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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 18.05.1897
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1897-05-18
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18970518021
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1897051802
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1897051802
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1897
- Monat1897-05
- Tag1897-05-18
- Monat1897-05
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NsttlskM des Königlichen Land- nnd Nnttsgerichles Leipzig, des Rathes und Nolizei-Ämtes der Ltadt Leipzig. — 251 Dienstag den 18. Mai 1897. Anzeigen-PreiS die 6 gespaltene Petitzeile 20 Pfg. Reklamen unter dem Redactionsstrich (4go» spalten) 50^, vor den Familiennachrichtra (6gespalten) 40/4- Größere Schriften laut unserem Preis« Verzeichnib. Tabellarischer und Ziffernsatz nach höherem Tarif. kkxtra-Beilagen (gefalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbeförderunz) 60.—, mit Postbejörderung 70.—. ÄnnuhmeschluK für Anzeigen: Abend-Ausgabe: Vormittags 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittags 4 Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je rin« halbe Stund« früher. Anzeigen find stets an die Expedition zu richten. -o—- Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig. 91. Jahrgang. sich zu bethäligen, allzu reichlich geboten hatte. So böse 6s Die „Kreuzztg." die es in der Gewohnheit bat, die Parteien der nichtpreußischen Einzelstaaten zu schulmeistern, findet, daß der Nattonalliberale LaudcSvcrein für das Königreich Sachsen, wenn er sich auf seiner nächsten Generalversammlung mit dem preußischen Vereins gesetze beschäftige, damit um Dinge sich kümmere, die ihn im Grunde nichts angeben. DaS Blatt ist dennoch so gütig, den Beschlüssen des LandcSvereinS — wir wissen, nicht, ob solche über daS Vereinsgesetz werden gefaßt werden — einiges Interesse entgegenzubringen, und zwar weil es zu glauben sich den Anschein giebt, die Nationalliberalen Sachsens seien durch das „Dresdner Journal", das „Organ der sächsischen Regierung", in tödtliche Verlegenheit gesetzt. In dieser Zeitung ist nämlich zu lesen: „Der Tbeil unseres Volkes, der sich bisher noch immer als die sicherste Stütze der Monarchie und der bestehenden Staatseinrichtungen bewährt bat und ohne den regieren zu wollen auf ab sehbare Zeit keiner deutschen Negierung beikommen kann, pflichtet ganz zweifellos den geplanten Maßnahmen der preußischen Negierung bei." Diese Worte, von denen wir annehmen, daß sie das conservative Parteiblatt und nicht daS Negierungsorgan niedergeschrieben hat, beweisen für die Auffassung des gesammten königs- und staats treuen Volkes in Sachsen gar nichts. Sie sind lediglich ein Beweis dafür, daß cs bei uns in Sachsen gerade so wie in Preußen conservative Redner und Journalisten giebt, die ihren Hörern und Lesern — besonders denen in den höchsten Kreisen — einzureden versuchen, nur in den Reihen der Conservativen sei die rechte Pflege der KönigStreue möglich. In den maßgebenden Kreisen verfangen aber diese Ver suche nicht und können nicht verfangen, weil nicht selten die conservative Flagge etwas decken muß, was sich schlechterdings nickt in Einklang mit jenen Versicherungen bringen laßt. Deshalb bat der Nationalliberale Landeüverein nicht die geringste Ursache, sich durch die Auslassungen des ausführte, in angefüllten wie die des ohne Notb zu erörtern, und als er dann bekannte, lediglich Herrn v. d. Necke wörtlich citirt zu haben, der im Februar 1896 sich im Reichstage so ausgelassen bat. Der Eindruck, den diese Becomplimen tirung des Ministers des Innern vor einem blanken Spiegel machte, war überwältigend. Bei dem Zickzack, in dem die Regierung geht und — redet, ist die stenographische Auf zeichnung von Ministerreden mit der Staatsautorität schlechter dings nicht mehr vereinbar. Mit dem Vortrage des Abg. Krause und dem, waS ihm Herr v. d. Recke nicht entgegenzusetzen wußte, war die Sache erschöpft. Was noch folgte, be sonders die CommissariuSrede des Freiconservativen v. Zedlitz, beanspruchte keine Bedeutung. Auch die heutige Fortsetzung und namentlich die Demonstration im Reichstag wird kein Interesse bieten. Auch politisch ist die Angelegenheit geklärt. Man hat wieder einmal erlebt, daß in Berlin große Anläufe zu Zielen mit dem ernstesten Hintergründe leichten Herzens genommen werden, daß man aber nach erfolgtem Fehlsprung ebenso unbekümmert auf seinen Sessel zurückkehrt, um dort „fortzuwursteln". ihrer Gegenwart genannt worden. Wenn sie ihn jemals gehört hatte, mußte es geschehen sein, ehe Greifenstein sie geheiratbet. Es war möglich, daß sie die Schmach, die dieses Mannes Rückkehr in sich schloß, so bitter empfand, aber Greisenstein's natürlicher Verstand sagte ihm, daß so etwas nicht wahrscheinlich sei. In solch einem Falle würde es viel natürlicher für sie gewesen sein, zu ihrem Gatten zu kommen und ihn aufzufordern, ihr die volle Wahrheit zu sagen. ES war eher zu glauben, daß ihr seltsames Be nehmen einer andern Ursache zuzuschreiben war, raß sie niemals etwas von Rieseneck gehört hatte und es irgend eine andere Person gab, deren mögliche Rückkehr in Folge der Amnestie sie ebenso fürchtete, wie Greifenstein das Wiedererscheinen seines Halbbruders. Viele Personen waren in die revolutionaire Bewegung von 1848 verwickelt und deshalb genöthigt gewesen, das Land zu verlassen. Klara'» erster Gatte war im Jahre 1860 in Dresden an einem Herzleiden gestorben, konnte also in keiner Weise mit den Ereignissen jener Zeit zu seiner Unehre in Verbindung gestanden haben. Sie batte Greifenstein die amtliche Mittheilung von seinem Tode in einer alten Zeitung jenes Jahres gezeigt, aber es war nicht unwahr scheinlich, daß einer ihrer Verwandten in den Tagen des Aufstandes in Ungelegenheiten gerathen und ein gekerkert oder verbannt worden war. Bei ihrer Ver- Heirathung hatte sie erklärt, keine Verwandten zu besitzen, als eine schon ältliche Tante, die bei ihrer Hochzeit zugegen gewesen und seither gestorben war, ohne jemals auf dem Schlosse einen Besuch abzustatten. Greifenstein dachte jetzt daran, daß er die Heirath durch alle ihm zu Gebote stehenden Mittel beschleunigt hätte. Er war von Klara bezaubert und wahnsinnig in sie verliebt gewesen. Sie waren einander im bayerischen Hochlande begegnet und hatten sich zwei Monate später ohne große Förmlichkeiten geheirathet. Seit damals hatte Greifenstein eS immer vermieden, nach Dresden zu geben Wege» der schmerzlichen Gedankenverbindungen, die diese Stadt in seiner Frau wachrufen mußte, und batte es vorgezogen, Berlin nicht zu besuchen, das der Schauplatz des Verbrechen» und der Berurthrilung seines Bruder- gewesen war. Au» diesem Umstande batte eS sich ergeben, daß keiner von den Beiden jemals unter Leuten gewesen war, die sie früher gekannt hatten. Der Gedanke, daß zwei schmachbedeckte Personen statt einer au- der Verbannung zurückkommen könnten, hatte etwa- in hohem Grade Beunruhigende» für Greifenstein'» Fe»»iHston. Zwei Frauen. Roman von F. Marion-Crawford. Nachdruck verboten. ES war in Greifenstein stet-, auch in den besten Zeile», nur selten Anlaß zur Heiterkeit gewesen, nichts destoweniger hatte Klara sehr oft gelacht, weil ihr die Leute vor langen Jahren gesagt, daß das Lachen ihrer Art von Schönheit außerordentlich gut stehe. Ihre Schweigsamkeit und Geistesabwesenheit nahm täglich zu, sie sprach fast gar nicht mehr und gab sich auch nicht mehr den Anschein, heiter zu sein. Greifenstein beobachtete sie eine Woche, dann fragte er sie, ob sie sich krank fühle. Sie dankte ihm und versicherte, daß ihr nichts fehle, aber während der nächsten Stunden bemühte sie sich, zu ihrem alten Wesen zurückzukehren. Ihre erzwungene Heiterkeit schien hohler und ihre Worte unzusammenhäogender als je. Die Baronin begann zu fürchten, Klara werde in Wahnsinn verfallen, aber die arme Frau war nicht lange im Stande, diese Anstrengung zu ertragen und versank bald wieder in Schweigen. Ihr Gesicht wurde plötzlich sehr alt, die Falten und Fältchen vertieften sich sichtbar und sie wurde täglich magerer. Unverkennbar lastete etwa» auf ihrem Gemüth und daS seelische Leiden wirkte auch auf den Körper zurück. Greifenstein erwähnte nicht» mehr und sagt« Niemandem, WaS er dachte. Wenn die Baronin ihn nicht darauf ge bracht hätte, daß Klara um die Geschichte wissen müsse, würde er bei seiner Dermuthung geblieben sein, daß sie krank sei und nach einem Arzt geschickt haben. E» wäre ihm nie in den Sinn gekommen, daß sie verstanden haben könnte, waS der Amnrstieerlaß für ihn bedeute, aber die Bemerkung der Baronin schärft« sein Gedächtniß für Alle», WaS an jenem Tage geschehen war. Er erinnerte sich, wie seine Frau den geringfügigen Unfall der Baronin zum Bor wand genommen hatte, eine selbst für sie ungewöhnliche Er regung zu zeigen, wie lange sie fortgeblieben, wie verändert ihr Ausdruck war, al- sie zurückkehrte, und ihrer Schweig samkeit am Abend, die seither immer noch zugenommen hatte. Der Zusammenhang zwischen dem Zeitungsartikel und ihrem eigrnthümlichen Benehmen schien gewiß und Greifenstein suchte vergebens eine Erklärung für diese Tbatsache zu finden. In fünfundzwanzig Jahren war der Name Rieseneck nie in Politische Tagesschau. * Leipzig, 18. Mai. Nachdem die Ablehnung der wesentlichen Bestimmungen de- preußischen BeretnSgeseyeS sicher war, überdies die Conservativen und die Freiconservativen in ihrer Presse die zuerst gezeigte Farbe der Entschließung von des Gedankens Bläss« hatten ankränkeln lassen, konnten die gestrigen Ver handlungen im Abgeordnetenbause nur insoweit praktische Bedeutung beanspruchen, als man zu erfahren hoffen durfte, wa» sich die Regierung eigentlich gedacht, als sie dieses Unternehmen begann. Man hat es auch erfahren: nichts bat sich die Regierung gedacht oder höchstens, daß sie, da der 8 de« Gesetze» nun doch einmal aufgehoben werden solle, die Gelegenheit zu Versuchen anderer Art benutzen könne. Das war kein politischer Gedanke, und dem Ministerpräsidenten und Herrn v. d. Recke ist es auch gar nicht eingefallen, ihre Anträge politisch zu rechtfertigen. Dem „Wenn nicht, denn nicht", das Herr v. Köller am Sterbebette der Umsturzvorlage gesprochen, soll nichts von seiner die deutsche Zeitgeschichte kennzeichnenden Kraft ge nommen werden. Aber es wird die Berühmtheit mit den Dar legungen des Nachfolgers seines Urhebers tbeilen müssen, Darlegungen, die ungefähr in dem Schlüsse gipfelten: Ablehncn ist gut, aber annehmen oder wenigstens amendiren ist besser. Beide Minister versicherten ihre Harmlosigkeit und ihren guten Glauben, etwas Harmloses geboten zu haben. Darüber ist kein Wort zu verlieren, nachdem die gegen die politischen Bestrebungen auch bürgerlicher Parteien den Artikeln! und III der Vorlage einverleibten Spitzen auch von konservativer Seite erkannt worden sind. Man muß eS übrigens Herrn v. d. Necke lassen, daß er die Ungefährlichkeit des Gesetzes zwar mit einiger zeitlichen Ausdauer, aber unter vollem Verzicht auf die Waffen des politischen und namentlich auch des juristischen Scharfsinns behauptet hat. Dies ist um so löblicher, als sein Vorredner, der nationalliberale Abgeordnete vr. Krause, ihm hierin nicht mit gutem Beispiele voran gegangenwar. Dieser Redner bat Alles zusammengefaßt.waS die Vorlage, die er mit ebensoviel Logik als Freimuth charakterisirte, unannehmbar macht. Schon nach dieser Richtung war der Erfolg ein vernichtender, und der Eindruck ist denn auch der allgemeine. Laß die Partei, dir bei der Abstimmung über das Gesetz den Ausschlag giebt, dieses auch rednerisch durch ihren Wortführer getödtet hat. Geradezu niederschmetternd für die Regierung aber war es, WaS Or. Krause an allgemeinen politischen Gründen gegen die Vorlage anführte. Er verhielt sich keineswegs rein kritisch, sondern erklärte — zum sichtlichen Leid wesen der bis dahin von dem Redner höchlich befriedigten Linken — die Bereitwilligkeit seiner Partei, die Umsturzbestrebungen durch den Zusammenschluß des Bürgerthums zu bekämpfen. Den Mittelpunkt eines solchen Kreises der Ordnungsparteien hat jedoch eine starke, den gleichen Zielen nachstrebende Re gierung zu bilden. Mit der Vorlage ist der entgegen gesetzte Weg beschritten worden, sie bringt die nationalen Parteien in GesechtSstellung gegeneinander, anstatt sie zu einer Phalanx gegen den gemeinsamen Feind zu versammeln. Die» führte der Abg. vr. Krause der Regierung mit anerkennenS- werther Schonungslosigkeit zu Gemüthe und zugleich mit seltenem Geschick, dem freilich die Regierung die Gelegenheit, Augenblicke werden noch wenige Staatsmänner erlebt haben,! „Dresd. Äourn." in tödtliche Verlegenheit versetzt zu fühlen, wie Herr v. d. Recke, als der Redner, wie wenn er einen! Weiß man doch überdies an maßgebender Stelle auS Erfahrung, eigenen Gedanken in eigene Worte kleidete, den Satz! daß der Landesverein nicht zögert, zu wirksameren Matz- unserer mit so viel Zündstoff feit sei eS bedenklich, Fragen Vereins- und Versammlungsrechts regeln, als daS Vereinsgesetz sie bietet, nötigenfalls seine Zustimmung zu ertheilen. Heute nimmt die Sommertagung der französischen Kammern ihren Anfang, und es unterliegt keinem Zweifel, daß in den zu erwartenden Verhandlungen und Beschlüssen die Marine-Credite einen hervorragenden Platz behaupten werden. Bekanntlich hatte der Marineminister Admiral Beönard, um sich von dem oppositionellen Deputaten und Marineminister a. D. Lockroy nicht den Rang ablaufen zu lassen, einen umfangreichen Flottenneubauplan aufgestellt, der eine Vermehrung des Bestandes um 6 Hochseepanzer, 22 Hochsee kreuzer, 7 AvisoS, 35 Torpedojäger und 150 Torpedoboote in Aussicht nahm, mit einem auf acht Jahre sich ver theilenden Gesammtkosten-Betrage von etwa 800 Millionen FrcS. Späterhin hatte dieser Plan eine erhebliche Ein schränkung dahin erfahren, daß der Minister sich für das laufende Etatsjahr auf einen ErgänzungScredit von etwas über 8 Millionen beschränkte und Neubauten nur nach Maßgabe eines auf 8 Jahre zu repartirenden Credites von 80 Millionen vornehmen wollte. Diese Credite werden von den Kammern jedenfalls bewilligt werden, und wahrscheinlich wird man nicht unerheblich über dieselben hinausgehen. Ein fran- zösicher Fachmann äußerl sich über diese Pläne nickt besonder günstig, weil er von ihrer Verwirklichung keine Abstellung der ernsten Uebelstände vorhersieht, die man der französischen Kriegsmarine zur Last legt. Er rügt namentlich zwei Cardinalsebler: einmal, daß die einzelnen Schiffe nach dem Typus des Minimums statt des Maximums der von ihnen zu verlangenden Leistungsfähigkeit construirt seien, und zweitens, daß in den Grundsätzen, nach denen bei Construirung der Kriegsschiffe verfahren werde, kein Zusammenhang herrschte. Diese „unheilvolle Zusammenhangslosigkeit" in der Oberleitung der Marine sei übrigens nur die logische Folge des Eindringens der Politik in das Marineresfort, welches zur Genüge durch die Tbatsache illustrirt werde, daß Frankreich in den letzten zehn Jahren nicht weniger als 14 Marine minister gehabt habe. Dieser französische Fachmann erkennt den Vorzug der Homogenität der englischen Marine an und zieht einen Vergleich zwischen den englischen Geschwadern im Mittelmeer bezw. im Canal und den französischen, der nicht zu Gunsten der letzteren, von ihm als „maritime Museen" be zeichneten Schiffsverbände ausfällt. Ein „ernsthafter" Marine etat, der gleichmäßig für die Unterhaltung deS vorhandenen und die Zuführung neuen schwimmenden Materials vorsorgt, muß darnach mindestens 280 Millionen Francs jährlich betragen. Dazu kommt die Nothwendigkeit, begangene Sünden wieder gut zu machen, mit etwa 50 Millionen, die Auffüllung der Magazinvorrätbe für den Kriegsfall mit 30 Millionen, end lich für Dock-, Arsenal- rc. Bauten 50 Millionen, zusammen 130 Millionen Francs im Ertraordinarium und dazu die von Lockroy beantragten 200 Millionen für Sckiffsneubautcn, nach deren Fertigstellung das Marine-Iahcesbudget sich auf 300 Millionen Francs erhöhen würde. Wie vorauSzusebcn war, stoßen die türkischen FricdenS- bedingungcn überall auf lebhaften Widerspruch. Wie unS aus Konstantinopel berichtet wird, bezeichnet das gesammte diplomatische Corps das Verlangen der türkischen Kriegs entschädigung im Betrag von 10 Millionen türk. Pfund (1 Pfund---18,44 ^L) als übertrieben hoch und unerfüllbar. Die verlangte Gebietsabtretung, ausgenommen eine mili- tairisch nothwendige Grenzberichtigung, sei mit der Erhaltung de« Status quo unvereinbar. Es werde geglaubt, daß der vierteTbeilder beanspruchten Kriegsentschädigung mehr als genügend sei; dagegen sei eine türkische Okkupation Thessaliens bis zur Zahlung der Kriegsentschädigung oder bis zur Leistung einer anderen Garantie zu erwarten. Die Verproviantirung der Seehäfen wurde gleichfalls von den meisten Botschaftern als berechtigt anerkannt. Das Uebermaß der türkischen Forderungen hat dem Vernehmen nach auch in den Berliner amtlichen Kreisen einen ungünstigen Eindruck hervorgerufen. Die Forderungen der Wiederherstellung der alten Landesgrenze und der Abschaffung der Capitulationen für die in der Türkei lebenden Griechen werden dort als unannehmbar bezeichnet. Sämmtliche Großmächte, wird versichert, seien ein- müthig in der Ablehnung beider Puncte. Die Pforte stelle sich durch die erste Forderung in directen Widerspruch mit ihrer am 17. April gegebenen Ver sicherung, keine Eroberungen anzustreben, und könne sich mit einer strategischen Grenzberichtigung be gnügen. Erzielbar sei zwar eine Neuordnung der Capitu- lation bebufs Beseitigung begründeter Mißbräuche, indeß könnten die Mächte von dem Grundsatz, die Capitulation aufrecht zu erhalten, nicht abgehen und seien also nickt in der Lage, Griechenland hierin zur Nachgiebigkeit zu ermahnen. Am meisten Neigung, Griechenland iu Schutz zu nehmen, findet sich auf französischer Seite, was auck bei den Bot- schafterberalhungen unverkennbar zu Tage tritt. Die Rolle des Hetzers und Störenfrieden hat wieder England über nommen. Die „Times" glauben nämlich, gestützt auf Aeußerungen deutscher Blätter (?), auf ihre eigenen Mit- theilungen aus Konstantinopel, besonders aber auf die An gaben ihres Wiener Vertreters, die hohenFord er u uzender Türkei auf eine Ermuthigun g von Seiten Deutsch lands zurückführen zu sollen. Die Wiener Mittheilung besagt, Deutschland suche in Konstantinopel nicht, wie man früher angenommen, Rußland Liebesdienste zu erweisen, sondern die deutschen geschäftlichen Interessen zu fördern und außerdem für die Staatsgläubiger Griechenlands ein günstiges Abkommen herauSzuschlagen. Di« „Times" finden das nicht ritterlich, aber erklärlich, wollen aber glauben, daß die deutsche Regierung formell im Concert bleibe, unter der Hand indessen gleichzeitig den Sultan zum Widerstand gegen die Mächte anreize, besonders da Deutschland kaum >n der Lage sei, die IsoUrung zu ertragen! Die tendenziöse Färbung dieser Meldung tritt auf den ersten Blick hervor. Was die Idee einer griechischen Kinanz-Controle betrifft, die bereits seit längerer Zeil in der Presse fast ganz Europas behandelt und u. A. auch von dem Pariser „Temps" aufgegriffen wird, so geht dieselbe von mehreren Mächten, unter denen sich Deutschland zunächst nicht befand, aus. Daß sie, wie im Interesse Griechenlands, so auch in dem seiner Gläubiger liegt, ist allerdings zweifellos, und daß Deutsch land allen Anlaß hat, sich einem Vorgehen in dieser Richtung anzuschließen, haben wir wiederholt hervorgehoben. Man darf Angesichts der weit über das Bedürsniß der Niederwerfung Griechenlands hinausgehenden festgesetzten Rüstungen der Pforte und des wachsenden Einflusses der türkischen Militair- partei gespannt darauf sein, ob der Sultan an der Forderung der Wiederherstellung der alten LandeSgrenze fest halten wird. Es versteht sich eigentlich von selbst, daß Frankreich, England, Italien, Rußland und Oesterreich- Ungarn zu einer solchen Grenzberichtigung ihre Zustimmung Seelenfrieden. WaS er mit Rieseneck zu thun hatte, wenn er sich zeigte, wußte er recht gut, aber der Andere würde nach Klara suchen. Er war neugierig, wer der Unbekannte sein mochte und in welchem Verwandtschafls- verhältniß er zu Klara stand, ob er ihr Bruder oder ihr Onkel, oder nur ein Mensch war, der sie in früheren Tagen geliebt hatte, nur ein zurückgewiesener Freier. Auch wenn er ihr Bruder war, halte er kein Recht, ibr Vorwürfe über ihr Schweigen zu machen, da er selbst sich genau in der gleichen Lage befand. Diese Möglichkeit war jedoch nur eine sehr entfernte. Es war kaum denkbar, daß jeder von ihnen einen Bruder haben sollte, der wegen unehrenhafter Thatcn während der Revolution verurtheilt worden war. Greifenstein sand es viel wahrscheinlicher, daß der Mann, dessen Rück kehr Klara so fürchtete, ein enttäuschter Bewerber um ihre Hand war. Einige Zeit war er ungewiß, wie er sich zu verhalten hatte. ES stand ihm frei, ihr seinen Verdacht auszusprechen doch nur unter der Bedingung, daß er gleichzeitig seine eigenen Befürchtungen erwähnte. Ihr Gebeimniß zu er langen, ohne ihr das seinige dafür auszuliefern, war nach seinen Begriffen von Ehre unstatthaft, auch abgesehen von der Erwägung, daß, wenn Rieseneck zurückkehrte, er dennoch gezwungen sein würde, sich ihr anzuvertrauen. Auf der anderen Seite war die Möglichkeit vorhanden, daß Rieseneck verschollen blieb, und in diesem Falle würde er, wenn er ihr Alles enthüllt hätte, sich ohne Noth einer schmerzlichen Demüthigung unterworfen haben. Rieseneck war in Südamerika, aber Greifenstein batte keinen Grund anzunehmen, daß die Person, deren mögliche Rückkehr Klara in eine so gewaltige Aufregung ver setzte, in demselben fernen Lande Zuflucht gesucht haben sollte. Er mockte sich in Italien, in Frankreich, in England, irgendwo aushalten, von wo aus er nach einer achtundvierzigstündigen Reise in Deutschland austauchen konnte. Aber kein Fremder kam, obgleich die Tage zu Wochen, die Wochen zu Monaten wurden, bis eS für Greif beinahe Zeit war, nach der Universität zurückzugeben. Greifenstein begann sich mit dem Geranken zu trösten, daß die problematische Person todt sei, obgleich Klara seine Ansicht offenbar nicht theilte, denn sie raffle sich zu ihrem früheren Wesen nicht wieder auf. Unter allen anderen Umständen würde er sich Lieser Veränderung, deS Aufhörciis ihrer thörichten Unter brechungen und ihre- unnatürlichen Gelächters gefreut haben. Er war jedoch weit davon entfernt, sich befriedigt zu fühlen, und brütete beständig über die Möglichkeiten, die ihm die un bekannte Zukunft vorbehielt. Seine Lage war um so schwerer zu ertragen, als er sie seinem Sohne nicht erklären konnte, dem einzigen menschlichen Wesen, für das er eine starke natür liche Sumpathie empfand. Greif begriff nicht, WaS in seinem Elternhause vor ging. Die Atmosphäre war natürlich bedrückend, und wenn er nicht die meiste Zeit mit Hilda verlebt hätte, würde er seinen Vater um die Erlaubniß gebeten haben, sein Bündel zu schnüren. Er hatte die Veränderung in der Stimmung seiner Mutter von Anfang an bemerkt und sie täglich gefragt, ob sie sich noch nicht besser befinde. Klara wollte nickt zugesteben, daß sie krank sei, aber sie sah Greif mit einem Ausdruck an, an den er nicht gewöhnt war und der ibn nervös machte. Bisher war es ihm nie ganz klar gewesen, ob sie ihn liebe oder nicht. Als er ein Kind war, hatte sie ihn verwöhnt, so viel sie konnte, aber es war immer etwas in ihrer Art gewesen, ihm in Allem nachzugeben, daS selbst dem kleinen Knaben nicht eckt schien. Kinder lieben selten Diejenigen, die sie verwöhnen, und trauen ihnen nie mals. Ihr scharfer junger Verstand entdeckt die falsche Note in ihrem Charakter nnd zieht seine eigenen Schlüffe, die fast immer richtig sind. Greis batte, als er noch sehr jung war, herauSgefunden, daß seine Mutter ihm Alles gab, was er verlangte, nicht, weil sie ihn liebte, sondern weil sie zu schwach war, ihm etwas zu verweigern, und zu träge, sich um die Folgen zu kümmern. Er hatte sie unzuverlässig gefunden in Dem, WaS sie sagte, und nachlässig in der Erfüllung der kleinen Versprechungen, auf die ein Kind so große Hoffnungen baut. Greif hatte die Erfahrung gemacht, daß sein Vater ihm selten etwas ver sprach, aber daß es sich der Mühe lohnte, wenn es einmal geschah, und daß er in solchen Angelegenheiten sein Wort mit strengster Gewissenhaftigkeit hielt, auch wenn eS ihm noch so unbequem war. Er bewunderte deshalb seinen Vater und war stolz darauf, ihm nachzuahmen, während er sehr bald lernte, in seiner Mutter eine Person von geringerer geistiger Bedentung zu sehen, die nicht genug wußte, um zuverlässig in ihren Aeußerungen zu. sein, und nicht genug Selbstachtung besaß, um ihre Versprechungen zu halten. Ohne den Einfluß seines VaterS würde er wahrscheinlich dahin gekommen sein, ihr zu zeigen, was er fühlte, aber Greifenstein verlangte von ihm eine unabänderliche Ehrerbietung und Höflichkeit für seine Mutter, und niemals, auch in Augenblicken größter Vertrau-
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