Suche löschen...
01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 10.05.1897
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1897-05-10
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18970510018
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1897051001
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1897051001
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1897
- Monat1897-05
- Tag1897-05-10
- Monat1897-05
- Jahr1897
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
VezugS'PreiS ka der Hauptexpedition oder den im Stadt bezirk und den Vororten errichteten Aus gabestellen abgeholt: vierteljährlich ^(4.50, bei zweimaliger täglicher Zustellung ins Haus 5.50. Durch die Post bezogen für Deutschland und Oesterreich: vierieliabrllch ü.—. Directe tägliche Kreuzbandsenduug ins Ausland: monatlich 7.50. Die Morgen-Ausgabe erscheint um '/,? Uhr. di» Abend-Ausgabe Wochentags um 5 Uhr. Le-action und Lrve-itio«: Johannes,ass« 8. Di» Expedition ist Wochentags ununterbrochen geöffnet von früh 8 bis Abends 7 Uhr. Filialen: Ltto Klemm'S Sortim. (Alfred Hahn), Universitätsstraße 3 (Paulinum), LoniS Lösche, Katharinenstr. 14, pari- und Königsplatz 7. Morgen-Ausgabe. MipMcrTagäilait Anzeiger. AmLsvlaLL -es Königlichen Land- und Amtsgerichtes Leipzig, des Aathes und Nokizei-Ämtes der Ltadt Leipzig. Anzeigen-PreiS die 6 gespaltene Petitzeile 20 Pfg. Reclamen unter dein Redactionsstrich (4ge- spalten) 50^, vor den Aamiliennachrichtea tkgespalten) 40^. Größere Schriften laut unserem Preis verzeichnis,. Tabellarischer und Ziffernsatz uach höherem Tarij. Extra-Beilagen (gefalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postdefördcrung .st 60—, mit Poslbesbrderung 70.—. Annahrneschluß für Anzeigen: Abend-Ausgabe: Vormittags 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittags 4Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je eine halbe Stunde früher. Anzeigen sind stets an die Expedition zu richten. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig. 235. Jahrgang. Montag den 10. Mai 1897. Stadtbilder aus Sachsen. Nachdruck verboten. II. Eine meist herrliche Lage haben die Schulen von Zittau, man findet sie an dem schönen Promenadenkranze, der die Stadt umschließt. Das Johanneum, ein prachtvolles Schulgebäude, erbaut von 1869—1871 , umfaßt Räume für das 1586 gegründete Gymnasium und das aus diesem bervorgegangene mit höherer Handelsschule verbundene Königliche Realgymnasium. Die Aula des Gebäudes ist mit einem prächtigen Wandgemälde „Paulus predigt in Athen" geschmückt, welches von dem Historienmaler Professor Dietrich gemalt ist. Eine andere höhere Lehranstalt ist die Königliche Baugewerkenschule; Ostern 1898 wird die höhere Webschule eröffnet werden, der Bau des Schulgebäudes ist r- Z- auf 150 000 veranschlagt. Diese Schule bezweckt nach l der Statuten: „Durch theoretischen Unter ¬ richt und praktische Hebungen sowohl Fabrikanten und Werkmeister für Weberei und die damit im Zusammenhänge stehenden Fächer heranzubilden, als auch jungen Leuten, die sich als Einkäufer oder Berkäufer dem Mannfacturwaaren» fache widmen wollen, genaue Kenntniß der Herstellung und damit die Fähigkeit richtiger Beurtheilung der Gewebe zu verschaffen." An der Spitze deS Zittauer Bolksschulwesens steht die Höhere Töchterschule, ihr schließen sich die I. Bürger schule, sowie die evangelischen und katholischen Bürgerschulen an. Der Kochunterricht ist in den I. Classen für Mädchen obligatorisch eingeführt. Die ruhige und stetige Entwickelung von Zittau ersieht man aus der Zahl der Schüler, die die Volksschulen besuchten. Dieselbe betrug: 1811 816 1875 2397 1832 1163 1885 3116 1843 1200 1895 3387 Im Jahre 1895 betrug der Zuschuß aus städtischen Mitteln für das Volksschulwesen 106 238 An alten und schönen Kirchen ist Zittau reich; die älteste ist sicherlich die Hauptkirche zu St. Johannis, die alle Schicksale der Stadt mit durchlebt hat; außerdem sind noch zu nennen die DreifaltigkeitS- oder Weberkirche, Peter Pauls- kirche, Kreuzkirche, Frauenkirche, Jacobikirche und die Katho lische oder Marienkirche, welche von 1883—1890 in srüh- gothischem Stile nach den Plänen des Baugewerkschuldirectors Professor Knolhc-Sceck erbaut ward und der Stadt zur herrlichsten Zierde gereicht. — Außerdem ist noch die Haus capelle im Hospital zu St. Jacob zu erwähnen. Dieses Hospital ist eine Versorgungsanstalt für betagte Bürger und Bürgerinnen der Stadt Zittau, es ward 1863 neu erbaut und liegt mitten in den Promenaden. Die St. Iacob- Hospitalstiftung ist über 600 Jahre alt und hat einen reichen Grundbesitz, nämlich 217 km Forsten und 116 brr Acker und Wiesen; dieser Reichthum ermöglicht es, daß in ihm 53 Frauen und 25 Männer Wohnung und freie Verpflegung finden; außerdem werden noch 50 Personen, die auf Einrückung in frei werdende Stellen warten, wöchentlich mit je 3 unterstützt. Die Versorgung der Stadt mit gesundem Fleische erfolgt von dem im Äabre 1889 mit einem Kostenaufwande von 443 000 vollendetem cschlachthofe. Nach den Berichten der Handels- und Gewerbekammer für Zittau wurden in demselben geschlachtet 1891: Rinder: Kälber: Schafe: Schweine: Andere Thicre: 1571 4808 1128 8951 — 1895: 1939 5709 3202 9199 909 Außerdem wurden von auswärts geschlachtetem und nach Zittau eingeführtem Fleische auf dem Schlachthose zur Unter suchung vorgclcgt 131 257 lcZ, so daß sich der Fleischverbrauch auf den Kopf der Bevölkerung auf 55.335 KZ gegen 53.960 im Jahre 1894 stellt. Im Jahre 1865 berechnete sich der Fleischverbrauch auf den Kopf mit 72 Pfund oder 36 lc§, somit in den letzten dreißig Jahren eine Steigerung von 19.335 kcg pro Kopf der Bevölkerung Zittaus Nach dem Statistischen Jahrbuche für das Königreich Sachsen für 1897 bezifferte sich der Fleischverbrauch auf den Kopf der Be völkerung für das Jahr 1895 auf 37,2 KZ; Zittau steht somit mit 18.135 kg im Fleischverbrauch über den Durch schnitt; ein charakteristisches Merkmal für die Wohlhabenheit seiner Bewohner. Vor der Stadt, in der Nähe der Eisenbahnhaltestelle Zittau-Casernenstraße, erblickt man die prächtige, burgarlige Mandaucaserne, in welcher das königl. sächsische 3. In fanterie-Regiment Nr. 102 „Prinz Regent Luitpold von Bayern" untergebracht ist. Mit Rücksicht auf die Ver mehrung, welche dieGarnison durch Verlegung des 2. Bataillons des neugegründeten 138. Regiments nach Zittau erfahren hat, werden im Süden der Stadt vom Reiche weitere Casernen auf einem 70 000 gm umfassenden Areale erbaut. Die Mandaucaserne ward 1868 von der Stadt erbaut und 1869 vom Staate für 473 000 käuflich übernommen. Im Osten Zittaus breitet sich der 40 km umfassende Stadlpark „Die Weinau" aus, der durch die 1000 w lange und 35 m breite Bismarck-Allee mit dem Centrum der Stadt verbunden ist. Es ist ein herrliches Stück Erde, alte Elchenalleen durchziehen das waldreiche Gelände, eine Ring allee umgiebt als breiter, schattiger Fußweg und Fahrbahn die Weinau. Ein stattliches Restaurationsgebäude mit großem Concertsaal, im Jahre 1882 von der Stadt mit einem Auf wande von 60 000 erbaut, ladet zur Erholung ein. Ein 1872 angelegter Teich bietet im Winter die herrlichste Schlitt- fchuhbahn. Die Weinau bildet den Sammelpuuct der Zittauer Bevölkerung nickt nur, wenn der Rennverein in der Radfahrbahn seine Rennen hält, oder wenn das aller drei Jahre stattfindende Schulfest gehalten wird, oder wenn die von der Stadt oder Militaircapellen veranstalteten Con- certe stattfinden, nein, er ist der Tummelplatz der Zittauer Jugend und die liebste Erholungsstätte der Zittauer. An schönen Tagen zieht es aber die Zittauer hinaus in die weitere eigenartige, herrliche Umgebung der Stadt. Einen besonderen Anziehungspunct bildet der vielbesuchte, poesiereiche Oybin mit seinen höchst sehenswerthen Ruinen und seinen grotesken Felsbildungen, bei denen die Anmuth Thüringens mit der Majestät der Alpen sich küßt. Der angenehmste Aufstieg ist der durch den idyllischen Hausgrund, denn dabei bat man den schönsten Anblick der Ruinen und ein Stück echter Gebirgsromantik. Am Forellenweiher vorüber gelangt man zum gewaltigen Wartthume, in dem das Oybinmuseum Ausnahme gefunden hat. Im Jahre 1835 besuchte Moltke den Oybin und schildert den Eindruck, den er empfangen, in einem Briefe an seine Mutter folgendermaßen: „Das Schönste, was ick bis jetzt auf dieser Reise gesehen, war die Ruine des alten Schlosses Oybin. Einen so unrrsteiglichen Berg habe ich in meinem Leben nickt gesehen. Nach allen Seiten mehr als hundert Fuß hohe, senkrechte Sandfteinwände, und nur ein einziger Aufgang von ein paar Hundert Stufen führt in die alte Burg. Diese ist fast ganz zerstört, aber beinahe unversehrt steht die im schönsten gordischen Stile erbaute Kirche. Es fehlt fast nichts als das Dach und das obere Gewölbe, welches einigermaßen durch große, lichtgrüne Birken ersetzt wird, die auf der allen Mauer wurzeln. Die Capitäle der Säulen und die Bögen der Fenslen sind, reich verziert und sorgfältig in Stein gehauen, noch ganz erhalten, die Stufen des Altars und des Beichtstuhles, die Sacristei und die Zellen geben ein deutliches Bild von dem, was hier gewesen ist. Die Aussicht von diesem Schlosse ist noch schöner, als das Schloß selbst." Dem Zauber des Anblicks, den man von dem Wartthurme aus genießt, kann sich Niemand ent ziehen, selbst dann nicht, wenn er von Natur wenig zur Empfindsamkeit neigen sollte. Weitere beliebte und gleichfalls sehr lohnende Touren sind die nach dem Töpfer, Scharfen stein, Kelchstein, Hochwald, Johannisstein, Ludwigshöhe, Bad Jonsdorf, nach den Nonnenklunzen u. s. w. So steht Zittau vor uns als eine durch herrliche Lage und musterhafte städtische Einrichtungen ausgezeichnete wohl habende Stadt. Seinen Wohlstand verdankt Zittau haupt sächlich der Tuchmacherei und dem Handel mit Leinenwaaren. Von welcher Bedeutung die Zittauer Tuchmacherinnung schon um daS Jahr 1367 war, erkennt man daraus, daß in diesem Jabre 800 wohlbewaffnete Tuchmacher nach Hirschberg zu Kaiser Karl IV. zogen und sich über den Rath der Stadl Zittau beschwerten und verlangten, daß sie einen Wochen markt halsten dürften; ferner strebten sie, wie überhaupt auch die übrigen Zünfte, nach der Tbeilnahme der Hand werker an den RathSschungen, was diesen auch als „Raths freunde" zu Erde deS 15. Jahrhunderts gestattet ward. Die Tuchmacherei und die Leinenindustrie sind fast ganz aus Zittau verschwunden, was jetzt noch unter „Zittauer Leinen" verkauft wird, stammt meist aus den Dörfern der Umgebung. Das war zu Anfang dieses Jahrhunderts noch anders; im Jahre 1801 berechnete man den Geldwerth der von Zittau ausgeführten Leinen auf eine Million Thaler. Durch die Erschließung der reichen Braunkohlenlager um Zittau her, kam die Ziltauer Industrie zu neuer Blüthe. Bis in die vierziger Jahre ward die Kohle nur als „Dünge kvble" also zum Düngen der Felder abgebaut; doch als man erkannte, daß sie zur Kesselfeuerung sich wohl eigene, stieg der Preis für die Schültkohle dermaßen, daß der Abbau reckt lohnte. Die Förderung betrug im Jahre 1895 269 436 t und überholte daS Vorjahr um rund 3700 t; der Durchschnittspreis war 2,81 gegen 2,73 im Jahre 1894; 1855 betrug die Förderung 1 555 239 Ctr. gleich 77 767 t; 1875 1 950 950 Ctr. gleich 97 547 t; diese Zahlen zeigen an, in welchem Umfange in und um Zittau die Industrie in neuerer Zeit aufblühte. Zur Zeit steht die Spinnerei und Orleans-Weberei im Vordergründe. Nach der Zählung vom 1. Mai 1894 waren von 4620 in Zittauer Fabrikbetrieben beschäftigten Arbeitern in der Webwaarenindustrie allein gegen 3000 lbätig. Die Dampfmaschinen, welche in den Spinnereien und Webereien gebraucht werden, finden zumeist in Zittau ihre Herstellung; die bedeutendste unter diesen Maschinen fabriken ist die 1864 von A. Kiesler gegründete, später in eine Actiengesellschafl umgewandelte Zittauer Maschinen fabrik. Auch das Kunstgewerbe steht in Zittau in Blüthe und wird besonders durch die Firma Türcke <L Schlein in bester Weise vertreten, da deren Glasmalereien für Kirchen und sonstige Prachtbauten allerorts durch ihre künstlerische Ausführung befriedigen. Ferner giebt es eine Fabrik, in welcher Knops- und Besatzartikel uno Posamenten gefertigt werden, eine Fabrik für Farbwaaren und Chemi- kaiien, eine für Holzcement, Dachpappen und Salmiakgeist und Asphalt, Etablissements für Ventilation und Central heizung, eine Spiralfederfabrik, mehrere große Ziegeleien, Feirrllston. Erinnerungen an Singapore. Bon Conrad Geppert, Premier-Lieutenant der Landwehr. I. Am 16. Mai 1891 verließ ick Genua, um mick als Pflanzungsassistent nach Deutsch-Neu-Guinea zu begeben. Port Said, die glühende Hitze des Rothen Meeres, das reizende Ceylon lagen hinter uns. Nach fast vierwöchiger Reise erblicken wir endlich treibendes Holz, Seevögel er scheinen häufiger und in verschiedenartigeren^Gattunzen, Land kann nicht mehr fern sein. Nock einige Stunden, und wir erkennen Fisckerbarken, im Hintergründe aber in schwachen Umrissen Land. Wieder ist eine Stunde vergangen, wir fahren inmitten bewaldeter Eilande dahin. Das Lootsendampfboot braust heran und, von ihm geführt, passiren wir die schmale Einfahrt des Hafens von Singapore. Zur Linken liegt daS felsige Festland mit seiner schroffen Küste, zur rechten Hand ein fast kableö Felscneiland, dessen Höhen, durch starke Forts gekrönt, den Hafen nach innen und außen vertheidigen und die Stadt selbst völlig be herrschen. Eine Unzahl von Kanoes umschwärmt unseren Dampfer „Priok", beladen mit Muscheln, Korallen und den herrlichsten südländischen Früchten; wenige Cents genügen, um ganze Bootsladungen zu erwerben, dock was sollen wir damit, bald haben wir es besser. Mit halbem Dampf geht es vorwärts, kleine Einbäume mit einem oder zwei gelbbraunen, halb nackten Malaycn bemannt, gesellen sich zu den Händlern, und es beginnt ein interessantes Spiel. Durch zugeworfene Geld stücke veranlassen wir die Müßiggänger zum Tauchen, ihre Geschicklichkeit ist bewundcrnswerth. Die kleinsten Münzen werden lange, bevor sie den Meeresgrund erreicht haben, zu Tage gefördert. Mitten im Sprunge möchte ick sagen wenden sie sich blitzschnell nach einem in anderer Richtung geworfenen Geldstück und bringen es sicher ans Licht. Ist zufällig der erfaßte Gegenstand kein Geldstück, sondern ein Knopf, so wird der boshafte Spender durch furchtbare, lebhaft an Darwin's Theorie erinnernde Fratzen belohnt. Eben haben wir ein scharf in die See springendes Vor gebirge umschifft, da bietet sich Plötzlich das prächtige Panorama von Singapore unseren entzückten Blicken dar. Wohl liegt Colombo schön, doch hiergegen muß cs zurück treten. In weitem Halbkreise zieht sich die Stadt um den Hafen, im Westen eingefaßt von bergiger Landschaft, aus deren lichtgrüncn Bewaldung freundliche Billen hervorlugen, im Osten erblickt man über eine niedrige, mit Leuchttburm versehene Landspitze hinweg das unendliche, heut wie ein Spiegel glänzende Meer, den Hintergrund füllen bewaldete Höhen. Langsamer, immer langsamer bewegt sich der Steamer, jetzt legen wir an dem starken Bollwerk an, die Landungs brücke wird herüber geworfen, und nun ist das Deck bald überfluthet durch chinesische Händler aller Art. Der Capitain, dem ich meine europäische Ausrüstung ge zeigt hatte, veranlaßte mich, sie ucl acta zu legen, und mir bei einem Chinesen einige dreißig weiße Anzüge zu bestellen. Bereits am nächsten Morgen halte ich sie an Bord; sie paßten und kosteten der Anzug 2 japanische Dollar, während ich in Europa 23 für einen unbrauchbaren Drillichanzug zu zahlen hatte. Jedem, de: nach dortigen Gegenden reist, kann ich nur auf das Dringendste empfehlen, dem Rath feiner Auftraggeber nicht zu folgen; Taschentücher und Strümpfe sind das Einzige gewesen, was ich von meiner Ausrüstung brauchen konnte, Stiefel, Hemden, Anzüge, alles war nicht zu verwenden.*) Doch nach Singapore! Jeder weiß, daß Singapore alle im indischen Arckipej gelegenen Großstädte überflügelt und selbst Batavia in die zweite Linie gedrängt hat. Nicht un wesentlich spricht hierbei der Umstand mit, daß es Freihafen ist, ebenso aber sind fast alle Schiffe, welche über die Spitze von Malaka nach chinesischen oder indischen Gewässern steuern, gezwungen, ihren Kohlenvorrath in Singapore zu erneuern. Im Kriege ist die Sperrung des Hafens leicht, und wird auch dadurch der Handel nicht völlig lahm gelegt, so wird er doch bedeutend erschwert. Die günstige Lage haben sich denn auch Firmen auS aller Herren Länder zu Nutze gemacht und Filialen angelegt, die ihren Besitzern jährlich Millionen einbringen. Dementsprechend besteht der am Hafen gelegene Stadtlbeil aus ausgedehnten Waarenlagern und Comptoirs. Eins drängt sich ans andere, einen selbstständigen Stadttheil bildend. Der Baustil ist casernenartig und wenig geschmack voll. Zum Schutze gegen die Sonne ist jedes Stockwerk von einer schmalen überdachten Galerie umgeben. Häufig erheben sich die Gebäude zu der respectablen Höhe von 5—6 Stock werken. Eine reizende Fahrt in leichter, gegen die Sonne ge- *) Da wurden mir Drillichanzüge gerathen, ich besorgte mir deren von dem besten, feinsten Mrlitairdrillich, den Anzug zu 23 Erstens waren die Sachen mit unendlich vielen Taschen verseben, die kein Mensch brauchen kann, weil Alles, was man in der Tasche trägt, scheuert, dann aber wurden durch daS starke Transpiriren diese Kleidungsstücke sofort steif wie ein Brett und daher unerträglich. Sechs weiße Anzüge zu demselben Preise, aus ebenfalls sehr gutem starken Stoff, waren nicht viel besser, hatten nur den Vorlheil der weißen Farbe für sich. Eine Menge baumwollenes Unterzeug konnte nie getragen werden, weil man es eben überhaupt nicht aushält. Lederschuhe wurden durch die Nässe bald hart und brachen nach drei- bis viermaligem Ge- brauch, auch waren sie so schwer, daß ich Bleigewichte an den Füßen zu haben glaubte, obgleich ich das leichteste Schuhzeug gewählt Halle, welches ich finden konnte. Ich kann jedem nach Neu-Guinea gehenden Herrn nur rathen, seine in Europa beschaffte Ausrüstung in einer guten Buchsflinte mit Einlrgerohren, einem Revolver (möglichst leicht), einer Menge Taschentücher und Strümpfe und ganz leichten, dünnen, möglichst langen Unterjacken bestehen zu lassen, Halbseide ist sehr angenehm. Erst in Singapore kaufe man sich ein Tropenbett, so groß man es bekommen kann, mindestens 30 weiße Anzüge aus dem dort frilgebotenrn Stoff, weiße Schnür schuhe aus SegeUeiuen, einen Pslanzerhut, nicht Tropenhelm, letzterer ist Unsinn, er schützt den Nacken nicht und bietet keine genügende Ventilation, wenn er auch sehr schön auSsiedt und auf Photographien ein martialisches Aussehen giebt; auch die Unterjacken erhält man in Singapore am praktischsten. Die Zahl der Anzüge, welcher die der übrigen Kleidungsstücke jeder Art gleichstehen muß, wird viel- leicht in Erstaunen letzen und Zweifel erregen; wenn ich aber hinzu füge, daß man schon für recht unreinlich im Auslande gilt, wenn man sich an jedem Tage einmal srtsch anzieht und da» mir Recht, so werde ich bet für Sauberkeit eingenommenen Menschen schon eher Glauben finden, sicher werden Aerzt» mir Recht geben. schützler Cnrretu seva (Droschke) führte unS der Stadt zu. DaS Gefährt war mit einem kleinen Batak-Hengst (Pony- Art) bespannt und wurde gelenkt durch einen dronzesarbenen klinganefischen Kutscher. In vollem Galopp ging es auf der sauber gehaltenen Chaussee dahin. Theils besteht die Straße aus den Resten der hier abgetragenen Felsen, deren Spuren noch in spärlicher Weise zu sehen sind, an anderen Stellen durchfährt man das sich zu beiden Seiten dehnende Fluth- gebiet deS Meeres. Es ist Ebbe, und wir können eine Menge malayischer Weiber, Männer und Kinder beobachten, welche auf dem frei gewordenen Meeresgrund und den zurückgebliebenen Wasser lachen damit beschäftigt sind, Fische, Muscheln :c. zu suchen. Es findet hier der Kamps des Menschen mit dem Element unter unseren Augen statt. Hier und da grenzen bereits hohe Dämme daS Flußgebiet ab, dahinter liegen früher dem Meer angehörige sumpfige Strecken. Jahr für Jahr schreitet diese Abdämmung fort, dem Meere langsam, aber sicher immer mehr Gebiet entreißend. Allmählich tauchen in den auf diese Weise entstandenen Sümpfen die einfachen Pfahlbauten der Malayen und Klinganesen auf, kleine Gemüsepflanzungen werden sichtbar, die Ausnutzung des gewonnenen Bodens hat bereits begonnen. Auf der Straße wird das Treiben immer lebhafter, wir verlassen das erst noch im Werden begriffene Gebiet und gelangen, den in weitem Bogen sich hinziebenden Straßen folgend, in die oben bereits erwähnte Hafenstadt, die Ge schäftsgegend von Singapore. In einem dichten Gedränge befinden wir uns nun, Menschen und Wagen aller Art wimmeln geradezu durcheinander. Vornehme Equipagen, einfache Ochsenkarren (Larreta. lumpu), ja zweiräverige Droschken (ttilcza), von einem Chinesen gezogen, hasten vorüber. Ganze Wagenladungen der herrllchsten Ananas begegnen unS, eS ist ein Gewoge und Gewirre, wie ich mick nicht erinnern kann, eS in irgend einer europäischen Stadt gesehen zu haben. Einen freien marktartigen Platz erreichend, be finden wir unS vor dem prächtigen palastartigen Ge bäude des Singapore - Clubs, wenden, nach Norden abbiegend, dem Seestrande den Rücken und passiren einen überbrückten Canal, der durch kleinere Fahrzeuge aller Art bevölkert ist. Wir gelangen zu dem interessantesten Platz SingaporeS, der Esplanade. Diese ist von bedeutender Ausdehnung. Mit feinem, wohlgepflegtem Rasen bedeckt, reicht sie auf der einen Seite bis an den Meeresstrand, die anderen drei Seiten sind von Gebäuden umgeben. Jn'S Auge fällt zunächst der aus rothem Gestein aufgeführte elegante GouverncmentSpalast. Die dem Strande gegenüberliegende Seile wird durch das Hotel de l'Europe und die anglikanische Kirche eingenommen. Breite Promenaden, Fahr- und Reit wege, mit herrlichen Laubbäumen bepflanzt, umgeben den Platz. Es versammelt sich hier Abend für Abend Alles, was zur Gesellschaft gehört, das heißt alle Europäer. Die Jugend belustigt sich mit Croquet-, Lawn-Tennis- und Fußballspiel, oder übt sich auf dem Zweirad, die Aelteren gehen, reiten oder fahren im Corso um den Platz. Auck die reichen Chinesen, in deren Hand Singapore sich hauptsächlich befindet, nehmen an dem Adendvergnügen Thril. Unangenehm fiel mir speciell ein Fuhrwerk auf, da« Tag für Tag den Platz umkreiste, eS hatte Aehnlichkeit mit einer Extrapost, verlief aber nach rückwärts in einen langen zwei sitzigen Jagdwagen, in dem gelbe, langgezöpste Blutsauger sich herumtummelten. Der Kutscher, auch ein Chinese, lenkte vier prachtvolle Australier mit großer Sicherheit, neben ihm saß ein wie ein Affe anzusehender kleiner Groom, mit einem mächtigen Waldhorn bewaffnet, und blies an jeder Ecke des Platzes, so ost daS Gefährt sie passirte, eine Fanfare. Jeder ärgerte sich über diese blaffe Renommage, aber Niemand kann sie verhindern, der Einfluß der Chinesen ist in Singapore zu groß — fast ohnmächtig ist die enzliscke Regierung, wie Folgendes deutlich beweist. Vor einigen Jahren befahl das Gouvernement, es sollten von den chinesischen Häusern die auf das Trottoir vorge bauten Treppen weggefchafft werden, da sie den Verkehr bin derten. Der erste Befehl wurde einfach überhört, ein zweiter, in schärferer Form gegeben, hatte eine Zusammenrottung sämmtlicher Chinesen zur Folge. Die Regierung mußte trotz der nicht unbedeutenden verfügbaren Truppenmacht nachgeben, und die Treppen sind heute noch vorhanden. Besonders lebhaft geht es in den Abendstunden in und bei dem Hotel de l'Europe zu. Sters trifft man um diese Zeit Bekannte. Von der geräumigen Veranda aus läßt man bei einem Glase Bier, Wein oder Soda mit Brand» rc. den ganzen Trubel des Esplanade an sich vvrbeiflutbeu, durch Staub nickt belästigt, da mit großer Sorgfalt mehrfach des Tages gesprengt wird. Von der Esplanade führt ins Innere der Stadt eine fast ausschließlich aus Gasthäusern bestehende Straße, alle ini Villenstil erbaut. Ich bezog das Adelphi-Hotel, Halle eS auch nickt zu bereuen. Von dieser Hauptstraße auS gebt meist rechtwinkelig das übrige Straßennetz deS vorzugsweise von Europäern bewohnten StadttheileS auS, sie und nicht von besonderem Interesse, eine der anderen durchaus ähnlich. Eine abgelegene Straße besteht lediglich auS verrufenen Häusern. DaS Nachts, d. b. mit Sonnenuntergang, hier bc ginnende Treiben ist überaus widerlich. Das Gesckäftsviertel verlassend, folgen wir einer schnur geraden Straße. Anfangs noch zwischen niedrigen Chinesen Wohnungen dahinfabrend, kommen wir bald in den schönsten Tdeil von Singapore, in das Villenviertel. Schier endlos dehoen sich nach allen Richtungen die reizvollen Parkanlagen auS, dazwischen in bedeutenden Entfernungen von einander die geschmackvollsten Villen. Man könnte sich in die Billen- colonie des Grünewalds versetzt glauben, wenn nicht Alles einen bei Weitem großartigeren Eindruck machte. So sorg fältig gehaltene Wege und Rasenplätze in so ungeheurer Aus dehnung sah ick nirgends. Bald glaubt man sich im Urwalde zu befinden, bald lugt wieder auf einer Lichtung ein vor nehmes Landbaus hervor. Natur und Kunst haben sich zu einem entzückenden Ensemble vereinigt, auS dem man nur ungern scheidet, um fick den staubigen Straßen zuzuwenden. Alle leidlich be güterten Europäer,'ebenso die reichen Malayen und Chinesen, haben sich hier fern von dem Getriebe deS Hafens an gesiedelt, die beißen Tagesstunden werden bei fleißiger Arbeit im Office verbracht, Abends kehrt man der Stadt den Rücken und verbringt die kühle Tageszeit im Landhause, sich ent schädigend für die anstrengende Mübe und den Aerger über mißglückte Geschäfte. Bolle sechs Wochen hielt ich mich zur Erholung in Singapore auf, und lernte dabei nicht nur die äußere Stadt, sondern auch ihre Bevölkerung genau kennen.
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite