Suche löschen...
02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 29.05.1897
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1897-05-29
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18970529028
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1897052902
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1897052902
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1897
- Monat1897-05
- Tag1897-05-29
- Monat1897-05
- Jahr1897
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Bezugs-Preis k der tzavptexpedition oder dm im Stadt bezirk und dcn Borortcn errichteten Aus« oabestellen abgeholt: vierteljährlich.^i 4.50, vci zweimaliger täglicher Zustellung ins HauS 5.50. Durch die Post bezogen für Deutschland und Oesterreich: vierteljährlich 6.—. Directe tägliche Krruzbandsendung ins Ausland: monatlich 7.50. Die Morgen-AuSgabe erscheint um '/,? llhL, die Abend-Ausgabe Wochentags um 5 Uhr. Nedaction un- Lrve-ition: IohanneSgasse 8. Die Expedition ist Wochentags ununterbrochen geöffnet von früh 8 bis Abend- 7 Uhr. Filialen: ktt» Klemm's Sortim. (Alfred Hahnk Universitätsstratze 3 (Paulinum), LoniS Lösche, Katharinenstr. 14, vart. und KönigSplat» 7. Abend-Ausgabe. MpMer TaMM Anzeiger. Ämlslikatt des Königlichen Land- nnd Ä,ntsgerichtes Leipzig, des Mathes nnd Nolizei-Ämtes der Lladt Leipzig. Anzelgeri-PreiS die 6 gespaltene Petitzeile 20 Pfg. Reclamen unter demRedactionSstrich (-ge spalten) 50^, vor den Familienuachrichte» (6gespalten) 40^. Gröbere Lchriften laut unserem Preis« verzcichniß. Tabellarischer und Ziffernsatz nach höherem Tarts. —^0^*0«—- Extra-Beilagen (gesalzt), nur mit de» Morgen-Ausgabe, ohne Postbesörderunzi 60.—, mit Postbeförderung 70.—. Ännahmeschluß für Anzeigen: Abend-Ausgabe: Vormittags 10 Uhr. Vtorg en-Ausgabe: Nachmittags 4 Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je eine halbe Stunde früher. Anzeigen sind stets an die Expedition zu richten. Druck und Verlag von E. Polz kn Leipzig. 271. Sonnabend den 29. Mai 1897. 91. Jahrgang. FririHethir Nachdruck verboten. grimmen Nordwinden geschützt batchörte man von Zeit Leid allein, noch zu Zeit das melancholische KrLchzentr großen Horneulen. grmiethete Hände Augenblicke tiefster Bestürzung > Verwirrung folgten, glättet, oder die l r blickte nieder und r Seide und einen und siel mit dem Er sah die hohe r durchmaß er das d von erbarmungs- g von ihren eigenen les, der durch daS Verlust erlitten. Sie hatte Rieseneck niemals gekannt, gegen Klara hatte sich immer etwas aufgelehnt in ihr und ihre Freundschaft für Greifenstein war niemals groß gewesen. Greis selbst war geborgen, der einzige dieser Familie, für den sie eine warme Zuneigung empfand und in dem alle ihre Hoffnungen für daS Glück ihrer Tochter sich vereinigten. Ohne ihn würde sie niemals die gelegentliche Gastfreundschaft des Schlosses angenommen haben. Im Augenblick waren alle ihre Gedanken mit der Nothwendigkeit beschäftigt, Greif bei seiner Ankunft zu empfangen. Sie saß ruhig in ihrem Sessel unter dem Licht der Kerzen, die das Zimmer des Todes beleuchteten und versuchte vergebens, einige tröstende Worte für seinen Kummer zu finden. Wie sehr er seinen Vater geliebt, wußte sie, und während seines letzten Besuches hatte sie eine zu nehmende Neigung zu seiner Mutter bemerkt, auch daß er von Rieseneck's Existenz unterrichtet, war ihr bekannt, und sie quälte ihr müdes Hirn vergebens, eine Erklärung zu er sinnen, die ihm nicht nutzlosen Schmerz bereitete und dennoch in gewissem Maße Auskunft über die Veranlassung deS Unglücks gab, das ihn so jäh heimgesucht hatte. Als der Morgen schon nabe war, verhinderte sie ihre körperliche Er schöpfung, ihre Gedanken in derselben Richtung fortzuspinnen, und sie träumte von anderen Dingen, sie fragte sich, ob eS recht sei, ibr Kind niit dem Sohne eines Paares zu ver- heirathen, daS ein so grauenvolles Ende gefunden. Therese von Wildenberg war im Herzen eine Greifenstein und würde lieber den schwersten Entbehrungen getrotzt, als ibr Kind einem Manne gegeben haben, dessen Namen für immer durch solch eine Geschichte gebrandmarkt war. Noch konnte natürlich von der Angelegenheit nicht gesprochen werden. Wenn der arme Greif nicht wahnsinnig wurde vor Schmerz, würde er nichtsdestoweniger wünschen, die Hochzeit aus ein Jahr und länger binauszuschieben. Dann dachte sie wieder an Hilda s Enttäuschung bei der Aussicht auf die Verzöge rung des glücklichen TageS, an ihre Verzweiflung, wenn sie hören würde, daß er niemals kommen sollte, und ihr Ent schluß begann beinahe wankend zu werden. ES war nicht seine Schuld, sagte sie sich, er hatte keinen Antheil an den fürchterlichen Vorgängen der letzten Nacht, weshalb sollte er also die Folgen der Thaten Anderer tragen? Weshalb sollte Hilda'S junges Leben Schiffbruch leiden, vielleicht zn ewiger Armntb verurtheilt, durch den Zusammenbruch ihres einzigen Glücke« zu Grunde gerichtet werden? Könnten sie nicht heirathen und hier miteinander leben, wie Greif s Vater und Mutter gelebt hatten? hatten. Aber die Entfernung war groß, der Schnee tief und der starke Mecklenburger Rothschimmel hatte den beschwerlichen Weg erst vier Stunden zuvor im Galopp zurückgelegt. Halb- todt vor Kälte und von Grauen erfüllt bei dem Gedanken, was zu sehen sie gekommen war, aber ruhig, entschlossen und voll Würde, wie sie nur Frauen, und solchen Frauen eigen ist, langte die Baronin in Greifenstein an. Sie trank das ihr angcbotene Glas Wein, denn sie bedurfte der Stärkung, nicht nur um ihre Pflicht zu thun, sondern um in der Haus haltung wieder Ordnung und Ruhe herzustellen; sie hörte die räthselhaste Geschichte und durchwanderte die Zimmer. Polizeibeamte waren im Schlosse, Leute in dunklen Uni formen mit große» gelben Bärten und ernsten Gesichtern, der Arzt, ein unbedeutender Dorschirurg mit einer Brille, noch andere Beamte wurden zur Berichterstattung erwartet, aber jetzt, da eine verantwortliche Person, eine Verwandle der Verstorbenen zugegen, waren keine besonderen Schwierig keiten mebr zu überwinden. Nur eines blieb der Baronin unverständlich, sie wußte nicht, wer der Fremde war, dessen Ankunft die Katastrophe herbeigeführt hatte. Sie errieth, daß es Rieseneck gewesen sein mußte, aber es war kein Beweis für seine Identität vorhanden. Erst nachdem sie schon drei Stunden im Hause gewesen war, gelang es ihr, von einem der Diener einen zusammenhängenden Bericht über daS berauS- zubringen, was geschehen war, ehe die Drei so plötzlich die Tafel verlassen hatten. Der junge Mensch erinnerte sich, daß ihm gesagt worden war, der Gast sei Herr Brandt, aber die gnädige Frau hatte ihn mit einem anderen Namen angeredet. Er war „von Riesen" — und noch etwas. Der Diener war dessen gewiß und die Baronin forschte nicht weiter. Sie begann dunkel zu erkennen, daß diese traurige Katastrophe in irgend einer Weise das Ergebniß der Ankunft deS Ver bannten war. Nichts war gefunden worden, keine Zeile, die eine Erklärung gab, nicht ein Zeichen, das auf eine Spur führte. Nichts deutete auf irgend einen Kamps hin. Der Baron und sein Gast waren in zwei Sesseln gesunden worden, Jeder einen Revolver in der Hand, dessen einer Lauf leer war. Die Art der Wunde schien zu beweisen, daß sie nickt auf einander geschossen hatten. Handelte' eS sich um einen Doppelselbstmord? Wie war dieses entsetzliche Räthsel zu lösen? Und Klara? Was war die Ursache ihres TodeS gewesen? Was war mit ihr geschehen? Frau von Wildenberg war eine tapfere Frau und obgleich entsetzt und aufrichtig betrübt über das, was geschehen war, sich doch dessen bewußt, daß sie keinen großen persönlichen Politische Tagesschau. * Leipzig, 29. Mai. Die zweite Lesung der VcreinSgesetznovelle ist gestern im preußischen Abgeordnetenhause genau so verlaufen, wie nach der Stellungnahme der Parteipresse zu den eingebrachten „BerbesserungS"-Anträgen vorauszusehen war. Der von freiconservativer Seite eingebrackte Antrag auf Umgestaltung der Vorlage zu einem „kleinen Socialisten- gesetz" wurde ebenso abgelehnt, wie die von den Conser- vativen beantragten Verschärfungen. Desgleichen wurden die Bestimmungen der Regierungsvorlage verworfen. Ein- müthig stimmte die nationalliberale Fraktion dagegen, wie auch gegen die conservativen Anträge. Für den freiconservativen Antrag, umstürzlerischen Bestrebungen auf dem Wege der preußischen Vercinsgesetz- gebung entgegenzutreten, stimmte allein der Abg. Bueck, dessen Ueberzeugung, daß auf diese Weise der socialdemo kratischen Verhetzung sich wirksam entgegentreten lasse, den Gründen sich nicht zuzuwenden vermochte, welche die gesammte übrige Fraktion auch zu einem geschlossenen Votum dagegen veranlaßte. Die Sache der nationalliberalen Fraktion führte besonders der Abg. Schmieding, welcher Dortmund im Abgeordnetenhause vertritt. Seine Rede war insofern bedeutsam, als er aus intimster Sachkenntniß gerade der Zustände und Bedürfnisse in den industriellen Bezirken urtheilte und gerade aus der Ueberzeugung heraus, wie sehr mit allen staatlichen Mitteln dem Umsturz entgegengetreten werden müsse, zu dem zwingenden Schlüsse kam, daß weder die Regierungsvorlage noch der kon servative Antrag annehmbar seien, daß der Antrag des frei conservativen Führers Frhrn. v. Zedlitz nur den Anschein erweckt, als ob sie eine taugliche Handhabe böten, und daß die nationalliberale Fraktion gerade mit der Bestimmung über die Minderjährigen und der Aufhebung deS Ver bindungsverbots aus der Vorlage den annehmbaren uno brauchbaren Kern herausgearbeitet habe. Die Vertretung der Regierungsvorlage durch den Minister des Innern erregte allgemeines Kopfschütteln. Selbst auf der Rechten berührte die Gelassenheit sichtlich peinlich, womit der Versuch gemacht wurde, die Bestimmungen der Vorlage unter Herbeibringung eines Materials zu vertreten, daS geradezu den Spott herauS- forderte.DerMinistersowohlwieauchGrafLimburg-Stirum suchten die Derantwortung für das Scheitern des Gesetzes den sogar pathetisch und erklärte, das Volk werde die Ablehnung der Vorlage nicht verstehen und zu gelegener Zeit Abrechnung mit den Parteien halten, die die Regierung in der Be kämpfung der socialrevolutionairen Bestrebungen nicht unter stützen wollten. Und Graf Limburg-Stirum war so freund lich, den Nationalliberalen entgegenzuhalten, daß für sie die Frage, ob ein Specialgesetz einer entsprechenden Aenderung der allgemeinrechtlichen Bestimmungen vorzuziehen sei, immer nur ein Vorwand gewesen ei, Alles abzulehnen. Der ehemalige Gesandte für Weimar sollte aber doch ein wenig behutsamer bei der Erwähnung geschichtlicher That- sachen sein. Die Nationalliberalen sink weit entfernt davon, die Socialdemokratie für eine ungefäh'siche Reformpartei zu halten, wie der Minister anzunehmen chien, sie sind sich der Gefahr dersocialrevolutionairen Propagckda vollständig bewußt und darum sind sie auch stets für eine enchgische Bekämpfung der socialdemokratischen Bestrebungen eingeretenf; sie waren 1890 wohl bereit, daS Socialistengesetz zu veHingern, nachdem ihm die Grenze dessen erblicken, waS sie zu Gunsten Griechen lands vor Annahme der Friedensbedingungen in Konstan tinopel zu befürworten geneigt ist. Namentlich würde bei etwaigen Versuchen, die Türken schon jetzt durch diplo matische Schritte aus ihrer wohlerworbenen Stellung in Thessalien hinauszumanövriren, auf deutsche Betheiligung nicht zu rechnen sein. In einem Theil der auswärtigen Presse sind in jüngster Zeit mehr als einmal Betrachtungen an gestellt worden, deren Urheber den Aerger über die Folge richtigkeit unserer Orientpoiitik durch Redensarten von der diplomatischen Isolirung des Reiches los zu werden versuchten. Die „Nat.-Ztg." glaubt, daß man an maßgebender deutscher StellevorkommendenFalles lieber vereinzelt zu bleiben wünscht, als sich den Griechen gegenüber noch ein zweites Mal zu der Politik der unwirksamen und daher lächerlichen Drohungen nöthigen zu lassen, bei welcher das europäische Eoncert vor der türkischen Kriegserklärung an gelangt war. Als Vollstreckerin deö Zwangswillens der Großmächte befindet sich die Türkei in Thessalien; fällt das Zwangsmittel durch zu frühe Räumung des griechischen Ge bietes wieder fort, so bleibt blos ein Wille übrig, dem trotz der wuchtigen Sprache letzter und allerletzter Noten die Kraft fehlt, sich geltend zu machen. Gegen diese durchaus correcte Haltung der deutschen Diplomatie ist nichts einzuwenden, nur bleibt bei der Darlegung der „Nat.-Ztg." völlig un erwogen, wie die deutsche Negierung sich nach der anderen Seite zu stellen gedenkt, wenn nämlich die Pforte auch weiter hin auf der Wiedereinverleibung Thessaliens besteht. Da durch eben, daß beide Theile, die Türkei sowohl wie Griechen land, nicht nachgeben wollen, complicirt sich die Lage so außerordentlich beoenklich. Den Eongostaat hat ein schwerer Schlag getroffen: die Nilarmee, auf welche die kühnsten Hoffnungen gesetzt worden waren, hat nach dem Ituri zurückgezogen werden müssen, und zwar ist hieran die Empörung der schwarzen Soldaten Schuld. Nicht weniger als 1500 Mann der zwischen N'Dicfi aus der Wasserscheide der Becken des Nils und deS CongoS und dem Obi stehenden Vorhut deö Eommandanten Baron DhaniS meuterten nack Ermordung deö Eommandanten Leroi und einer Anzahl Ossiciere, und zogen mit Waffen und Munition nach dem Süden, ihrer Heimath zu, ab. Ist es nun auch als sicher anzusehen, daß DhaniS sofort 3000 Man» neue Truppen Anfangs dieses Monats um sich versammelt haben wird, so ist doch die Unterdrückung dieser Meuterei eine ebenso schwierige wie langwierige Aufgabe. Die Aufrührer, ge schulte Soldaten, kennen die Landstriche, wissen aus dem Gelände Nutzen zu ziehen, finden an den Eingeborenen Hilfe und werden sie geschlagen, so sammeln sie sich an einem andern Puncte. Man muß sie immer aufs Neue ver folgen, ihnen immer neue Kämpfe liefern und das in einem Lande ohne Steg und Weg, voll Urwälder. Noch bedenklicher aber ist, daß der Rückzug DHanis' mit seiner Nilarmee dcn Derwischen wieder freie Bahn in die ehemalige Aequatorialprovinz Emin Paschas giebt. Der Congostaat sieht sich vor die Aufgabe gestellt, nunmehr zwei Feinde bekämpfen zu müssen: die Derwische und seine eigenen Soldaten. Die letzteren haben in jüngster Zeit an verschiedenen Stellen gemeutert und zahlreiche weiße Ossiciere und Unterossiciere sind dabei getödtet worden. Die nächste Sorge der Congoregierung ist daher, hier Ersatz zu schaffen. Auf ihre Bitte bat daS belgische Kriegsministerium die Unterofsiciere aller Regimenter ausgefordert, in die Um die Nothwendigkeit der Befestigung von Nancy, der Hauptstadt Lothringens, der öffentlichen Meinung plausibel zu machen, werden von einer Gruppe von Elässern und einer Anzahl von Bewohnern Nancys große Anstrengungen gemacht. Es wurde zn diesem Behufs eine Karte hergestellt, die alle nach der Grenze führenden Eisenbahnlinien, die zur AuS- waggonirung von Truppen, Pferden und Geschützen geeigneten Bahnhosperrons dieser Linien, die Länge der Perrons und den Aufmarsch der drei deutschen Armeen längs der Grenze angiebt. Diese Karte wurde zuerst im „Est Ropublicain" veröffentlicht und nun auch dem „TempS", dem „Journal des Döbats" und dem „Petit Journal" beigegeben. Der beigedruckten Legende ist zu entnehmen, daß Deutschland zwölf nach der Grenze führende Eisenbahnlinien, von denen acht doppelgleisig sind, besitzt und daß es auf denselben binnen 24 Stunden 400 Trains ablassen kann, so daß der Transport von 17 Corps zu zwei Divisionen binnen fünf Tagen vollendet sein würde. Drei Corps (Straßburg, Metz und Nheinpreußen) und die badische Division besorgen dir Deckung des Aufmarsches, der am neunten Tage Morgens vollendet sein muß. Die Anhänger des Befestigungsprojectes von Nancy, welche die Kosten desselben auf 30 Millionen schätzen, motiviren dasselbe mit der Behauptung, daß das erste Angriffsobject der Deutschen die Hauptstadt Lothringens sein werbe, um in derselben einen Stützpunkt für die Belagerung von Toul zu gewinnen. Sei Tonl gefallen, dann wäre der Weg bis Paris frei für die Deutschen. Die Gegner der Befestigung von Nancy, zu denen auch der „Temps" zu geboren scheint, beziffern die Kosten auf 200 Millionen und die Bauzeit auf sechs Jahre. Außerdem meinen sie, würde man mit der Befestigung nichts gewinnen, denn die Deutschen würde» sich durch dieselbe nicht auf halten lassen, sondern die Einschließung durch Truppen zweiter Linie besorgen nnd ihre Offensive ruhig sortsetzen. Der „Temps" scheint auch der Ansicht zu sein, daß, da Frankreich noch mehr nach der Grenze führende Bahnlinien besitzt als Deutschland, die französische Concentrirung besser organisirt sei, als die der Deutschen. Augenscheinlich ist die Frage nur dadurch aufgeworfen worden, weil die Bewohner von Nancy eine große Garnison (60,000 Mann) wünschen. Es ist bedauerlich, daß eine so heikle Angelegenheit wie die strategischen Verhältnisse an der deutsch-französischen Grenze, aus dem Grunde angeregt wird, UN» den Spießbürgern Im türkisch-griechische» Streitfall dreht sich, wie die „Nat.-Ztg." hört, die Vermittelung der Mächte augenblicklich um die Frage, ob den Griechen eine Verlängerung der Waffenruhe bis zum endgiltigen Friedenschluß zugebilligt werden kann. Soweit hierbei der gute Wille der einzelnen Mächte in Betracht kommt, läßt sich annehmen, daß sie sämmtlich bereit sind, ferneres Blutvergießen durch Erwirkung eines Waffenstillstandes ohne Frist beschränkung zu verhüten. Als selbstverständlich wird aber, namentlich auf deutscherSeite,vorausgesetzt,daßGriechenland sich nicht etwa beikommen läßt, die europäischen Regierungen, welche bei der Pforte zur Wahrnehmung seiner Interessen thätig werden, dadurch zu desavouiren, daß es die Be dingungen, deren Erfüllung nicht einseitig von der Türkei, sondern von allen Mächten zur Sicherung des Friedens auf der Balkanhalbinsel verlangt wird, fortgesetzt für un annehmbar erklärt. Die deutsche Regierung dürfte, nach ihrem bisherigen Verhalten, in dieser Mitwirkung an gemeinschaftlichen Bemühungen um endgiltige Waffenruhe Aus dem niedrigen Thorweg blitzten Lichter über den Schnee, erschrockene Stimmen schrillten durch die weiten Säle und Gänge, die Hunde rasselten mit ihren Ketten und bellten wüthend, das Schreien entsetzter Frauen erhob sich über all diesem Lärm und wurde wieder von den Stimmen der aufgeregten Bedienten übertönt, dem Klirren der Hufe auf dem Steinpflaster, als die Pferde aus ihren warmen dunklen Ställen in das Mondlicht hinausgeführt wurden, dem Aufsitzen der Reiter, die eilig davonzujagen sich ansckickten, als die eisenbeschlagenen Thore sich in ihren Angeln drehten und der Pförtner schreckensbleich die schweren eisernen Flügel zurückschlug. Stallburschen mit Laternen in der Hand leuchteten, vier starke Pferde, je zwei und zwei, trabten vor wärts, jedes einen Boten tragend, der die schauerliche Kunde mit sich nahm. Einer ritt nach Wildenberg, einer zu dem nächsten Arzt, einer nach der ziemlich entfernten Stadt und einer hatte die Nachricht Greif selbst zu überbringen, der in diesem Augenblick, den Degen in der Hand, neben der Fahne seines CorpS, an der Spitze von etwa tausend Studenten marschirte, in all der Pracht seines phantastischen Anzuges den großen Fackelzug «»führend, der daS akademische Jahr abschloß und mit einer glänzenden Lustbarkeit den letzten Act seines studentischen Lebens krönen sollte. Während er stolz, allgemein beliebt, von allen seinen Commilitonen beneidet, der Abgott seines Corps, vor dem Festzuge einherschritt, betteten Diener mit bleichem Gesicht in dem Prunkgemach von Greifenstein die Leiche seines VaterS neben die seiner Mutter. Als er die Stufen zu dem Saal hinaufstieg, in dem daS letzte Studentensest des IahreS unter seinem Vorsitz gefeiert werden sollte, waren in dem fernen Wildenberg drei Krauen bei dem trüben Schein einer einzigen Kerze zum Gebet für die Tobten vereinigt. Eine Stunde später, als das Orchester die Melodie deS ,LandeSvaterS" anstimmte, den herrlichen Chor tausend jugend frischer Stimmen begleitend, ritt eine Frau mit grauen Haaren, in einen dunklen Mantel gehüllt, über die verschneiten Wege deS düsteren WaldeS; ihr Pferd wurde von dem Stall knecht, der ihr die Todesnachricht überbracht hatte, mit sicherer Hand geleitet. Ihr Gesicht war bleicher als gewöhnlich, aber ihr Herz schlug so tapfer in der Brust wie immer. Sie wußte, daß Greis im Laufe deS Vormittags eintreffen würde, und um keinen Preis wollte sie ibn in seinem fürchterlichen Leid allein, noch daS Gefühl in ihm erwecken lassen, daß nur "" e das Haar seiner verstorbenen Mutter ge- Augen seines entschlafenen VaterS geschlossen Zwei Frauei.< lös Roman von F. Marion-Ctzwsord. „Was für eine Strafe gebührt Dii Klara stieß einen leisen Schrei a Gesicht zu seinen Füßen nieder. Greifenstein wendete sich nach ihm Gestalt des alten Mannes, sein geistert les, balh von einem schneeweißen Bart verborgenes Gesicht/ sah einen Haufen zerknitterter strohge schweren Knoten verblichenen Haares,ir dem eine Menge Juwelen blitzten. Mit hastigen Schri Zimmer. Sein Gesicht war aschfarben - loser Strenge. Er hatte di« Verurtheit,„ Lippen gehört, er gedachte seines , Verbrechen dieser Frau ein Namenlos: war, und sein Herz verhärtete sich. „Hast Du noch etwa« zu sagen, ^tde?" fragte er. Er wartete auf eine Antwort, <r keine kam. Tiefe Stille herrschte im Zimmer, dann :<de die Stille durch ein leises Ringen nach Athem und c leises Rascheln der Seide unterbrochen. Dann verstumm auch das. „Sie ist todt", sagte Greifenstein. Rieseneck nahm Len Revolver,ra« Geschenk seines Bruders, auS der Tasche und legte eS»r sich auf den Tisch. „Auch für uns ist e« Zeit", sagter „Ja. Ich muß nur noch an Gr schreiben." Eine halbe Stunde später war < kurze und schreck liche Tragödie vollendet, und von denket Personen, die bei sammen am Tische gesessen hatten, K keine lebend zurück geblieben. Draußen vor dem Hause de« Todchlitzerte der fleckenlose Schnee in dem Lichte de« abnehmend Mondes. Nicht ein Windhauch seufzte unter den stattlP schwarzen Bäumen. Nur tief unten rauschte der niedlstrzende Strom von seinem eiSumrändrrten Bett, und ho-brn von den Zinnen der alten FestungSmauern, die so ele Generationen der Greifenstein'« in Kriegsgefahren ui^rn Frieden vor den die am meisten anfechtbare Bestimmung der AusweisungS- besugniß ausgebrochen war, die conservative Fraction hat aber dagegen gestimmt und damit das Gesetz zu Falle gebracht. Daran sollte sich Graf Limburg erinnern, wenn er den Nationalliberalen wieder einmal vorwerfen will, daß sie die Aufgabe deS Staates gegenüber der umstürzlerischen Agitation der Social demokratie verkennen. Die Entscheidung steht nun bei der dritten Lesung. Alle Anträge, die gestern abgelehut sind, werden dann wohl wiederkebren. Von der Regierung ist, wenn auch nicht mit absoluter Verneinung, so doch ziemlich deutlich die Erklärung erfolgt, daß sie in dem Ausschluß der Minderjährigen eine ausreichende „Compensation" für die Aufhebung des Verbindungsverbots nicht erblicken könne. Von der Rechten ist die Zustimmung zu dem Ausschlüsse der Minderjährigen lediglich als ein Mittel, nochmals in dritter Lesung zu berathen, bezeichnet worden. Ferner ist von Herrn v. d. Recke in Aussicht gestellt worden, daß diese Vorlage, wenn sie abgelehnt würde, nur der Vorbote einer schärferen sein würde. Unter diesen Umständen ist ein Appell an das Herrenhaus aussichtslos. An der entscheidenden namentlichen Abstimmung betheiligten sich 399 Mitglieder, davon stimmten 206 dafür, 193 dagegen. Die Entscheidung steht also auf des Messers Schneide. Als vor einigen Jahren der Gedanke der Betheiligung der Tocialdcmokratie au den preußischen Landtags wahlen ventilirt wurde, wurde er von der großen Mehr heit der „Genossen" verworfen. Wenn er jetzt anscheinend viel lebhafteren Anklang findet und möglicherweise schon bei den nächsten preußischen Landtagswahlen zur Ver wirklichung gelangt, so ist das einer von den vielen Posten, die auf das Conto der V e r e i n s n o v e l l e zu schreiben sind. Denn eS versteht sich, daß die Socialdemokraten ihre Hilfe nur den Radicalen und dem Centrum werden zu Theil werden lassen. Es ist Wohl möglich, daß sie in einer Anzahl von Wahlkreisen in mehreren Theilcn der preußischen Monarchie den Ausschlag geben. In Breslau z. B. schwankt bei den preußischen Landtags wahlen, bei denen drei Abgeordnete zu wählen sind, das Zünglein der Waage zwischen den freisinnigen und den Cartellparteien. Die Stimmen der dritten Aotheilung sind in der Regel für die Cartellparteien günstiger. Wenn die in BceSlau sehr zahlreiche Socialdemo.kratie all ihre rar dritten' Abtheilung wablbere^"vtcn,, vumrigenosten zur s« «II vamii der Sieg der Fort ¬ schrittspartei von vornherein gesichert. Auch in einigen niederschlesischen Bezirken können die socialdemokra tischen Stimmen für den Erfolg der Fortschritts partei von Bedeutung sein. In Westdeutschland könnte die Wahlbetheiligung der Socialdemokraten unter Anderem dazu beitragen, der freisinnigen Volkspartei die im Herbste 1893 verloren gegangenen Wahlkreise Hagen und Frank furt a. M. wieder zu verschaffen. Diese Wirkung der Ein bringung der Vereinsnovelle hat die Regierung jedenfalls nicht gewünscht; sie hätte sich aber wohl voraussehen lassen. Geradezu komisch ist, wenn einige conservative Blätter sich zu der Behauptung versteigen, durch Annahme der Novelle würde man diese Wirkung abschneiden und der Social demokratie die Betheiligung an den preußischen Landtags wahlen wenigstens erschweren können. Diese kindische Be hauptung kennzeichnet die Verlegenheit, in welche diese Blätter durch die unerwartete Wirkung der von ihnen gepriesenen Novelle versetzt werden.
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite