairen Stürmen zu verdanken hätten. Was Italien betrifft, so ist diese Behauptung bistorisch nicht ganz unzu treffend, während sie Deutschland gegenüber vollkommen falsch ist. Die Hauptsache ist aber, daß auch Italien von einer uralten legitimen Dynastie beherrscht wird, nicht etwa von Parvenüs a I«. Napoleon, und daß der deutsch: Kaiser seine Dynastie auf eine Abnenrcihe von Herrschern zurückführen kann, die nun schon bald ein halbes Jahrtausend dSn bisto- rischen, geographischen und politischen Mittelpunkt des Reiches regieren. Daß also Kaiser Nikolaus die Herrscher von Deutsch land und Italien als durchaus ebenbürtige Vertreter legi timen Königsthums ansieht, siebt außer aller Frage. Wohl aber liegt, wie der „Figaro" eben mit'Recht hervorhebl, in dem Worte des Zaren eine Abwehr gegenüber den fran zösischen Republikanern, die in ihrer ewigen Wandlungssucht nicht einmal die republikanische Staateform zu einer ge wissermaßen legitimen, auch einem Monarchen wegen der historischen Tradition sympathischen Slaatsform zu machen vermögen. Wenn Republiken, wie die Schweiz und die Ver einigten Staaten, unerschütterlich bestehen, so sind sie schon dadurch ein gewisser conservativer, einem Monarchen sympa thischer Begriff, während die französische Republik ein unbe rechenbarer Factor ist. Die Petersburger Vorgänge müssen den Franzosen klar machen, baß sie sich an einem Kreuzungspuncle befinden, von dem aus drei Wege abgehen. Sie können sich entweder der seit den Kronstävler Tagen bestehenden Illusion eines die französischen Revancheideehoffnungen verwirklichenden Bündnisses mit Rußland weiter hingeben, sie können sich um die Bildung einer westmächtlichen Coalition bemühen, sie können sich endlich der von Rußland angestreblen conli- nentalen Eoalition anschließen. Nach der deutlichen Bekundung der hohen Bewerthung gemeinsamer monarchischer Grundsätze, nach dem festen Zu sammenschlüsse Rußlands und Oesterreichs, der schon zufolge des zwischen Oesterreich und Deutschland bestehenden Bünd nisses eine aggressive Tendenz Rußlands gegenüber Deutsch land naturgemäß ausschließt, ist es vollkommen klar, daß die Verwirklichung der Nevancheideen durch Rußland ausgeschlossen ist. Will Frankreich weiterhin gegen Deutschland sich un freundlich verhalten, so wird Rußland wahrscheinlich keinen Zwang auf Frankreich ausübeu, sich anders zu verhalten, aber es würde auch Frankreich keineswegs bei einem Revanche kriege beistehen. Frankreich würde also hinsichtlich seiner materiellen Wünsche allein daslehen, und daß die Wahr scheinlichkeit, allein mit Deutschland einen erfolgreichen Kampf aufrunehinen, nicht sehr groß ist, darüber ist sich jeder ver nünftige Franzose klar. Will also Frankreich nicht in einer faktischen Isolirung bleiben, so muß eS entweder sich von Rußland abkebren und eine englische Coalition suchen, oder es muß der Continentalcoalition beitreten. Betritt Frankrei ch den ersteren Weg, so ist es wohl möglich, daß es das in seiner Ver einsamung sich reckt unbehaglich fühlende England gewinnt. Es ist ferner möglich, daß Frankreich und England noch Italien zu sich hinüberzieden würden, da Italien bei seinen ausgedehnten Küsten nicht den beiden größten europäischen Seemächten feindlich gegenüberstehen kann. Es würden dann die stärksten Seekräste mit einander vereinigt sein, und darin liegt es, daß diese Mächte auf die Ent wickelung aller colonialen Angelegenheiten einen be stimmenden Einfluß ausüben können. Demgegenüber aber würde Frankreich nicht nur seine Nevancheideen nicht ver wirklichen können, sondern es würde auf dem Continenle von dem militairischen Uebergewichle der Dreikaisermächle einfach erdrückt werden. Darum würde bei einem Gegen zuge der Kaisermächte gegen rücksichtslose coloniale Unter nehmungen Englands und Frankreichs nur das durch seine insulare Lage geschützte England im Vortheil sein. Ferner ist nicht anzunehmen, baß die colonialen Gegeniätze zwischen England und Frankreich sich ans freundschaftlicye Weise erledigen lassen. Diese Gegensätze bestehen am Niger, in Egypten, in Marokko, in Hinterinbien, in China, und es ist kaum anzunehmen, daß nicht Frankreich beträchtliche Opfer in seinen Aspirationen bringen müßte. Bleibt also nur der Anschluß an die Continentalcoalition. Wir haben bargelegt, daß Frankreich seine Nevancheideen, auch wenn es sich auf die andere Seile begiebt, nicht durch führen kann. Es verliert also nur ideell etwas, wenn es den Nevancheplan endgiltig aufsteckr und sich einer continentalen Coalition anfchließt, deren Hauptziele sein müssen: erstens die unverbrüchliche Aufrechterhaltung des Status guo in Europa, zweitens Herabdrückung des colonialen Ueber- gewichls Englands, insbesondere der weiteren colonialen Eroberungspolitik Englands. Damit wäre sowohl die Idee de« Frierens gefördert, wie materieller Vortheil für die continentalen Staaten und damit auch für Frankreich geschaffen Der einzig Leidtragende wäre England, und mit kein brauchten die Franzosen wahrlich kein Mitleid zu haben. Es mag wohl sein, daß sich die Franzosen recht bald über ihre zukünftige Politik werben schlüssig zu machen haben. Deutsches Reich. * Berlin, 4. Mai. Die zweite Beratbung deö Gesetz entwurfs über die Abänderung des Jnvaliditäts- gesetzes soll bekanntlich im Plenum stattsinden. Das Centrum hat dazu folgenden, der Rede des Abg. von Hertling bei der ersten Lesung entsprechenden, schon erwähnten Antrag eingebracht: „In Erwägung, daß gemäß den eigenen Darlegungen der Vorlage die Durchführung der Jnvaliditätsversicherung in ihrer gegenwärtigen Ausdehnung ohne grundiätzliche Preisgabe des Territorialprincips nicht möglich ist, 1) den Entwurf eines Jn- validenversicherungsgesetzes abzu lehnen; 2) die verbündeten Regierungen zu ersuchen, eine Abänderung des Gesetzes vom 22. Juni 1889, betreffend die Jnvaliditäts» und Altersver sicherung, unter Berücksichtigung nachfolgender Gesichtspunkte vor» zubereilen: a. Beschränkung der Versicherungspflicht auf die Arbeiter in Bergwerken, Fabriken und sonstigen grobgewerblichen Betrieben; d. Aufhebung des Versiche rn ngszw an q es für die Arbeiter der Land- und Forst wirth» schäft, Les Handwerk« und der kleingewerblichen Betriebe und für das Gesinde unter Wahrung der auf Grund Les Ge setze- vom 22. Juni 1889 erworbenen Rechte, sei es durch die Ge stattung der Fortsetzung des Versicherungsverhältnisses, sei es durch Rückerstattung der entrichteten Beiträge; c. Zulassung der nach den Bestimmungen des Gesetzes vom 22. Juni 1889 versicherungs pflichtigen, künftig aus der Versicherungspflicht ausicheidenden Per sonen zur freiwilligen Versicherung; ä. Ausdehnung des Anspruches auf Gewährung von Renten auf die Hinterbliebenen der unter a genannten Versicherungspflichtigen; e. Beseitigung des Reichs zuschusses, soweit er nicht zur Wahrung wohlerworbener Rechte und zur Fortsetzung Les Versicherungsverhältnisses nothwendig ist." An eine Verwirklichung dieser, die jetzigen Versicherungs Einrichtungen über den Haufen werfenden Forderungen ist selbstverständlich nickt zu denken; sie sind lediglich auf die Wahlagitation berechnet. * Berlin, 4. Mai. Der „Franks. Ztg." wird von hier gemeldet: „Tie Berichte einiger Blätter über das Stadium, in dem zur Zeit die Militairstrafproceßordnung sich befinden soll, sind positiv unrichtig. Es ist nickt wahr, daß die Vorlage den Bunbesrath bereits passirt habe und nachträglich stecken geblieben sei. Die entscheidende Lesung im Bundesrath steht vielmehr noch bevor. Bisher Hai der BnndeSralh nichts beschlossen, als daß er die Vorlage dem Ausschuß überwiesen hat. In den Ausschuß-Be- raihungeu uno in den zwischen den Regierungen ge- sührleu Verhandlungen bat die Vorlage ihre gegenwärtige G stall angenommen. Während nun aber die Beschlüsse sämmtlicher anderer Bundesstaaten gefaßt sind, stehl die end gütige Beschlußfassung Preußens noch aus, d. h., sie unterliegt der königlichen Entscheidung. Ob in dem gegenwärtigen Stadium sich materielle Schwierigkeiten erhoben haben, läßt sich um deswillen nicht mit Sicherheit sagen, weil der Kriegsminister von Goßler, der ja Wohl an höchster Stelle Bericht zu erstatten hat, einen k-ltägigen Urlaub in Homburg verbracht hat. Von einer verfassungswidrigen Ausdehnung der Machtvollkommenheit des Kaisers kann nach dem Vorstehenden also um so weniger die Rede sein, als es sich bis jetzt lediglich um die Formulirnng des preußischen Beschlusses handelt, die noch nicht erledigt ist." * Berlin, 4. Mai. Zu der Frage, ob der bisherige Reichscomniissar Or. Peters für feine Handlungen am Kili mandscharo strafrechtlich verantwortlich gemacht werden könne, liefert ein „namhafter Jurist" in der „Nordd. Allg. Ztg." einen Beitrag, worin zunächst nackaewiesen wird, daß damals, als Peters sich dort aufhielt, das Reichsstrafgesetzbuch für jene Gegend noch nickt in Geltung gesetzt worden war. Ferner wird ausgeführt, daß, falls Or. Peters die Hinrichtung seines schwarzen Dieners nur aus Eifersucht veranlaßte, er sich damit eines al« Mord zu qualificirenden Mißbrauch« seiner Amtsgewalt schuldig gemacht haben würde und zwar im Auslände. Nack K 4 des N.-Str.-Ges. werden aber solcke Handlungen nur dann als strafbar erachtet, wenn sie auch in dem Gebiet, wo sie geschehen, als solche gelten. Zweifellos sei das am Kilimandscharo nicht der Fall. Mithin könne auch nicht wegen Mord gegen Peters eingeschritten werden. Auch wegen Verbrechens im Amte könne Peters nicht strafrechtlich verantwortlich gemacht werden, weil er über die Eingeborenen, die an seiner Expedition theilnahmen, das Recht über Leben und Tod erhalten hatte. Der Gewährsmann des genannten Blattes citirt die Anschauungen, die der preußische Justiz minister in ter ReichslagSsitzung vom 14. März 1896 über den ganz gleichartigen Fall Weblan in Betreff der strafrecht lichen Haftbarkeit zum Ausdruck gebracht Halle. „Der Sirafrichter, der das öffentliche in der Anwendung an genau bestimmte Lhatbesiände gebundene Strafrecht handhabt, steht hier durchaus anders als der Tisciplinargerichlshof, dec den Beamten discivlinarijch strafen kann — nach einem mehr oder weniger freien Ermessen —, wenn (io lautet dec Ausdruck des Reichsbeamtengesetzes) dieser die ihm obliegende Pflicht verletzt, „durch jein Verhalten in und außer dem Amte der Achtung, die sein Beruf erfordert, sich würdig zu zeigen"." So erklärt es sich denn, daß man von Seiten der Reicks regierung auch gegen den Assessor Weblan auf die Disciplinar- verfolgung sich beschränken mußte. Ein anderer Weg existirt zur Zeit rechtlich nicht, und um die Nichtigkeit dieser An sicht zu prüfen, braucht man sich nur nach der Ansicht des Gewährsmannes des oben genannten Blattes die Frage auf zuwerfen: soll etwa der deutsche Beamte gegen Eingeborene nur nach den Vorschriften über die Consulargerichtsbarkeit, also lediglich wie gegen die Europäer verfahren dürfen? Berlin, 4. Mai. (Telegramm.) Heute Vormittag 9 Uhr fand im Elisabethsaal des königl. Schlosses die 9. Jahresversammlung des Evangelisch-Kirchlichen Hilfs- Bcrcins im Beisein der Frau Prinzessin Friedrich Leopold von Preußen, welche die Kaiserin vertrat, statt. 6. L. Berlin, 4. Mai. (Privattelegramm.) Herzog Johann Albrecht, Regent von Mecklenburg, bisher Oberstlieutenant ü la «uits der Potsdamer Leibhusaren, ist zum Oberst befördert worden. — Herr Eugen Richter stellt in der „Freis. Ztg." eine Be trachtung über den voraussichtlichen Abschluß deSReichS finanzjahreS 1896/97 an, daS nach den soeben erfolgten Veröffentlichungen bei den Zöllen eine Mekreinn abme von 100 Millionen Mark gegen den Voranschlag aufweist. Herr Richter zieht daraus nachstehende Schluß folgerung: „Das EtaiSjahr 1896 97 schließt wie sollst ab: 1) Es zahlt Len Einzelstaaten noch lü Millionen Mark über ihre Matrikularbeiträge heraus. 2) Es schließt ohne Inanspruchnahme von Anteihecrediten ob. 3) Es erübrigt noch 24 Millionen Maik zur Schuldentilgung. 4) Es überträgt in die nachfolgenden Jahre außerdem noch einen Ueberschuß von mindestens 21'/, Millionen Mark. Um so unverantwortlicher waren die Ablehnung der beiden Kreuzer und die sonstigen Abstriche im Marine-Etat aus erdichteten finanziellen Rücksichten! — Major von Wissmann traf hier im besten Wohl sein ein und bleibt, laut den „M. N. N", voraussichtlich diese Woche in Berlin. — Flugblätter in tschechischer und italienischer Sprache gelangen jetzt von Seiten der focialdemokratischen Generalcommiision ter Gewerkschaften Deutschlands zur Ausgabe. Die zahlreichen in Deutschland arbeitenden tschechischen und italienischen Erd- und Bau-Arbeiter sollen dadurch veranlaßt werden, sich der focialdemokratischen Orga nisation anzuschließen. — Tie amtlichen Mittbeilungen lassen erkennen, daß in Deutsch-Südwestafrika die Rinderpest noch nicht aufgetreten ist. Die Nachricht von dem Auftreten der Rinderpest ist auf eine Mittheilung Erikson's zurückzuführen, der mit Herrn v. Linrcguist im Norden des Schutzgebietes war und behauptete, daß die Seuche in dem Zipfel, welcher nach dem Zambesi zu liegt, aufgetreten sei. Die Ab sperrungsmaßregeln lassen diesen Landestbeil vollkommen außer Betracht, da sie nur das Ovamboland und Hereroland betreffen. Im Süden war noch kein Fall aufgetreten, fo daß man wohl anuebmen darf, das deutsche Gebiet werde von dieser Plage verschont bleiben. * Stettin, 4. Akai. (Telegramm.) Ter Kaiser ist beute Vormittag 1l Uhr 20 Minuten zum Stapellauf des vom Norddeutschen Lloyd erbauten Schnelldampfers „Kaiser Wilhelm der Große" hier eingetroffen und am Bahnhose von dem Oberpräsidenlen, Skaalsminister v. Puttkamer, dem Polizeipräsidenten Or. v. Zander und dem Vorsitzenden des Aufslchtsrathes des „Vulkans", Geh. Commerzienrath Schlutow, empfangen worden. Vom Bahnhöfe aus begab er sich auf den am Bollwerk bereit liegenden Salon-Dampfer „Neptun", der ihn und das Gefolge nach Bredow zur Werst des „Vulkans" führte. * Bromberg, 4. Mai. Die „Ostd. Presse" veröffentlicht die Gründe des OberverwaltungSgericktSurtheilS in dem Disciplinarversahrcu gegen den Ersten Bürgermeister Roll-Gnesen. Es heißt darin: Ter Gerichtshof sei der Annahme des Vorderrichters beigetreten, daß der Ange- schuldigte das Verbot des Spielens der preußischen National hymne aus Rücksicht auf den staatsfeindlichen Theil der polnischen Bevölkerung ausgesprochen. Die Dienstentlassung mußte deshalb für die einzig angemessene Strafe erachtet werden, weil der Angeschuldigte die für bas Amt des Ersten Bürgermeisters der Stabt Gnesen unentbehrliche Achtung und das für dieses Amt erforderliche Vertrauen eingcbüßt habe. * Posen, 3. Mai. Ter Abgeordnete v. Iazdzewski bat in der Sitzung bcs Abgeordnetenhauses am Sonnabend erstaunlicherweise die Behauptung aufgewärmt, im Wita- schützer Proceß sei durch die Zeugenaussagen festgestellt worden, daß Probst Szadzynskl nicht das deutsche Gebet an sich als Sünde bezeichnet, sondern es nur für Sünde erklärt habe, ein Gebet zu Germanisirungszwccken zu benutzen. Bekanntlich ist gerade im Gegeutheil in dem Proceß festgestellt worden, daß der Probst die Aeußerung ohne kiese Einschränkung gethan hat. Das Unheil sagt darüber: „ . . . . Nun ist festgestellt worden durch die eigenen Angaben des Privatklägers zSzadzynski), daß er im Unter richt gesagt habe: „Wenn Ihr zu Hause deutsch betet, seid ihr nicht würdig, zur heiligen Communion zugelassen zu werden; zu Hause deutsch zu beten, ist eine Sünde. Der Privatkläger hat jene Worte auch ganz ohne Ein schränkung gesagt und seine Worte nicht dahin erklärt, daß das deutsche Beten dann sündhaft sei, wenn die Kinder es mechanisch ohne Verstäudniß beteten . . ." Da an eine absichtlich falsche Angabe deS Herrn Abg. von Feuilletsn. Vom Äuerhahn und seiner Salze. NaLdluck »ertöte«. (Schluß.) Schon Ende Januar bezieben alte Hähne ihre vorjährige Balzstätte, und die jungen suchen sich eine zu gründen, was ohne furchtbare, gefährliche Kämpfe nicht abgeht, denn d>e Auerbäbue sind tapfere, wehrhafte und dabei eifersüchtige Gesellen. Sie fangen bei schönem Wetter Wohl dann schon an, «in wenig zu balzen (man nennt daS die „Borbalze"), setzen aber bald wieder aus, und die Hauptbalze beginnt, wenigstens in den tiefer gelegenen Theilen Mitteldeutschlands, Ende März und dauert bis gegen Ende April, selten länger. ES gilt als Regel, daß sie aufhört, wenn die BuckenknoSpen aufbrecken. Der gegenwärtige Kaiser von Oesterreich, wohl der größte Auerhahnjäger (schon 1879 halte er über 500 Stück deS edcln Wildes erlegt), schoß den ersten balzenden Hahn am 27. März und den letzten am 19. Mai. Es ist aber zu bemerken, daß je nach Klima, Breiten- und Höhen lage die Balze zu verschiedenen Zeiten beginnt und aufhört, so soll im stacken Südböhmen die Balzzeit mit merkwürdiger Regelmäßigkeit am 20. oder 2l. April, wenn sie im Böhmer wald eben begonnen bat, schließen. Zn Thüringen nimmt man an, daß die sogen. Berghähne 8—10 Tage nach den Landhähnen zu balzen anfangen und entsprechend später damit endigen. In der Regel sucht sich der Vogel einen dicken, horizon talen Ast, am liebsten eine- Nadelbaume«, auf, dock giebt «S auck „Bodenbalzer", die auf felsigen Platten und Zacken ihre Kunst aufführen, und sie sollen im nordöstlichen Ungarn und in gewißen Gegenden deS Erzgebirges stark in der Mebrzabl sein. Bei ihnen sind die Spuren des „Rauschen«" an den Schwungfedern viel umfangreicher als bei den Baumbalzern. Derselbe Ast desselben Baumes (des sogenannten Stand- baumeS) dient viele Jabre zum Balzplatz, und wird, wenn in dem einen Frühling der Inhaber hier erlegt worden ist, im nächsten von einem anderen Hahn bezogen. Als Stand baume werden solche Bäume bevorzugt, die sich nicht im eigentlichen Hockwalde, sondern einzeln zwischen niederem Ge hölze an dem nach Osten liegenden Abhang eine« Berges be finden. Fließendes Wasser darf nicht zuwrit entfernt sein. Während der Balzzeit findet sich der Vogel schon am Abend gegen Sonnenuntergang auf seinem Standbaum ein, nimmt unter Umständen noch ein paar Maul voll Fickten nadeln zu sich, balzt auch manchmal ein wenig, aber nickt ernstlich und begnügt sich in der Regel, eine Anzahl sonder barer Töne von sich zu geben, er „räuspert" oder „worckl". Ein paar Stunden vor Tagesanbruch, gegen 2 oder 3 Uhr, je nach der AusgangSzeit der Sonne, findet dann die eigentliche Balze und zwar bei günstiger Witterung jeden Morgen statt. Mancke Hähne, junge vom ersten Jabre oder solche, die im Frühjahr von stärkeren Nebenbuhlern verjagt worden waren» veranstalten im September wohl einmal eine „Herbst- balze", auch „kalte" oder „falsche" Balze genannt. Bei einer normalen Balze lassen sich nack Ton und Rhythmus drei Abschnitte oder Sätze unterscheiden: das Knappen, der Hauptscklag und das Schleifen. DaS Knappen, Klappen, Glöckeln oder Klatschen ist ein schwacher Doppellaut, etwa, was jüngere Jäger nicht kennen werden, wie daS Aufzieben eines Gewehrbabns oder wie ein rasch wiederholtes zweimaliges Anrinanderscklagen mit einem Paar dünnen, trocknen Hölzchen. Anfang« folgen sich diese Töne, die man etwa 200 Schritt weit hört, in längeren Pausen, während deren der Hahn seine Umgebung fckarf beobachtet, er „sichert", je mehr aber seine Erregung wächst, desto rascher wird das Tempo. Endlich, etwa nach 6 bi« 7 Sekunden erfolgt der Hauptscklag, der wie der Knall einer aufgezogenen Champagnerflasche klingt, und sofort setzt das Schleifen oder Wetzen, bei den Bayern auch „Gesetze! machen", rin, ein wunderliches, tiefes, schnarchende«, etwa 300 Schritt weit hörbare- Geräusch, daS 4 Secunden dauern mag. Alte Hähne schleifen tiefer, während junge mehr zwitfckern. Während deS Schleifen« ist die kritische Zeit, in der der Jäger den Auerhahn „anspringen" muß. Während dieser wunderlichen Musik beugt der Vogel den Oberkörper weit vor, bläst den Kropf auf, so daß sein Feder barl reckt zur Geltung kommt, und schlägt mit dem Schwanz Rad. Balzt er auf dem Boden oder einem breiten Ast, so führt er feinen wunderlichen Tanz auf, macht komische PaS, indem er abwechselnd einen Fuß vor den andern setzt, und während des Schleifen« springt er in die Höbe, er macht den „Balzsprung", wobei eS ibm nicht selten widerfährt, daß er vom Vtängelchen purzelt. DaS stört ihn aber nicht weiter, er bäumt sofort wieder auf und läßt sich von Neuem hören, als ob nichts geschehen sei. Je weiter der Verlauf der Balze gedeiht, desto erregter wird der Vogel, und die Hennen, die sich nach und nach in größerer Zahl eingefnneen baben, animiren ibn noch mir ihrem sausten back! back.' oder gock! gock! bis er sich endlich zu ihnen gesellt. Man sagt wohl, der balzende Auerhahn schließe während deS Schleifens die Augen und sei blind. DaS ist nickt an dem, aber taub ist er, daS ist richtig. Der Grund der Taub heit liegt aber nicht in einem seelischen Zustand des ver liebten Galans, etwa in einem sinnlichen Taumel oder Rausch, sondern in einer anatomischen Eigenlhümlichkeit. Der Unter kiefer eine« Vogels ist mit dem Schädel in anderer Art wie bei den Säugetbieren und den Menschen verbunden. Zwischen ibm und dem Schädel ist nämlich ein Knochen, der bei den Säugern zu einem Gehörknöchelchen wird, eingesckalten, das iog. viereckige Bein, und dieser Knochen verbindet sich oben mit dem Schädel, unten mit dem Unterkiefer gelenkig. Hinter seinem Gelenk verlängert sich der Unterkiefer zu einem kurzen Haken, an den vom Hinterhaupt kommende Muskeln sich an- sctzen. Ziehen sich diese Muskeln zusammen, so wird das Hintere Ende des Unterkiefers gehoben und der Schnabel ge öffnet. Der Auerhahn hat aber ein sehr langes, stark nach oben gebogene« Hinterente de« Unterkiefer«, dessen Vorderrand, wenn erda-Maul weit öffnet, wie er deimSckleifen zu thun pflegt, stark vorspringt und die den äußeren Gebörgang aurkleidende Haut als starke Falte in diesen bineinpreßt, so daß er ver schlossen und der Vogel daher vorübergehend taub wird. Deshalb muß der Jäger den Bogel während de« Schleifen« anspringen. Der sonst so scheue Auerhahn ist während der Balz«
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