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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 22.05.1897
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1897-05-22
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18970522024
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1897052202
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1897052202
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1897
- Monat1897-05
- Tag1897-05-22
- Monat1897-05
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Die Morgen-Ausgabe erscheint nm '/,? llhc. die Abend-Ausgabe Wochentags um 5 Uhr. Filialen: ktto Klemm's Eortim. (Alfred Hahn), Universitütsstraße 3 (Panlinum), Louis Lösche, Katharinenstr. 14, part. und Königsplatz 7. Ue-action und Lrpe-ition: Johannesgasse 8. Di« Expedition ist Wochentag- ununterbrochen geöffnet von früh 8 bi- Abend- 7 Uhr. BezugS-PreiS in der Hauptexpkdition oder den im Stadt bezirk und Len Vororten errichteten Aus gabestellen abgeholt: vierteljährlich ^l4.50, bei zweimaliger täglicher Zustellung in- Haus 5.Ä0. Durch die Post bezogen für Deutschland und Oesterreich: vierteljährlich 6.—. Directe tägliche Kreuzbandiendung in- Ausland: monatlich 7.LV. Abend-Ausgabe. K'tipMcr Tmlcblatt Anzeiger. Amtsblatt des Königlichen Land- nnd Amtsgerichtes Leipzig, des Aathes und Nolizei-Amtes der Ltadt Leipzig. Sonnabend den 22. Mai 1897. Mnzeigen.PreiS die 6gespaltene Petitzeile 20 Psg. Reklamen unter dem Redactionsstrich spalten) vor den Aamiliennochrlchte» (6gefpalten) 40/»^. Größere Lchristen laut unserem Preis« Verzeichnis. Tabellarischer nnd Zifsernjatz nach höherem Tarif. kkxtra-Beilagen (gesalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbeförderuch, 60.—, mit Postbeförderung ./L 70.—. Annahmeschluß für Anzeigen: Abend-Ausgabe: Vormittags 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittag- 4 Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je ein« halbe Stunde früher. Anzeigen sind stets an die Expedition zu richten. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig. 91. Jahrgang. politische Tagesschau. * Leipzig, 22. Mai. Im preußischen Abgeordnetenhause ist vor einigen Tagen bei Gelegenheit der ersten Lesung eines Gesetzentwurfes über das Strafverfahren bei Zuwiderhandlung gegen das Zollgesetz die im Reichstage immer und immer widerkehrende und nie gelöste Frage der Auslegung des Zolttarifes zur Sprache gekommen. Der Stand dieser Angelegenheit hat Ähnlichkeit mit dem Fürsten von Reuß ä. L. Leilioot sie hätten beide besser in das heilige römische Reich deutscher Nation mit seinen „Neichsfreiheiten", seinen Privilegien llo non axxellanllo und ähnlichen Raritäten, als in den nach den Gesetzen der Vernunft und auf dem Grundsatz Zu neeessarüs nnltas" aufgebau- tcn neuen deutschen Nationalstaat gepaßt. Das viele Latein im vorstehenden Satze wolle man jetzt damit entschuldigen, daß uns bei dem Nachdenken über die Sache die Erinnerung unseres anno 1694 selig verstorbenen Lands manns Monzambanos „vo statu imperii germrnicl" über mannt hat, eine Schrift, die keinen ärgeren staatsrechtlichen Widersinn schildert, als er auf dem Gebiete des Zoll wesens im heutigen Reiche herrscht. Wir haben e i n Zoll gesetz, aber jede bundesstaatliche Finanz-Verwaltung hat das Recht, es nach ihrem Verstände auszulegen, und sie machen alle davon — von ihrem Rechte notabene, nicht von ihrem Verstände — einen Gebrauch, daß den importirenden Kauf leuten und häufig auch Personen aus dem „Publicum", die sich Uwas von dem Auslande verschreiben, die Augen übergehen. Es ist zwar, die Wahrheit zu sagen, die Erfindung eines satirischen Schuftes, daß ein deutscher Finanzminister die zarten Wangen eingehender Jungfrauen als Sammet ver zollen lasse, während ein Eollege von ihm nur den auf feine Flcischwaaren gelegten Satz forderte, aber dieser Schuft hat feine Phantasie kaum mehr als einen Hahnentritt über die Wirklichkeit hinauSgehen lassen. Der Reichstag, das ist bekannt, hat Jahr für Jahr eine Reichs aus kunftsstel le und ein Neichszollgericht verlangt, damit erstens Diejenigen, die importiren wollen, bei ihrer Calculation den Zoll betrag richtig ansetzen und Diejenigen, die importirt haben, ohne Ansehen der engeren Vaterlandsangekörigkeit an ihrem Gute gebüßt werden können. Aber die Negierungen wollten nicht, Bismarck sollte da absolut „nix to seggen" haben. Nun haben die Nationalliberalen im Reichstage als die hundsföttischen Opportunisten, die sie nun einmal sind, eine ganze Reihe Pflöcke zuriickgesteckt und einzelstaatliche Regelung vorgeschlagen. So nämlich, daß in jedem Bundes staate eine königliche, resp. großherzogliche, resp. herzogliche, resp. fürstliche Auskunftsstelle errichtet wird, die auf Anfrage zu sagen hat, was zollverpflichtet ist, wohlverstanden „mit der Maßgabe", daß hinterher die Finanzverwaltung keinen höheren Zoll als den von der Auskunstsstelle bezeichneten fordern darf. Der Graf PosadowS ky meinte, das ginge an. Wir hätten ihm gleich sagen können, daß es nicht geht, wenigstens, daß so gut wie nichts geholfen ist, wenn der Philipp Maierle in Ulm und sein Vetter Ulrich Maierle in Neu-Ulm sich zuvor erkundigen können, was sie für eine bestimmte Waare an Zoll zu entrichten haben, wenn sie aber, obwohl sie sich jeden Abend zu Fuß zum Schoppen zusammenfinden können, verschiedene Auskünfte be kommen, weil der eine in Stuttgart, der andere in München bcschieden wird. Daß es nicht geht, hat nun auch der preußische Finanzminister vr. v. Mi quel im Abgeordnetenhause erklärt. Ueber strittige Zollfragen könne nur eine — vom Reiche begründete — Stelle rechtsverbindliche Auskunft geben, aber die Einzelstaaten würden schwerlich u. s. w. Der jetzige Zustand aber schreit zum Himmel und wir machen allen Ernstes den Vorschlag, die schöne Bundcstagszeit wieder aufleben zu lassen, sich außerhalb des BundeSrathes von Staat zu Staat, „auf diplomatischem Wege", über eine Zollauskunftsstelle der Staaten des deutschen Zollgebiets zu verständigen; deren gesetzliche Grundlage wäre beileibe nicht mit dem Reichs tage, sondern mit den Einzellandtagen sestzulegen. Nach gutem sächsischen Brauche wären wir auch zu allen möglichen Zugeständnissen hinsichtlich der Etikette bereit. Nürnberg ist unsers Wissens schon früher als politisch ge eigneter Ort für die Central-, xaräon! gemeinsame Stelle ge nannt worden. Noch besser vielleicht, man wählte Luxem burg als Sitz, das auch zum Zollverein gehört, ohne daß seine Regierung eine deutsche Bundesregierung wäre. Dann könnte sich Niemand zurückgesetzt fühlen. Der Bericht der VcreinSgcsctzcommission des preußischen Abgeordnetenhauses wird in kürzester Frist von dem national liberalen Abgeordneten I)r. Oswalt fertig gestellt sein. Nach den gegenwärtigen Dispositionen soll er am Montag verlesen und am Mittwoch auf die Tagesordnung gesetzt werden. Vielleicht läßt sich dies schon für den Dienstag ermöglichen, so daß zwei Tage dafür zur Verfügung stehen, falls die Redelust so bedeutend sein sollte. Wahrscheinlich ist daS nicht, denn die konservative Presse ist seit dem Eintreten des Prinzen Hohenlohe — den man doch nicht unter die Demokraten und Staatsfeinde werfen kann — für das Nothvereinsgesetz im Reichstage recht zurückhaltend geworden und im freiconservativen Lager scheint man sich sogar mit der Frage zu beschäftigen, ob es nicht rathsam sei, dem Gesetzentwürfe in der Form, in der er aus der Commission hervorgegangen ist, zuzustimmen. Wenigstens schreibt heute die „Post": „Wenn das Stimmenverhältnis in der Commission für die Be- urtheilung des Ausfalles der Plenarberathung zu Grunde gelegt wird, so gicbt es nur zwei Wege, um zu einem positiven Er- gebniß zu gelangen. Entweder die beiden conservativen Fraktionen vereinigen sich mit den Nationalliberalen zur Annahme eines Gesetzes aus der Grundlage und im Rahmen der Commissionsbeschlüsse, oder die bloße Aushebung des Verbindungsverbots wird gegen die Stimmen der beiden conservativen Fraktionen be schlossen. Letztere Eventualität hängt freilich auch von einer Reihe von Wenn und Abern ab. Es gicbt allerdings noch eine dritte Möglichkeit, weil die Zahlenverhältnisse im Plenum nicht dem der Commission genau entiprechen und weil außerdem vielleicht die Stellung einiger Abgeordneten nicht so entschieden ist, wie die ihrer Parteigenossen in der Commission. Allerdings ist ein Erfolg in dieser Beziehung von der unveränderten Wieder- einbringung der Artikel I und III nicht zu erwarten. Soweit Aussicht auf einen solchen überhaupt vorhanden ist, hängt er an scheinend davon ab, Laß es gelingt, die Fassung der Artikel I und III direkt oder mittels Umschreibung bestimmt aus Be strebungen zuzuspitzen, welche die Grundlagen des Staates untergraben oder den Bestand des Staats gebiets bedrohen. Für die weitere taktische Behandlung der Sache kommt in Betracht, daß von der Freisinnigen Bolkspartei die Parole ausgegeben wird, auf jeden Fall ein positives Er- gebniß im Landtage zu verhindern. Der Zweck ist klar; die Regierung soll in die Zwangslage gebracht werden, entweder unter das kaudinische Joch des Reichstagsnothvereinsgesetzes sich zu beugen oder den Kampf mit der Neichstagsmehrheit in der ungünstigen Lage aufzunehmen, die Erfüllung der Zusage des Herrn Reichs kanzlers im Wege der Landesgesetzgebung nicht erreichen zu können. Diese Erwägung verstärkt das Gewicht der Gründe, welche ohnehin dafür sprechen, in der laufenden Session die jetzige Campagne aus dem Gebiete des Bereinsrechts zum Abschluß zu bringen, sehr erheblich." DaS sieht einem Einlenken auf die von den National liberalen eingeschlagene Bahn sehr ähnlich. Jedenfalls ist eine Spekulation auf die Umstimmung eines TbeileS dieser Fraktion aussichtslos, denn die „Nat.-Lib. Corr." erklärt heute auf das Bestimmteste: „Reden und Anträge können, soweit die Stellung der national liberalen Fraktion in Betracht kommt, nichts ändern; der in der Commission präcisirte Standpunkt wird unverrückt aufrecht erhallen werden; wir können nicht dringend genug dazu mahnen, alle Spekulationen aus die geringe Mehrheit, soweit etwa die Nationaltiberalen in Betracht kommen, fahren zu lassen. Sie werden nicht nur auf ihren bisher vertretenen Grundsätzen beharren, sondern auch bis auf den letzten Mann auf dem Posten bei der Entscheidung sein. Dadurch wird es vollkommen gleichgiltig, wie sich die Conservativen verhalten. Stimmen sie, wie Graf Limburg-Stirum ankündigte, gegen die ganze Vorlage, dann wird diese sofort fallen. Wollen sie sich dem nationalliberalen Staudpunct fügen, dann kommt die Vorlage zwar ans Herren- Haus und von diesem sehr wahrscheinlich in dem alten Zustand „verbessert" zurück. Dann wird sie eben wieder abgewicjen und das geschieht auch, wenn irgend welche Scheinamendcments erfolgen sollten, um die klare Stellung der nationalliberalen Partei zu verwirren. In diesem Fall, wo also die Gesetzgebung in Preußen versagt, stände dann die Regierung vor der un- abweisbaren Pflicht, das vom Reichstag beschlossene Nothgesetz anzunehmen, das das Verbindungsverbot ohne den Ausschluß der Minderjährigen aufhebt. Zu der Nieder lage in Preußen hätten sie dann auch noch Len Schaden. Wir erneuern daher den Rath, daß sie sich unzweideutig in der zweiten Lesung auf den Boden der Coinmissionsbejchlüsse stellt, um so aus alle Fälle für die Beschliebungen des Bundesraths, deren Ziel fest steht, die Position zu haben, die sie als Vertreterin des größten Bundesstaates nicht entbehren kann." Trotz des Waffenstillstandes auf dem griechisch- türkischcn Kriegsschauplätze haben nach Meldungen vom Donnerstag die Feindseligkeiten im OthrySgebirge fort gedauert, man glaubt wegen der Differenzen bei der Fest stellung der Demarkationslinie. Außerdem wurde nach einer Meldung der „Post" aus Saloniki vom gleichen Tage ein unter türkischer Flagge segelndes Schiff auf der Höhe von Platamona von einem griechischen Schiffe in den Grund ge bohrt, wobei drei Mann der Besatzung ertranken. Ob dem gegenüber die unS unterm gestrigen Datum aus Konstantinopel zugehende Nachricht, auf beiden Kriegsschauplätzen herrsche, wie die Pforte den Botschaftern amtlich mitgetheilt habe, Waffen ruhe, auf Glaubwürdigkeit Anspruch machen kann, muß dahingestellt bleiben. So viel aber scheint festzustehen, daß die Bereitwilligkeit der Türkei zum Abschluß eines Waffenstill standes auf Griechenland nicht ganz die günstige Wirkung aus übt, die die Mächte davon erwarten durften. Statt dankbar anzuerkenuen, daß die schwerste der türkischen Friedens bedingungen, die Annexion Thessaliens, durch Len Einspruch der Mächte so gut wie beseitigt sein dürfte, spricht man in Athen von der Verweigerung aller türkischen Forderungen oder gar von einem Nevanchekrieg. Daneben bemüht man sich, durch die Presse den Glauben zu verbreiten, der Waffenstillstand sei von den Mächten lediglich aus Besorgniß vor dem griechischer- seitö angcdrohtcn Volkskriege herbeigeführt worden, während es doch auf der Hand liegt, daß Griechenland diese Schutz wehr gegen daS weitere Vordringen der Türken lediglich seiner Dynastie zu verdanken hat, in deren Interesse die Mächte ihr Wohlwollen bethätigt haben, jedenfalls aber nickt mit dem Hintergedanken, das Königreich der Hellenen müsse stark genug bleiben, um nach ein paar Jahren einen Vergeltungökrieg führen zu können. Aus Allem geht hervor, daß Griechenland noch weit entfernt ist von einem loyalen Entgegenkommen, wie es nach einem beispiellos leichtsinnig begonnenen und durchgeführten Kriege dem Besiegten ziemt. Diese Haltung ist nm so unklüger, als sie es den Mächten erschwert, bei der Pforte durch Hinweis auf die Nachgiebigkeit des Gegners eine Ermäßigung der Friedens bedingungen durchzusetzen. Da keine Mackt gewillt ist, die Kriegsschuld Griechenlands aus ihrer Tasche zu erstatten, andererseits aber auch nicht darauf gerechnet werden kann, daß Griechenland ohne ausreichende Garantie seinen Verpflichtungen Nachkommen werde, so fragt man sich vergebens, welche Mittel Europa zur Sicherung des Vermittelungswerkes in ter Hand behalten würde, wenn der Türkei die Räumung Thessaliens auferlegt werden, sollte, ohne daß vorher griechischerseilS eine Gewähr für die loyale Erfüllung des von den Mächten als berechtigt anerkannten Theiles der Friedensbedingungen geleistet worden wäre. Der neueste Vorstoß der Griechen in Epirus kann nur vollends dazu dienen, die Action der Mächte zu stören. Kommt dazu, daß der griechische Ministerpräsident die im Grunde lächerliche Forderung stellt, dem Waffenstillstand müsse die Rückkehr der beiderseitigen Truppen in die vor dem Kriege innegehabten Stellungen, d. h. die Räumung Thessaliens seitens der Türken, vorhergehen, so bleibt nur die Vermuthung, daß man dieTürker zum Vormarsch nach Athen aufreizen möchte, in der Hoffnung, daß dadurch die eine oder andere Macht zu einer Intervention gezwungen würde. Diese Spekulation könnte indessen leicht fehlschlagen. Wenn neuerlich der Gedanke auf taucht, die Lösung der griechisch-türkischen Streitfrage durch eine Conferenz herbeizuführcn, so hat man es lediglich mit einem Fühler von griechisch-englischer Seite zu lhun. Eine Conferenz könnte den Auötrag des Conflictes nur verzögern und das jetzt endlich klare Situationsbild zu Gunsten Griechenlands wieder verwischen. Dem Conserenzproject gegenüber verharrt die deutsche Negierung auf ihrer ablehnenden Haltung, und daS Gleiche darf man von Oesterreich-Ungarn und Rußland voraussetzen. AuS Zanzibar kommt die Nachricht, daß dort vor Kurzem Baua Heri, der frühere sogenannte Sultan von Useguha, gestorben ist. Die Person Bana Heri'S ist aus den Kämpfen im ostafrikauischen Aufstand Wohl noch in Aller Erinnerung. Während unter Buschiri der Aufstand im Wesentlichen den Charakter des Parteigängerkrieges trug, nahm derselbe unter Bana Heri eine mehr politische Färbung an. Er fühlte sich als unabhängiger Sultan von Useguha und hat niemals die Rechte des Sultans von Zanzibar als Oberherrn des Landes oder auch nur des Küstenstreifens anerkannt. Sein Hauptsitz war bekanntlich Saadani. Nachdem dasselbe sechs Mal während des Aufstandes zusammengeschossen war, zog Bana Heri mit seinen Anhängern sich in das Hinterland, nach Mlembule und Palamaka zurück, wo er mehrere starke Verschanzungen errichtete. Es bedurfte eines großen Machtaufgebots, um seiner Zeit die von ihm eingenommenen Stellungen zu nehmen. Im April 1890 wurden dann durch seinen Schwiegersohn Omar Friedensverhandlungen eingeleitet, und Fenrllstsn-. Zwei Frauen. IOj Roman von F. Marion-Crawsord. Nachdruck verboten. Er Wurde plötzlich durch Bauer unterbrochen, der auf gestanden war, jetzt dicht vor ihm stand und, seine Mütze be rührend, sich steif verbeugte. „Verzeihung", rief er mit barscher Stimme, „mein Name ist Bauer aus Köln, ich muß Sie bitten, den Rhein nicht an einem öffentlichen Ort zu beschimpfen." Greif sprang sofort von seinem Sitz auf, sehr erstaunt, daß Jemand unter einem solchen Vorwand Händel mit ihm suchte. Ehe er jedoch antworten konnte, war Rex ihm zuvor gekommen. „Halten Sie Ihren Mund, Sie einfältiger Knabe", rief er in einem Tone, der durch den weiten Saal schallte. „Prosit!" knurrte Bauer. „Wer sind Sie, wenn ich bitten darf?" „Mein Name ist Rex. Meine Freunde, die Schwaben, werden diese Angelegenheit für mich ordnen." „Auch ich wünsche die Klinge mit Ihnen zu kreuzen." „Prosit!" brummte Bauer wieder. Er nahm die Karte, die Rex ihm anbot, und mit kaum bemerklichem Gruß drehte er sich auf seinen Fersen um und entfernte sich. Greif sah ihm einige Sekunden nach. Sein Gesicht drückte Aerger über diesen Streit auS, und ein Schatten von Zorn verdüsterte seine sonst so heiteren Züge. „Setzen Sie sich", forderte ihn Rex auf. „Wir müssen gleich fort", sagte dieser, mechanisch auf seinen Sitz niedergleitend. „Morgen früh sind mehr als ein Dutzend Duelle auSzufechten und ich will vor dem Frühstück mit diesem Burschen fertig sein." „DaS heißt, ick werde eS thun", bemerkte Rex, Bleistift und Kalender in die Tasche steckend. „Sie?" rief Greif überrascht. „Weshalb nicht? Ich kann e« verlangen. Ich beleidigte ihn gehörig, ehe Sie ihn herausforderten." „Wollen Sie sagen, daß Sie, Rex, ein nüchterner alter Student von der Himmel weiß wie vielen Semestern mit dem Schläger zu einer Paukerei gehen wollen, wie einer von un»?" „Ja, und ich verlange von Ihnen, als dem Haupt Ihres Corps, die Sache für morgen früh für mich zu ordnen." „Sie bestehen darauf? Wie lange ist es her, seit Sie sich zum letzten Male geschlagen haben? Ihr schöner brauner Bart würde mir leid thun, wenn eine Tiefguart Sie nöthigte, ihn abzunehmen." „Ja, mein Freund, ich bestehe darauf. Sorgen Sie sich nicht um meinen Bart. Der junge Mann wird für manches Semester das Fechten aufgeben, wenn ich mit ihm fertig sein werde." „Waren Sie früher ein so famoser Schläger?" „Nein. Aber mit Herrn Bauer werde ich es schon auf nehmen." „Das möchte ich nicht so bestimmt behaupten", sagte Greif kopfschüttelnd. „Er ist einer der Besten und kam sicher nur aus dem Grunde hierher, weil er mit mir, der als der beste Schläger auf dieser Universität gilt, einen Streit vom Zaun brechen wollte. Sie sollten auf Ihrer Hut sein." „Fürchten Sie nichts für mich. Geben Sie und bringen Sie diese Angelegenheit in Ordnung! Ich will hier bleiben, bis Sie zurück sind." Greif war erstaunt über seines Freundes Entschlossenheit, obwohl er keine andere Wahl hatte, als zu thun, waS er verlangte. Er eilte in die Brauerei, wo er sicher war, den zweiten Chargirten seines Corps und wahrsckcinlich ein Dutzend seiner anderen Commilitonen zu treffen. Er konnte nicht be greifen, weshalb Rex sich in den Streit gemischt hatte, und war ärgerlich, seine eigene Sache mit Bauer nicht uuverweilt zum Austrag bringen zu können. Bei dem Eintritt in das Zimmer, in dem seine Freunde saßen, wurde er durch ein Chor freudiger Zurufe begrüßt. Einige jüngere Studenten sprangen ihm entgegen, um ihm bei dem Ablegen seines Ueberziehers behilflich zu sein. Der zweite Chargirte, ein stämmiger Bursche mit vielen Narben un Gesicht und einer Hand wie ein westfälischer Schinken, machte Greif neben sich Platz. „Wir batten einen Streit", bemerkte Greis, als er am Tisch Platz genommen und auf die Gesundheit aller Anwesenden getrunken hatte. „Ah, das ist eine schöne Sache", lachte der zweite Chargirte. „Erzählen Sie uns Alles!" Er trank den Nest auS seinem riesigen Bierkrug und reichte ihn einem FuchS, ihn von Neuem füllen zu lassen, dann that er einen Zug aus seiner Pfeife und setzte sich zurecht, um aufmerksam zn- zuhören. „Wir batten einen Streit im Palmengarten", berichtete Greif, „Rex und ich." „Sie hatten einen Streit mit Rex?" unterbrach ihn der zweite Chargirte. Er und alle seine Gefährten verabscheuten Rex, weil er Ihnen Greif entzog. „Nein, das ist es nicht. Einer von den Nhenanen hat mit uns Beiden Streit angefangen. Er nannte sich Bauer. Rex schalt ihn einen einfältigen Knaben und befahl ihm, den Mund zu halten, ehe ich sprechen konnte." „Rex!" riesen alle Studenten im Chor. „Das ist ja famos", lachte der zweite Chargirte, „vor ausgesetzt, daß er sich schlägt." „Rex ist mein Freund", bemerkte Greif ruhig. „Ich wollte mich zuerst mit Bauer schlagen, aber Rex erhob Ein spruch dagegen und wendete sich an mich, als den Senior unseres Corps, um die Angelegenheit sofort zu erledigen. Er wünscht morgen früh mit den klebrigen loszugehen." „Prosit!" lachte der zweite Chargirte. „Wir hielten ibn für einen Philister. Er muß vierzig Jahre alt sein!" rief es von allen Seiten. „Da er eS verlangt, müssen wir seinen Wunsch ge währen", bemerkte Greif. „Das ist Ihre Sache, Freund", wendete er sich an den zweiten Chargirten. Es wäre gut, wenn Sie ohne Verzug den zweiten Chargirten der Rbcnancn aufsuchten. Rex erwartet die Antwort im Palmengarten. Vergessen Sie nicht, daß er entschlossen ist, sich ungesäumt zu schlagen." Der junge Mann machte sich sofort auf den Weg. „Sie wollen doch nicht fort?" fragten die Studenten, als Greif sich anschickte, ihm zu folgen. „Ich darf Rex nicht warten lassen", antwortete Greif. „Lassen Sie ihn bitten, hierher zu kommen. Wenn er wirklich beabsichtigt, sich zu schlagen, so ist er kein solcher Philister, wie wir glaubten", riefen Mehrere. „Wenn eS Ihnen angenehm ist, will ich nach ihm schicken", antwortete Greiss „Hier, kleiner FuchS", redete er einen bartlosen jungen Menschen an, der schweigend am unteren Ende des Tisches saß, „gehen Sie in den Palmen garten und sagen Sie, Greifenstein lasse Herrn Rex bitten, hierher zu kommen." Der junge Mensch erhob sich, ohne eine Wort zu sagen, und verließ das Zimmer. Greif war sein Abgott, dem er nachzuahmen strebte und dem er gehorchte wie ein Lamm. „War Rex jemals in einem Corps?" erkundigte sich einer der jungen Leute, die Greif gegenüber saßen. „Möglich", antwortete Greif. „Jedenfalls wird er morgen unser Gast sein. Ich leere dieses volle Glas auf die Gesundheit aller guten Schwaben, und mögen die gelben und die schwarzen Schläger gute Arbeit verrichten, gleichviel ob in der Hand eines Gastes oder eines CorpSburschen. Eins, zwei und drei! Die Schwaben koch!" „Hoch! hoch! hoch!" brüllten zwanzig jugendliche Stimmen. „Hier kommt er!" rief ein Student, als die Thür sich öffnete und Rex, von dem Fuchs begleitet, erschien. Alle Anwesenden erhoben sich, wie gewöhnlich, wenn ein Gast unter solchen Umständen eingeführt wird. Rex ver neigte sich lächelnd. Er war schon ost der Gast der Schwaben gewesen und kannte alle Anwesenden. Wenige Augenblicke später saß er zu Greif's Rechten. Greif klopfte auf den Tisch. „Corpsbrüder", begann er, „unser Freund Rex kommt heute nicht zu unS wie gewöhnlich, um mit uns gemeinschast- lich zu trinken und zu singen. Er ist beute unser Waffenpaß. Trinken wir auf sein specielleö Wohl!" „Auf Ihr specielleö Wohl!" rief jeder Student, sein Glas Rex cutgegenhaltend, und dann einen kurzen Schluck trinkend. Rex erhob sich, bewegte sein GlaS im Kreise und sein Blick wanderte nm den Tisch. Er verneigte sich dankend und setzte sich wieder. Die Unterbaltnng wurde immer lauter und lebhafter. Rex erzählte Erlebnisse aus seiner Studienzeit in geistvoller und gefälliger Weise und gewann die Gunst der jungen Leute mehr und mehr. „Eine Gesundheit Euch Allen", schloß er, sein volles GlaS leerend. „Ach, daS ist schön", tagte die Stimme dcS zweiten Chargirten, der mit stählendem Gesicht in das Zimmer trat, „hinaus mit den Füchsen, wir haben für einige Minuten Geschäfte". Die Füchse, die nicht berechtigt waren, den Beratbungen der älteren Studenren in solchen ernsten Angelegenheiten beizuwohnen, erhoben sich und gingen mit ihren Pfeifen und Trinkgefäßen hinaus. Der zweite Chargirte nahm seinen Platz wieder ein. „Nun?" fragte Greif. „Ist Alles geordnet?" „Ja. DaS Kameel wünschte zuerst mit Ihnen zu fechten.
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