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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 12.06.1897
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1897-06-12
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18970612024
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1897061202
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1897061202
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1897
- Monat1897-06
- Tag1897-06-12
- Monat1897-06
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4S7S bereit« bestimmt, nicht einmal besprochen. Aste«, wa« sich jetzt sagen läßt, ist, daß die Reise im Princip gebilligt, daß sie während der Kammerserien stattfinden wird, welche Anfangs gegen den 25. Juli beginnen zu sollen schienen, jetzt aber erst in der ersten Halste des August ihren Anfang nehmen dürften. Wir fügen hinzu, daß in der Idee der Regierung diese Reise weniger noch ein Act internatio naler Courtoisie gegenüber einem Souverän, dessen freund schaftlicher Besuch unauslöschliche Erinnerungen in den Herzen der Nation zurückgelassen hat, als ein neues Mittel sein soll, die Bande noch fester zu ziehen, die uns mit rem russischen Souverän und seinem Volke verbinden." Der Vertrag, den Großbritannien soeben mit China angeblich zur Regelung seiner Grenzen in Birma abgeschlossen hat, ist rin neuer Beweis dafür, daß mit dem japanisch chinesischen Kriege der Aufschluß — um nicht zu sagen die Auftheilung — deS Reiches der Mitte ernstlich begonnen hat. Im Nordosten hat Rußland seine Fühler bereits bis nahe an daS Herz Chinas vorgefchoben, im SüdoNen dringen Frankreich und England von Tonkin und Birma her ein. In dem Vertrage vom 20. Juni 1895 war eS Frankreich gelungen, seine Grenze in Anam um etwa 12 000 qkw vorwärts zu reguliren, es hatte außerdem werthvollr handelspolitische Zugeständnisse errungen, die ihm die Aussicht eröffneten, seinem Handel vom Rothen Flusse aus und mittels »ine» planmäßig angelegten Eifenbahnfystems die reichen Provinzen Kuangfi und Wnnan zu erobern. Zugleich aber hatte England sein Augenmerk aus diese Provinzen gerichtet, und trotz der Hinter- treibungSverfuche deS französischen Gesandten in Peking, Görard'S, gelang »S ihm, den Westsluß zu öffnen und damit für die Zukunft die Erzeugnisse der Provinz Kuangfi von der französischen Eolouie ab in da» englische Hongkong zu leiten. Der neue chinesisch britische Vertrag nun bezweckt, Frankreich auch die für Mnnan und weiterhin für die Provinz Szeschuan erlangten Vortheile abzujagen. Da mit der erwähnten Auslieferung eine» Theiles des birmanischen Schanstaates Kianghung China gegen ein im März 1894 mit Großbritannien geschlossenes Abkommen verstoßen hatte, so benutzte jetzt England den Vertragsbruch des „perfiden China" — Albion und China hatten in dieser Terminologie einmal die Rollen getauscht —, um in einer „Revision" jenes Vertrages von 1894 weit mehr zu erringen, als der erste Vertrag vorgesehen hatte. Als Entgelt für das an Frankreich gegebene Stück von Kianghung ließ es sich zunächst den Schanstaat Kokang abtreten, ferner ließ eS sich die südlich vom Namwanflusse gelegenen Gebiete von China in ewige Pacht geben, erzielte die vollständige Oeffnung der Grenze zwischen Birma und China, die Erlaubnis, in einzelnen Handelsplätzen Bünnans Consuln zu unterhalten, und das Zugeständnis,, daß die ZukunftSeisrnbahnen DünnanS an das birmanische Netz angeschlossen werden sollen. Dabei drängt sich die Wahrnehmung auf, daß nicht nur Rußland und Frankreich, also zwei der Nationen, die Japan in den Arm fielen, als eS China verkleinern wollte, sondern auch England, eine Macht, die China gegenüber im Kriege mit Japan eine offenkundig feindselige Haltung beobachtete, bei den natürlichen Folgen der chinesischen Niederlagen ihre Dortheile gefunden haben, und daß allein Deutschland noch auf des Dankes Lohn für sein Einschreiten wartet. Man braucht, wie die „Köln. Ztg." zutreffend bemerkt, nicht den uferlosen Plänen einiger „Alldeutschen" zuzustimmen, die von einem Oreater 6erman^ ini Osten Asiens träunien, um die Enttäuschung zu begreifen, die sich weiter Kreise besonders darüber bemächtigt hat, daß auch in handelspolitischer Hinsicht die Vortheile, die man sich von dem Einsetzen der Machtmittel Deutschlands zu Gunsten CbinaS versprach, bis jetzt auSge- blieben sind. Diese Enttäuschung fand neue Nahrung, als sich die Meldung bestätigte, daß auch der Bau der großen Eisenbahn, die einst Cbina von Peking über Hankau bis Kanton durchqueren soll, dem deutschen Unternehmungsgeist aus der Hand genommen sei. Freilich, China ist groß und daS der Civilisation und ihres Pioniers, des Handels, dort harrende Werk unermeßlich, aber je weiter die Zeit fort schreitet, um so mebr wird sich in den Augen der Chinesen daS Verdienst verwischen und schmälern, das Deutschland sich um sie erworben hat. Der Wunsch, endlich einmal andere Früchte zu sehen als die Bewilligung einiger Settlements in den VertragShäfen, ist daher um so verständlicher, als andere Mächte unaufhörlich und emsig dabei sind, eine reiche Ernte in ihre Scheuern zu sammeln. Heute heißt es zur Abwechselung, über die Grundlage deS griechisch-türkischen Friedens herrsche nunmehr unter den Botschaftern volle Einigkeit. Nack Informationen, die die „Neue Fr. Presse" für zuverlässig hält, hätten die Mächte dem Sultan folgende Zugeständnisse gemacht: Fünf Millionen Pfund garantirte Kriegsentschädigung; eine umfang reichere Grenzberichtigung, als ursprünglich zugestanden werden sollte; die Capitulationen sollen zwar für Griechenland aufrecht erhalten bleiben, aber die griechische Jurisdiction in der Türkei eine den Verhältnissen ent sprechende bedeutsame Umgestaltung erfahren. In türkischen Regierungskreiscn wird dieses Entgegen kommen sehr günstig beurtheilt; man glaubt allgemein, daß man sich so der Verständigung nähere und wie wir bereits mittheilten, soll der Sultan bereit sein, auf Thessalien zu verzichten» ausgenommen das Gebiet des PeneioS-FlusseS, inbegriffen TurnavoS-Meluna, den Capitulationen, vorbehält lich einer neuerlichen Prüfung der Angelegenheit im Princip zuzustimmen und gegen eine Prüfung der Finanzlage Griechen lands keine Einwendungen zu erheben. Ob dem wirklich so ist, muß sich ja bald zeigen. Mittlerweile hält in Koustan» tinoprl dir Erbitterung gegen die herauSforderade Haltung deS englischen Botschafter« an. Selbst in England fängt man an zu begreifen, daß man mit Herrn Currie als Botschafter in Konstantinopel den Bock zum Gärtner gesetzt hat. Große« Auf sehen erregt in London eine lange Zuschrift, tue dem „Standard* auS Konstantinopel, gez. Spectator, zugegangen ist. Als ihr Ver fasser wird Sir Edgar Vincent vermuthet. Der Brief ist eine scharfe Anklageschrift gegen den britischen Vertreter Sir Philipp Currie, der mit seinem brüsken, undiplomatischen Vorgehen den englischen Einfluß in Konstantinopel unter graben habe. Sir Philipp Currie, meint man, werde nach diesem Briefe kaum mehr lange Botschafter in Konstantinopel bleiben. In Wiener diplomatischen Kreisen wird dagegen die Ansicht vertreten, die Haltung d« englischen Botschafters bei den Friedensverhandlungen in Konstantinopel bezwecke, eine Provocation des Sultans und eine Erschwerung deS Friedensschlusses herbeizufübren und die Pforte in Gegensatz zu den Intentionen der Mächte zu bringen. Der Sultan werde jedoch nicht in die Falle gehen, vielmehr eine billige Verständigung mit den Mächten suchen. Deutsches Reich. Leipzig, 12. Juni. Die „Nordd. Allgem. Ztg." tritt wieder einmal für die Verrinsgesetznovclle in einem Leitartikel ein, der sich durchaus auf der Höhe dessen hält, waS zur Vertheidigung dieses Gesetzentwurfs bisher vor gebracht worden ist. Pflügend mit dem Kalbe des Ministers von der Recke, wiederholt daS genannte Blatt die Behauptung, das „wahre Uriheil der Volksmehrheit" sei weder in der officiellen Haltung der parlamentarischen Fraktionen, noch in der Stellungnahme der Presse zum Ausdruck gelangt. Zum Beweise dafür, daß sveciell viele Nationalliberale die Haltung der Fraktion des AbgeordnetenbauseS mißbilligen, beruft sich das genannte Blatt, wa« ebenfalls schon früher geschehen, auf die angeblich nationalliberale„Rhein.-Westf.Ztg", um dann fortzufabren: „Im weiteren Verlaufe der parlamentarischen Verhandlungen hat sich dann die Zahl der in gleichem Sinne votirenden Preß stimmen aus nationalliberalem Lager vermehrt. Ins besondere ist auch ein zweites rheinisches Blatt, die „Düssel dorfer Zeitung", aus den Plan getreten, um das bisherige Ergebniß der Berathungcn als ein durchaus uuzuläugliches und un erfreuliches entschieden zu verwerfen." Die „Düsseldorfer Zeitung" als eine Preßstimme auS nationalliberalem Lager zu ciliren, ist ein starkes Stück. Die „Düsseldorfer Zeitung" ist als Organ der Düsseldorfer Re gierung bekannt, sie wird in den Nachschlagewerken als „amtlich" und als „regierungsfreundlich" bezeichnet, und Herr von der Recke, der, ehe er der Nachfolger des Herrn von Köller wurde, Regierungspräsident in Düsseldorf war, dürfte nicht überrascht gewesen sein, als die „Düsseld. Ztg." „auf den Plan trat, um das bisherige Ergebniß ter Berathungen als ein durchaus unzulängliches und unerfreuliches entschieden zu verwerfen". So verfehlt daher die Berufung auf die „Düsseld. Ztg." ist, ebenso unglücklich ist der Appell an die Abgeordneten, die Zwischenzeit bis zu der verfassungsmäßig gebotenen zweiten Abstimmung zur Bekehrung zu benutzen: „In Folge der parlamentarischen Ferien ist den Volksvertretern Gelegenheit geboten, mit ihren Wählern in unmittelbare Berührung zu kommen. So Mancher dürste da von den Stimm ungen und Urtheilrn im Lande draußen ein wesentlich andere» Bild empfangen, als er sich während deS parlamentarischen MeinungS- kampfeS unter dem treibenden Einflüsse vermeintlicher FraclionS- interessen zurecht gemacht hat. Bei Ausnutzung der kommenden Wochen zu gründlicher Informatik» seitens der Abgeordneten ist die Hoffnung auf eine andere Gestaltung der Novelle noch keineswegs ausgeschlossen." Nun, die „Stimmungen und Urtheile im Lande draußen" sind bei den Ersatzwahlen in Wiesbaden, Königsberg und Pr. Stargard recht deutlich erkennbar geworben, — natürlich nicht für die „Nordd. Allg. Ztg." * vcrlin, 11. Juni. Um Beziehungen Lützow'S zu Herrn v. Manteuffel und der conservativen Partei leitung nachzuweisen, hat die „Nat.-Ztg." aus dem — übrigens sehr mangelhaften — stenographischen Berichte der „Nordd. Allgem. Ztg." folgenden Passus citirt: „Angeklagter v. Tausch: Herr v. Lützow sagt, woher er solche Sachen wissen sollte, er hatte keine Verbindungen. Man braucht nur seine Berichte durchzulesen, die er an die Polizei geschrieben hat, wo er sogar öfter Herrn v. Manteuffel anzieht und sagt: Ich habe das von Herrn v. Manteuffel erfahren und zwar sehr viel. Ich will damit nur andeuten, daß Herr v. Lützow sehr gute politische Verbindungen hatte und Laß ihm von solchen Seiten auch etwas mitgetheilt sein wird. Ich könnte noch mehrere andere nennen, aber diese eine Person genügt, um zu zeigen, daß er in der That Verbindungen gehabt hat; er ist im Wahlburrau de- kon servativen WahlvrreinS beschäftigt gewesen, wenigsten» sagte er das, er hat Wahlreden gehalten, ist herumgrrrist im Auftrage der conservativen Partei, hat den Auftrag bekommen, Broschüren zu schreiben gegen Herrn Stöcker, und hat also sehr wohl politische Beziehungen gehabt." Darauf antwortet die „Conserv. Corresp.": „Dir Herrn Frhrn. v. Manteuffel betreffenden Angaben sind Wort für Wort unwahr. Ebenso unwahr ist die Angabe, Herr v. Lützow sei im „Wahlburrau de» konservativen Wahl vereins" — sofern damit das Bureau des Wahlverein» der deutschen Conservativen gemeint sein soll — beschäftigt gewesen. Da» war niemals auch nur vorübergehend der Fall. Unwahr ist ferner dir Behauptung, Herr v. Lützow sei im Auftrage der konservativen Partei al» Wahlrrdner herumgrrrist. Er hat vor Jahren, wie viele andere redegewandte Herren, im Centrolbureau seine Adresse niedergelegt, dir dann im Bedarfsfälle solchen Wahl- comitö» mitgetheilt worden ist, welchen locale rednerische Kräfte nicht zur Verfügung standen. Es war die» also ein rein geschäft- licher Act, von dem die Parteileitung gar keine Kenntniß hatte. Ein Auftrag, Broschüren gegen Herrn Stöcker zu schreiben, ist Herrn v. Lützow von conservativer Seite niemals rrtheilt worden." Da Herr v. Tausch seine Aussagen nicht unter seinem Eide gemacht hat, so ist ihnen nicht allzuviel Glaubwürdig keit beizumessen. Und wenn ihm v. Lützow wirklich gesagt hat, WaS er gesagt haben soll, wer möchte aus die Angabe eines solchen Menschen eine Anklage gegen Dritte gründen? Die „Nat.-Ztg." darf sich daher nicht wundern, wenn die „Conservative Corr." eS nicht bei einer einfachen Dementirung der Behauptungen v. Tausch's resp. Lützow'S bewenden läßt, sondern ein kräftiges Wort gegen daS Blatt hinzufügt, das solche Männer als beweiskräftige Zeugen aufruft. * Berlin, 11. Juni. Von dem umfangreichen Bericht der Commission des Reichstags für die Novelle zu den Unfall versicherungsgesetzen ist jetzt ein Theil zur Ausgabe gelangt, der das Mantelgesetz und die Gewerbe- Unfallversicherung enthält. Eine der wichtigeren Aende- rungen, welche die Commission in dem Mantelgesetz beschlossen hat, bestehl darin, daß aus den vierUnfallversichcrungsgesetzen die Bestimmungen über die Schiedsgerichte beranSgeiiommen und als Artikel Ila in dieses Gesetz eingefügt sind. Bon erheblicherer Bedeutung ist noch, daß die Commission den Berussgenossenschaften gestattet hat, die Invaliden-, Wittwen- und Waisenversorgung neben der Unfall versicherung auf sich zu nehmen. In der Commission war ferner angeregt worden, die Berussgenossenschaften für eine Reihe von weiteren socialen Aufgaben nutzbar zu machen. Man einigte sich daher, folgenden Artikel Illa einzufügen: Die Berussgenossenschaften sind ferner berechtigt, nach Maßgabe des Artikels III, Absatz 4, Einrichtungen zu treffen: u zur Ver sicherung ihrer Mitglieder gegen Haftpflicht; d. zur Organisation des Arbeitsnachweises. Bei der Einrichtung sud d. sind die Arbeiter bei der Verwaltung in entsprechender Weise zu betheiligen. Die Betheiligung an diesen Einrichtungen ist freiwillig. Bei der Berathung der Gewerbe-Unfallversicherung fand eine eingehende Erörterung über die Frage der Aus dehnung der Unfallversicherung auf weitere gewerbliche Be rufszweige, insbesondere auf Kleingewerbe, Handwerk und Gesinde statt. — Auf der Nordlandsreise, die der Kaiser am 5. Juli antritt, wird der Kreuzer 3. Classe „Gefion" die Uacht „Hohenzollern" begleiten. Auf der Reise nach Petersburg wird die erste Division des ersten Geschwaders dem Kaiser das Geleit geben. Die Division setzt sich aus den erst klassigen Panzern „Kurfürst Friedrich Wilhelm", „Branden burg", „Weißenburg" und „Wörth" zusammen, denen noch der Aviso „Jagd" beigegeben ist. — Nach der im Reichöeisenbahnamt ausgestellten Nach weisung sind auf den deutschen Eisenbahnen aus schließlich Bayern im Monat April 166 Unfälle vor gekommen, wobei 48 Personen getödtet und 101 Personen verletzt worden sind. — Durch Erlaß des Ministers der öffentlichen Arbeiten ist eine häufigere Revision deS rollenden Materials der Eisenbahnen angeordnet worden, nachdem sich ergeben bat, daß die bisherige den Sicherheitsansprüchen nicht genügt. Die Revision hat fortan stattzusinden für die Wagen der Schnellzüge alle sechs Monate, für die Wagen der Personen züge alle Jahre und für die Güterwagen alle drei Jahre. — Es ist kürzlich über den Zusammentritt einer Confsrenz im preußischen Cultusministrrium berichtet worden, welche sich mit der Revision der kaiserlichen Verordnung über den Verkehr mit Arzneimitteln beschäftigen sollte. Die Conferenz, an der je ein Vertreter des ReichSamtS deS In nern, des preußischen LandwirtbschaftsministeriumS, der thier ärztlichen Hochschule, der Großindustrie, der Apotheker, der Drogisten, sowie ein Landwirth theilgenommen haben, hat unter dem Vorsitz des Geheimraths vr. Pistor startgefunden. Dieselbe hat sich, wie nach der „D. Tagesztg." verlautet, für die Nothwendigkeit einer Revision der Verordnung aus gesprochen. Mit dieser Revision oder ihrer Vorbereitung soll sich nun eine demnächst in daS kaiserliche Gesundheitsamt zu berufende Commission befassen. — Vom deutschen Buchdruckerverband hat, wie die „Post" berichtet, eine Gauvorsteherconferenz in Berlin stattgesunden, die sich mit der Lohnbewegung aller Buchdrucker in denjenigen Officinen, die den Tarif nicht anerkennen, befaßte. In Hinsicht darauf, daß die Principalorganisation ihren Verpflichtungen nachgekommen ist, indem sie von ihren Mitgliedern unter Androhung des Ausschlusses die An erkennung des Tarifs binnen einer bestimmten Zeit verlangte, beschloß die Conferenz, eine Erklärung abzugeben, „daß der Verband der deutschen Buchdrucker energisch und mit allen ihm zu Gebote stehenden Mitteln den Tarif überall zur Durchführung bringen wird." Die Mitglieder in außer tariflichen Druckereien wurden verpflichtet, bei der ersten sich bietenden Gelegenheit in diesem Sinne zu wirken. Die Frage der Zurücknahme de« Ausschlüsse« einiger Tarifgigner au« dem Buchdruckerverband wurde angesichts deS jetzigen Vor gehen« der Leipziger Oppositionsführung z. Z. für usn- diScutirbar erklärt. Zur Schaffung eine« internationalen Streikfonds wurde eine eingehende Berathung beschlossen. — Eine von über 3000 Personen besuchte Versammlung der Maurer Berlins und der Umgegend beschloß, von einem allgemeinen Ausstande abzusehen und überall da einen theilweisen Ausstand auSzurufen, wo der Stunden lohn von 60 und die neunstündige Arbeitszeit nicht be willigt würden. — Minister des Innern Freiherr von der Recke ist auS Schlesien hier angekommen. — Dem russischen General-Lieutenant und General-Adjutanteu des Zaren Fürsten Dolgoruky wurde der Rothe Adler-Orden erster Classe in Brillanten verliehen. * Sangerhausen, 10. Juni. Die Mittheilung über den Austritt des Pfarrers Kötzschke auS seinem hiesigen Amte bedarf insofern der Berichtigung, als Pfarrer K. nicht seines Amtes entsetzt wurde, sondern nur auS dem Amte geschieden ist, jeder Zeit aber die Möglichkeit hat, in das geistliche Amt zurückzutreten. v. Gotha, 11. Juni. Nachdem in der heutigen Sitzung des Landtags die Berathung der Besoldungsscala beendet, wurde beschlossen, dieselbe in einem Gesetz sestzulegen und zu veröffentlichen. Hierauf wurde in die Etalsberathung eingetreten. Von verschiedenen Redliern wurde darauf hin gewiesen, daß der diesmalige Etat mit sehr wenig Sorg fältigkeit von der Regierung aufgestellt sei. Die dadurch nothwendig gewordenen Beschaffungen von Nachweisen rc. hätten die Tagung des Landtags in die Länge gezogen. Der Abg. Liebetrau bezeichnete die StaatSregierung als eine „büreaukratische", es fehle an einem „socialen Geheimrath", der die socialdemokratische Literatur rc. zu prüfen habe. Nach der GeneraldiScussion wurde in die Einzelberathung ein getreten. Staatsminister von Strenge erklärte, über das preußische Vereinsgesetz sei keine Verständigung mit der hiesigen Regierung versucht worden. * Wiesbaden, 11. Juni. Generaloberst Graf Waldersee und die übrigen gestern aus Eltville hier eingetroffenen Generale und Admirale begaben sich heute früh wieder nach Eltville, wo sie ihre Berathungen fortsetzten.— DaSWahl- ergebniß liegt jetzt aus allen Bezirken vor. Es sind danach inSgesammt 20 493 Stimmen (gegen 23 721 im Jahre 18931 abgegeben worden und zwar für Wintermeyer (fr. VolkSp.) 6777, für Fugger (C.) 5493, für Quarck (Soc.) 5193 und für Bartling (nl.-cvns.) 3030. Gewonnen hat gegen 1893 die freisinnige Volkspartei 1882 und das Centrum 466 Stimmen; verloren baben die Kartellparteien 3259 und die Socialdemokraten 1060 Stimmen. * München, 11. Juni. DaS aus Anlaß der Hauptver sammlung der Deutschen Colonialgesellschaft im Löwenbräu-Keller veranstaltete Fest war äußerst zahlreich be sucht und verlief auf das Glänzendste. Prinz Leopold von Bayern und Herzog Johann Albrecht wurden von den Gästen lebhaft begrüßt. Nachdem die Feier durch einen Fest gruß von Lingg eröffnet war, ergriff Major vonWissmann das Wort zu einem längeren, mit großem Beifall aufzenommenen Vortrage über seine Thätigkeil in Afrika. Redner betonte, daß jetzt überall Achtung vor der deutschen Flagge und viel fach ein freundschaftliches Verhältniß zwischen Deutschen und Eingeborenen herrsche, und legte dann dar, daß eS nöthig sei, weitere Mittel für die Colonien bereit zu stellen. „Das deutsche Volk", schloß Major von Wissmann, „hat sich ent schlossen, Colonien zu besitzen, und ist jetzt auch verpflichtet, den Besitz festzuhalten und auszubauen, und wir werden die Colonien festhalten und entwickeln zum Vortheile des deutschen Reiches und zum Ruhme der deutschen Flagge". Italien. Die Unruhe» in Vicenza, Flottenbauten. * Rom, 11. Juni. (Deputirtenkammer.) Der Unterstaats- secretair im Ministerium deS Innern Serara erklärt in Beant wortung einer Anfrage Cavallo's über die gestrigen Unruhen in Vicenza, dieselben seien infolge von Mißhelligkeiten zwischen dem Municipalausschusse und der klerikalen Partei ausgebrochen. Es seien keine Bürger bei den Unruhen verwundet worden. Der Unter- staatssecretair beklagt den Zwischenfall und schließt mit der Ver sicherung, daß die Ordnung wieder hergestellt fei. Die italienischen Flottenneubauten, an welchen gegenwärtig gearbeitet wird, sollen eine Beschleunigung in der Weise erfahren, daß sie möglichst noch zum Sommer des JahreS 1898 dienstbrauchbar werden. Insbesondere gilt dies von den acht gewaltigen Hochseekreuzern, die im Bau be griffen und schon ziemlich weit vorgeschritten sind. Welcher Werth aus die rasche Fertigstellung dieser Schiffe gelegt wird, erhellt daraus, daß trotz der nicht allzu blühenden italienischen Finanzlage doch noch ein ErgänzungScredit von 19 Millionen Lire aufgewendet werden soll, damit nur ja die Arbeiten mit der für nöthig erachteten Beschleunigung zu Ende geführt werden können., Rußland. * Petersburg» 11. Juni. Zu Ehren deS amerikanischen Special- bevollmächtigten Foster findet heute Abend bei dem deutschen Bot- „Und ich lieb Dick, daS weißt Du doch?" „ES ist Alles, was ich weiß oder zu wissen wünsche." „Gut, ich will Dir noch etwas mehr sagen. Weil ich Dich liebe, wünsche ich zu thun, WaS Du gern hast, und nicht waS ich gern habe, und so wird eS immer sein, so lange Du mich liebst." Greif zog sie in seine Arme und flüsterte ihr zärtliche Worte ins Ohr. „Aber Du mußt mich recht verstehen. Greif", rief Hilda. „Nicht weil Du mein Gatte sein wirst, beabsichtige ich mich Dir zu unterwerfen. Ich unterwerfe mich durchaus nicht und werde eS niemals thun. Ich bin so stark wie Du, und Du könntest mich nicht um eine Haaresbreite zum Nachgeben zwingen, aber ich werde immer thun, WaS Du wünschest, weil ich Dich liebe und Du mich liebst, auS keinem andern Grunde." „Ich möchte eS nicht ander-, Geliebte, und ich werde stets dasselbe thun." „Und nun. Greif", rief Hilda, ihre Hand in die seinige legend, „soll ich mit Rex sprechen, oder willst Du eS thun?" „Ich werde mit ibm sprechen", erwiderte Greif fest. „So gieb mir Dein Wort, nicht ärgerlich zu werden und so mit ihm zu sprechen, daß er erkennt, wie hoch Du seine Freundschaft schätzest. Er rettete durch seine Fürsorge Dein Leben —" „Und Du riefst mich mit Deinen Augen vom Tode zurück —" „Denke nicht an meine Augen, wenn Du von Rex sprichst", unterbrach ihn Hilda ernst. „Denke an Alle«, wa« er für Dich gethan hat, und welche Erwiderung eine so edle Freund schaft verdient; denke daran, daß er einsam im Leben steht und nicht mehr so jung ist wie Du. Denke daran, daß Alle-, waS ich wünsche, ist, daß e« un- möglich werde, glücklich mit einander zu leben, Du und ich und er, wenn ihm daran liegt, mit unS zu Hausen, und vergiß nicht, daß, wenn Du und Rex im Groll von einander schiedet, ich eS mir niemals vergeben würde. Du verdankst ihm viel, Dein Leben, und ich noch mehr, denn ich verdanke ihm unser beider Leben zu sammen. Willst Du ihm daS sagen?" „Ich werde eS versuchen, er wird mich nur nicht ver stehen." „Wenn «S Dir nicht gelingt, Dich ibm verständlich zu machen, kommt die Reihe an mich. Es ist keine unbedeutende Angelegenheit, sich von solch' einem Manne zu trennen, wie Rex, noch ist e« »in unwichtige« Uebel, daß mich schon vor unserer Verheirathung seine Abneigung trifft. Du mußt Alles aufbieten, ihn mir zu gewinnen, und eS wird Dir ge lingen. Später werden wir gemeinsam daran arbeiten. Greif —" sie hielt plötzlich inne und blickte zu ihm auf. „WaS giebt eS, Theure?" fragte er. „Greif, glaubst Du, daß ich einen andern Grund habe, zu wünschen, daß Rex mich gern habe? Hältst Du mich für eitel?" Greif starrte Hilda einen Augenblick an, dann lachte er laut. „Weshalb lachst Du?" fragte sie ruhig. „Ich habe von Mädchen gelesen, die so eitel waren, daß sie wünschten, von jedem Mann, den sie sahen, geliebt zu werde», und ich habe noch nie einen andern Mann, einen andern jungen Mann meine ich, als Dich kennen gelernt, bis ich Rex sah, und so dachte ich, vielleicht —" Sie beendigte ihren Satz nicht, sondern sah ihn mit dem Ausdruck ernsten Zweifels in ihrem lieblichen Gesicht an, der Greif von Neuem zum Lachen reizte. „Denn wenn es daS wäre", fuhr Hilda fort, „könnte Rex ruhig fortgehen und ich würde mich nur darüber freuen." „Hilda, wie kannst Du nur auf solche Gedanken kommen!" ries Greif endlich. Ihre Unschuld und ihre Un erfahrenheit waren so erstaunlich, daß er nicht gleich Worte finden konnte, ihr etwa« zu erwidern. „ES wäre doch ein« Möglichkeit gewesen —" „Daß Du im Grunde Deine- Herzen« nicht mit mir allein zufrieden gewesen wärest und auch noch die Eroberung meine« Vetter- zu machen gewünscht hättest! Armer Rex! Wie würde er über diese Vorstellung lachen! Nein, Hilda, an solche Dinge darfst Du nicht denken!" „Ist eS unrecht?" fragte sie, ihre klaren Augen szu ihm erhebend. „Unrecht? Nein. ES ist nur unrecht gegen Dich selbst und sehr unrecht, zu glauben. Du könntest einer so verächt lichen und albernen Eitelkeit fähig sein." „Du glaubst also nicht, daß ich — wie nennen sie e« doch gleich — eine Cokette werden würde, wenn Du mich in die Gesellschaft einführtest?" „Du? Niemals!" lachte Greif wieder. Greif kannte Hilda zu gut und wußte zu genau, wir sie erzogen war, um zu denken, daß ihre Worte nur au« Ziererei gesprochen waren, wie e« bei anderen Mädchen nahe gelegen hatte. „Ich hoff« nicht", sagte Hilda, „obgleich man eS nicht immer weiß, wenn man schlecht ist." „Wenn ich finden werde, daß Du schlecht bist, Hilda, verspreche ich Dir, eS Dir unverzüglich zu sagen." „Im Ernst?" „Ich laufe dabei keinerlei Gefahr. WaS für Kinder wir sind, Hilda! Und wie angenehm eS ist, zusammen Kinder zu sein, an einem Tage wie diesem!" „Wir können nicht immer Kinder sein", antwortete Hilda. „Haben wir eine bedeutsamere Veränderung von der Zeit zu erwarten, als daß wir einander noch inniger lieben als jetzt?" „Ich sehe nicht «in, weshalb, aber wenn unsere Liebe auch nur so bliebe wie heut', wäre sie nicht groß genug?" „Liebe muß wachsen. Greif. Eine Liebe, die nicht mehr wächst, beginnt schon zu sterben." „Wer lehrte Dich, so über die Liebe zu sprechen, Hilda?" „Bedarf ich dazu einer ander» Belehrung als die meine- Gefühls? Ist eS Dir nie so, als ob Du sprechen müßtest, wenn Dir daS Herz nicht brechen sollte?" „Nein, je mehr ich fühle, desto weniger bin ich im Stande zu sagen." „Du sprachst sehr schlecht, als Du Dich bemühtest, mich zu überzeugen, wir sollten einander nicht heirathrn", sagte Hilda mit einem Seitenblick auf Greifs glückliche« Gesicht. „Und Du sprachst gut, zu gut." „Ich möchte wissen, wer von un- Beiden mehr fühlte." „WaS ich fühlte, war beinahe zu viel. Ich war nahe daran, nie wieder zu sprechen. Wie ich an jenem Tage nach Hause kam, weiß ich nicht." „Und ich? Als Du fort warst, vergoß ich keine Thräne. Ich versuchte nicht. Dir nachzulaufen, obgleich ich daran dachte, ging ruhig in« HauS und erzählte Mama, wa- ich Dir gesagt batte. War da- herzlos, war da-, weil ich nichts fühlte?" „WaS war eS denn?" fragte Greis verwundert. „ES war die SiegeSgewißheit, die mich erfüllte. Einen Augenblick war ich erschrocken, dann sah ich Alles klar vor mir. Ich sah Dich zurückkommen, wie Du heute gekommen bist, zu sagen, waS Du beute sagtest. Ich zweifelte niemals daran, bis zu dem schrecklichen Tage, al» Wastei kam, Mama mitzutheilen, daß Du sehr krank seist. Aber nun ist e« Zeit, hinunterzugeheu. Wir waren schon im Begriff, e» zu thun, als ich von Rex zu sprechen anfing." „Ich hatte Rex ganz vergessen." „Vergiß ihn nicht!" So stiegen sie endlich die Treppe hinunter und ver schwanden im Hause. Als Greif zur Abfahrt bereit war und der Wagen vor dem Thor hielt, nahm die Baronin den jungen Mann bei Seite. „Laß es bald geschehen sein", ermahnte sie ihn ernst. „Die Heirath?" fragte Greif überrascht. „Nein, die Namensänderung. Sie soll so schnell be wirkt werden, als eS bei den Behörden durchzusetzen ist." „Ich werde unverzüglich die erforderlichen Schritte thun", antwortete er, verwundert über ihre große Eile. Sie bemerkte seinen forschenden Blick. „Ich habe lange genug ohne einen Sohn gelebt", sagte sie, seine Hand in der ihrigen haltend, „Du giebst mir einen, und Wildenberg ist seit achtzehn Jahren ohne Herrn." „Ich werde nicht «inen Tag verlieren. Und noch einmal, ich danke Dir von ganzem Herzen." Er küßte ihre Hand, ging zn Hilda, ihr Lebewohl zu sagen, und bestieg seinen Wagen. Mutter und Tochter sahen ihm nach, bis er ihren Blicken entschwunden war. „Gott segne Dich", rief die Baronin feierlich, als ob sie zu Greif spräche, „Gott segne Dich und führe Dich mir als Sohn zurück, Gott segne Dich!! . . ." 8. Capitel. Rex hatte nicht Unrecht gehabt, als er vorauSgesagt, Greif und Hilda würden im Sommer verbeirathet sein. Greif'« Absicht war eS gewesen, ein ganze« Jahr nach der Tragödie de- letzten Winters verstreichen zu lassen, ehe er daS Glück annahm, daS seiner wartete; aber selbst wenn sein eigener Muth ihm dieses prüfungsreiche HinauSschiebea ermöglicht hätte, würden andere Umstände ihn bestimmt baben, die Feier zu beschleunigen. Die Ungeduldigste von Allen war die Baronin selbst, die mit einem ihr sonst fremden Ungestüm jede Beschleunigung befürwortete, um ihre Hoff nungen endlich erfüllt zu sehen. Hilda, die sich bereits des höchsten Glücke« erfreute, hatte die Absicht Greif's gebilligt, nicht vor dem Ablauf de- Trauerjahre« zu beirathen, aber der junge Baron fügte sich ohne vieles Widerstreben den Wünschen der Mutter Hilda'«, die von Rex unterstützt wurden. (Fortsetzung folgt.)
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