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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 29.06.1897
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1897-06-29
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18970629010
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1897062901
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1897062901
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1897
- Monat1897-06
- Tag1897-06-29
- Monat1897-06
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»8oa Vorlage auf (Stund der Detallverhandluvgen, wie sie ln der Enquete enthauen sind. Da ist thatsächlich über die Zwischrnmeistrr eia ganz «adere» Material vorgetragen worden, al» r» zu meinem Bedauern ta den Motiven zum Ausdruck gekommen ist. Ich halte Alle», Wa lch in der früheren Berathung über die Zwischenmeister und über die Verhältnisse der Consrctiouairr zu ihren Arbeitern gesagt habe, im Widerspruch zu dem Herrn Abgeordneten Richter, wie auch zu den Motiven der verbündeten Regierungen, welche er für sich in Anspruch nimmt, vollständig aufrecht. Wenn der Herr Abgeordnete Richter ferner der Meinung war, daß «S un» hier wesentlich interessirt, neue Beschränkungen und neue Polizeivrrordnungeu einzuführen, und daß wir darin ein Mittel er kennen, um eine nicht vollständig erwiesene Krankheit zu heilen, so glaube ich doch, daß darüber kein Zweifel ist, daß das hohe Haus sich in seiner großen Mehrheit dafür entschieden hat, eine Ordnung in Verhältnisse rinzuführen, in welchen thatsächlich mit der mensch lichen Arbeit ein offenkundiger Wucher getrieben wird, und daß man diesen Wucher mit der Menschenkrast durch ordnende Maß- »ahmen, wie sie allerdings durch die Gesetzgebung möglich sind, zu beseitigen bestrebt sein muß. Ich begreife ober nicht, wie der Herr Abgeordnete Singer, der in solchen Dingen doch «ine gewisse Sachkenntniß besitzt (Heiter- keit rechts), sich dafür erwärmen kann, daß man diese Vorlage ohne jede Amendirung hier im Plenum annimmt. Weiß den» Herr Singer nicht, daß diese Vorlage ohne Amendirung ihre größte Schwäche darin Hot, daß, weil in der Vorlage die Heimarbeit nicht geschützt ist, die Werkstattarbeiter, für die man in der Vor- läge etwas thun will, indirect in die Hausindustrie hinein getrieben werden, sodaß, wenn wir die Vorlage ohne Amendirung, wie der Herr Singer hier empfiehlt, annehmen, wir den Zustand der Arbeiter auss Aeußerste verschlechtern müssen? Ich wider- spreche, diese Vorlage ohne Amendirung anzunehmen, deshalb, weil die Interessen der Heimarbeiter und hausindustriellen Arbeiter in dieser Vorlage in keiner Weise berücksichtigt sind. Wenn aber der Herr Abgeordnete Singer mich ersucht, ich möchte Anträge hier «inbringen in der Richtung, wie ich sie vorhin hier gekennzeichnet habe, es würden Unterschristen seiner Fraktion zur Verfügung sein, jo muß ich doch bemerken, daß der Herr Abgeordnete Singer selbst nicht glauben kann, daß es möglich ist, in wenigen Stunde» ein neues Capitel in Tit. 7 der Gewerbeordnung rinzufügen, daß es möglich sein wird, Anträge zu produciren, die mit der Gewissen haftigkeit, wie sie sich in dem Antrag Auer documentirt (Heiterkeit), die ganze Gewerbeordnung in Bezug aus die Heimarbeiter um- gestaltet. Dazu ist die Commissionsarbeit nothwendig, und ich wie auch mein Freund Quentin sind durchaus bereit, in der Commission den Versuch zu machen, die gewichtigen Interessen der Heimarbeiter in der Vorlage zur Geltung zu bringen. Aber gerade die socialdemokratischrn Abgeordneten haben in der Commission erklärt, wie dies auch der Herr Abgeordnete Freiherr von Hertling betont hat, daß sie die Commission für durchaus nöthig halten. Wenn also von dieser Seite diese Erklärung gemeinschast- lich mit uns abgegeben wurde, so ist damit der Nachweis geliesert, daß Anträge hier nicht eingebracht werden können, um Fragen von derartiger Tragweite hier im Hause zu lösen. Wenn der Herr Abgeordnete Singer es komisch gesunden hat, daß rin ernster Mann, der wie ich im industriellen Leben mit den Arbeitern und ihren Interessen besser vertraut ist als mancher andere von jener Seite des Hauses, hier für seine politischen Freunde Anträge nicht nur gestellt, sondern auch vertreten hat, so finde ich es von dem Standpunct eines ernsten Abgeordneten noch viel komischer, wenn er einer ganzen Partei, welche sich als eine Arbeiterpartei par exeeUeneo bezeichnet, empfiehlt, in wenigen Stunden ein Gesetz von solcher Tragweite hier durchzu peitschen. (Sehr gut!) Ich glaube, daß die Antragsteller »reiner Fraction und die gesammte nationallibcrale Partei Fühlung mit den Conservativen und dem Centrum in genügender Weise finden werden, um die Anträge, die wir hier im Jahre 1896 bereits gestellt haben, im Herbst in der Commission in eine richtige gesetzgeberische Form zu bringen, und daß wir dann in der Lage sind, zu beweisen, daß wir für die Arbeiter durch die Anträge und die ganze Tendenz, die wir verfolgen, viel weitere Zugeständnisse seitens der verbündeten Negierungen erreichen werden, als solche die Socialdemokraten mit ihren zu eng gefaßten Anträgen in diesem Augenblick in Anspruch nehmen. (Bravo!) Deutsches Reich. L Dresden, 28. Juni. Die an eine angebliche Aeußerung dcS Ministers von Metzsch anknüpfende Nachricht, d»e Ent scheidung über die Lippe'sche Thronfolgerfrage sei dem Reichsgericht übertragen worden, beruht auf Un kenntnis; der thatsachlichen Verhältnisse. Nach § 4 des SchiedS- vertrags wirb das Urtbeil mit der Begründung jeder der drei Parteien in schriftlicher Ausführung innerhalb 14 Tagen zugeslcllt. Ein Commissionsmitgtied, das dem Reichsgericht angehört, ist dem Vernehmen nach mit der Redaction der schriftlichen Ausfertigung betraut. Dies mag zu der un richtigen Mittheilung gesührt haben. -8- Leipzig, 28. Juni. In der heutigen Sitzung deS der königlichen Krcishanptmannschaft Leipzig beigeordneten Kreisausschusses wurden das Regulativ der Stadt Burgstädt und das OrtSgesetz der Stadt Waldheim, betreffend die Svnderbesteuerung von Großbetrieben und Filialen der Großbetriebe, Consumvereine rc. genehmigt. Danach wird von den Consumvereinen rc. in jenen Städten eine Umsatzsteuer von 2 Procent erhoben. Den ausführlichen Bericht über die Sitzung deS KreiSauSschuffeS finden die Leser an anderer Stelle. — Berlin, 28. Juni. Wie aus zuverlässiger Quelle ver lautet, ist nicht mehr daran zu zweifeln, daß die Ernennung des Finanzministers vr. von Miquel, der sein preußisches Ressort behält, zum Vicepräsidenken deS Staats ministeriums und des ReichsschatzsecretairS Grafen PosadowSky zum Staatssecretair des ReichSamtS deS Innern an Stelle deS Herrn von Boetticher demnächst bekannt gegeben werden wirb. Für das Reichsamt deS Innern scheint Graf PosadowSky deshalb besonders geeignet, weil er sich in seinen früheren Stellungen als Verwaltungs beamter hervorragend bewährt hat. Als Landeshauptmann der Provinz Posen hat er unter den denkbar schwierigsten Verhältnissen die Provinzialverwaltung eingerichtet und ebenso die gesammte sociale Gesetzgebung organisatorisch eingeführt. Die Altersversicherungsanstalt der Provinz Posen und die landwirthschaftliche BerufSgenossenschast daselbst gehören nach der Statistik zu denjenigen, welche mit den geringsten Ver waltungskosten arbeiteten. Es dürfte deshalb willkommen sein, wenn die Verwaltung deS ReichSamtS deS Innern von einem Staatsmann übernommen wird, welcher die Wirkungen der socialen Gesetzgebung aus eigener praktischer An schauung kennen gelernt und diesen wichtigsten Theil unserer neuesten Gesetzgebung auf einem so großen Ge biete, wie eine Provinz es ist, in Function gesetzt bat. In der inneren Politik steht unsere- Wissens der ReichS- Schatzsecretair auf einem Standpunkte, der von allen reactionairen Bestrebungen weit entfernt ist. Wie wir von Personen hören, die ihm näher stehen, ist er der Ansicht, daß in unserer bewegten Zeit nur ein streng konstitutionelles Regiment im Stande sei, die Verantwortung für unsere vielgestaltige Staatsverwaltung »u tragen. Demgemäß hat sich auch sein Verhältniß zum Reichstage in durchaus befriedigender Weise gestaltet, und es scheint darin eine Bürgschaft dafür zu liegen, daß seine Geschäfts führung wesentlich mit dazu beitragen werde, einen erträglichen Ickocku» viveucki zwischen Regierung und Reichstag herbei- ruführen. Daß eS nicht leicht sein dürfte, einen Ersatzmann für den Grafen PosadowSky im Reichsschatzamt zu finden, darin stimmen alle kompetenten Beurtheiler von Dmgen und Personen, die in Betracht kommen, überein. Zu diesem Amt ist unbedingt eine Persönlichkeit erforderlich, welche die Finanz- interefsen deS Reichs gegenüber den anstürmenten For ¬ derungen der Ressort- mit Nachdruck zu vertreten weiß und eS gleichzeitig versteht, innerhalb der viel fach sich kreuzenden Interessen der Einzelstaatrn da ¬ vertrauen der bunde-staatlichrn Regierungen in die Reich-Verwaltung zu erhalten. Sehr wesentlich ist, daß der zukünftige Reich-schatzsecretair sich mit dem preußischen Finanz minister gut zu stellen versteht; Graf PosadowSky hat die-, wie wir allen gegeatheiligen Gerüchten zuwider positiv behaupten können, zu jeder Zeit aogestrrbt und auch zu erreichen ver ¬ standen. — Ob e» dem Kanzler möglich sein wird, die Er nennung de- früheren Reiterofficier» v. PodbielSki zum Generalpostmeister resp. Staatssecretair deS ReichS- postamt» zu Verbindern, ist leider noch fraglich, und damit bleibt auch die Frage noch ungelöst, zu welchem Schritte er sich im Falle der Fruchtlosigkeit seiner Bemühungen gedrungen fühlen wird. Berlin, 28. Juni. Als seiner Zeit im preußischen Abgeordnetenbause der „Fall AronS" zur Sprache kam, erklärte der EultuSminister, daß die Erledigung dieser Angelegenheit nicht dringlich sei, und zwar aus zwei Gründen. Erstens berühren sich die Lehrfächer des Or. AronS nicht mit socialpolitischen Fragen, zweitens habe vr. AronS seit der ihm von der Facultät ertbeilten Verwarnung seine agitatorische Thätigkeit eingestellt. Gerade die letztere Erklärung deS CultuS- ministers ist von der socialdemokratischen Presse mit Spott und Hohn ausgenommen worden. Inzwischen bat vr. AronS selbst für eine bessere Information des CultusministerS ge sorgt, indem er in mehreren socialdemokratischen Versamm lungen als „Referent" über die Frage der Betbeiligung der Socialdemokratie an den Landtagswahlen aufgetreten ist. Daß die Autorität der Unterrichtsverwaltung durch eine solche beabsichtigte Dementirung ihres Chefs nicht gerade ge- boben wird, liegt auf der Hanv, und die Fortdauer des Zu standes, daß ein Mitglied eines staatlichen Lehrkörpers zugleich als socialdemokratischer Agitator tbätig ist, kann auf die Bevölkerung nur verwirrend wirken. Möglich wäre eS ja, daß das Cullusministerium auS diesen Vorkommnissen Anlaß genommen hätte, auss Neue die philosophische Facultät der Berliner Universität auf das Verhalten des vr. AronS auf merksam zu mache». Allein dies hätte die UnterrichtSver- waltung nickt abballen sollen, endlich den längst angekündigten Gesetzentwurf Uber die gesetzliche Regelung der DiSciplinarverhältnisse der Privatdoccnten, der nach ofsiciösen Mittbeilungcn bereits daö Staatsministerium passirt hat, dem Landtage vorzulegcn. Der Wiederzusaiiimcn- tritt des letzteren hätte dazu die genügende Veranlassung gegeben, und an Zeit, das kleine Gesetz zu erledigen, würde eS sicherlich nickt gemangelt haben. Principiellen Be denken würde der Gesetzentwurf sicherlich nickt begegnet sein, denn mit der Freiheit der Wissenschaft hangt die Frage überhaupt nicht zusammen. Im Gegentheil, die wissenschaftliche und persönliche Unabhängigkeit ter Privat- docenten würde nur gewinnen, wenn ihre DiSciplinarverbält- nisse analog denen der Staatödiener geregelt würden, während sie jetzt mebr oder weniger der Willkür der Facultätcn preis gegeben sind. Wenn trotzdem die Unterrichtsverwaltung es versäumt hat, den letzten Moment zu benutzen, um das Gesetz noch in dieser Session zur Verabschiedung zu bringen, so fehlt dafür jeder Erklärungsgrund. Eine etwas schnellere Initiative wäre hier dringend wünschenswerth gewesen schon im Interesse der staatlichen Autorität. * Berlin, 28. Juni. Die bekanntlich dem Finanzmiaister vr. v. Miquel nahestehenden „Berl. Polit. Nachr." bekennen sich zu der Anschauung, daß „in manchen an sich einem entschlossenen Zusammengehen aller nationalen Parteien geneigten Kreisen der Industrie und LeS Handels sich ein gewisser Zug nach links und zwar zu gemeinsamer Bekämpfung namentlich übergroßen Einflusses deS ost elbischen AgrarierthumS auf die Gesammtpolitik zeige." Das Miquel'sche Organ fürchtet, daß dieser Zug nach links ein Hinderniß für die Durchfübrung der Parole „Sammlung aller Zweige der nationalen Production unter der Regierung" bilde. Es sei daher nöthig, die Quelle solcher Störungen und Verstimmungen zu verstopfe». Die „B. P. N." bemerken hierüber u. A.: „Auf diesem ganzen Gebiete sind es augenscheinlich die Auf fassungen und Aeußerungen des extremsten Wortführer- der agrarischen Bewegung innerhalb wie außerhalb der parlamentarischen Körperschaften, die Anlaß zur Verstimmug und Verhetzung mancher Kreise vom Industrie« und Handrlsstand geben. Es ist die- ein Punkt, welcher der Beachtung der einsichtigen Führer der Conservativen sehr werth ist. Andere Beschwerden rühren daher, Laß man in der Vcrwaltung sowohl bei der Auswahl der Beamten als bei der Besetzung der höheren und wichtigeren Stellen eine Bevorzugung des Kleinadels der Ost provinzen und der mit diesem social zusammenhängenden Kreise wohrzunehmen glaubt. Auch dieser Punct verdient, wie andere, an die sich Beschwerden knüpfen, Beachtung und ernstliche Prüfung." Man wird gespannt darauf sein müssen, wie die Agrarier, die Herrn v. Miquel entgegenjubeln, dieses Urtheil über ihren Führer entgegennehmen werden. D Vertin, 28. Juni. (Telegramm.) Der Bun-eS- rath gab dem Beschlußantrage deS Reichstags, betr. die Gewährung von Diäten an die Reichstagsmitglieder, keine Folge. L. Berlin, 28. Juni. (Privattelegramm.) Ver deutsche Botschafter in Wien Graf Eulenburg trifft, der „Nat.-Z." zufolge, heute au» Wiesbaden hier rin und begiebt sich dann nach Kiel, um als Gast deS Kaisers an der Nordlandfahrt theilzunehmen. VV. Danzig, 26. Juni. Vor der hiesigen Strafkammer batten sich gestern die Redacteure der hier erscheinenden Blätter „Gazeta GdanSka", und deS „Westpreußischen VolksblatteS" (klerikal), sowie deS Pelpliner„Pielgzvm" wegen Beleidigung deS KreiSschulinspcctorS Vr. Grabow- Bromberg zu verantworten. Die Angeklagten wurden zu 100 bezw. 50 und 75 Geldstrafe verurtheilt. * Kiel, 28. Juni. (Telegramm.) Der Kaiser begab sich heute früh 7 Uhr an Bord der kaiserlichen Rennyacht „Meteor", um an der Segelregatta nach Eckernförde theil zunehmen. Zu derselben Zeit fuhr die Kaiserin nach Belle vue und unternahm einen Spaziergang im Düsternbrooker Wald. Gegen 9 Uhr ging die „Hohenzollern", nachdem die Kaiserin wieder an Bord gegangen war, den Dachten folgend, in See und wird voraussichtlich heute Abend bei Eckernförde vor Anker gehen. * Kiel, 28. Juni. (Telegramm.) Der Reichskanzler Fürst Hohenlohe ist heute früh von Kiel abgereist und wird bei seiner Rückkehr nach Berlin auf der Durchfahrt in FriedrichSruh dem Fürsten viSmarck einen Besuch abstattrn. * Hamburg, 27. Juni. Im Hamburger Hafen hatte bisher die englische Flagge das Uebergewicht, sie nahm in den letzten Jahren nach Maßgabe der eingegangenen Tonnenzahl ca. 45 Procent von allen Flaggen ein. Im letzten Jahre hat, der „Wes.-Ztg." zufolge, nach der vor liegenden Handelsstatistik die deutsche Flagge die britische überflügelt und zwar mit einer recht erheblichen Ziffer. ES liefen Schiffe rin unter 1895 I8SS deutscher Flagge 2 772 392 t 2 914 913 t englischer Flagge 2 822363 - 2 734528- Die Zunahme der deutschen Flagge im Hafen ist danach eine recht erhebliche, während Großbritannien in den letzten drei Jahren regelmäßig zurückgegangen ist. * Hamburg, 28. Juni. In einem Leitartikel über das „kleine Socialistengesetz" sagen die „Hamburger Nachrichten": „Herr v.d. Recke hat in der HerrenhauS- Cvmmission erklärt, eS erscheine bedenklich, von Neuem den Weg der Au-nahmegesetzgebung zu betreten, sich dann aber die Annahme des etwa» präciser gefaßten Antrag- Zedlitz gefallen lassen. Danach siebt eS au-, als wolle sich die Regierung auf den Weg der AuSnahmegesetzgebunj drängen lassen, die Verantwortung für die Betretunj desselben dem Landtage zuschieben. Da» wäre eine nicht- weniger al- imposante Taktik, und man würde sich nicht Wundern dürfen, wenn unter solchen Umständen da negative Ergebniß ku Akgeordnrtenhause unverändert bliebe." IV. V-felt, 28. Juuk. (Privattelegramm.) Da» Verbot an die Milttaircapellen, bei musikalischen Aufführungen von polnischen Vereinen mit zu wirken, ist wieder zurück genommen worden. (Die Polen werden eben immer wieder nach dem alten unheilvollen Recept des fortwährenden Wechsel» zwischen Strenge-und schwächlicher Milde behaudelt. Dabei kann nicht- Ersprießliche- herauSkommen. D. Red. d. „L. T-") * Wicsbabr», 28. Juni. (Telegramm.) Bei der am 23. d. M. stattgehabten ReichStagsstickwa hl wurden nach amtlicher Feststellung im Ganzen 22 147 Stimme» ab gegeben. Davon entfielen auf Wintermeyer-Wieöbaden freis. VolkSp.) 14 011, auf den Gegenkandidaten N. v. Fugger-Oberkirchberg i. Ulm (Ceutr.) 8136 Stimmen. Wintermeyer ist daher gewählt. * Kirchheimbolanden, 27. Juni. Heute wurde hier unter großartiger Betheiligung hiesiger und auswärtiger Vereine und der ganzen Bevölkerung das Kaiser-Wil Helm- Den km al, das erste der Pfalz, im Schillerhain ent hüllt. (Köln. Z.) * Karlsruhe, 27. Juni. Wie schon früher, so batten auch in diesem Jahre die Straßburger Socialdemokraten eine öffentliche Volksversammlung unter freiem Himmel nach Neumühl bei Kehl ausgeschrieben. Sie wurde vom Kebler Bezirksamt auf Grund des VereinSgesetzeö (8 11 und 8 4) verboten. (F. Z.) ^V. Stuttgart, 27. Juni. Die Abgeordnetenkammer hat den Finanzelat in der Schlußabstimmung mit allen gegen 1 Stimme (die des socialdemokratischen Abg. Kloß) genehmigt. Von dem 71 Artikel umfassenden Gesetzentwurf über die Einkommensteuer bat die Kammer bis jetzt 50 erledigt. Zu dramatisch bewegten Auftritten kam es bei Berathung deS Steuertarifs, des AngelpuncteS der ganzen Steuerreform. Hier batte die Commission die einschneidendste Abänderung des Regierungsentwurfes vorgenommen, indem sie in der Progression des Steuersatzes bis zu 6 Proc. (von 200 000 -L an) gehen will, während die Negierung einen Maximalsatz von 4 Proc. für ausreichend gefunden hat. Lebhaft wurde pro und contra debatlirt. Finanzminister vr. v. Nincke erklärte wiederholt sehr energisch, daß seiner Ansicht nach bei Annahme der Progression von 6 Proc. daS Gesetz für die Negierung unannehmbar sei; seine» Namen werde er keinesfalls unter ein solches Gesetz setzen. Trotzdem nahm die Kammer (wie schon telegraphisch gemeldet) in der Abstimmung mit 51 gegen 33 Stimmen den Commissions antrag an, selbst einen VermittelungSvorschlag der deutschen Parte« (5 Proc. als Maximalsatz der Progression) ablehnend. Für den CommissionSanlrag stimmte das ganze Centrum, 25 Abgeordnete von der Volkspartei, 2 von der deutschen Partei, die Wilden und 4 von der Nillerbank. Es bleibt nun zunächst abzuwarten, welche Stellung die Kammer der StandeSberren in der Frage einnimmt; tritt sie, wie anzunehmen ist, für den NegierungSentwurf oder doch für den Vermittelungs vorschlag (5 Proc.) ein, so dürfte die Abgeordnetenkammer, nachdem sie ihren principiellen Standpunct gewahrt hat, sich Wohl gar zur Nachgiebigkeit entschließen, um nicht die ganze Steuerreform wegen dieses einen PuncteS scheitern zu lasten. Oesterreich-Ungarn. Bund Scr Teutsch-Biihmcn. * Aussig, 28. Juni. (Telegramm.) Der Bund der Deutsch-Böhmen, dessen Bundeöfest in Aussig verboten worden war, hielt gestern hier eine zahlreich besuchte Voll versammlung ab. Sodann bewegte sich ein ansehn licher Festzug zu dem Volksfeste auf der Ferdinand- Höhe. Da Ruhestörungen befürchtet wurden, war eine große Gendarmerie - Abtheilung aufgebolen, eS fand jedoch kein Zwischenfall statt. Der deutsche ReichS- tagSabgeordnete Zimmermann aus Dresden wollte an der Versammlung theilnehmen, wurde aber am Bahnhöfe in Bodenbach von einem Beamten,, der Geheimpolizei empfangen mit der Aufforderung, unverzüglich über die Grenze zurückzukehren. Zimmermann reiste nut den« nächsten Zuge nach Dresden zurück. (Herr Zimmermann wird für diese ihm gemachte wohlfeile Reclame um so dankbarer sein, je frischer der Schmerz ist, den Professor Förster seinem bisherigen FraclionSgenosteu Zimmermann bereitet hat. Vgl. unser gestriges Abendblatt. D. Red. d. „L. T.") Ungarn und Slovakeu. * Pest, 28. Juni. (Telegramm.) In dem benachbarten Orte Steinbruch kam eS zwischen ungarischen und slovakischen Arbeitern zu einer Schlägerei, an der sich mehrere hundert Personen betheiligten. Es gab mehrere Schwerverletzte, sowie einen Tobten. Der HaupträdelS- sührer der Slovaken wurde verhaftet. Sowohl der Erstochene wie auch die Schwerverwundete» sind Ungarn. Frankreich. MtlitairtschrS; Anleihe für Jndochina; katholische Demonstration. * Paris, 28. Juni. (Telegramm.) Gegenüber ander weitigen Meldungen erklärt „Echo de Paris", daß der KriegS- minister Billot der Ansicht sei, eine Abtheilung deS VI. Armeecorps in zwei selbstständige Corps werde Schwierigkeiten im Hinblicke aus die Einheitlichkeit im Gefolge haben. Der Minister dürfte sich daher damit begnügen, für ChalonS wie für Naucy je einen Divisionsgeneral als Commandeur des nördlichen und des südlichen TheileS deS VI. CorpS zu ernennen, welch' letzteres in der Person eines GeneralinspecteurS einen Oberbefehls haber erhalten werde. — Demselben Blatte zufolge wird der Kriegsminister lediglich befürworten, rings um Nancy herum Hilfsschanzen zur Aufnahme der Feldartillerie, sowie Deckungen für die Infanterie anzulegen. — Der Generalgouverneur von Jndochina, Doumrr, soll demnächst in Paris eintreffen, um eine größere Anleihe abzuschließen. — In Versailles und in Nancy veranstalteten die Katholiken Kundgebungen zu Gunsten von Kirchenprocrssionen. Die Polizei nahm eine Anzahl Verhaftungen vor. Rigcr-Grcnzrcgnlirung * Paris, 28. Juni. (Telegramm.) Der Minister des Aeußeren Hanotaux gab den Mitgliedern der deutsch französischen Commission zur Grenzregulirung am Niger ein Frübstück, an dem auch der Colonialminister, der deutsche Botschafter Graf Münster und der BotschaftS- secretair v. Müller theilnahmen. Niederlande. Ministcrkrisc * Haag, 28. Juni. (Telegramm.) Dem Vernehmen nach bat da» Cabinet heute der Königin die Porte feuille- zur Verfügung gestellt. Der Minister des Aeußeren, Röll, wurde heute von der Königin im Schlöffe Loo empfangen. Großbritannien. Da» Jubiläum. * London, 28. Juni. (Telegramm.) Zu der am Sonnabend von der deutschen Botschaft veranstalteten Festlichkeit waren die außerordentlichen Gesandten der deutschen Staaten, die fremden Botschafter und Gesandten, di« meisten englischen Minister, wie der Krieg-minister Marquis of LanSdowne, der Minister für Indien Lord Georg Hamilton, der Colonialminister Chamberlain, ferner Lord Rosebery und viele Mitglieder der höchsten Aristokratie er schienen. Der Festabend nahm einen glänzenden Verlauf. * London, 28. Juni. (Telegramm.) Die „Time-" melden, der H"zog und die Herzogin von Jork seien im Begriff, dem Vicekönig von Irland in d«r Dubliner Burg einen Besuch abzustatten; die Königin habe soeben diesen Schritt genehmigt, der lange geplant gewesen sei. Die „Times" bemerken, kein beste«» Ende der Jubiläumsfeier hätte erdacht werden können als dieser Be such, der einer großen Anzabl Irländer den direkten Thronerben, sowie eine Prinzessin fortfübren werde, deren Anwesenheit das warmherzige und eindrucksfähige Jrenvolk sicherlich rühren werde. Orient Der griechisch-türkische Krieg. * Loudon, LZ. Juni. (Telegramm.) Aus Konstantinopel wird den „Times" vom 85. Juni gemeldet, daß der Bericht der Finanzcommission, der in der Sitzung der Botschafter in der An gelegenheit der Friedensverhandlungen vom 24. Juni vorgelegt worden sei, sich dahin geäußert habe, die griechischen Hilfsquellen ließen trotz der äußersten Anstrengung nur JahreSzahlungen zur Deckung einer Kriegsentschädigung von 4 Mill. türk. Pfund zn. * Koustantino-el, 28. Juni. (Telegramm.) Zur Ab« urtheilung von 25 wegen jungtürkischer Umtriebe angeklagten Marinecadetten und-Eleven ist ein außerordentliches Kriegs gericht zusammengetreten. * Die „Köln. Ztg." ,neidet auS Kandia vom 26. d. Mts.: Die Raubzüge beginnen neuerdings. Gestern wurden bei Gazi durch Aufständische drei Türken getödtet, zwei gefangen genommen und Vieh weggrführt. Heute Nachmittag überfielen Baschibozuks das Dorf Kanikastelli, wo sie ein Blutbad anrichteten und 500 Schafe raubten. Der italienische Wachposten brach heute beim Morgengrauen auf und verfolgte die Dieb« unter starkem Schießen. Dabei wurde ein türkisches Mädchen von den Italienern schwer verwundet. Eine Untersuchung ist eingeleitrt. Die Er- bitterung ist groß. Weitere Ausschreitungen sind unvermeidlich. Die Muselmanen erhoben unmittelbar beim Sultan Beschwerde. (Telegr.) Amerika« Trust». * New York, 28. Juni. (Telegramm.) Staatssecretair Sherman äußerte einem Berichterstatter gegenüber, die Trusts bildeten die wichtigsten Fragen deS TageS; sie sollten unterdrückt werden, aber baS bestehende Gesetz «icke dazu nicht auS. Er sei jedoch der Ansicht, eS würde den Mängeln des Gesetzes abgeholfen werden. Die Währungsfrage werde in der gegenwärtigen Tagung deS CongresteS nicht zur Berathung gelangen. Auch sei er außer Stande, anzu geben, ob die Erledigung der Frage soweit erfolgen könne, daß sie von dem Wahlprogramme der nächsten Präsidenten wahl-Campagne verschwinden könne. Musik. -I-- Lützen, 27. Juni. Unser Musikleben erreicht alljährlich seinen Höhepunct in dem Wohlthätigkeitsconcerte, welche- hoch gefeierte Leipziger Künstler seit einer Reihe von Jahren zum Besten des Gustav-Adolf-Vereins hier geben. In liebenswürdiger Bereit willigkeit waren auch in diesem Jahre die Herren Gewandhaus organist Paul Homeyer, Kammervirtuos Julius Klengel und Capellmeister Hans Sitt einer Einladung durch den Vorstand des genannten Vereins gesolgt, und zur großen Freude der Gustav- Adolf- und Musikfreunde unserer Stadt hatte auch wiederum Fräulein Gertrud Fritzsch aus Leipzig ihre Mitwirkung iu dem diesjährigen Künstlerconcerte freundlichst zugcsagt. Dasselbe fand heute in unserer Kirche statt. Daß das Programm ein sehr gediegenes und die Ausführung über alles Lob erhaben war, ist wohl selbstverständlich von den Herren, die man nickt blo- in Leipzig, sondern weit über Deutschlands, ja Europas Grenzen hinaus zu den hervorragendsten Künstlern in ihrem Fache rechnet. Herr Paul Homeyer begann die Reihe der Ausführungen mit einer „Phantasie und Fuge" für Orgel von Homilius und er freute weiter die Zuhörerschaft durch die Wiedergabe eines „Prä ludium und Fuge" (v moll) von S. Bach. Die Wirkung war eine fast überwältigende. Auch hatte dieser unermüdliche Meister des Orgel« spielS wieder die Begleitung aller übrigen Vorträge übernommen. Fräulein Gertrud Fritzsch sang zunächst die Arie „O hält' ich Jubals Hars'" aus „Josua" von G. F. Händel und später zwei feinsinnige Lieder: „Stille sein und hoffen" von G. Schlemüller und „Empor die Herzen" von C. Piutti. Ihre frische, wohlgeschulte Sopranstimme ist sehr umfangreich, voll und angenehm; ihre Vortragsweise zeugt von feinstem musikalischen Empfinden. Möchten wir der trefflichen Sängerin auch im nächsten Winter wieder in unseren Concertsälen begegnen. Der unüber treffliche Violoncellist, Herr Julius Klengel, spielte mit unvergleichlicher Schönheit „Sarabande" von S. Bach und „Abend lied" von R. Schumann, und der hochgeschätzte, geniale Herr Capellmeister Hans Sitt entzückte die wahrhaft begeisterten Concert- besucher durch „Vs, tolin" vrintions ssriouses für Violine von Corelli-Lconard. Den Schluß der Ausführung bildete „Largo" für Orgel, Violine und Violoncell von G. F. Händel. Die Wiedergabe war eine so herrliche, wie sie eben nur solche Künstler bieten können. Das Concert hinterließ eine großartige Gcsammtwirkung. Den Ausführenden aber sei auch an dieser Stelle für ihre große Opfer willigkeit und den uns bereiteten höchsten musikalischen Genuß der herzlichste Dank dargebracht. Möchten sie auch im nächsten Jahre unjern Ort und den Gustav»Adolf-Zweigverrin Lützen wieder mit ihrem Besuche beehren. * Mainz. Händel.Concerte. Wie wir bereits früher mit- getheilt haben, sollen im Laufe des Sommer- zu Mainz durch den Verein „Mainzer Liedertafel und Damengefangverein" daselbst abermals Händel'sche Oratorien in der Bearbeitung vr. Fr. Chry- sander's zur Aufführung gebracht werden. Wir sind nunmehr in der Lage, zu berichten, daß da» Programm definitiv festgestellt ist; die Concerte finden Sonntag, den 18. Juli, und Montag, den 19. Juli, statt, und ist für deu ersten Tag „Esther" und siir den zweiten Tag „Deborah" in Aussicht genommen. Sowohl die Hohr Protectorin des Unternehmen-, Ihre Majestät dir Kaiserin Friedrich, als auch Ihre königlichen Hoheiten der Großherzog und die Großherzogin von Hessen haben ihr Erscheinen zu gesagt. Als Solisten wirken mit: Frau Sophie Röhr- BrLjnin (Sopran), Frau Louise Geller-Wolter (Alt), Frau M. Craemer-Schleger (Alt), Herr Kammersänger vr. Raoul Walter (Tenor), Herr Raimund von Zur- Mühlen (Tenor), Herr Kammersänger vr. Felix Kraus (Baß), Herr Kammersänger I. Ständig! (Baß), Herr Prof. Franke (Orgel) und Herr Prof. Kleinpaul (Clavier). Die Stärke Lcs Orchesters beträgt ca. 80, diejenige des Chor- ca. 150 Mitwirkende; geleitet werden die Concerte durch den Dirigenten des sestgebenden Vereins Herrn Capellmeister Fritz Vollbach in Mainz; auf dir in Aussicht gestellte Mitwirkung des Henn Prof. tz. Kretzschmar auS Leipzig mußte wegen schwerer Erkrankung desselben verzichtet werden. — Als Preis für ein Concert ist der Betrag von 10 ./t angrsetzt. Bestellungen aus Plätze werden schon jetzt entgegen, genommen und sind solche sowie etwaige Anfragen zu richten an den Präsidenten de- Verein» Herrn vr. L. Strecker tu Mainz. Weihergartru 5. , Literatur. Der Kutz. Ein« voetischr Anthologie. Gesammelt von D. Haek, Leipzig. Verlag von Albert Warnecke. Prei» elegant ge bunden 4,50^» — Frau Musika. Tine poetische Anthologie für Musikfreunde gesammelt von D. Hark, Leipzig. Verlag eben- daselbst. Preis elegant gebunden 4,50 D. Haek, ein geistvoller Essayst, der eS vortrefflich versteht, da» Gold philosophischer Ge- danken in Kleinmünze umzusetzen, hat mit seinem Geschmack und Berständniß in den unS vorliegenden hochelegant auSgestatteten Bändchen da- Beste, Gehaltvollste, Sinnigste und Innigste zusammen- getragen, wa- heimische und ausländische Dichter über den „Kuß" und «brr „Frau Musika" begeistert grfungen haben. Nicht nur in einer Fülle lyrifcher Lieder und Gedanken, sondern auch in epischen Dichtungen, Oden und dithyrambischen Ergüssen werden di« beiden Themen in allen Dur- und Moll-Tonarten variirt. Dem erst- genannten der sehr empsehlen-wrrthrn Bändchen hat der Herausgeber eine interefsante Plauderei über die Bedeutung de- Kusse« bei den verschiedenen Völkern de- Erdball- vorangestrllt. Franz Worntg.
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