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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 01.06.1897
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1897-06-01
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18970601019
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1897060101
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1897060101
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1897
- Monat1897-06
- Tag1897-06-01
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Lei den Filialen und Annahmestellen je eine halbe Stunde früher. Anzeigen sind stet» an die Expedition zu richten. Druck und Lerlag von L. Polz tu Leipzig. Dienstag den 1. Juni 1897. 91. Jahrgang. Vie Erhöhung -er Subvention -er Reichspostdampfer. r. Die Subvention, welche der Norddeutsche Lloyd in Bremen seit dem Jahre 1885 vom Reiche erhält, betragt 2170 000 pro Jahr. Die Gegenleistung des Nord deutschen Llovd besteht darin, alle vier Wochen «inen Post dampfer, welcher in der Stunde durchschnittlich 12,60 Knoten zurücklegt, nach Ostastea uud Australien fahren zu lassen. Die Rerse geht durch den Suezcanal und dauert 33 bi- 36 Tage. Dieser Weg wird auch von den nicht-deutschen Dampfschiffs-Gesellschaften, welche für ihre Fahrten nach Ost asten von chren Regierungen subventionirt werden, ausschließ lich gewählt. Dean wenn auch die Reise über Amerika 2 bis 3 Tage weniger Zeit in Anspruch nimmt, so wird dieser Weg wegen der Unbequemlichkeiten, die mit den Um ladungen verbunden sind, im Allaemeinen gemieden. Passa giere, die ohne viel Gepäck reisen, ziehen allerdings viel fach der Seefahrt durch den Suezcanal, die wegen ihrer langen Dauer der Eintönigkeit nicht entbehrt, die interessantere Tour durch die Bereinigten Staaten vor. Eine bedeukliche Concurrenz ist nun dem Seewege durch den Suezcaual durch die Errichtung und Eröffnung der großen sibirischen Bahn erwachsen. Die Reise von Moskau dis zum Endpunkte dieser Bahn in Ost-Sibirien, Wladiwostok, dauert 14 Tage, und da die Fahrt von Berlin bis Moskau 44 Stunden in Anspruch nimmt, so würde man von der deutschen Reichshauptstadt auS den östlichsten Theil von Sibirien in etwa 16 Tagen erreichen. Die Dampfer gebrauchen von Wladiwostok brS zu dem größten Hafenplatz in Japan, Aokohama, 6 Tage, so daß die Reise von Berlin bis Aokohama bei Benutzung der sibirischen Bahn schon in 22 Tagen be werkstelligt werden kann. Freilich dient die sibirische Bahn zunächst nur militärischen Zwecken und hat «in GleiS; da aber die russische Regierung den Ausbau der Bahn zu einer Bollbabn beabsichtigt, so springt in die Augen, welche ungeheure Gefahr deu west- enropischen, »amenllich aber den deutschen Transport gesellschaften in absehbarer Zukunft droht. Auch der ganze Handel der westeuropäischen Staaten, besonders derjenige Deutschlands, würde von Rußland abhängig werden. Dieser Gefahr zu begegnen, ist ein Hauptzweck der Gesetzesvorlage über die Erhöhung der Subvention der Reichs postdampfer um l'/r Millionen Mark. Nur große und schnelle Dampfer können als wirksame Mittel zur Bekämpfung der Concurrenz in Frage kommen. Nach Annahme der Gesetzesvorlage durch den Reichstag würde der Norddeutsche Lloyd verpflichtet sein, seinen auS 75 Dampfern bestehenden Schiffspark um vier große Dampfer zu vermehren, welche 13^/, Knoten in der Stunde zurücklegen müssen, während die 11 Postdampfer, welche gegenwärtig die Verbindung zwischen Bremen und Ostasien unterhalten, ihre Fahrgeschwindigkeit von 12,60 auf 13 Knoten zu erhöhen hätten. Wenn auch selbst nach Annahme der fragliche» Gesetzes vorlage die Tour durch Rußland und Sibirien nach Japan und China die räumlich wie zeitlich kürzere bleiben wird, so ist doch zu erwarten, daß diese Ueberlandreise wegen der großen Kalte, die in Sibirien während deS fast ueun Mouate dauernden Winters herrscht, und wegen der großen Strapazen, die mit einer mehwöchigen Eisenbahnfahrt verbunden sind, bei Passagieren nur wenig Anziehungskraft besitzen wird. Für die Beförderung von Gütern aber wird der Kaufmann dem Seewege in Anbetracht der größeren Billigkeit, wenn die Maaren nicht allzu lauge unterwegs sind, den Vorzug geben. Denjenigen, die überhaupt Gegner einer Subvention sind, möge folgende Statistik vor Augen geführt werden. Bon 1885 bis 1895 bat sich der deutsche Export nach China von 16 auf 34 Millionen, nach Japan 4'/, bis 26 Mil lionen und nach Australien von 7 auf 23 Millionen Mark erhöht. Diese Zahlen reden eine deutliche Sprache und beweisen schlagend, wie nothweudig und segenbringend die Subvention gewesen ist. Aber nicht nur der Handel hat durch die Subvention einen so erstaunlichen Aufschwung genommen, sondern auch der deutsche Schiffsbau hat durch Lieferung mehrerer Schiffe für den Nordeutschen Lloyd wesentliche Förderung erfahren und wird nach Erhöhung der Subvention durch Erbauung von vier weiteren großen Dampfern neue Beschäftigung er halten, die dem Schiffsbaupersonal nicht nur Lohn und Brot, sondern auch Gelegenheit bietet, die Kenntnisse für die Erbauung «rstclassiaer Dampfer zu erweitern. Hat dasselbe bierfür seine Fähigkeit dargetban, so werden auch sicherlich Bestellungen vom Au-lande bei den deutschen Werften mehr als bisher einlaufen. Der deutsche Handel und die deutsche Industrie sind also in gleicher Weise an der Erhöhung der Subvention interessirt. Um so unverantwortlicher ist e-, daß der Reichstag in die Ferien gegangen ist, ohne di« Subventionsvorlage zu erledigen, und mit der unverhohlenen Absicht, sie auch nach den Ferien nicht mehr zum Abschlüsse zu bringen. Deutsche- Reich. Z2 Berlin, 31. Mai. In den „Berl. Reuest. Nachr." theilt eine Dame unter Ausdrücken begreiflichen UnmutheS mit, daß in dem Verein „Frauenwohl" die häufig genannte Rednerin Frau Lina Morgenstern eine aus Paris an die deutschen Frauen ergangene Aufforderung, der „Königin Victoria von England eine imposante Huldigung dar zubringen", unterstützt habe. Wir theilen die Erwartung der deschwerdeführenden Dame, dast keine einzige deutsche Frau, geschweige denn ein deutscher Frauenverein der Humnthung Folge geben wird. Sollten wir un- hierin täuschen, so empfehlen wir als HuldigungSgrschenk entweder eine Photo graphie der Frau Lina Morgenstern, oder malerische Dar stellungen einiger der Scenen, die in London nach dem Bekanntwerden de- Telegramm- unsere- Kaiser» an den Präsidenten Krüger sich abgespielt haben. X. Berlin, 31. Mai. Daß die französische Kriegs flotte der deutschen bei Weitem überlegen ist, wird wohl auch von den wärmsten Befürwortern der Vermehrung der deutschen Marine al» eine auch in Zukunft nicht wett- zumachende Thalsache angesehen. Etwa- Andere« iadessen ist eS, ob diese Nrberleaenheit in« Ungrmeffene wachsen soll. Während im deutschen Reichstage die wichtigsten Forderungen für die Marine in diesem Jahre abgelednt worden sind, hat der Ausschuß deS französischen Parlament« mehr bewilligt, als verlangt worden ist. Denn während die Re gierung nur 200 Millionen verlangt bat, hat der Ausschuß noch weitere 60 Millionen für AuSbrsserungsdauten und Häfen bewilligt. Bedenkt man, daß Frankreich aucb für seine Armee beträchtlich mehr Mittel aufwendet, als Deutschland, bedenkt man weiter, daß eS auch für seine Colonien außer ordentlich mehr Mittel verwendet, so wird man sagen müssen, daß der Contrast zwischen den französischen und den deutschen Marinebewilligungen, doch nicht ein gar so großer sein sollte, selbst wenn man Frankreich für da- reichere Land ansiebt. An der Bewilligung der französischen Marineforderungen durch das Plenum der Deputirtenkammer ist nicht zu zweifeln. So wenigsten- nimmt die fortschrittliche „Boss. Ztg." an, die den deutschen Marineforderungen so scharfe Opposition gemacht bat. Sie sollte, wenn sie ein so festes Zutrauen zu der Be- willigungSlust der franzsischrn Kammer besitzt, dabei noch be denken, daß die franzo ische Kammer für die Wünsche einer Negierung doch eigent ich noch viel ungünstiger zusammen gesetzt ist, als da- deutsche Parlament. Denn die französische Regierung muß nicht nur mit der Opposition der Radicalen und der Socialisten rechnen, sondern auch mit dem üblen Willen der conservativen Elemente. Wenn sich trotzdem diese heterogenen Elemente zn der Bewilligung so hoher Forde rungen zusammenfinden, so ist da- für Frankreich ein sehr ehrende- Zeugniß dafür, daß dort die Parteien die Fragen der nationalen Wehrkraft noch nicht zum Gegenstände der Partei taktik gemacht haben. I. Berlin, 31. Mai. Am 1. Juni beginnt ein Detachement der Lu ftschifferabt Heilung bei der Seefestung FriedrichS- ort vor Kiel mit Uebungen und Versuchen für Zwecke der Kriegsmarine. Versuche, die Luftschifffahrt für die Kriegsmarine nutzbar zu machen, sind in den letzten Jahren von verschiedenen Seestaaten gemacht worden, und die dabei gewonnenen Resultate haben dazu geführt, auch diesem Zweige der Luftschifffahrt besondere Beachtung ruzuwrnden. Für maritime Zwecke kommt, so lange die Construction eine wenigsten- unter gewöhnlichen VerhäNnissrn lenkbaren Luft schiffes nicht geglückt ist, nur der Fesselballon in Frage. Sein Nutzen sowohl für die Küstenvertheidigung als für die See ist nicht gering zu veranschlagen. Die Ver wendung deS Fesselballons an der Küste ist insofern von Werth, al« er die Beobachtung der See wesentlich erleichtert. Namentlich auf vorgeschobenen Posten und wichtigen strate gischen Punkten kann er von weittragender Bedeutung werden, da von einem durch Gescbosse nicht leicht erreichbaren Ballon auS feindliche Borpostenschiffe sich leicht beobachten lassen, auch vermöge verabredeter Zeichen oder Signale die An näherung deS FeindeS gegen die Küste sofort rückwärts ge meldet werden kann. Auf See kann noch ausgedehnterer Gebrauch vom Fesselballon gemacht werden und hier ist sein Nutzen bedeutend größer und werthvoller al« auf dem Lande. Der vom Achterdeck eine« Schiffe- aufgelassene und hier auch befestigte Ballon gestattet dem Schiffe noch eine mäßige Vor wärtsbewegung bis zu 8 Seemeilen in der Stunde. Noch auS einer Hohe von 400 Metern kann die Beobachtungs mannschaft im Korbe den nicht zu tiefen Meeresboden erkennen und bei günstiger Beleuchtung Felsen und Sand bänke, die 6—7 Meter unter der Meeresfläche liegen, also größeren Panzerschiffen und Kreuzern gefährlich werden könnten, wahrnehmen. In der genannten Höhe hat die Beobachtungsmannschaft ein Gesichtsfeld, dessen Nadin« 75 km, also 10 deutsche Meilen beträgt. Sie kann also Hafen einfahrten von unbekannten Tiefenverhältnissen, Häfen, Küsten befestigungen recognoSciren und auch eine entfernt kreuzende, von Bord de« Schiffe- au« nicht sichtbare feindliche Flotte in ihren Bewegungen beobachte». Die Wichtigkeit deS Borpostendienstt- zur See hat gerade in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen, denn mit der von Jahr zu Jahr steigenden Schnelligkeit der Kriegsschiffe gewinnt die Möglich keit überraschender Angriffe feindlicher Schiffe auf einzelne Küstenpuncte oder Flotten und damit weiter die Wahrschein lichkeit de- Gelingen». Eia in da- Gesichtsfeld deS Ballon- getretenes Fahrzeug wird sofort brmerkt, und e- bietet keine Schwierigkeiten, zu unterscheiden, ob r« ein Kriegsschiff, rin Kauffahrer oder eine Dacht ist. Es ist auch leichter, in See Beobachtungen anzustellen, als am Lande, weil die über der See herrschenden Windströmungen regelmäßiger verlaufen und nickt so plötzlichen Aenderungen in Stärke und Richtung unterliegen. Somit kann der Ballon also auch einer operirrnden Flotte als Eclaireurmittel außerordentliche Dienste leisten. Der schlimmste Feind des BallonS ist der Wind. Während der Ballon bei ruhigem Wetter bi- zu 600 m aufsteigen kann, wird seine Steighöhe desto mehr be schränkt, je stärker der Wind ist, weil dieser den Ballon je nach der Länge deS HaltetaueS entsprechend seitwärts und hin und her wirft. Dieser Beschränkung Herr zu werden, ist eine der nächsten Aufgaben der Technik. X. Berlin, 31. Mai. (Telegramm.) Der Kaiser und die Kaiserin besuchten gestern Vormittag den Gottesdienst in der FriedenSkircke. Zur Abendtafel waren Graf Dohna- Scblobitten und der Lieutenant im Regiment Garde-du-CorpS Graf zu Dohna befohlen. Heute früh unternahmen beide Majestäten «inen gemeinsamen Spazierritt. In da- Neue Palais zurückgekebrt, nahm der Kaiser die Vorträge deS Chefs deS Gebeimen CivilcabinetS und deS Reichskanzlers, sowie die Marine-Vorträge entgegen. (-) Perlt«, 31. Mai. (Telegramm.) Da- Staats- Ministerium hielt gestern von 1N/z Uhr Vormittag- ab im Reichskanzlerpalai- unter dem Vorsitze des Fürsten Hohenlohe eine Sitzung ab. (-) Vertin, 31. Mai. (Telegramm.) Wie der „ReichS- anzeiger" meldet, sind zu stimmfähigen Rittern de« Orden« „kour Is mSritv" die Professoren Albrecht Weber in Berlin, Rudolph Leuckart und Karl Neumann in Leipzig ernannt worden. -7- Berlin, 31. Mai. (Telegramm.) Wie die „Nordd. Allgem. Ztg." meldet, empfing der NeichSkanrler vorgestern den bisher auf Trinidad tbätig gewesenen apostolischen Vicar von Nord-Zanzibar, Emil Allgeyer. Berlin, 31. Mai. (Telegramm.) Da« Abgeort- neten bauS hat heute in der dritten Beratbung der Novelle zum BereinSsesetz die Beschlüsse zweiter Lesung mit einer geringfügigen Abänderung de« Schluß,ab?« nunmehrigen Art. III. —, also die Aufhebung ce» Ve. bindungsverbots und die Bestimmungen gegen c i Theilnahme Minderjähriger an politischen Geria:. lungen, endailtig angenommen. (S. d. an anrei Stelle mitgetheilten ausführlichen Bericht. D. Red. d. Tagebl.") Somit muß, da die letzteren Bestimmung"!! u' Verfassungsänderung betrachtet werden, nach 21 Ta' - eine neue Abstimmung im Abgeordnetenhause stattfirrcu, un die Beschlüsse desselben geben an daS Herrenhaus. Wi;-. lange die Verhandlungen sich, falls dieses Abänderungen be schließt, hinziehen können, ist unabsehbar. L. Verltu, 31. Mai. (Privattelegramm.) Der Geh. LegationSrath vr. »ou Tchwarz-Koppea gebt, wie die „Nat.-Ztg." hört, auS der Colonialabtheilung deS AuS wärtigeu Amte-, in welcher er zu vr. Kaysrr'S Zeiten den Director in dessen Abwesenheit vertrat, in die zweite Ab- theilung de« Auswärtigen Amtes über; in dieser in durch den Tod de- vr. von Schelling eine Lücke entstanden. L. Berlin, 31. Mai. (Privattelegramm.) Während die „Berl. Börsen-Ztg." bestätigen zu können glaubt, daß der Präsident de« ReichSverficherungSamteS vr. Böbiker sein Entlassungsgesuch eingereicht habe, wiederholt di- „Nat.-Ztg." ihre Versicherung, daß dies nicht geschehen sei. Die Falschmeldung sei durch daS noch unbestätigte Gerückt entstanden, daß Herr Bödiker beabsichtige, in die Leitung eines bekannten großindustriellen Unternehmen- einzutreten. — An der Probsteier Ackerbauschule zn Schön berg in Holstein soll in diesem Sommer unter Leitung des DirectorS vr. PlönniS ein mehrwöchiger landwirth- schaftlicher CursuS für jüngere Verwaltungs beamte veranstaltet werden. Den Theilnehmern werden Vorträge über die wichtigsten Fragen der praktischen Land- wirthschaft, und zwar über Ackerbau und Viehzucht vom land- und volkSwirthschaftlichen Standpunkte, über Betriebs lehre und Genossenschaftswesen, gehalten werden; daneben finden im Laboratorium und auf dem Felde praktische Demon strationen statt. Außerdem wird den Theilnehmern Gelegen heit geboten werden, den praktischen Betrieb der Landwirtb- schaft durch Besichtigung der benachbarten Guts- und Banern- wirthschaften kennen zu lernen. Den Schluß des CursuS bildet eine zehntägige Studienreise durch die Provinz Schleswig-Holstein, wobei Vergleiche zwischen den ver schiedenen Betrieb-Methoden angestellt werden. Der CursuS wird am 23. Juni beginnen und je nach Wunsch der Theil- nebmer 3—4 Wochen dauern. Den Beamten, welche sich im Interesse ihrer weiteren Ausbildung auf dem landwirthschaft- lichen Gebiete an diesem CursuS zu betbeiligen wünschen, wird von ihren Vorgesetzten der dazu nöthige Urlaub «r- theilt werden, sofern dies die Rücksichten de« Dienstes gestalten. — Der Generalstreik der Maurer zu Gunsten Les 60-Pfennig-StundenlohnS wird voraussichtlich nächsten Mitlwock proelamirt werden. Die Innung hat beschlossen, von vornherein alle Verhandlungen mit der Lohncommission abzuweisen; die Forderung deS 60-Psennig-Stundenlohns wurde für durchaus un berechtigt erklärt und den einzelne» Meistern deren Ablehnung empfohlen. VV. Posen, 30. Mai. Die polnischen Socialdemo kraten halten bekanntlich ihren Parteitag am zweiten Pfingstfeiertag in Berlin ab. Wie wir erfahren, sollen auf demselben folgende Anträge zur Berathung und Beschlußfassung gelangen: 1)Zur wirksamen Agitation unter den sogenannten Sachsengangern sollen entsprechende Aufrufe vervielfältigt werden. 2) Der Parteivorstand soll durch Vertrauensmänner der deutschen Partei die Zahl der polnischen Arbeiter und den Ort ihrer Beschäftigung in Deutschland in Erfahrung bringen und die agitatorische Bewegung darnach richten. 3) Die „Gazeta Robotnicza" (daS polnische Socialisten- blatt Berlins) soll vergrößert und nach Posen verlegt werden.— Durch den neuen Etat für 1897/98 sind Stellen für vier politische Commissare in Posen, Danzig, Königsberg und BreSlau geschaffen worden. Die Com miffare sollen auf Anordnung der betreffenden Herren Ober- Fsnittetsn. Könige im Exil. Plauderet von Ernst Montan»« (Stuttgart). N-chdr-ck drrtote«. König Georgia« zog in de» Krieg, um ein panhellenisches Reich zu schaffen; er hat aber, wie weiland der Lydier KrösuS, blo« sein eigene- Regiment dadurch zum Wackeln gebracht. Klüger Ware e- gewesen, wenn der Griecheukönig seine vor dem Kriege einmal geäußerte Absicht, sich in da« bescheidene Dasein eine» Privatmanne- zurückziehea «ad freiwillig ab- danken zu wollen, ausgeführt hätte, al- nun — wie eS ihm allem Anschein nach beschieden sein wird — da« Schicksal seine- durch die Revolution von 1862 entfernten Vorgängers Otto I., deS zweiten SohueS König Ludwig'« I. von Bayern, zu tbrilen und die Liste der Könige im Exil z« vergrößern. Fürsteathrone Haven seit den ältesten Zeiten, wenigstens in den romanischen «nd den Balkanländern, de« bedenklich« Eigenschaft gehabt, mitunter umruf allen; die Kronen fitze« dort in stürmischen Tagen nicht viel fester als eia Cyliuder- Hut bei scharfem Nordostwiad, »nd so sind vertriebene «nd verbannte Fürstlichkeiten von jeher keine besonders selten« Er scheinungen gewesen. Wohl kaum ein Jahr ist reicher an Ab dankungen der Kroneutrager gewesen als daS Sturmjahr 1848, und seither hat die Anzahl der „Potentaten a. D." noch erheblich zugeaommen. Alphonse Daudet zeigt uuS in seinem bekannten Roman roi» «u eril" eine ganze Eolonie von ehedem ge- rönten Häupter«, di«, sSmmtlich durch «nterschirdlichr Katastrophrn von ihren Thronen gestoßen, wahrend der ersten Jahre nach dem deutsch-französischen Kriege zn ge meinsamem Exil in der Seinestadt versammelt waren. Die Modelle zu seinen Romanfiguren hatte der Verfasser im Leben gesehen. „AIS junger Mann", berichtet er, „hatte ich in de« engen Gängen deS Nachtrestaurants, im heißen Odem deS Gaslichtes, der Gewürz« und Patchoulidüst« ost genug di« rabenschwarze Perrück« d«S Herzog- von Braun schweig (genannt der Dramantenherzogl) gestresst; bei Bignon gewahrte ich eine- Abend- auf dem Hinteren Divan de» holländischen Prinzen, „Vltrvn lo Taeltarns" (Kronprinz Wilhelm, Prinz von Oranien), wie er mit einer Halbwelt dame «in Stück Gänseleberpastete verzehrte. Auch die Hohr, stolz« Gestalt des blinden König- von Hannover erblickte ich eine- Sonntag« beim Verlassen des ConservatoriumS-Eoncert- und sah, wie er am Arm der rührenden Prinzessin Friederike, die ihn leise anstieß, wenn er grüßen mußte, zwischen den Säulen der Borhalle einhertastrte." Bei der Eröffnung der letten Pariser Ausstellung konnte «an ganz dicht bei einander folgende Ex- und Pseudomajestäten gewahren: Don Francisco von Assist und Don Carlos, sowie dcren Ehehälften Donna Isabella und Donna Margherita, «>d außerdem noch den Herzog von Aosta, weiland König Amad«uS von Spanien. Ungeachtet die Beispiel« gestürzter Macht und Hoheit also kedwSwegS selten sind, so bleibt «» entthronter Monarch doch immer «ne merkwürdig« Person und erregt unsere besonder« Teilnahme. E« bestehen gegenwärtig in Europa 40 Throne, di« von 26 Herrschergeschlechtern eingenommen werden. Unter de» Regentenfamilien romanischer Zunge find drei: Bourbon, Vonavart« und Braganza, deS ScepterS verlustig gegangen, und ihr« Angehörigen stellen da- Haupteontingent der gegen wärtig im Exil lebenden Fürsten und Fürstinnen. In dem Gothaischen Genealogischen Hofkalender stehen auch sie gewissenhaft unter den noch „activen" Potentaten verzeichne», und wenn wir diese- nützliche Buch aufschlageu, so ist die erste au- ihrem Lande verbannte Majestät, auf die wir stoßen, die Herzogin Marie in Bayern, Schwester der Kaiserin von Oesterreich und Wittwe de« Exkönig« Franz II. von Neapel, der am 27. December 1894 zu Arco in dem Hotel gleichen Namen- an der Zuckerkrankheit starb. Er gehörte zu den italienischen Regenten, deren Throne die politischen Stürme der Jahre 1859 und 1860 um- stürzten. Seine letzte Zuflucht war die Festung Gaeta, bei deren Bertheidigung sich die Königin Marie, der „einzige Mann" an seinem Hose, durch hohen Muth hervorthat. Daudet bat dieser thatkräftigrn Fürstin manche Züge für die weibliche Hauptfigur seine- berühmten Roman» entlehnt. Der Sohn de« „KS Lowda« zog sich später, wie alle seine italienischen Schicksalsgenossen, nach Oesterreich zurück und tbeilte mit ihnen auch da« Geschick, vergessen zu werden. Nur die Nachricht seine« Tode« bat den Zeitgenossen diesen vertriebenen König für «inen Augenblick in« Gedächtniß zurückgerufea. Kinder hinterließ er nicht, aber sein ältester Halbbruder, AlfonS, Graf von Easerta, der meist in Cannes lebt, hat nach den, Hinscheiden Franz' II. al« nunmehriger Chef deS Hause- alle Rechte und Titel deS verstorbenen in Anspruch genommen und die früheren Protest« gegen die Besitznahme seine« Lande« erneuert. Wir lassen gleich die beiden Exsürsten folgen, deren Tbrone einst in Italien« Gauen standen: den Herzog Robert von Parma, dessen Land 1860 mit dem Staate de« König- Victor Emanuel II. von Sardinien vereinigt wurde, »nd der mit seiner Familie meist auf Schwarza« am Steinselde in Niedrr-Oesterreich wobnt, und seinen Gefährte» im Un glück, Ferdinand IV., Großherzog von ToScana, der in der stillen Residenz am Domplatz zu Salzburg ein beschaulich e Dasein führt. Eine Gestalt, die durch die vom Schicksal auf ihr Haupt geführten Schläge ungeachtet aller Verfehlungen früher-- Jahre etwa- Ehrwürdige« erhalten hat, ist die Exkaiser», Eugenie von Frankreich. Sie besitzt zwar zu Farnborou. l» bei London einen festen Wohnsitz, schweift aber meist, tro» ihrer körperlichen Leiden und Gebrechen, rubeloS umher. Jüngst war sie auch in ihrer andalusischen Heimat!) unc suchte in Granada da» Hau« Nr. 12 der Calle de Grac a auf, wo laut der dort angebrachten Inschrift am 5. M.n 1826 Donua Eugenia de Guzman y Portocarrero, fpäl-r Kaiserin der Franzosen, da« Licht der Wc.lt erblickt hat. Zm Frühjahr kommt die Exkaiserin, deren einst so schonen Zügen Alter und Unglück ihren deutlichen Stempel aufgedrückt haben, regelmäßig nach Schloß Arenenberg bei Ermatingcn am Bodensee. Dort begeht sie alljährlich in Stille und Einsam keit deu Todestag (11. Ium) ihre« unglückliche» Sohnes, des Prinz«» ,Zulu". Gern weilt sie ferner am Cap Martin zwischen Mont« Earl» u»d Mrntone, wo sie sich die Billa KyrnoS hat erbauen lasse». Die steten treuen Gefährten ihre« Exils sind Madame Lebreton-Bourbaki, FranceSchini Pietri und ihr« Vorleserin Mademoiselle d'Allonville. Z, ihrer dereinstigen Erbin hat die Exkaiserin die kleine Prinzessin Victoria Eugenik, einzige Tochter der Prinzessin Beatrix vmi Battenberg, eingesetzt. Letztere, die jüngste Tochter der König!» von England, hatte sich die Kaiserin ehemals als Schwieger tochter grwüisscht — eine Hoffnung, die der tragische Tco deS Prinzen LouiS Napoleon im Znluland vernichtete. Der ZukunftSkaifer der Boaapartisten ist bekanntlich tcr in Brüssel lebende Prinz Victor, ältester Sohn von „Plrn Plon"; die Exkaiserin soll aber mehr Sympathien für seinen jüngeren Bruder Louis Napoleon hegen, der e« bereit« bis
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