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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 13.05.1897
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1897-05-13
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18970513014
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1897051301
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1897051301
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1897
- Monat1897-05
- Tag1897-05-13
- Monat1897-05
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Größere Schriften laut unserem Preis« verzeichniß. Tabellarischer und Ziffernsatz »ach höherrm Tarif. Srtra-Beilagen (gefalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbesörderung SV.—, mrt Postbrsordrrung 70.—. Ännadmeschluß für Anzeigen: Abend-Au-gabe: Vormittag« 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittags 4Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je »in« halbe Stunde früher. Anzeigen sind stet« an die Expedition zu richten. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig. 241. s Donnerstag den 13. Mai 1897. 91. Jahrgang. Pater OUivier. * Dke religionslose dritte Republik war am Sonnabend genöthigt, so sehr sie sich auch innerlich sträuben mochte, zum zweiten Male innerhalb acht Monaten den längst entwöhnten Kirchengang nach Notre-Dame anzutrelen. Das erste Mal führte sie dahin die Freude; der Zar, damals die ver körperte Wonne Frankreichs, besichtigte die Kathedrale und die Republik, vertreten durch den Präsidenten Faure, folgte ihm. Am Sonnabend spielten Schmerz und Trauer die frommen Führer; eS bandelte sich um den Todtendienst für die Opfer des BazarbrandeS. Einen staatlichen Charakter trug die Feier nicht, konnte auch keinen tragen, «der fehlen dursten Regierung und Präsidentschaft auch nicht, wollten sie nicht das allgemeine VolkSgechhl beleidigen. Freilich, hätten sie sich träumen lassen von dem strengen Strafgerichte, das ihnen und ganz Frankreich in der schon wiederholt erwähnten Predigt des Kanzelredners Pater Ollivier bevorstand, sie hätten ohne Zweifel vorher ihre Bedingungen gestellt, vielleicht schon aus Rücksicht auf den Fürsten Radziwill, den Bertreter des deutschen Kaisers. Weshalb — so fragt Ollivier den Gott des katholischen Frankreichs — hast du uns so geschlagen, uns, die wir doch dein bevorzugtes Bolk waren? Und Ollivier, statt sich demüthig vor der Unerforschlichkeit der göttlichen Beschlüsse zu beugen, hebt, wie er sagt, den Schleier auf. „Frankreich hat in unjern Tagen diese Züchtigung durch eine neue Untreue gegen seine Uebe rl, eierungen verdient. Statt an ter Spitze der christlichen Civilisarion zu schreiten, hat eS sich dazu hergegeben, als Dienerin oder Sklavin Lehren zu folgen, die seinem Wesen ebenso fremd find, wie seiner christlichen Taufe. Es hat sich Sitten anbequemt, in denen man nichts mehr von seiner stolzen und edle» Natur erkennt, und sein Name ist gleichbedeutend geworden mit Thorheit und Un dankbarkeit gegen Gott. Darum ist er nun auch gleich bedeutend geworben mit Unglück; denn Gott, der Frank reich nicht verlassen wollte, mußte ihm eine Sühne aus erlegen. Vor 25 Jahren schlugst du Frankreich auf den Kopf (wir Deutschen wären also OUivier zufolge die unmittelbaren Werkzeuge Gottes) und warfst auf das Schlachtfeld eines doppelten Krieges (deS deutsch-französischen und des Commune- Aufstandes) Soldaten und Priester, Finanzleute und Gelehrte, Handwerker und Beamte, Matrosen und Arbeiter. Damals, als wir die blutigen Reste dieser Todten hier in dieser Basilika um den Sarg des Erzbischofs niederlegten, hatten wir das Recht zu hoffen, daß deren Barmherzigkeit uns die Thore der Zukunft öffnen werde. Indessen die Sühne war nicht aus reichend, die reinsten Opser fehlten dem Holokaust. Zwar hatten die stolzen und süßen Frauen, deren Väter, Söhne, Gatten und Brüder ihr Blut für das Vaterland vergossen, schwer gelitten. Aber es scheint, als wenn Gott es ihnen Übel angerechnet, daß sie nur Thränen und Bitten hergaben. Aber — und das hat Gott qethan — er konnte unter ihnen die Reinsten und Heiligsten wählen und sie im Tode den Opfern des Krieges beigesellen und so die Sühne, die uns die Hoffnung gewährleistet, vollenden." Zum Schluffe glaubt der optimistische Prediger, daß vor dem Grabe, das alle bedeckt, der Classenkaß verschwinden werde, daß die abscheulichen Aufreizungen, die zwischen Groß und Klein, Arm und Reich einen Abgrund graben möchten, ihre Kraft verlören. Die Opfer vergleicht er mit Je an ne d'Arc auf dem Scheiterhaufen und ruft ihnen zu — damit spielt er den patriotischen Haupttrumpf aus —: „Vergeßt nicht daS Vaterland und zwingt Christus, den König der Franken, im Frieden seines Reiches Diejenigen zu versammeln, die man von dem Reiche zu trennen gesucht hat, damit eS hinfüro nur noch ein einziges, gegen all s eine Feinde durch die Einheit im Glauben unbesiegbares Frank reich giebt." Soviel aus dieser Musterpredigt; sie ist, wie der Pariser Correspondent der „Köln. Ztg", dessen Berichte wir hier folgen, zutreffend bemerkt, ein Beleg für die Jrrgänge, in die die Beweisführung verfällt, wenn sie eS wagt. Göttliches und Menschliches zu vermischen. Dem Pater zufolge ist Gott zunächst ein Franzose, der Gott der Franken — was aller dings eine alte Anschauung ist —, der Frankreich ob all der Dinge zürnt, die jetzt sich in der dritten Republik breit machen; er hat daher über Frankreichs Männer den Krieg von 1870 und über die Frauen den Feuertod am 4. Mai 1897 verdangt; und zwar letzteren, indem er sich die reinsten und heiligsten aussuchte; er betraut diese jetzt mit der Revanche-Idee im Himmel; sie sollen den himm lischen Franzosen zur Wiedervereinigung Elsaß- Lothringens mit Frankreich zwingen. Die Rede bat, wie gesagt, viel böseS Blut gemacht, weil sich Alle getroffen fühlen konnten: die Republikaner mit Felix Faure an der Spitze, die anwesenden Damen, die offenbar, weil sie noch lebten, nicht zu den reinsten und heiligsten gehörten; der Fürst Radziwill, weil sie die Revanche predigt, und schließlich alle übrigen Nationen, weil Ollivier den lieben Herrgott zu einem Franzosen machen will. Selbst Blätter von streng konservativer und kirch licher Gesinnung macken kein Hebt daraus, daß die Rebe Ollivier's die in der Kathedrale versammelte Menge mit sehr peinlichen Empfindungen erfüllt habe. So schreibt der bekannte Redakteur I. Cornsly, einer der entschiedensten Vertreter der katholischen und royalistischen Sache, im „Gaulois": „Wir ziehen die Annahme vor, daß die Rathscklüsse Gottes un- erforschlich und unerklärlich sind, anstatt daß wir den Grund satz zulassen, daß dieser strenge Gott die Verbrecher züchtigt, indem er die Unschuldigen bestraft. Es ist gewiß ein sehr schwacher Trost für einen Gatten, der seine Frau bei der letzten Katastrophe verloren bat, von einer christlichen Kanzel herab zu hören, daß dieser Tod zur Sühnung von Verbrechen noth- wendig war, die weder er, noch die Seinen jemals begangen haben. Und im Beisein des diplomatischen CorpS und im Angesichte der besonderen Vertreter fremder Souveräne hätte Ü. Ollivier es besser unterlassen, von den Schrecken deS wohl verdienten Kriegsunglücks zu sprechen. Es wäre gewiß auch besser gewesen, wenn der Priester diese Trauerfeier, zu welcher der Präsident der Republik, seine Minister und zahlreiche Freimaurer erschienen waren, nicht benutzt hätte, um denselben bittere Worte und unangenehme Wahrheiten zu sagen. Wie, wenn die republikanischen Regierungsmänner, denen wir einen Vorwurf daraus machen, daß sie die Religion aus dem Nationallcben verbannen und die Kirchen meiden, uns ant worten: „WaS sollen wir in der Kirche? Man empfängt unS darin auf zu ungastliche Weise." k. Ollivier dal bei dieser seltenen, ja einzigen Gelegenheit, wo die ganze Regierung der Republik an den Stufen seiner Kanzel versammelt war, nichts Anderes verstanden, als sowohl bei den Gläubigen, wie bei den Ungläubigen Mißfallen zu erregen." Die radikale Presse geißelt den Prediger ebenfalls mit harten Worten, giebt sich aber dann mit Jubel einer unge mischten Schadenfreude bin; das haben die Minister davon, rufen die betreffenden Blätter, daß sie den Klerikalen Patsch händchen geben; was hat die Regierung amtlich in der Kirche zu tbun? Wenn sie die Grundsätze einer weltlichen, auf geklärten Staatsleitung so weit vergißt, daß sie selbst Glaubens- ceremonien veranstaltet, so geschieht eS ihr ganz recht, daß ein grimmiger Mönch sie vor den diplomatischen Vertretern beider Welten mit einer Fluth auserlesener Beschimpsungen überschüttet. Der Zwischenfall wird ja ohne Zweifel bald vergessen sein, inzwischen aber ist er der Negierung sehr unangenehm, weil er störend in ihre unleugbare Liebäugelei mit den klerikal-conservativen Kreisen einbricht. Der „Voss. Ztg." wird noch zu der Affaire gemeldet: Angesichts der allgemeinen Bewegung deS Unwillens über Pater Ollivier's Trauerpredigt, die Faure veranlaßte, beim Verlassen der Notredamkirche zum Cardinal Richard zu äußern: „Ich fühle mich doppelt verletzt, als Staatsoberhaupt und als Franzose", richtete Car dinal Nickard an Faure ein Schreiben, in welchem es heißt: „AlS wir in Notredame um Sie die ganze Ne gierung, daS Parlament, den Richterstand, das Hcer, alle öffentlichen Gewalten versammelt sahen, waren wir ge tröstet. Inmitten unseres ungeheuren Schmerzes um die Ueberreste der heldenmütbigen Frauen fand Frankreich sich selbst einig, stark und groß wieder in der Gemeinsamkeit derselben Thränen und derselben Gebete. Die Ceremonie in Notredame wird meiner Ueberzeugung nach ein Datum be zeichnen: das der Einigkeit Aller in der Hingabe ans Vaterland. Dies ist der tbenerste Wunsch Leo'S XIII., auf dessen Lippen ich eben erst den Abdruck seiner unveränder lichen Anhänglichkeit an Frankreich wiedergefunden habe. Das Unglück hat alle französischen Seelen geeinigt, kein Meinungszwiespalt wird sie je wieder trennen." Dieser Brief bedeutet den Anschluß des Pariser Erzbischofs, der sich bisher ablehnend verhielt, an die Politik der Bekehrten. Die radikalen Blätter freilich wollen in dem Briefe ein neues Anzeichen für den fortschreitenden Klerikalismus in der Regierung erblicken, und sie haben vielleicht nicht ganz unrecht. Präsident Faure besonders steht bei seiner Zuneigung zu den rechtsstehenden Parteien auch den Klerikalen freundlich gegenüber, und wenn er auch erklärt hat, daß ihn die Taktlosigkeit des Paters Ollivier schwer verletzt habe, so wird er den so schmeichel haften Brief des Erzbischofs als Pflaster auf die Wunde empfunden baben. Alle diese Vorfälle zeigen aber, daß auch das schwerste Unglück in Frankreich nicht eine Einmüthigkeil zwischen den Parteien herbeisübren kann. Und wenn der Brief des Cardinals Richard an den Präsidenten der Republik daS Gezentbeil behauptet, indem er sagt, daS Unglück habe alle französischen Seelen geeinigt, so kann man das nur als eine den Franzosen ja reckt geläufige wohlklingende Phrase, nicht aber als eine mit den thatsächlichen Verhältnissen harmonirende Aeußerunz ausfassen. Ueber den Ausfall deS Paters gegen Deutschland und die Profanirung des religiösen Traueracles durch die Herbei ziehung des Revanchegevankens quittiren wir dankend. Pater Ollivier ist durch sein Ungestüm bekannt, das ihn selbst auf der Kanzel mitunter zu unbedachten Aeußerungen forlreißt. Am Sonnabend hat er unö von Neuem bestätigt, daß der Haß der römischen Curie gegen Deutschland noch größer ist als selbst der der französiscken Republik. Beide sind im Jahre 1870 von Deutschland geschlagen worden, aber der Revanchegedanke hat in Nom noch weit tiefere und trieb- träfligere Wurzeln als in Paris, das wollen wir nie ver gessen! Deutsches Reich. * Leipzig, 12. Mai. Der von uns in der Montag-Abend ausgabe erbrachte Nachweis, daß der ReickSlagsabgeordnete Zimmermann die Worte Kaiser Wilhelm s vom 18. Januar 1896 in der Dresdener deutsch-socialen Protest- vcrsammlung entstellt wiedergegeben habe, ist der „Deutschen Wacht" begreiflicher Weise sehr unangenehm. DaS genannte Blatt bezichtigt unseren Referenten einer flüchtigen, ungenauen und falschen Berichterstattung, unS selbst wegen unserer Kritik einer vorschnellen Handlungsweise, die nickt geeignet sei, Ver trauen auf unsere Zuverlässigkeit und Gewissenhaftigkeit zu erwecken. Alsdann erklärtdasOrgan deSReickStagSabgeordneten Zimmermann — der als Volksvertreter die Wohltbat „nunmehr vorliegender Stenogramme" schätzen gelernt hat — Herr Zimmermann habe, wie die „Deutsche Wacht" „nach dem nunmehr vorliegenden Stenogramm" nachtragen wolle, „aus den gedruckten Berichten über daS dermalige Fest im Berliner Schloß" folgende Stelle vorgelesen: „Aus dem deutschen Reiche ist ein Weltreich geworden, Ueberall in fernen Theilen der Erde wohnen Tausende unserer Landsleute. An Sie, meine Herren, tritt die ernste Pflicht heran, mir zu Helsen, Die Thiere als Wetterpropheten. Nachdruck verboten. II. Als hervorragende Verkünderinnen bevorstehenden Witte rungswechsels gelten vorzüglich die Spinnen, die in der That außerordentlich sensible Thiere sind. Quatremöre DiSjonval bat die Begabung der merkwürdigen Geschöpfe in dieser Beziehung eingehend studirt und ein interessantes, auch in daS Deutsche übersetztes Büchlein darüber veröffent licht. Er war während der französischen Revolution Ofsicier bei der gegen die Niederlande operirenden Armee und als solcher in Gefangenschaft gerathen, die er in Utrecht, damals noch einer Festung, verdruckte. AnS Langeweile beobachtete er die Genossinnen seiner Einsamkeit, die Spinnen, und lernte genau die Eigenthümlickkeiten seiner Pfleglinge, besonders auch ihr Empfindungsvermögen bevor stehenden Witterungswechsels kennen, wovon er eine Reihe erstaunlicher Beispiele lieferte. Sein Beobachtungsmaterial bestand hauptsächlich auS der gemeinen, schwarzen Winkel spinne, die bekanntlich in den Ecken unserer Gebäude horizontale Netze anlegt, die im Eckpunkt eine gesponnene Höhle haben, in der daS Thier lauernd sitzt. Schaut eS dabei mit der größeren Hälfte seines Leibes auS dem Ver stecke hervor, so bleibt, wie man allgemein glaubt, das Wetter gut, hält sie sich aber versteckt, so droht es trüb und regnerisch zu werden. Aehnlich sagt man auch von der Kreuzspinne, die Sonnenschein und rubige Lust prophezeit, wenn sie frei im Mittelpunkte ihres RadneycS sitzt, aber Sturm und Regen, wenn sie in ihrem benachbarten, meist unter einem Blatte oder in einer Holzspalte angebrachten Schlupf winkel bleibt. Eine andere, sebr merkwürdige Beobachtung, die daS Volk schon längst an dem merkwürdigen Th'ere ge macht hat, habe ich zu meinem Erstaunen bestätigt gefunden: legt sie nämlich die Fäden ihres Gewebes fest an, so bleibt dir Luft ruhig, macht sie aber dieselben locker, so stellt sich innerhalb 12 Stunden starker Wind ein. Von den Regen würmern sagt man, eS drohe starke Nässe, wenn sie an die Oberfläche der Erde kämen, aber «m so anhaltendere Dürre, je größere Tiefen sie aufsuchten, und dasselbe wird vom Maulwurf behauptet. Hier haben wir einen ursächlichen Zusammenhang: der Maulwurf wühlt nicht der Witterung wegen mehr oder weniger tief, sondern er richtet sich hierbei nur nach dem Verfahren seiner HauplnahruugSlhiere, der Regenwürmer. Es mögen jetzt die zahlreichen und theilwcise sehr merk würdigen bei Thierrn auftrelenden Anzeichen folgen, auS denen man entnimmt, daß Regen (oder im Winter wohl auch Thau- Wetter) und Sturm bevorstehen. Zunächst die Säugetbiere: Wenn die Hauskatze mit der »abgemachten Pfote hinter den Obren streicht, oder (wenigstens in Weimar) beim Scklafen den Kopf so legt, daß der Scheitel nach unten ge richtet ist; die Hunde Gras fressen und ihr Fell übel duftet; die Eichhörnchen wie rasend auf den Bäumen herumspringen; die Hausrinder viel in der Luft schnuppern, den Erdboden beriechen, sich viel lecken und brüllen und sich bemühen, möglichst schnell in den Stall oder sonst unter Tack und Fach zu kommen; Widder und Lämmer eifriger als gewöhnlich ihre Kopfboxereien aussübren; die Ziegen mit großer Gier fressen; die Seehunde mehr als sonst ihre Köpfe aus dem Meere beben (an der Ostsee) und die Delphine sich lebhaft im Wasser tummeln (schon im Alterthum), wobei sie nach der Himmels gegend schwimmen sollen, aus der der Sturm zu kommen droht. Sebr groß ist die Anzahl der Döswetterpropheten unter den Vögeln. Durch häufiges Rufen und Schreien (nicht Singen!) verkünden Regen: sämmlliche einheimischen Eulen arten (schon bei Virgil, in der Koorgica I.), Raben, Doblen, Elstern, Pirol, Buchfink, Zaunkönig, Wiedehopf, sämmlliche deutschen Speckte, Psaulahn (schon bei Theophrast), Brachvögel, der Regenpfeifer, an den Rückert das hübsche Gedichlchen richtet: Regenpfeifer pfeife nur, Tenn es dürstet unsere Flur, Und so lieblich nie erklang Ihr der Nachtigall Gesang, Wie ibr Dein Gcpseif erklingt, Das ihr Regenhofsnung bringt, Singschwan (auf Island), Möven, der Hausbahn, wenn er zu ungewöhnlichen Zeiten, mitten in der Nacht oder am hohen Tag, krähet u. s. w. Ferner steht schlechte Witterung bevor, wenn Wildenten, Möven, Dohlen und Krähen zu Scbaaren zuiammensl'mcn, tbun daS aber die Milane, so wird gutes Wetter einlrclen. Fliegen die Staare in dichten Massen, so wird die Witterung gleichfalls schlecht und um so schlechter, je dichter sie sich zu sammendrängen. Auf Regen kann nian rechnen, wenn sich die Turteltauben viel baden, die Spatzen Staubbäder nehmen, der Habicht fick im dichten Laube versteckt hält und sich eifrig mit seinem Gefieder beschäftigt (bei Theophrast), des gleichen, wenn die Dohlen einzeln auf den Dächern umher sitzen und allerlei an ihren Feder» zu ordnen haben. Diese Erscheinungen sind die Folge davon, daß bei drohendem Regen das Ungeziefer der Vögel, Milben und Federlinge unruhig wird, hin- und herläust und seine Wirthe belästigt. Bemerkt man, daß die Vögel ungewöhnlich häufig den Schnabel nach dem Bürzel bringen und die Federn durch daS Maul ziehen, so kann man mit ziemlicher Gewißheit auf starke Niederschläge rechnen. Die Sache hängt so zusammen: auf dem Bür,el haben die meisten Vögel ein Packet von Haut drüsen, die einzigen, die sie überhaupt haben, die zusammen die sogenannte Bürzeldrüse bilden. Diese Drüsenmaffe son dert eine fettige Flüssigkeit ab, die sich in ihren Höhlungen und Gängen ansammelt. Tie Vögel pressen mit dem Schnabel die Drüse zusammen, so daß ihr öliger Inhalt in ihr Maul fließt. Mit dem Oele salben sie ihre größeren Federn, so daß sie vsterprook werden und die Feuchtig keit an ihnen abläuft. Der Quedlinburger Superintendent Göze, einer der besten Zoologen deS vorigen Jahrhunderts, batte eine zahme Doble, Hans mit Namen, die bevor stehenden Regen und drohendes Gewitter so sicher anzeigte, daß sich die Hausfrauen der Nachbarschaft mit der Anberaumung der großen Wäsche danach richteten. Setzte sich der Vogel stundenlang in einen Winkel und schwätzte halblaut vor sich bin, so traute Niemand dem Landfrieden und das Familienfest wurde verschoben. In Nordbeutsckland schließt man aus Unwetter, wenn der Storch nicht auf einem Beine, sondern auf beiden fest im Neste steht und die Federn sträubt. Er soll dabei den Kopf nach jener Richtung halten, aus der der Sturm droht. Auch will man beobachtet baben, daß er bei bevorstehendem heftigen Wind Nasenschollen in sein Nest trägt, um es zu beschweren. Von manchen Vögeln glaubt man, es bedeute Regen, wenn sie sich in der Nähe der menschlichen Wohnungen zeigen, so in Deutschland vom Pircl, in Finnland vom Birk huhn, in Norwegen von der Blaumeise oder dem Kleiber und in Rußland von den Spechten. Starke Niederschläge verkündigt der Eisvogel, wenn er mit außgespreizten Flügeln in der Lonne sitzt, und der Reiber, wenn er in Gesellschaft die Niederungswiesen und die Ufer der Gewässer verläßt und hochgelegenes, trockenes Ackerland aufsucht. Sehr bekannte, dem Seemann sehr verhaßte Unglücks propheten sind die Sturmvögel, die die Neigung haben, bei drohendem, schwerem Unwetter in der Nähe der Schiffe zu bleiben. Die übrigen Wirbelthiere spielen als Unheilverkünder in Witterungsangelegenbeiten keine große Rolle. Von den Laub fröschen besagt eine VolkSregel: Wenn die Laubfrösch' knarren Magst du auf Regen harren; auch auS dem anhaltenden, bellen Gequäke der Wasserfrösche schließt man auf Regen, wie im „Froschmeusler" des Rollen- hagen der von den Fröschen zum König erwählte Storch seinen Unterthanen einsckärft: Erst fürchtet Gott von Herzensgrund Und meißel ihn mit Euerm Mund, In Sonderheit rufet ihn an, Wenn »in groß Welter will ausstan. Auf dem Thüringer Walte hält man eS für ein sicheres Zeichen, daß die trockene Witterung bald ihr Ende erreicht, wenn die Feuersalamander ausangen, umberzukriechen, wie man das anderwärts von der Gehäusschnccke sagt. Ein sehr bekannter Unwetterpropbet ist der Schlamm peitzker oder Wetterfisch, den man vielfach in kleinen Aquarien hält, in denen er bei bevorstehendem Gewitter, Sturm und Regen wie wüthend umhersaust. Auch verschiedene nievere Thiere zeigen durch ihr Gebahren schlechtes Wetter an: am Tage an den Wänden umher« huschende Spinnen, niedrig fliegende Tagschmetterlinge, die Menschen mehr als sonst belästigenden Flöhe, Bremsen, Stuben- und Stechfliegen, ungewöhnlich stark und viel zirpende Hausgrillen rc. Sckon im Alterthum schloß man auf ungünstige Witterung, wenn sich die Bienen nicht weit von ihren Stöcken entfernen mochten, und wenn die Ameisen sich beeilten, ihre zur Sounung und Sömmerung berauS- geschafften Puppen unter die Erde in ihre Nester in Sicher heit zu bringen. Weit unsicherer ist es, wenn man auS dem Verhalten der Thiere auf das allgemeine Turckscknittswetter eines längeren Zeitraumes oder aus die Beschaffenheit des Wetters an einem entfernten Zeitpunkte schließen will. So fabeln die Jäger, cs würde spät Winter werden, wenn der Hirsch spät auf die Brunst tritt, und ein schöner, langdauernder Herbst wäre zu erwarten, wenn die Rebhühner noch spät im Jahre zu einer Brut schritten. Wenn die Raben- und Nebelkräben sich im December zu großen Schaaren zu sammenschlügen und südwärts zögen, sei auf große Kälte und einen langdauernden Nachwinter zu rechnen. Begiebt fick der Wachtelkönig oder Schnärz bei seiner Ankunft gleich auf feuchte Wiesen, so steht ein trockener, wenn auf Felder, ein nasser Sommer bevor. Zeigt sich der Feuersalamander zeitig im Frühjahr, so wird es bald Sommer; tödten die Bienen die Drohnen früh im Jahr, so giebt eS einen schlechten Nach sommer und Herbst; bauen die Wespen in die Erde oder an Bäumen, so darf man auf ein trockenes Jahr rechnen, auf ein nasses aber, wenn sie geschützte Nester unrer Dach und Fach anlegen. In Gelderland untersucht man im Herbst die Galläpfel: sind schon die WeSpchen darin, so wird der Winter gelind, sinken sich aber noch die Larven, so wird er hart und streng. Auch daraus, wie tief sich im Herbst die Regenwürmer in die Erde einwüdien, schließt man auf die Beschaffenheit der Winterwitlerunz: tragen die Sperlinge vielerlei in ihre Winterquartiere zu sammen, so wird sie kalt werden und lange dis in den Früh ling dauern. Ebenso, wenn die Hamster viel Futter ein heimsen. Kommt der Kranich zeitig, so darf der Bauer auf eine gute Ernte rechnen, und er darf hoffen, baß, wenn der Pirol und der werßsckwänzige Steinschmätzer bei unS ein gerückt sind, keine Nachtfröste mehr kommen. Banen die Biber ihre Baue hoch, und legen die Uferschwalben ihre Nester in den von ihnen bewohnten Sand- und Lehm abhängen hoch an, so stehen Ueberschwemmungen bevor. Werben dir Kinder im Frühling durch das Jucken der Madenwürmer im Mastdarm stark belästigt, so sagen die Holländer, im Scher;, eS gäbe ein gutes Butlerjahr. Gewiß ist der Mühe wend, die Thierwelt in ihrem Zu sammenhänge mit der Witterung zu studiren, und ohne Zweifel sind viele unter ihnen ausgezeichnete Wetterpropheten, aver man verfahre kritisch, sonst verfällt man leicht dem Spotte. Man denke an daS satirische Berslein: Krähet der Hahn aus dem Mist, So ändert sich daS Wetter Oder bl«>bt wie »« ist. ZV. tt.
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