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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 30.05.1897
- Erscheinungsdatum
- 1897-05-30
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-189705305
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18970530
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18970530
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1897
- Monat1897-05
- Tag1897-05-30
- Monat1897-05
- Jahr1897
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 30.05.1897
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8eiW W AiMr Lagedlall mü AHM Ar. ü/L tzRiilU, M. M M ÄUgemeiuer deutscher Lehrerinnenverein. 8 Der Allgemeine deutsche Lehrerinnenverein, der zu Pfingsten seine Generalversammlung in Leipzig halten wird, wurde 1890 gegründet, nachdem in ollen Theilen Deutsch lands unter den Lehrerinnen eine Reformbewegung zu Gunsten ihrer Bildung und Stellung, sowie der Erziehung des weiblichen Geschlechts im Allgemeinen begonnen hatte. In den Vorstand wurden gewählt: Frl. Helene Lange, Berlin, Frau Marie Löper» Housselle, Ispringen, Frl. Helene Adel mann, London, Fräu lein Febronie Rommel, Straßburg, Frl. Lina Langerhannß, Leipzig. Frl. Auguste Schmidt, Leipzig, wurde zur Ehrenpräsidentin ernannt. Der Verein zählt heute über 10 000 Mitglieder. Insbesondere erstrebt er eine größere Betheiligung der Lehrerinnen an dem Unter- richte in Len öffentlichen Mädchenschulen. 1891 richtete er an die Regierungen verschiedener deutscherStaaten ein Gesuch um Schaffung von Bildungsgelegenheiten für wissenschaftliche Lehrerinnen. 1894 erschienen in Preußen die „Bestimmungen über das Mädchenschulwesen", in welchen die Regierung anordnete, daß an den öffentlichen höheren Mädchen schulen mehr Lehrerinnen angestellt würden. Nachdem der Verein in weiterer Verfolgung dieser Sache um Errich tung staatlicher Vorbereitungscurse für das Oberlehrerinnen- exainen gebeten hatte, verlieh die preußische Regierung dem Viktoria-Lyceum zu Berlin einige Stipendien, die Lehrerinnen, welche die Oberlehrerinnen-Prüfung ablegen wollten, ein Studium ohne Nebenerwerb ermöglichen sollten. Der Verein selber warf die Summe von 400 jährlich ^zur Unter stützung stndirender Lehrerinnen aus. Zur Berathung über die Bildung und Prüfung von Oberlehrerinnen ernannte die General versammlung von 1895 eine besondere Commission. Die Beschlüsse derselben sollen der diesjährigen Generalversammlung von der Vor- sitzenden Fräulein Helene Lange selbst vorgelegt werden. Einer der selben lautet: „Die Oberlehrerinnen werden aus besonderen Anstalten gebildet, mit der Möglichkeit jedoch, Universitätsvorlejungen zur Ergänzung ihrer Bildung zu benutzen." Die öffentlichen Ver sammlungen finden in der höheren Schule für Mädchen, Schletterstraße 7, statt; den 7. Juni beginnen sie um 4 Uhr, den 8. Juni um 3 Uhr. In Bezug auf die Tagesordnung ver weisen wir auf den Anzeigentheil dieses Blattes. Da die Be strebungen Les Vereins von Hohem Interesse sind, empfehlen wir Eltern, Lehrern und Lehrerinnen den Besuch der Versammlungen. Äus dem Geschäftsverkehr. k Qbstweinschänke ,,Schlaf; Tcbrahos" iu Eutritzsch. Tie Vorzüge der Obstweinschänke sind schon Les Oefteren an dieser Stelle hervorgehoben worden und werben auch von Einheimischen und Fremden hinreichend gewürdigt. Zum Ausschank gelangt nur Wein aus der mit den höchsten Auszeichnungen decorirten Freih. von Friesen'schen Garten-Direction Rötha i. S. Auf das Conditorei- sowie Küchendepartement fei speciell aufmerksam gemacht. Auch auf der Ausstellung ist obiger Ausschank vertreten und zwar in der Schmiede des Thüringer Dörfchens. Ter aufmerksame Wirth, Herr Albrecht, bat hier auch für musikalische Unterhaltung Sorge ge tragen. Der Besuch der Lbstweinschänke Schloß Debrahof und der Schmiede im Dörfchen sei bestens empfohlen. Ter im Brockengebiete am Fuße des 968 w hohen Wurmberges gelegene Ort Braunlage hat infolge seiner geschützten, in der Thal wundervollen Lage einen ungeahnten Aufschwung genommen. Un ermeßliche Nadelwälder mit anerkannt vorzüglich gepflegten Wegen jeder Steigung lassen den Aufenthalt besonders angenehm erscheinen. Der Monat Juni ist der schönste im Harze, denn nunmehr setzen die Tannen und Fichten die frischen Triebe an und verleihen dem Walde jenes entzückende Aussehen, das dem Auge so wohlthut. Die Leipziger werden besonders gute Aufnahme finden im Familienpensionat des Herrn Turnlehrer Wortmann, der Lurch seine Ferien- und Harz- Wanderungen bestens in Leipzig bekannt ist. Bericht über die Frequenz im Asyl für männliche Obdachlose, Tdalstraße Nr. 28, in der Zeit vom 22. bis 29. Mai 1897. Zunghähnel's Noßweiner Zanger., Seit einigen Tagen treten in Trojahn's Schützenhaus, dem gernbesuchten Vergnügungs-Etablissement in L.»Sellerhausen, die hier von Alters her im besten Ansehen stehenden Roßweiner Sänger unter Herrn O. Junghähnel's Direktion mit bestem Erfolg wieder auf und man darf sagen, daß dieser Erfolg ein berechtigter und der den einzelnen Mitgliedern Les Ensembles gezollte reiche Beifall ein vollauf verdienter ist. Denn sie verstehen es Alle wahr lich ganz vortrefflich, das stets zahlreich anwesende Publicum auf das Beste zu unterhalten und zu erheitern. Bei dem abwechslungsreichen, jederzeit gewählten Programm bieten sie eine Menge des wirtlich Schönen und es kommen dabei der Solo- wie der Quartett gesang, Jnstrumentalvorträge, ebenso wie humorvolle Zusammen spiele zu ausgezeichneter Geltung. Es soll hier nicht auf die Einzel heiten des stets gut zusammengestellten Programms eingegangen sein, aber es verdient erwähnt zu werden, daß die Vorstellungen am Himmelsahrts- und den darauffolgenden Tagen unter der Mit wirkung des ausgezeichneten Salonhumoristen und Charakterkomikers Herrn Merker aus Dresden aufs deutlichste bewiesen, über welch reiches Repertoir die Sänger verfügen. Im Ouartettgesang sind es die Herren Winkler, Höfer, Bär und Junghähnel, welche das Publicum mit ihren gewählten Vorträgen erfreuen, während Herr Gläjerals gewandter Instrumentalist sich präsentirt, dessen Vielseitig keit von früherher hinreichend bekannt und auch verdienter Maßen immer gewürdigt worden ist. Derselbe versteht es, in ernsten wie in Literatur. Lstasiatische Fragen. China. Japan. Korea. Altes und Neues von M. v. Brand. Berlin. Verlag von Gebrüder Partei 1897. (Preis 7 ./r, geb. 9 ^) Wenn auch augenblicklich die Wirren im europäischen Orient, der griechisch-türkische Krieg und die etwaigen weltpolitischen Consequenzen desselben die allgemeine Aufmerksamkeit fast ausschließlich in Anspruch nehmen, so unterliegt es doch keinem Zweifel, daß das ostasiatische Problem nicht das Ge ringste an Aktualität verloren hat, ja daß es bei der gegenwärtig auf dem diplomatischen Schachbrett im Gange befindlichen Partie eine hervorragende, wenn nicht die entscheidende Rolle insofern spielt, als es Rußland wegen seiner großen, weitausblickenden Pläne im fernen Osten verhindert, den gordischen Knoten zu durchhauen und zu einer Politik gegen England inter arinu überzugehen. Ein richtiges Ver- ständniß der griechisch-türkischen Episode der orientalischen Frage wird man daher nur gewinnen, wenn man fortgesetzt die Vor gänge der letzten Jahre, wie die Ereignisse der Gegenwart in Ost- asien und den nie ruhenden Kampf der Interessen Englands, Ruß lands, Frankreichs und in gewisser Beziehung auch Deutschlands in Peking und Tokio im Auge behält. Wie äußerst schwierig dies freilich wegen der großen Entfernung jener Länder und der Unzuverlässigkeit der durch die verschiedensten Interessen beeinflußten Berichterstattung ist, hat man zur Genüge während des chinesisch, japanischen Krieges gesehen, und man kann daher dem Verfasser der Aufsätze in dem vorliegenden ca. 370 Seiten starken Buche nicht dankbar genug sein, daß er nicht nur eine Fülle historischen und statistischen Materials in objectiver Weise zusammengetragen hat, um das Verständniß für die einzelnen in Betracht kommenden Cardinalfragen vorzubereiten und zu erleichtern, sondern auch aus dem sehr ausgiebigen Schatze seiner langjährigen an Ort und Stelle gemachten Erfahrungen. — Herr von Brand war bekanntlich längere Zeit deutscher Gesandter in Peking — das Wissenswertheste in allgemein-verstänblicher und anziebender Form mitgetheilt hat. Man weiß, Laß der Verfasser nicht zu den schwärmerischen Ver ehrern Japans und seines überstürzten „Cultur"-Fortschrittes ge- hört, daß er andererseits nicht die Verachtung theilt, welche man in Europa gemeinhin dem „kranken Manne Ostasiens" entgegen bringt, aber, mag Herr von Brand immerhin hier und da Partei sein, im Großen und Ganzen, das müssen wir gestehen, macht seine Darstellung durchaus den Eindruck ehrlicher, gewissenhafter Objektivität; jedenfalls schreibt er überall aus vollster Ueberzeugung, und daß er die Fähigkeit, auch Andere zu überzeugen, besitzt, hat sich ja nach Abschluß des Friedens von Schimonoseki gezeigt, als hauptsächlich aus seinen Einfluß hin, nicht blos an maßgebendster Stelle im Reiche, sondern auch in der öffentlichen Meinung Deutschlands ein gewisser Umschwung des Urtheils zu Gunsten Chinas sich bemerkbar machte und die Sympathie für Japan sich etwas abzukühlen begann. Aus dem reichen Inhalt des Buches heben wir nur die folgenden Capitel hervor: Japan, Zwei Episoden der japanisch-koreanischen Be ziehungen, Edina und seine politische Beziehung zur Außenwelt, Ostasiatische Problems,' Die Koreanische Frage, Was in Ostasien ge schehen muß, Ter chinesisch-japanische Conflict, Zur ostasiatischen Frage, Ter französisch-siamesische Friedensschluß, Zwei asiatische Staatsmänner (Ito und Li) und Li-Hung-Tschang's Weltreise und die chinesische Diplomatie. Das letztgenannte Capitel und die Skizze über den Bismarck Chinas sind zweifellos das Beste, Interessanteste und Lehrreichste, vielleicht auch das Sarkastischste, was über diese Themata veröffentlicht worden ist. —sp dem Ernste und dem Gestaltungsvermögen des jugendlichen Com- ponisten. Die Ausführung war 'einem aus Schülern zusammen- gesetzten Streicherchor und-einigen berufsmäßigen Musikern (Bläsern) anvertraut, denen sich der Componist am Flügel anschloß; Herr BvrcherS leitete das Ganze, das sich sicherlich, von einem vollen Orchesters ausgeführt, noch wirkungsvoller gestaltet hätte. Die Cantate von G. Borchers besteht aus einigen Jnstrumentalsätzen, mehreren Chören und Soli für Sopran bezw. Baryton, welch letztere von dem Untertertianer Wilhelm Kranichfeld resp. Herrn vr. H. Barge, einem früheren Nicolaitaner, gesungen wurden. Die Composition trägt einen wesentlich festlichen Charakter und ent- spricht demnach ihrem Zwecke in anzuerkennender Weise; die Be handlung der Stimmen, sowohl in den Chören als in den Soli, ist durchaus angepaßt dem Ausführungsvermögen des Schülerchors; Alles ist sangbar und nicht zu schwierig: man dürfte dies von einem Sänger, wie Herrn Borchers, wohl auch nicht anders erwarten. Recht hübsche Einzelheiten bringt die Orchesterpartie, die auf gleiche Weise ausgeführt wurde wie die des Vorspiels. Gab sich der kleine Sopranist redliche Mühe, trotz-seiner, noch dünnen Stimme seiner Aufgabe gerecht zu werden, so bot Herr l)r. Barge, der eingehende Gesangsstudien bereits gemacht hat, sehr Rühm liches. Mit Auszeichnung zu nennen sind die Solovorträge deS Untersecundaners Lothar Böhme, der eine Rhap- sodie für Violine von M. Hauser mit löblichster Reinheit und gutem Strich spielte, des bereits genannten Gustav Brecher, der die X äur-Sonate op. 110 für Clavier von Beethoven mit gutem Verständniß vortrug, und die Gesangsvorträge des Herrn Borchers, die in drei Liedern: „Ich liebe Dich" von Beethoven, „Nacht und Träume" von Fr. Schubert und „Frühlingsnacht" von R. Schumann bestanden. TaS letzte Lied mußte Herr Borchers aus allgemeines Verlangen wiederholen. Mit dem Halleluja aus dem Oratorium „Messias" von Händel, dessen Ausführung ebenso wie die der übrigen Chöre der segensreichen Wirksamkeit des Herrn Borchers als Gesangslehrer das beste Zeugniß ausstellte, schloß die Feier. -Das ziemlich zahlreiche Publicum spendete sämmtlichen Vorträgen reichsten Beifall. Wie wir hören, hat die zu einem guten Zwecke veranstaltete Aufführung auch einen hübschen pekuniären Erfolg erzielt. -e- * Die hochgeschätzte Leipziger Sängerin Frau Bertha Knappe von Knappstaedt, die in einer großen Anzahl von Städten, darunter Leipzig, Stuttgart, Berlin, Wiesbaden, Mainz und vielen anderen, hochbedeutende Erfolge erzielte und in verhältnißmäßig nur kurzer Zeit sich einen ehrenvollen Ruf, sowie die Gunst des Publi- cums erworben hat, gedenkt in der kommenden Saison ihre künst lerische Thätigkeit noch zu erweitern und übersendet uns in einem Heftchen die Zusammenstellung der über sie veröffentlichten Kritiken. Frau von Knappstaedt, die bekanntlich über eine außerordentlich schöne und voluminöse Mezzo-Sopranstimme, deren Biegsamkeit auch die Uebernahme von Coloratur-Partien zuläßt, verfügt, ist sowohl Concert- als Oratorien-Sängerin und erbittet Engagements- Anträge direkt. 8Z AnS Italien. Im Tcatro Mctastasio zu Rom hat die neue Operette „Tutti in Amerika" von Giovanni Pelosi guten Erfolg gehabt. — Das neue glänzend ausgestattete Ballet „Sport" von Manzotti hatte in der Scala zu Mailand für die ersten Aufführungen eine gewaltige Preissteigerung zur Folge. Der Verkaufspreis der Plätze war auf 80 » für das erste Parquett, 60 äl für das zweite, 40 2 für ersten und zweiten Rang und 10 L für numerirle Plätze des dritten Ranges festgesetzt. — Nach einer Mittheilung des..Pongolo" hätte Mascagni dem Convent- Garden-Theater Las Aufführungsrecht feiner neuen japanischen Oper „Jride" für 50000 L verkauft. — In Mailand wurde vor Kurzem in einer öffentlichen Auktion ein historisches Clavier ver steigert. Es handelte sich um das Instrument, welches Paisiello, dem Verfasser der „Molinara" und Zeitgenossen Piccini's, gehört hatte. Für die Summe von 1050 L ging das Clavier nach leb haften Bieten in den Besitz einer Frau Wittwe Arrigoni über. Zum 100jährigen Geburtstage I. Chr. Lobe's. Leipzig, 30. Mai. Eine der eigenartigsten Erscheinungen in der deutschen Musikwelt ist unstreitig Johann Christian Lobe, dessen 100jährigen Geburtstag wir beute begeben, eine unter allen Umständen hinlänglich interessante Persön lichkeit, die es Wohl fordern darf, in unserer raschlebigen Zeit nicht in unverdiente Vergessenheit zu gerathen. Lobe's äußerer Lebensgang ist rasch erzählt. Am 30. Mai 1797 ward er zu Weimar geboren, erhielt dort vom Capellmeister A. E. Müller und Musikdirector A. Riemann den ersten Unterricht im Flöten- und Violinspiel und war bald so weit gefördert, daß er schon 18ll im Leipziger GewandbauS- concert als Solvflötift auftreten konnte. Bis zum Jahre 184-2 gehörte er der Weimarer Hofcapelle als Flötist und Violaspieler an. Bei seinem Austritt aus dieser Corporation wurde ihm vom Großherzog der Professortitcl verliehen. 1846 siedelte Lobe, nachdem er vier Jabre lang in Weimar an dem von ihm inS Leben gerufenen Musikinstitut thätig gewesen war, nach Leipzig über, wo er am 27. Juli 1881 starb. In Weimar hatte er sich hauptsächlich mit der Composition beschäftigt, und eS fallen auch in die Zeit seines dortigen Aufenthaltes die fünf von ihm componirten Opern „Wittekind", „Die Flibustier", „Die Fürstin von Granada", „Der rothe Domino" nnd „König und Pächter", welche sämmtlich am großherzog lichen Hoftheater in Scene gingen. Auch zwei Symphonien, Conc^rtstücke und. Variationen für die Flöte, Clavierquartette und kleinere Compositionen gehören in der Hauptsache seiner weimarischen Periode an. Bekannter ist Lobe dagegen durch seine musikschriststellerischen Arbeiten geworden, für die be greiflicherweise der Boden in Leipzig günstiger war als der in Ilm-Athen. Sein Hauptwerk, das vier starke Bände umfassende „Lehrbuch der musikalischen Composition" (1850 bis 67) wurde bald nach des Verfassers Tode (1884—87) von Professor vr. Hermann Kretzschmar neu herauS- gegeben. Auch sein bei I. I. Weber in Leipzig 1851 erschienener „Katechismus der Musik" konnte sich 1881 der 21. Auflage erfreuen. Außerdem veröffentlichte er noch „Die Lebre von der thematischen Arbeit" (1846), „Musikalische Briefe eines Wohlbekannten", „Fliegende Blätter für Musik" (1853—57 in 3 Bänden erschienen), „Aus dem Leben eines Musikers" (1859), „Vereinfachte Harmonielehre" (1861), „Katechismus der Compositionslehre" und den starken Großoctavband mit vermischten Aufsätzen unter dem Titel „Consonanzen und Dissonanzen" (1869). Lobe war 1846 bis 1848 der letzte Redacteur der „Allgemeinen Musikalischen Zeitung". , Lobe war eine echte Faustnatur. Trotz seines schwächlichen Körpers hatte er sich Riesenaufgaben gestellt, von denen eine allein genügt hätte, um ein ganzes Menschenleben auS- komischen Nummern seinen Vorträgen zu packender Wirkung zu veo- Helsen. In humorvollen Solovorträgen wetteifern die Herren Junghähnel und Merker mit gleichem Gesch ck um den Er folg; als Solist zeichnet sich Herr Bär vortheilha t aus, während als ganz charmanter Damendarsteller Herr Hallier durch Gesang und Spiel die Zuhörer zu fesseln und für seine mannigfachen Vor träge trefflich zu interessiren versteht. Die größeren Ensemble nummern, welche den jedesmaligen Schluß des Programms bilden, sind nicht nur mit gutem Verständniß arrangirt, sondern sie werden auch ausgezeichnet geleitet und ebenso auSgeführt. Von den.-letz teren seien hier als recht wirkungsvoll erwähnt: die Weihnachts scene „Husarenliebe" und „Das neue Dienstmädchen" von O. Jung hähnel, die beide ungetheilte Anerkennung und lebhaften Beifall fanden. Es darf jedem Freunde guter Unterhaltung der Besuch dieser Concerte, die neben vorzüglichen ernsten Nummern auch eine Fülle gesunden Humors bieten, empfohlen sein. Voll be friedigt wird Jeder, der den Roßweiner Sängern ein Stündchen seiner Zeit gewidmet hat, von dem Gebotenen sein. Die Sänger treten nur noch kurze Zeit in Trojahn's Etablissement auf und beschließen ihre Thätigkeit dort schon mit einem Concert am Montag. — Heute finden zwei Concerte statt, von denen das erste um V»4 Uhr Nachmittags und das zweite '/,8 Uhr Abends beginnt. - . zufüllen. In ärmlichen Verhältnissen lebend, mußte er, wie der treffliche Musikschriftsteller Rob. Eitner in seinem lesenswerthen Aufsatz über I. Cbr. Lobe auSsührt, den Heißhunger nach Wissen mit den größten Ent behrungen stillen, mußte sich durch alle Irrungen hindurch kämpfen, alles bittere Erdenleid durchkosten bis in ein Alter von 84 Jahren — als Mensch gewiß bewundernswerth! Ohne den staunenswerthen Fleiß, den unersättlichen Schaffens drang, der ihn beseelte, hätte er es nicht' weiter gebracht, als die große Mässe. Etwa zwanzig Jahre alt, ergreift ihn der Drang, eine Oper zu schreiben. Er faßt den Gedanken, sich selbst einen Text zu dichten. Ohne Vorkenntnisse, ohne die gehörige Schulbildung, ohne etwas von dramatischen Be dingungen oder von Prosodie zu wissen, hielt er doch an seinem Entschluß fest. Er sagt selbst: „Alles mußte erst gelernt werden. Um dies zu können, war vor Allem Zeit zu schaffen, galt eS Entsagung, Zurückzieben von den Freunden, von aller Gesellschaft, von allen Lustbarkeiten. Ich kann wohl sagen: um Ruhm zu gewinnen, gab ich jeden Lebens genuß auf. Ich schloß mich ab und oft auch ein. Es gab Tage, an denen kein Theater und keine Probe mich riefen, wo ich mich sehr früh des Morgens ckn meine Bücher setzte und um Mitternacht noch dabei saß. : Selbst zu Tisch nahm ich ein Buch mit nnd genoß abwechselnd einen Bissen Fleisch und einen Bissen Geschichte, Dramaturgie, Prosodie. Um mir die Bücher zu verschaffen, aus denen ich in aller Geschwindigkeit lerne» wollte, lief ich auf die groszberzogliche Bibliothek unv schleppte zusammen, was mir brauchbar zu sein schien, Bücher, die paßten und nicht paßten, Aristoteles, Horaz, Quintilian, Sulzer's Theorie der schönen Künste-Lessing's Dramaturgie :c., ferner Moritz' Prosodie, — Geschichiswerke, um mich über die Zeit und die Kämpfe Karl's deMGroßen und der Sachsen zu belehren. Zugleich trug ich an dramatischen Werken, Schau- und Trauerspielen, nicht weniger an Operntexten zusammen, was ich nur erlangen konnte. Alle Stühle im Stübchen lagen voll solcher gebundener unh ungebundener Weisheit. Ich nahm ein Werk nach dem andern vor, las und excerpirte nnd — excerpirte. So sludirte iH Tag und Nacht. Trag- törbe voll-solcher Excerpte hab: ich später in die Papier mühle geschickt, um dgfür neues Unbeschriebenes Papier zu erhalten, das wieder in solcher Weise verbraucht werden sollte." Der Vater Lobe's war ein armer Illuminator für die Berluch'sche Kupferdruckerei in Weimar. Lobe erzählte selbst, daß sein Großvater den Dudelsack in den Abenddämmer- stunden ganz wunderbar spielte, und „so fuhr auS jenem Dudel sack der Teufel der Töne in meine Seele und setzte sich fest und ließ lange Zeit nichts Anderes hinein." Neben seinem Virtuosen- thum und seinen amtlichen Pflichten als Orchestermitzlied componirte er, trieb neuere Sprachen, Philosophie, schrieb sich die Textbücher selbst unv unterrichtete in Theorie und Praxis. DaS Componiren ging ihm sehr leicht und rasch von der Hand und er erkannte darin eine reiche Natnrbegabung. Auch errangen sich manche seiner Jnstrumentalwerke den Beifall des Publicums und wurdet vielfach aufzesührt, auch durch mehrere Auflagen verbreitet. »Blickte er aber von seinen Werken auf Meister seiner Zeit, wie Hummel und Zelter, so erschienen ihm seine eigenen Werke verblaßt und ab geschmackt, und er suchte stets dest Mangel in dem Fehlen jedes regelmäßigen Unterrichtes. Rest^nirt bekennt er: „Meine Mittel reichen nicht aus für die Unsterblichkeit. Ich bin ein geschickter Schiffer auf bekannten, schon befahrenen Meeren, werde aber nie ein Columbus werden, der einen neuen Welt- theil entdeckt. Mit einem Wort, 'ich habe mich erkannt, resignirte und schlüpfte aus dem unglücklichen Häuflein der vergeblich Strebenden in den großen Kreis der heiter und vernünftig Genießenden hinüber-." Gerade in diesem Sich- selbstnichtgenügen, in diesem unstillbaren Drange nach immer höherer Vervollkommnung und Vollendung zeigt sich aber Lobe's wahrhaft künstlerische Natur, Und man wird gut thun, seinen eben mitgetheilten Ausdruck sttller Resignation als den Ausfluß einer momentanen Verstimmung anzusehen. Welcher Mensch, insonderheit welcher Künstler hätte nicht schon in solchen und ähnlichen pessimistischen Anwandlungen die Freude an seinen Werken, die Freude am Leben verloren? Im Jahre 1844 wandte er sich, wie schon erwähnt, ganz der Musikschriftstellerei zu als Musiktheoriker und als ein wegen seines in Heine'scher Manier sarkastischen Tones gern gelesener Feuilletonist. Er gab gzich selbst eine Musikzeit schrift heraus, mußte aber bald pzeses Unternehmen wieder fallen lassen. Mit Begeisterung hxcUe er sich in Leipzig durch einige Zeit an den Robert Schumann'schen Kreis und dessen Ziele angeschlossen und auch wacker für diese Bestrebungen gekämpft. Vortrefflich und in ihyer Art unübertrefflich sind alle die Artikel, in denen er sich seiner sarkastischen und humo ristischen Weise ungezwungen hingiebt. Hier bleibt er immer neu, immer anziehend. Der „alteLobe" war nicht nur inLeipzig eine allbekannte und geschätzte Persönlichkeit, sondern die ganze musikalische Welt ver ehrte ihn.Sein redliches, unablässiges Streben nach der Wahrheit, sein bis inS hohe Alter stets gleichbleibender Fleiß, seine Gewissenhaftigkeit in Ausübung übernommener Verpflichtungen hatte ihn Allen, mit denen er in Berührung kam, lieb und wertb gemacht. Er war ein Autodidakt, dessen mühsam und allmählich erworbenes musikalischßs unv allgemeines Wissen unwillkürlich unsere Bewunderung^und Verwunderung heraus fordert, — man vergegenwärtige sich nur, daß er als „Selbst gelehrter" die große CompositiorvSlehre geschrieben hat, ein Werk, das heute noch die ungHrübte Werthschätzung aller Theoretiker genießt! Kraft, Selbstständigkeit und Gewandtheit des Geistes zeichneten den Musiker Lobe in gleich hohem Maße aus, wie edelste Menschlichkeit den Menschen Lobe, die beide unvergessen bleiben werden. r 6.-L. —m. Leipzig, 27. Mai. In tyunderbarer Klangfülle und cor- recter Ansprache offenbarte sich aqr, heutigen HimmelfahrtStage die in der Jnbustriehalle der Ausstellung aufgestellte Orget der Leipziger Musikwerke vorm. Paul Ehrlich <L Co. zu Gohlis, die von dem stellvertretenden Organisten von St. Nicolai, Herrn Schönherr, in äußerst wirksamer Weise gespielt wurde. DaS Programm brachte Fantasie' ümoll von Joh. Seb. Bach, Zug der Frauen aus „Lohengrkn" von Richard Wagner und Fantasie und Fuge über Bach von Franz Liszt. Leipzig, 27. Mai. Der vor einigen Tagen abgehaltenen Feier des Nicolai - Gymnasiums „zum 25jährigen Jubiläum des Hauses" folgte gestern in der Aula der Schule eine musikalische Aufführung, in der auch die von Curt Steffen gedichtete, von Gustav Borchers, dem derzeitigen Gesanglehrer am Nicolai- Gymnasium, componirte „Schul-Cantate" zur wiederholten Wieder gabe gelängte. An der Spitze Les Programms stand: Symphonische- Vorspiel zu Sophokles' „Philoctet", eine Composition des Ober- Primaner- Gustav Brecher, dessen hohe musikalische Begabung im Laufe der vergangenen Saison mehrfach und nach verschiedenen Richtungen hin öffentlich gewürdigt worden ist. Das Vorspiel hält sich von musikalischen Extravaganzen gänzlich fern und trifft Len Ideengehalt deS Trauerspiel- recht wohl; eS zeugt aufs Neue von Musik. Zum Haus-Concert des Bachvereins. Entgegen der Gewohnheit des Bachvereins, sein HauS- Concert mit Blüthen der weltlichen und auch dem Heiteren zugewaudtea Tonmuse zu schmücken, wird das diesjährige, DieaStflg, den 1. Juni, Abends >/,8. Uhr ,im großen Saale von Bonoraud'S Etablissement stattsindende Haus-Concert, wenigstens in seinen Chorwerken, ein durchaus ernstes Antlitz zeigen, da eS den Charakter einer Gedächtnißfeier für den am 3. April d. I. aus dem Leben geschiedenen Meister Johannes Brahms tragen soll. Eröffnet wird das Concert mit dem berühmten Ltabat water, einem größeren geistlichen Chorwerke eines der edelsten, italienischen Zeitgenossen Bach's Emanuele d'Astorg'a. - Dieser Hymnus, gedichtet wahrschein lich von. einem italienischen Mönche llaooponus cke Leneäietis (ch 1306), ist ein inbrünstiger Erguß des Mit- leipFvS -Mit -der unterm Kreuze stehenden Mutter Jesu und hat, um seiner, leidenschaftlichen Innigkeit willen, die sich auch in den Doppelreimen seines strophischen Baues äußert, die-künstlerischen Geister von jeher zur musikalischen Behand lung angezogen. Astorga hat der seinigen die Form der Cqntate gegeben, die die 10 Strophen Les mittelalterlichen Gedichtes auf .9 Nummern vertheilt, 4 Chöre und 5 Soli (3 Arien, 1 Doppelduett und 1 Terzett). DaS Ueberwiegen des solistischen Theiles, bei dem alle 4 Stimmlagen zur Verwen dung kommen, über den chorischen, erklärt sich aus dem Charakter der j neapolitanischen Schule, der Astorga angehört. Durch sie. wurde der sog. bei canto ausgebildet, der rein melodisch schöne Gesang, der sich um seiner selbst willen entfaltet und auf die Wahrheit deS Ausdruckes deS zu Grunde liegenden Textwortes oft wenig Rücksicht nimmt, und der von Neapel auS seinen Triumphzug durch alle Culturländer Europas antrat. In der bei aller Gebundenheit durchsichtigen Klar heit deS Astorga'schen Stiles erscheint aber dieses Princip der absoluten Gesangsmelodik durch das Streben, auch der schwärmerischen Poesie des Textes gerecht zu werden» in schönem Gleichgewicht gehalten. Es sei nur auf den feierlichen, dritten Chorsatz hingewiesen: Virgo virgmum praeelsra, in dein die gebenedeite Jung frau-, die in allen übrigen Strophen des Gedichtes als klagende Gottesmutter unser tiefstes Mitgefühl erregt, in Mächtigem Aufschwung des Wort- und Tongedichtes, verklärt, im Strählenglanze der Himmelslönigin erscheint. — DaS Ltadat Llater Astorga's hat in neuerer Zeit durch Robert Franz- eine orchestrale Bearbeitung erfahren, indem er die Generälbaßstimnien für zwei Clarinetten unv Fagott auS- schrieb. In dieser Gestalt bringt der Bachverein taö Werk zur Aufführung. — Der zweite Th eil des Coucertes ist, abgesehen von drei Solostücken aus der DmoII-ViolonceU- sonate von Johann Sebastian Bach, ausschließlich Werken von Johannes Brahms gewidmet und umfaßt ein Cla Vierquartett dieses Meisters iu 6 molt und eine Composition für Chor und Orchester: die Nänie, eine Ode von Schiller, mit der Brahms der Kunstform der neueren Chorode einen wertbvollen Beitrag zugeführt hat. Dieser edle Trauergesang, ein Seitenstück zu dem christlichen „deutschen Nequiem" über das Thema: „Auch daS Schöne muß sterben!" bildet in seiner herben Schönheit eine würdige Vertonung des erhabenen Schiller'schen Gedichtes. Der Geist der Antike ist hier durch die Kunst des Dichters und die verklärende Macht der Musik in einem durch die Knappheit seiner Aus drucksmittel bewunderungswürdigen Meisterwerke wieder geboren worden. Mit Recht sagt ein feinsinniger Beurtheiler dH: KrghmS'jchr« Tonmuse: „Der Lichtglanz der altgriechischen Weit und ihre geheime Melancholie haben die Fäden gesponnen, aus dinen die Nänie gewoben ist." Dis versöhnende Macht des Topes, den die bildende Kunst der Griechen als einen freundlichen Genius mit einer umgekehrten Fackel darstellte, hat hier durch. die Kunst des modernen Musikers einen vollkommen ebenbürtigen Ausdruck gefunden. k. sn rNv Z^ussKvIIung 1887- Nesonckors kUr ckiesvn ixekertlxt uock vergeben mit ^ukgedrlkteu: Itur rvLkreuck äer 2elt cker ^uaatelluox. Xo. 1897/34 l'keaterxlüs In IlVK. I2.SV. Iso. 1897/38 ödester- nnü RelseAlsL mit Ltuis, Klemen und I^ederselinur Illlk. 17.SV. 0. X. liilsiivn, Institut kür» Optik unä Verkalk nur Harkt 11, xexeailber oew kstddsiis. Nacht vom Borge- sprachen Ausge nommen Zurück- gemieien 22. Mai zum 23. Mai .... 30 29 1 23. - - 24. - .... 18 18 — 24. - - 25. - .... 13 13 — 25. - - 26. 17 17 — 26. » - 27. - .... 21 20 1 27. - - 28. - .... 10 10 28. - - 29. - .... 12 12 — 121 119 2
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