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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 22.06.1897
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1897-06-22
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18970622025
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1897062202
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1897062202
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1897
- Monat1897-06
- Tag1897-06-22
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4644 ent ¬ ern eine Maßregel weiser Voraussicht, die eines nicht bedarf, am wenigsten für Politiker L la änderung herbeigeführt haben konnten. O Greif, trage ich irgendwelche Schuld daran?" „Welche Schuld könnte Dich treffen, Hilda?" „Erinnerst Du Dich, daß ich einmal hier, auf dieser Ter rasse, von Dir verlangte, Du solltest mit ihm sprechen?" „2a." „Vielleicht bestimmte mich damals dennoch, mir unbewußt, die Eitelkeit. Würde ich ihn ruhig bei seiner Abneigung gegen mich gelassen haben, so wäre daS Alles nicht geschehen." „Nein, Hilda, Du bist frei von jeder Schuld. Die Dinge nahmen nur ibren natürlichen Verlauf. Du hörtest seine Darstellung. Es war plötzlich über ihn gekommen, und als er merkte, wie es um ihn stand war das Gefühl in ihm schon zu mächtig." „Und dann wußte er auch, daß Du sein Bruder warst. Wie wunderbar hat er die ganze Zeit über sein Gehrimniß bewahrt!" „Ja, Rex ist einzig in seiner Art!" rief Greif im Ton innigster Ueberzeugung. „Wie eS nur einen Greif in der Welt giebt", antwortete Hilda. „Weißt Du, Hilda, daß ich glaube, Rex werde unS die Sacke erleichtern?" „Welche Sache?" „DaS Geheimniß vor Deiner Mutter zu bewahren. Es ist eine schauerliche Geschichte. Als wir in seinem Zimmer zusammenstanden und Du mit Rex sprachst, vergegenwärtigte ,ch mir Alles, sah ich jene anderen Drei, hörte ich ihre Stimmen, wußte ick, was sie in der unseligen Nacht gefühlt, gesagt und gedacht haben mußten. E» muß eine grauenvolle Scene gewesen sein. Und bier sind wir, zwei Brüder wie sie waren. Der Unterschied ist nur in Dir. Wie kann ich Dir je dankbar genug dafür sein, daß Du Hilda bist." „Durch Deine Liebe, Greif. Du bist mir übrigens keinen Dank schuldig. Ich kann nicht umbin, Dick zu lieben. Wenn ich Dich nicht liebte, würde ick Dich vielleicht Haffen, obgleich ich Dick immer bewundern würde." „Mich bewundern!" lachte Greif. „Heute warst Du geradezu großartig, ich war stolz auf Dich, Greif." „Wie hätte ich ander» handeln können? Und dann, ich war nicht eifersüchtig, werde nie auf Rex eifersüchtig sein." „Da hast Du Recht. Da» ist nicht die Art der Liebe, di« eine» Manne» Eifersucht zu erwecken hätte. E« ist gar steht und tba» wir von ihm zu erwarten haben, wissen wir ganz genau. Daß wir darüber nicht in Zweifel gerathen, dafür haben ja erst die letzten Kundgebungen der französischen Presse anläßlich der Beileidsbezeugungen de» Kaiser» beim Pariser Bazarbrand gesorgt. Auch wenn die Reise de» Präsidenten über deutsche« Gebiet ginge und zu einer Be- gegnung mit dem Kaiser führte, würde daran nicht da» Geringste geändert und so mag Herr Faure über seine Reise route bestimmen, wie er — muß. In der Angelegenheit der griechisch-türkischen Friedens verhandlungen werden zwei einander innerlich wider sprechende Meldungen gleichzeitig verbreitet. Nach der einen sollen die FriedenSvrrhandlungen rüstig vorwärts schreiten und der baldige Abschluß de» Frieden« mit Sicherbeit zu erwarten sein, nach der andern verlangt Griechenland nach einer Grau in Grau gehaltenen Darstellung seiner Nothlage, daß die Mächte die Türkei zu einem Verzicht auf jegliche Kriegsentschädigung bewegen. Abgesehen davon, daß schon diese Zumuthung in der Türkei verstimmen muß, ist auch die Motivirung für die Türken beleidigend, da ihnen die Herbeiführung de» Kriege» in die Schuhe geschoben wird. Diese griechische Luge ist ja schon unzählige Mal wiederlegt worden, aber rS sei doch noch einmal kurz darauf hingewiesen, daß eS völlig einerlei ist, ob die Türken zuerst an der griechisch-türkischen Grenze den Kampf begonnen haben, weil die Türkei thatsächlich schon in dem Momente der angegriffene Theil war, wo die Griechen den ersten Mann auf Kreta, also aus türkischem Gebiete, landen ließen. Wenn Griechenland sich weiter darauf beruft, daß nach einem Rundschreiben des Grafen Murewjrw keine der Krieg führenden Mächte einen materiellen Vortbeil au» dem Kriege haben sollte, fo ist auch dieses Argument hinfällig, da schon die großen Aus gaben der Türkei für denKrieg eine Kriegsentschädigung bedingen und die Deckung der durch einen Andern veranlaßten Aus gaben keinen materiellen Vortheil bedeutet. Sollte die Pforte trotz der provokanten Haltung der griechischen Regierung doch, wie gemeldet wurde, sich wirklich mit der unbedeutenden Grenz- regulirung bei Mezovo begnügen, so würde e» nur geschehen mit Rücksicht auf den einmüthigen Willen Europas in diesem Puncte. Wie dem „Pester Lloyd" aus Konstantinopel berichtet wird, hätte der Sultan bezüglich der Rück gabe Thessaliens in Berlin und Petersburg persönlich Schritte unternommen, jedoch erfolglos. Murawjew hätte den türkischen Botschafter daran erinnert, daß der Sultan vor dem Beginn de» Kriege» versprochen habe, keine Eroberungen zu machen; außerdem würde eine Einverleibung Thessalien» Verwickelungen mit sich bringen. Eine Grenrberichtigung sei von den Botschaftern festgestellt und der Pforte Namen» der Mächte überreicht worden. Zu derselben Angelegenheit wird der „Nordd. Allg. Ztg." au» Konstantinopel geschrieben: Was in ausschlaggebender Weise dazu beitrug, die Pforte zur Nachgiebigkeit zu veranlassen, ist, wie man in ringeweihten Kreisen versichert, einer im Palais ringelangten Depesche an den Sultan zu danken, in der dem Sultan zu Gemüthe geführt wird, das deutsche Reich werde keine von dem europäischen Coucert abweichende Haltung in den schwebenden Fragen einnehmea. Diese Depesche hat ihren tiefen Eindruck nicht verfehlt, und so ist denn auch anzu nehmen, daß fortab die Zuversicht eines baldigen Friedensschlusses nicht mehr durch Zwischenfälle getrübt werden dürfte. Die letztere Hoffnung ist durch die officiöse Konstantinopler Meldung, wonach bei der Durchführung der Friedens bedingungen, namentlich derjenigen bezüglich der Räumung Thessalien» und der Zahlung der Kriegsentschädigung Schwierig keiten vorauSzusehen sind, bereit» überholt. Einen Vorgeschmack erhält man, wenn man die Bankerotterklärung Griechenlands mit der Höhe der al» „unverrückbar" bezeichneten türkischen EntschädigungSforderungea vergleicht. Diese werden folgender maßen zusammengesaßt: Ausgaben be» Finanzmiuister» für die Armee 34 OVO 000 Fr., be» Krieg-Minister» 27 500000 Fr., voraussichtliche Ausgaben bis zum Abschluß de« Frieden» 30000000 Fr., Eisenbahntransporte rc. 14000000, Ausgaben für die Marine 3000000, nothwendige strategische Modifikationen der Eisenbahnlinien für etwaige spätere Mobilmachungen 20000000, Wiederinstandsetzung der türkischen Marine für Kriegszwecke 10000000, Forderung für Invaliden pensionen und Pensionen an dir Familien grtödteter Soldaten rc. 35000000 Fr., zusammen also 173 Millionen Francs. In dem beigeaebenen kurzen Motivenbericht werden dir beiden Forderungen der späteren strategischen Modifikationen der Eisenbahnlinien und der Wiederinstandsetzung der türkische» Marine als nicht zu ver- ändernde Posten und Act der Nothwehr gegenüber der anhaltenden seindseltaen Haltung Griechenlands bezeichnet, welche auch nach dem Abschluß de» Frieden» die ottomanische Regierung zwingt, Schutz- bäckm« zur eigenen Sicherheit zu errichten. Zu dem Schlußpaflu» würde eiue Meldung der „Pol. Corr." stimmen, wonach in Zukunft die Garnisonen in Makedonien und Albanien eine bleibende Ver stärkung erfahren werden. Der gesammte Truppenbestand in diesen Provinzen soll um 20 000 Mann Infanterie, 14 Eskadronen und 10 Batterien vermehrt werden. Auch sonst fahrt die Pforte weiter fort, zu rüsten, um allen Eventualitäten gewachsen zu sein. In Kleinasien sind abermals, nach einer Meldung der „Post" au« Philippopel, 32 neue türkische Bataillone in Feldbereitschaft gesetzt worden, rwd man spricht davon, daß weitere 70 Bataillone binnen xurzrm unter die Waffen berufen würden. Von amtlicher Seite Wird zwar versichert, däß e» Ersatztruppen seien, die nach Thessalien gesandt werden sollen. Don anderer Seite aber wird mitgetheilt, daß man auch an der Verbesserung der Straßen im Innern Kleinasien» eifrig arbeitet und reiche Munition, sowie mehrere Batterien dem an der russischen Grenze stationirten IV. Armeecorp» zugegangen sind. Der enge Zusammenschluß der beiden süd afrikanischen vaerenrepudltken steht zu den friedfertigen kundgedungen de» Präsidenten Krüger gegenüber der eng- ischen Politik durchaus nicht im Widerspruch. Anstoß daran nehmen kann nur, wer da» völlige Aufgchen de- Boeren- thum» in da» britische Herrschaftsmonopol al» die VorauS- etzung für eine befriedigende Lösung der südafrikanischen Frage betrachtet. DaS tbut man nirgends, außer in England. England» Südafrikapolitik hat seit Kurzem behutsamere Formen angenommen, aber wie wenig man ihr in den nächstinteressirten Kreisen traut, zeigt eben daS Bündniß der beiden, politisch nock selbstständig gebliebenen, südafrikanischen Gemeinwesen altholländischen Gepräges. Es liegt weder im Charakter noch im Temperament de» bedächtigen Boerenthum», aggressiv aufzutreten. Die Boeren sind zufrieden mit dem, was sie haben und wollen sick weder auf fremde Kosten bereichern, noch selbst für fremder Leute Interessen in Anspruch genommen werden. Die herrschende englische Raffe hat sich den Boeren gegenüber Ausschreitungen zu Schulden kommen lassen, deren Sühne dem verletzten RechtSgefühl des schwächeren TheileS nicht genügend erscheint, aus dem einfachen Grunde, weil die Sympathien der englischen Nation bis in die höchsten Kreise hinauf ganz offenkundig den Friedensbrechern gehörten und noch bis aus den heutigen Augeublick gehören. Präsident Krüger hat alle» mögliche Entgegenkommen gezeigt, und eine minder hinterhältige Politik als die englische in Süd afrika würde dadurch vollkommen entwaffnet worden sein. Nicht so Herr Chamberlain. Augenblicklich zwar ist in London, des NegierungSjubiläumö der Herrscherin willen, die Parole ausgegeben, bis auf weiteres Alles zu vermeiden, wa» einen Mißklang in die Festharmonie dringen könnte. Deshalb ist die englische Politik auf der ganzen Linie, also auch in Südafrika, in die Ferien gegangen und läßt die anderen gewähren. Wer aber daraus folgern wollte, daß in irgend einem Puncte disO seitherige Ver- haltungSlinie modificirt oder gar gänzlich aufgegeben worden sei, würde arge Enttäuschungen nicht vermeiden können. Schon die Art und Weise, wie in der ministeriellen englischen Presse der Vorschlag des Präsidenten Krüger, strittige Fragen einem internationalen Schiedsgericht zu unter breiten, zerpflückt wird, zeigt, daß England nicht daran denkt, da, wo es in der Position des Stärkeren sich befindet, diese dem internationalen Schiedsgerichtsideal zu opfern, wenigstens nicht, wo Interessen auf dem Spiele stehen, denen entscheidende Wichtigkeit beigelegt wird. Es bleibt dabei, den Gegensatz zwischen Britenthum und Boerenthum al« Machtfrage zu betrachten. Dagegen giebt man sich in Pretoria keiner Selbsttäuschung hin, so wenig wie in Bloem fontein. Der enge Zusammenschluß der beiden Boeren- republiken ist Commentar» Chamberlain. nicht Liebe, nicht da» Gefühl, da» wir un» darunter vor stellen." „Wie viel Du davon weißt!" » „Ja, sehr viel, denn ich habe immer darüber nachgedacht, seit ich Dich liebte. Ja, ich weiß viel mehr darüber, als Du ahnst. WaS Rex fühlt, ist eine Art ungezügelter Ver ehrung, halb Verzückung, halb Phantasiegebilde, das er in seiner Weise mit meinem Gesicht und meiner Stimme in Verbindung bringt. DaS ist Alle». ES gleicht nicht dem, was ich für Dich empfinde, noch Du für mich. Er würde nicht traurig sein, wenn ich stürbe. Es würde die Sache für ihn nur leichter machen, er würde mir Tempel erbauen und vor meinem Bilde niederknien und ganz so glücklich sein wie jetzt. Und doch ist sein Gefühl wirklich und echt, und er litt furchtbar, denn sein Haar ist darüber weiß geworden. Armer Rex, und ich habe ihn so gern." „WaS bringt Dich auf alle diese Gedanken?" fragte Greif. „Die ganze Sache. Er hat Dich so gern wie jemals, und Du hast ihn womöglich noch lieber al» früher. Handelte eS sich aber um unsere Art von Liebe, so würdet Ihr ein ander instinktiv baffen und verfolgen und ««ander nicht lieben, wie es Brüdern geziemt." „Ja, Du hast Recht." „Wir müssen Alles thun, ihn glücklich zu machen, Greif. Er ist so vereinsamt und soviel älter al» wir, beinahe'so alt wie Mama. Ich würde Alle» aufbitten, ihn glücklich zu machen." „Du hast ihn schon glücklich gemacht!" „Wie?" „Du bewirktest, daß er sich selbst verzieh und daß er sich mehr al« je zu uns gehörig füblte. Da» könnte nur eine Frau thun, vielleicht keine andere Frau al» Du, Hilda." „Glaubst Du, daß ich da» that? ich würde mich sehr freuen?" — „Ich bin dessen gewiß. Er giebt niemals nach, wenn er nickt überzeugt ist. Rex ist ein Mann von Stahl und Eisen, und wenn er noch geglaubt hätte, Tadel zu ver dienen, so würde keine Macht der Erde ihn bewogen haben, weiter zu leben. Und jetzt wird er leben und glücklich sein. Dir verdankt er sein Leben." „Wie ich ihm daS Deinige." „Wie ich da» meinige Euch beiden. Nie waren drei Per sonen so innig verbunden wie wir." Während jene» langen ereignißreichen Vorckittag» war Tberese von Wildenberg allein gewesen, di« Einzig« de» Deutsches Reich. Hs: Berlin, 21. Juni. Es darf als ziemlich gewiß an gesehen werden, daß der Reichstag in seiner diesmaligen Tagung die beiden ArbeiterversicherungSeutwürse, welche ihm von den verbündeten Regierungen unterbreitet sind, nicht erledigen wird. Wenngleick die Unfallversicherungs novellen in der Commission durchberathen sind, so würde ihre zweite und dritte Plenarberathung doch mehr Zeit be anspruchen, als dem Reichstage diesmal anscheinend noch zur Verfügung steht, und daß der JnvalidenversicherungSgesetz- entwurf ohne Borberathung in einer Commission, welche be kanntlich abgelehnt ist, im Plenum erledigt werden könnte, daran ist nicht zu denken. Als die verbündeten Regierungen dem Reichstage die beiden großen Versicherungsvorlagen machten, gingen sie von der Idee aus, daß der Reichstag genug Kraft entfalten könnte, sie in einer und derselben Tagung zu ver abschieden. Der Reichstag war nicht im Stande, für den Invalidenentwurf eine besondere Commission einzusetzen, und mußte, da er ibn nicht an Vie mit der Unfallnovelle noch beschäftigte Commission verweisen konnte, den ganz ungeheuer lichen Beschluß fassen, die zweite Plenarlesung ohne Com- missionSvorberathung eintreten zu lassen. Allerdings setzte der Reichstag dabei wohl, was ja auch zugetroffen ist, voraus, daß diese zweite Plenarlesung in der diesmaligen Tagung überhaupt nicht vor sich gehen würde. Daß die verbündeten Regierungen auö solchen Vorkommnissen Lehren ziehen müssen, ist nur natürlich. Die beiden vorgelegten Novellen sind nothwendig und werden deshalb später wieder erscheinen. Mandürfteaber nunmehr inRegierungSkreisen überlegen, ob man dem Reichstage nochmals die Zumuthung stellen darf, beide Vorlagen in einer Tagung zu erledigen. Anscheinend reichen die Kräfte des Reichstages dazu nickt au». Außerdem aber wird eS sich auch darum handeln, welcher von beiden Entwürfen bei der Wiedervorlegung den Vorzug verdient. Die Verhältnisse einzelner Versicherungsanstalten erfordern ein« Frau, die ihr Verderben herbeigeführt hatte, Männer von tadelloser Ehrenhaftigkeit geblieben wären, durften die Söbne sich in Wirklichkeit eine» tadellosen Wandel» rühmen. Der Unterschied zwischen den Vätern und den Söhnen war nicht so groß und folgenschwer wie zwischen der einen Frau und der anderen, zwischen Klara Kurtz und Hilda von Wildenberg. Statt b«de Brüder in» Verderben zu stürzen, wie Klara eS gethan, hatte Hilda beide vor dem Untergang gerettet, statt der Schmach batte sie ihnen Ehre gebracht, statt de» TodeS ihnen die Aussicht auf ein schöne», hoffnungsreiche» Leben gegeben. Und während de» Schweigen» blickten beide auf die schöne, kraftvolle Gestalt und beide fragten sich voll Staunen, wie e» möglich gewesen war, daß diese» Kind de» Walde» in ihrer Unschuld und Weltfremd beit sich zu der hoheitsvollen, selbstbewußten Frau, der ge bieterischen, allbeherrschenden Verkörperung de» Guten ent wickeln konnte, die mehr al» einmal der Brüder irregeleitete Eingebungen überwunden und ihnen die Wege geebnet hatte, die sie ihnen mit dem Licht de» Rechte» hell beleuchtete, wie ihr goldenes Haar und ibre leuchtenden Augen da» Zimmer mit goldigem Glanz zu überfluthen schienen. Beider Blicke hingen voll Bewunderung an ihr, beide liebten sie mehr al» Alle» auf Erden, jeder in seiner Weise, der Eine mit der ernsten trefgewurzelten Absicht, um ihretwillen in Ehren zu leben und zu sterben, und nachdem er einmal gesprochen, für immer zu schweigen, der Andere in ihr seine Gattin, die Mutter seine» Sohne», die Quelle all' seine» Glücke» liebend, die Frau, die ibn gerettet hatte, die er anbetete, die sein war, wie er ihr gehörte. Keiner hatte bisher gewußt, wie groß und gut sie war, und von diesem Tage an würde Keiner der Brüder jemals vergessen, welche Güte und Größe sie ihnen offen bart batte. Rex hatte jede Furcht überwunden, seine Leidenschaft sich seinem gebieterischen Willen untergeordnet. E« war ihm, al» wäre Hilda in eine Sphäre entrückt worden, in der er sie wie rin höhere» Wesen verehren und er vergessen konnte, daß sie eine Frau war. In Gedanken hatte er den Kops niederaebeugt, während Greif und Hilda vor ihm standen. Sie sahen die Menge der Silbersäden in seinem Haar, da» noch gestern ganz braun gewesen war, und von Ehrfurcht bewegt, blickten sie einander an. „Sein Haar ist weiß geworden und um meinetwillen", flüsterte Hilda, an die Schulter ihre» Gatten gelehnt. Alex' schnelle» Ohr hatte die kaum vernehmbar ge- sprochruen Worte dennoch gehört. Er sah auf und seine baldige Abhilfe in dieser oder jener Form. Beachtet man dieses Moment, so könnte vielleicht in der nächsten Tagung der diesmal so wenig eingehend behandelte Jnvaliden- versicherungSentwurf allein erscheinen, während die Unfall- Versicherung-Novelle für eine spätere Zeit aufbewahrt werden müßte. * Berlin, 2l. Juni. Es ist gerade ein Jahr verflossen, seit da» von der Colonialabtheilung des Auswärtigen Amtes, der Deutschen Bank und der Deutsch-Ostafrikanischen Gesell schaft medergesetzte Comitv für die Vorbereitung de» Baue einer deutsch-ostafrikanischen Centralbahn seine Auf gabe vollendet und am 19. Juni 1896 seinen Bericht nebst Plänen und Anschlägen dem Reichskanzler eingesandt hat. Der Antrag des Comits» ging dabin: „daß mit möglichster Beschleunigung, sei e» auf Reichskosten, sei e» mit NeichS- bilse, eine Bahn von Dar-eS-Salaam nach Ukrami, unter Anschluß BagamoyoS, als erster Bauabschnitt einer die Küste mit den Seengebieten des Victoria Nyanza und Tanganyka verbindenden deutsch - ostafrikaniscken Centralbahn, in Angriff genommen werde." Seitdem verlautet nicht» von dem Fortschreiten dieser hochwichtigen, von allen Colonial kreisen und von der ganzen colonialfreundlichen deutschen Presse warm empfohlenen Werke». Die bestimmt erwartete Vorlage an den Reichstag wegen Genehmigung einer drei- procentigen ZinSgarantie ist ausgeblieben. Nur in einer Beziehung ist allerdings in der Sache fortgearbeitet worden, indem nämlich auf Kosten der Colonialabtbeilung und einer von der Deutscken Bank vertretenen Bankiergruppe der wiederum nach Ostafrika entsandte Lieutenant Sch lob ach beauftragt wurde," die eisenbahutcchnisckcn Aufnahmen und Untersuchungen zu vervollständigen und so der unmittelbaren Inangriffnahme de» Baues vorzuarbeiten. Insofern ist also, wenn eine Vorlage zu Beginn der nächsten Session in den Reichstag gelangt, noch nicht allzuviel Zeit verloren. Es thut diese Beschleunigung aber auch wahrlich Noth, wenn man die Tragweite des von englischer Seite mit rastloser Energie geförderten EisenbahnbaueS von Mombassa nach Uganda nicht vollständig verkennen will. Bereits sind über 25 Kilometer im Bau vollendet; vor IahreSschluß wird sich diese Kilometerzahl mehr als verdoppelt haben, ja eS leidet kaum noch einen Zweifel, daß die Bahn bereits im Laufe des IahreS 1899, spätestens 1900, den Victoria Nyanza erreicht. Gewiß trägt das Projekt der deutsch-ost afrikanischen Centralbahn seine Begründung in sich selbst, als politische, civilisatorische und wirtdschaftlicke Nothwendigkeit; ohne diese Bahn bleibt die erstrebte Aufschließung unserer wichtigsten und größten Colonie ein leerer Traum. Aber man verkenne nicht, in wie hohem Grade der Bau jener eng lischen Concurrenzbahn dazu anspornen muß, unseren eigenen Centralbahnbau zu beschleunigen. Ein Zuvorkommen, wie dies so Wünschenswerth gewesen wäre, ist schon nicht mehr möglich; aber jedes längere Zuwarten wird die Eng länder immer mehr befähigen, den ganzen Handel deS Seeu- gebietS bi» weit in die deutschen Besitzungen hinein an sich zu fesseln und dem englischen Hafen Mombassa zuzu führen. DaS Gebiet zwischen dem Victoria, dem Albert Edward Nyanza und dem Tanganyka umfaßt eben gerade die fruchtbarsten, bestbevölkerten und insbesondere für unsere Ausfuhr wichtigsten Landstriche. Man darf behaupten, baß schon der Ausfall an AuSgangszöllen in Folge der Verschiebung der Handelswege eine größere Summe betragen würde, als die gesammte Zinsgarantie für die vom Comitö beantragte Bahnstrecke. Eine kräftige, zielbewußte Colonial politik kann diese Umstände unmöglich außer Acht lassen; eS ist eine unabweisbare Aufgabe, auf die Inangriffnahme der Centralbahn und damit Hand in Hand auf eine Sanirung des ins Stocken gerathenen Baues der Usambara-Eisenbahn zu dringen. (Nat.-Z.) — Der Kaiser wird, der „Nat.-Ztg." zufolge, bei dem Gegenbesuche, den er im August d. I. am russischen Hofe abstattet, vom Reichskanzler begleitet sein. — Prinz Heinrich wird, wie die „Post" erfährt, nach dem Schluß der diesjährigen Flottenhauptmanöver von dem Commando der 2. Division des 1. Geschwaders zurücktreten, um für den nächsten Winter ein Commando in der Stellung als Coatreadmiral bei den Marinetheilen am Lande zu übernehmen. In erster Linie dürfte hierfür die In- spectionsstelle der 1. Marine-Inspection mit dem Sitz in Kiel in Berücksichtigung kommen, die Contreadmiral v. Arnim seit dem 10. October v. I. inne hat. — Die Kronprinzessin - Wittwe Erzherzogin Stephanievon Oesterreich ist hier eingetroffen. Morgen früh begiebt sie sich nach Kopenhagen. — Major von Wissmann weilte kürzlich in Brüssel. Nach einer Unterredung mit König Leopold reiste er nach Berlin zurück. — Der Landeshauptmann von Südwest-Afrika, Major Leutwein, hat bestätigt, daß die Rinderpest bei den Herero aufgetreten sei und daß sich in Windhoek selbst ein zunächst localisirter Seuchenherd gebildet habe. Der Landes hauptmann wird daher seinen vor Monaten erhaltenen HeimathS-Urlaub in diesem Jahre nicht mehr antrcten. Im Hinblick auf die Folgen, welche die Viehseuche für unser Schutz gebiet mit sich bringen kann, hat die Regierung schon im steinernen Augen wurden überraschend ausdrucksvoll. „Ja", sagte er, „ich weiß e»,' aber eS ist nichts M.rkwürdigeS darin. Es erbleichte im Kampfe für eine gute Sache. Du hast recht, Hilda, meine theure Schwester, die Stunde deö bösen Verhängnisses ist vorüber. Es hat seine Spuren zurückgelaffen, aber diese Spuren sind ein Unterpfand, daß eS nicht mehr zurückkehren wird. DaS neue Leben beginnt beute, gebt mir Beide »Eure Hände. Ihr habt mir einen Antheil an Eurem Leben zugestanden und Ihr sollt e» nicht zu bereuen haben. Ich will Euch Beiden ein Bruder, Eurer Mutter ein Sohn sein, obgleich ich in Wahrheit zu alt dazu bin. Ich küsse Deine Hand theure Schwester — al» Unter pfand, ich nehme die Deinige, Bruder, ich kenne Dich und Du kennst mich, wir können eim"-der in die Augen blicken und wir wissen, daß wir einander vertrauen dürfen. Wir Drei sind jetzt für immer mit einander verbunden, in geschwisterlicher Liebe mit einander zu leben bi» an» Ende, ,m Kampf und im Frieden, im Glück und im Leid." „So sei eS, und Gott gebe un» seinen Segen, dazu", sagte Greif. „Gott wird un» segnen", stimmte Hilda bei. Noch ein Händedruck und Greif und Hilda kernten sich. Die Thür schloß sich leise hinter ihnen und Rex war allein. Er nahm das Todeswerkzeug, da» Hilda auf Tisch gelegt hatte, betrachtete e» lange und schloß eS wieder in sein Behältniß ein. DaS größere Opfer war vollbracht, und er wußte, daß ein friedvolle» Leben vor ihm lag. „Ich habe nie zuvor gelebt", sagte er fast laut, „möchte ich ihnen, möchte ich meinen Geschwistern gleichen." Sich selbst gestand er nicht daS geringste Verdienst zu, aber in Hilda und Greif bewunderte er eine Großmuth, die ihm ohne Grenzen schien und für die er echte Dankbarkeit fühlte, wie sie nur eine hochgesinnte Seele empfinden kann. „Das war eine merkwürdige und wunderbare Scene", sagte Greif, mit Hilda wieder auf die Terrasse zurückkehrend, um mit seiner Frau allein zu sein. ^Ia, wunderbar", bestätigte Hilda, „Du hattest Recht, Greif, al« Du sagtest, Rex sei eine vornehme Natur. Ich hätte nicht gedacht, daß eS heutigen Tage« noch solch« Menschen giebt." „Und wir hatten Unrecht, ihm nachzusagrn, er sei kalt." „Sahst Du sein Haar? Ich war in tiefster Seele er schrocken, al« ich an die Ovalen dachte, die eine solch« Ber- vorigen Monat 450 Maulthiere in Capstadt ankauf«» lassen, damit wenigsten« die Verbindung zwischen dem Inner« und der Küste aufrecht erhalten werden kann. — Der Iustizminister Schönstedt hat laut dem „Tziennik" während seiner Anwesenheit in Posen dem Erz bischof von Stablewski einen Besuch abgestattet — Ein parlamentarischer Berichterstatter nimmt an, daß der Reichstag bereits am Sonnabend dieser Woche seine Tagung schließt, nackdem in dritter Lesung die Hand werkervorlage, der NachtragSctat und der Besoldungsetat erledigt sind. — Die „Berl. Pol. Nachr." schreiben: „Wenn in ver schiedenen Blättern positive Mittheiiungen über den Rücktritt einzelner Minister gebracht werden, so kann als sicher gelten, daß dieselben aus Combinationen beruhen. Davon, daß der Minister deS Innern von der Recke seinen Abschied nach gesucht habe, ist in unterrichteten Kreisen nichts bekannt." — ES steht jetzt fest, daß der Wirk!. Geh. Oberregie- rungSrath vr. Äödiker am 1. August in die Firma Siemens L Halske, Aktiengesellschaft, eintritt und zwar als Director an Stelle des Herrn Otto Lenzner, der über 40 Jahre hindurch in der Firma thätig gewesen ist und auf seinen eigenen Wunsch in den wohlverdienten Ruhestand tritt. Als Director Leugner im Jahre 1856 in daS Haus eintrat, waren in demselben nicht mehr al» 15 Personen beschäftigt. Heute beschäftigt die Firma, ohne die Filialen London und Petersburg, über 10 000 Arbeiter und Beamte. — Wie bereits mitgetheilt, wird die „Zeit" deSPsärrerS Naumann vorläufig noch weiter erscheinen. Naumann hat sich, wie er erklärt, „in schwerer Lage" entsckloffen, den Verlag der „Zeit" zunächst persönlich zu übernehmen. — Die gemischte städtische Deputation zur Vor- berathung deS eventuellen Erwerbs des Botanischen Gartens beschloß, das Angebot des Staates, einen Theil des Gartens gegen einen Baarkaufpreis der Stadtgemeinde zu überlassen, abzulehnen. Dagegen sprach sich die Depu tation dafür aus, daß die Stadtgemeinde sich bereit erkläre, nach definitivem Nebergange deS Gartens in städtischen Besitz denselben in der bisherigen Form oder als öffentlichen Park dauernd zu erhalten. — Die Aufarbeitung des Materials der Berufs- und Gewerbezählung vom 14. Juni 1895 schreitet rüstig vorwärts. Nachdem das kaiserliche Statistische Amt schon zwei Bände, von denen der eine die Hauptergebnisse für daS Reich (Band 102 der Statistik des deutschen Reichs), der andere die für die Großstädte (Band 107) betrifft, vor einiger Zeit veröffentlicht hat, liegen nun die berufSstalistischen Nach weise für die sämmtlicken kleineren Verwaltungs bezirke (preußischen Kreise, bayerischen Bezirksämter rc.) vor. Für all diese Bezirke giebt der soeben im Buchhandel erschienene Band 109 der Statistik des deutschen Reichs in einem Tabellenwerk von 724 Seiten die Berufsgliederung der Bevölkerung nach 207 Berufsarten; er weist nach, wie sich in diesen Bezirken die Erwerbstbätigen und deren Haushaltungsgenossen (Angehörige und Dienst boten) aus die einzelnen Berufe vertheilen. Das ausführliche geographische und volkswirthschaftliche Material, das hier durch geboten wird, dürfte diese neueste Publication des Kaiserlichen Statistischen Amtes als Nachschlagewerk sowobl für praktische Zwecke wie auch für wissenschaftliche Special studien ganz besonders brauchbar erscheinen lassen. — Die traurigen Erfahrungen, welche die socialdemo kratische Partei mit den genossenschaftlichen Unter- nebnzungen verschiedener Gewerkschaften machen muß, sind um eine neue vermehrt: dieser Tage erfolgte die Auflösung der deutschen GenossenschaflS-Hut- fabrik in Berlin. Auch die sogenannte Controlmarke hat dieses Ende nicht hindern können. — Die Beschlagnahme des Anarchistenblattes „Armer Conrad" ist, wie gemeldet wird, wegen deS Abdrucks eines Gedichtes von Georg Herwegh, betitelt „Zukunfts lied", erfolgt. Die Staatsanwaltschaft erblickt, der „Post" zufolge, in Strophe 4 deS Gedichtes eine „Beschimpfung der lacramentalen Einrichtung deS christlichen Abendmahls", welche nack 8 166 de» Strafgesetzbuches (Gotteslästerung) zu verfolgen ist. — 4595 Maurer auf 406 Bauten haben nach Angaben der Lobncommission die Forderungen (Neunstundentag und 60 Stundenlohn) durchgcsetzt. Auf 63 Baustätten (Dom, königl. Marstall rc.) ruht die Arbeit; 1224 Mann auf 223 Bauten sind nock zu den alten Bedingungen thätig. Als Streikende sind 1640 Maurer gemeldet. In den Vororten hält die Bewegung mit Berlin gleichen Schritt. In Char- lottenburg ruht auf 11 Bauten die Arbeit vollständig; 600 Maurer auf 46 Bauten haben in Folge der Bewilligung der Forderungen die Arbeit wieder ausgenommen. * Apcnradc, 2l. Juni. Gestern fand auf dem Knivs- berg ein von ungefähr 3000 Theilnebmern besuchtes deutsches Volksfest statt, welchem u. A. Admiral Hollmann, Vice admiral Schröder, Geheimrath Professor Vr. Schweninzer, die mit dem Geheimrath Krupp-Essen zum Besuche des Ab geordneten Iebsen hier eingelroffen sind, beiwohnten.
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