02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 06.07.1897
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1897-07-06
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
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- Public Domain Mark 1.0
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- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18970706029
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- LDP: Zeitungen
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- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1897
- Monat1897-07
- Tag1897-07-06
- Monat1897-07
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Ztg." einiges Unstichhaltige über die Vor züge ver Sachunkenntniß vorgebracht, schreibt jetzt ein west deutsches Blatt, ohne übrigens selbst die von ihm gegebene Erklärung als einleuchtend zu bezeichnen, das Folgende: „Den Hauptgrund der Ernennung theilt die „Norddeutsche" nicht mit, sie deutet ihn aber an. Wie wir erfahren, würde die Ernennung eines postalischen Fachmannes zahlreiche Rück trittsgesuche und Verschiebungen in den Postämtern zur Folge gehabt habe»; dies sollte um jeden Preis vermieden werden, damit die hervorragenden, unter Stephan heran gewachsenen Elemente dem Staat erhalten blieben." So viel Worte, so viel Ungereimtheit. Weil es mehrere unter Stephan herangewachsene hervorragende Persönlich keiten gab, sollte keine von ihnen an die Spitze des Ressorts gestellt werden! Im Heere kennt man diese Erwägungen nicht und zeigt noch weniger die in den angeführten Sätzen zur Schau getragene Angst vor Abschiedsgesuchen. Bis jetzt weiß mau nur, daß fast gleichzeitig mit dem Eintritte des Generals v. Podbielski in sein neues Amt eine unter Stephan gebildete Kraft, Unterstaatösecretair I)r. Fischer, einen längeren Urlaub angetreten hat, wie er Rücktritten vorauszugeheu pflegt. Obgleich gestern das osficiöse Tele graphenbureau mit derselben Kürze und Bestimmtheit, mit der Herr v. Podbielski seinen Amtsantritt meldet, die Nach richt der „Freis. Ztg." von einer längeren Beurlaubung I>r. Fischer's dcmenlirte, berichtet die „Post" in ihrer gestrigen Abendausgabe: „Gencrallieutenant von Podbielski, der hier eingetroffen und im Hotel des Lfsiziervereins abgestiegcn ist, hat heute die Geschäfte als Staatssccretair des Reichspostamtes übernommen. Als U n »er st aatssecretair im Reichspostamt sungirt z. Z. vertretungsweise der Director der 4. Abtheilung Witt ko. Bei der Vorstellung der Beamten fehlten außer dem letztgenannten auch die drei anderen Abtheilungsdirectoren, die sämmtlich z. Z. auf Urlaub sind. UnterstaatSsecretair Or. Fischer, der an einem neuralgischen Leiden erkrankt ist, hat Berlin bereits am vorigen Freitaa mit sechsmonatigem Urlaub verlassen" An Rathgebern fehlt es indessen dem neuen „Generali- Postmeister trotz der Beurlaubung so vieler hoher Beamten seines Ressorts nicht. Die „Kreuzzeitung" tritt mit gewohnter Willfährigkeit in die Bresche und sagt ihrem alten Parteigenossen, wie er es anfangen müsse, um ihre Zufrieden heit — und auf diese kommt eS doch vor Allem an — zu verdienen. Zuerst giebt ihm das konservative Blatt zu ver stehen, daß er sich die rechten Mitarbeiter anschaffen müsse, wenn er etwa auf passiven Widerstand der Bureaukratie stoßen sollte, dann sagt es weiter: „Außerdem wird sich General v. Podbielski nicht nur ablehnend verhalten müssen gegen die Forderungen nach Verkehrserleich- terungcn und Verkehrsverbilligungen, wie sie hauptsächlich von kaufmännischen und freisinnigen Kreisen erhoben werden, sondern er wird sich vielmehr veranlaßt sehen müssen, Maßnahmen in Erwägung zu ziehen, die in der Postverwaltung den finan- ziellen Gesichtspunct ökonomischer zur Durchführung bringen." Hierauf wird ferner bemerkt: „Auch von liberaler Seite wird der Grundsatz nicht angefochten werden können, daß die Postverwaltung auf eigenen Füßen stehen muß. Ergiebt sie einen Ueberschuß, um so besser. Vorläufig ist das nicht der Fall; die ReichSpostverwaltung arbeitet, wie gesagt, thatsächlich mit einem Fehlbetrag», der sich ziffernmäßig genau erst nach der Auseinandersetzung mit den Eisenbahnverwaltungen fest stellen läßt. Erst wenn die wahre Finanzlage der Post klar gestellt, wenn ihre ökonomische Selbstständigkeit durchgesührt worden fein wird, wenn die Ausgaben, die sie wirklich zu bestreiten hat, ein schließlich der angemessenen Entschädigung der Eisenbahnen für dir Beförderung der Post, durch entsprechende Einnahmen gedeckt werden, erst dann wird man zur Erörterung der gewünschten Erleichterungen und Verbilligungen schreiten können." Endlich führt die „Kreuzztg." aus,daßTariferhöhungen sich nicht würden vermeiden lasten, wenn der Fehlbetrag der ReichSpostverwaltung erheblich sein sollte, eine Beseitigung des Fünfzigpfennigtarifs für Packete wäre ihr sehr sympathisch, und weiter werden dann noch gewünscht eine Erhöhung des Tarifs für Eildepeschen, eine Erhöhung der Fernsprechgebühren, falls diese zur Verzinsung des veranlagten CapitalS nicht ausreichen, und schließlich Er sparnisse bei den Betriebsausgaben, insbesondere durch Ver minderung des höher vorgebildeten Personals. Man sieht hieraus, daß alle unter Stephan vorgebildeten Kräfte entbehrlich sind. Herr v. Podbielski weiß, wo er Rath und Unterstützung findet, aber auch Feinde, wenn er schwerhörig ist. Daß die Suche nach einem neuen Reichöschatzsecretatr noch immer ergebnißloS geblieben ist, obgleich Graf Posadowsky seine neuen Acmter als Staatssccretair des Innern und Vertreter des Reichskanzlers bereits angetrcten bat, setzt die Sucher begreiflicherweise in einige Verlegenheit. Besonders peinlich ist es ihnen augenscheinlich, daß der hervorragende Leiter des badischen Finanzwesens, vr. Buchen berger, sich nicht hat bereit finden kaffen, Nachfolger des Grasen Posadowsky zu werden. AuS dieser Empfindung erklärt sich der Versuch, die ganze Sacke so darzustellen, als habe nicht Herr vr. Buchenberger abgelebnt, sondern sei fallen gelassen worden, nachdem sich herauSgestellt, daß man sich in ihm getäuscht. Die Erzählung, die in der „Tägl. Rundschau" Aufnahme gefunden, lautet: „Bei der Audienz, die der Vicepräsidcnt des preußischen Staats- Ministeriums vr. v. Miquel und der Staatssecretair des Reichs amts des Innern und Stellvertreter des Reichskanzlers Graf Posadowsky an Bord der „Hohenzollern" in der Trovemünder Bucht beim Kaiser hatten, handelte es sich in erster Linie um die Besprechung der Vorlagen, deren Vorbereitung baldigst in Angriff zu nehmen ist. An der Spitze stehl hier die Reichsfinanzresorm, die mit erneuter Kraft in Angriff genommen werden foll, so daß bereits für die nächste Reichstags periode eine bezügliche Vorlage mit ziemlicher Sicherheit zu er warten ist. Nun bestehen in dieser Angelegenheit zwischen vr. v. Miquel und dem badischen Finanzminister Buchenberger, mit dem auch nach der Ablehnung des Reichsschatzsecretariats die Verhandlungen bekanntlich fortgesetzt wurden, Meinungsver schiedenheiten, die nicht sowohl die Frage der Nothweudigkeit und des Umfanges der Reichsfinanzreform betreffen, als sich viel- mehr auf einzelne Steuerfragen beziehen. Da Miquel nun der Vater der Reichsfinanzreform ist, so ist er naturgemäß auch nach dem Kaiser die ausschlaggebende Persönlichkeit bei der Besetzung des Reichsschatzsecretariats; daher ist es denn gekommen, daß jetzt, da die Meinungsverschiedenheiten nicht zu beben waren, die weiteren Verhandlungen mit Buchenberger endgiltig abgebrochen sind. Eine Entscheidung aber, wer nun Nachfolger Posadowsky'- werden soll, ist noch nicht getroffen. Doch hält man in unter richteten Kreisen daran fest, daß nun Präsident v. Rheinbaben, der bekanntlich vor seiner Beförderung Miquel'S rechte Hand war, zu der Stelle berufen werden wird." Nicht übel ausgedacht, aber — nach übereinstimmenden Meldungen auS Baden eben nur auSgedacht. Nach diesen in den „Hamb. Nackr." und der „Allgem. Ztg." vorliegenden Meldungen hat Herr vr. Buchenberger die ihm wiederholt gemachten „Anerbietungen" und die an ihn er gangene „ehrenvolle Berufung" definitiv abgelehnt — aus Rücksicht auf seine Gesundheit, die er natürlich schon kannte und als AblebnungSgrund anführte, als das erste Anerbieten an ihn gerichtet wurde. Begreiflicherweise wird man nack diesem bündigen Dementi der Abbrucksgeschichte auch gegen die Angabe mißtrauisch, daß Herr v. Rheinbaben noch in Aussicht siebe. Die von anderer Seile stammende Meldung, der deutsche Botschafter v. Thielmann sei zum Reichsschatz- secretair ausersehen, klingt sehr unwahrscheinlich, da Herr v. Thielmann bekanntlich s. Z. zur Leitung der Verhand lungen wegen des deutsch-russischen Handelsver trags berufen wurde und deshalb bei der „Kreuzzeitung" und ihrem Anhänge sehr unbeliebt ist. Davon, daß Herr v. Thielmann auch „anders könne", wenn eS ihm befohlen wird, hat bisher nichts verlautet. Wie wenig in Oesterreich Aussicht vorhanden ist, das Bestreben der Regierung, einen Ausgleich zwischen Deutschen und Tschechen herbeizuführen, zu unterstützen, zeigt das Verhalten der Deutschen wie der Tschechen. Da die Regierung die Sprachenverordnung nicht zurücknehmen will, so erklären die deutsch-fortschrittlichen und deutsch-nationalen Kreise richtiger Weise den Versuch eines Ausgleichs von vorn herein für verfehlt. Findel sich etwa einmal ein Deutscher, der dem Ausgleiche daS Wort redet, so wird er von den Wählern oder den Parteigenoffen sofort rectificirt. Statt deS Beginns der Beruhigung nimmt sogar der Streik der Gemeinden gegen die Ausübung der übertragenen Verwaltung immer noch an Umsang zu. Nickt minder heftig aber sind die Tschechen gegen jeden Ausgleich, der die Lage der Deutschen irgendwie erträglich gestalten würde. Der deutsche Renegat Prinz Friedrich Schwarzenberg hat erklärt, daß die Tschechen einem Ausgleiche nur dann zustimmen könnten, wenn eine slawische Autonomie für Böhmen, Mähren und Schlesien her gestellt würde. Daß in einer solcken Autonomie daS Deutschthum völlig geknebelt werden würde, versteht sich von selbst. Unter solchen Umständen können die Ausgleichsverhandlungen kaum etwas Anderes, als eine Komödie vorstellen, die wobl den Zweck haben mag, die Deutschen nachher als die stets Un zufriedenen darzustcllen und dadurch sowohl den verfassungs treuen Großgrundbesitz, wie die Klerikalen, von denen doch Manchem das deutsche Gewissen etwa« schlägt, von jeder Gemeinschaft mit den fortgeschrittenen Deutschen abzu bringen. Der Plan ist nicht übel, denn die Deutschen haben allerdings nur dann einige Aussicht auf die erfolg reiche Durchführung ihre- Kampfes, wenn alle Gruppen Zusammenwirken. Die Möglichkeit dazu scheint nicht völlig ausgeschlossen zu sein. Der verfassungstreue Großgrundbesitz hat wenigstens im letzten Theile der ver gangenen Session deutsche Gesinnung bewiesen. Zu einem Zusammengehen mit den Klerikalen und Christlich-Socialen aber bietet sich für die Fortschrittler und Deutschnationalen die Gelegenheit in einer Verständigung über den Ausgleich mit Ungarn. Lueger, der Führer der Christlich-Socialen, hat erst in den letzten Tagen wieder gezeigt, ein wie heftiger Gegner des Ausgleichs mit Ungarn er ist. ES ist richtig, daß der österreichische Staat schwer geschädigt wird, wenn sich nicht irgend ein Ausgleich mit Ungarn berbeiführcn läßt, und es ist auch richtig, daß es dem Abgeordneten schwer fallen mag, gegen einen Ausgleich, wenn er ihm an sich zweckmäßig zu sein scheint, zu stimmen. So sehr wir aber sonst dafür eintreten, daß bei jeder politischen Frage die sachlichen Gesichtspuncte entscheidend sein sollen, so meinen wir doch, daß bei einem Kampfe um die Existenz wohl ein Recht vorhanden ist, die taktischen Gesichtspuncte über die sachlichen den Sieg davontragen zu lassen. Daß in der Nationalitätenfrage mit der österreichischen Regierung in Güte nicht auszukvmmen ist, hat sich zur Genüge gezeigt. ES ist bekannt, welche Rolle Fräulein Flora Shaw, die Leiterin des colonialen Tbeils der „Times" in dem süd afrikanischen Untersuchungsausschüsse spielt. Ihre erste Ver nehmung war ziemlich kurz. Am Freitag hat nun ihre zweite Vernehmung stattgefunden und diese ist ein wenig ausführ licher gewesen, sie hat besonders die bewußten Depeschen ans Tageslicht gebracht. Freilich auf die knappen Fragen Sir- Ha rcourt's und Labouchöre'S hatte die coloniale Miß nicht eben knappe Antworten. Sie wurde weitschweifig und stellte ihre Rolle überhaupt nur als die der eifrigen Correspondentin für ihr Blatt dar. Dem Vorsitzenden gegenüber behauptete die Zeugin, daß sie dem Colonialminister niemals etwas von dem .Hlane" (Rhode»') milgetheilt habe und auch niemals von dem Colonial minister etwas über den „Plan" erfahren habe. Hinter den Worten „Chamberlain ist sicher" verberge sich nichts Geheim- nißvolles. Habe er dock häufig genug seine Colonialpolink dargelegt. Als er sein Amt angetreten habe, sei er allerdings ein Klein-Engländer gewesen. Bei dieser Aussage lachte Chamberlain herzlich. Der Vorsitzende verlas die Stelle des Tele gramm- vom 17. December: „Chamberlain ist sicher im Falle der Intervention der europäischen Mächte, ich habe aber be sonderen Grund zu der Annahme, daß Sie sofort vorgehen müssen." „Bedeutet das, daß sie glaubten, das Colonialamt wolle augenblicklich den Plan auSgeführt wissen?" Auf diese Frage wartete die Zeugin mit einer hübschen Geschichte auf. Sie erklärte sich bereit, offen mit der Sprache herauszurücken und, um dem dummen Geschwätze ein Ende zu machen, mit- zutheilen, was eigentlich bei ihrem Besuche des Colonial- amteS am 17. December vvrgegangen sei. Zu der Zeil wurde über einen bevorstehenden Aufstand in Transvaal in London sehr frei gesprochen. DaS habe man eigentlich schon seit 1892 gethan. Auf dem Colonialamte wurde bei ihrem Besuche nun auch die hypothetische Möglichkeit eines solchen Aufstandes bei ihrer Unterredung mit dem Unterstaats- secretair Fairfield in Erwägung gezogen. Die Depeschen haben geschichtlichen Werth und deshalb mögen sie hergesetzt sein. Die Telegrammadresse Rhodes' ist Veldschoen, die der Shaw ist Telamones. An Veldschoen (Cecil RhodeS), Capstadt. Den 10. December 1895. Können Sie mittheilen, wann Sie mit Ihren Plänen beginnen werden? Wir wünschen sobald wie möglich versiegelte Anweisungen an die Vertreter der Londoner „Times" in den europäischen Haupt städten zu senden. Es ist höchst wichtig, deren Einfluß zu Ihren Gunsten zu benutzen. Flora Shaw. An Veldschoen, Capstadt. Den 12. December 1895. Verzug gefährlich, Sympathie jetzt vollständig, wird aber sehr abhängen von Action, ehe europäische Mächte Zeit haben, Protest zu erheben, der, da die europäische Lage für gefährlich gehalten wird, die Regierung ernstlich lähmen könnte. Allgemeine Stimmung auf dem Fonvsmarkt sehr verdächtig. Flora Shaw. Feuilleton. Nllimy Trauner. 12) Roman von C. Schroeder. Nachdruck verbot«». Die Situation war für mich so demüthigend wie nur möglich. Erst machte ich nur, daß ich wieder auf die Füße kam, dann entgegnete ich mit so viel Würde, wie ich zusammen raffen konnte: „Nein, mein Herr, aber den Kopf batte ich verloren. Nachdem ich drüben am Parkgitter so halb und halb Zeugin eines Mordanfalles gewesen —" „Zeugin?" unterbrach er mich verwundert. „Nun, ich war wenigstens nahe genug, um den Wort wechsel der Liebenden theilweise zu hören." „Der Liebenden!" wiederholte er mit unbeschreiblichem SarkaSmus. „Der Liebenden!" Er hatte eine Art und Weise, meine Worte anzuzweifeln, die mir das Blut zu Kopfe trieb. „Sie mögen mir nun Glauben schenken oder nicht, mein Herr", beharrte ich hitzig, „aber eS bandelt sich hier um zwei Liebende, die sich entzweit hatten. Sie belheuerte ihre Un schuld, er jedoch — der Grausame, Hartherzige! — war nicht zu überzeugen. Er verhöhnte, verlachte sie und feuerte endlich eine Kugel auf sie ab!" „Was Sie sagen! Feuerte eine Kugel? Er — der Hartherzige? Hm! Wenn er sie dann nur nicht todt- geschossen hat!" „Um Gotteswillen!" rief ich außer mir. „Sie glauben eS?" „Nein", entgegnete er mit einem harten Auslachen, „ich glaube, daß diese Art überbaupt nicht todtzuschießen ist. Sie weiß sich immer zu rechter Zeit zu ducken und davon zu winden." Seine Manier empörte mich, seine Worte waren mir ganz unverständlich. „Soll das heißen", fragte ich ungeduldig, „daß ver Schuß fehlging". „ES soll vor allen Dingen heißen", antwortete er, „daß Ihr armes Opfer mit heiler Haut davonkam." „Sie sahen es?" „Mit eigenen Augen. Wie ein gescheuchtes Reh flog sie dahin — um im Romanstil zu reden." Wieder jenes harte Auslachen, dann — wie mir's sckien — ein plötzliches Zusammenzucken seines Körpers. Nack secundenlanger Pause bemerkte er in etwas gepreßtem Ton: „Es wäre wohl an der Zeit, heimzukehren, meinen Sie nicht? — Wohin darf ich Sie begleiten?" „Ich will Sie nicht bemühen, mein Herr", entgegnete ich kühl. „Bis zur Oberförsterei ist'S nicht weit." Sein Kops fuhr herum, seine Augen suchten in dem matten Licht meine Züge zu erkennen. „Ich glaube gar", stieß er hervor, „Sie sind deS Ober försters Nickte?" „Wäre das etwas Erstaunliches?" fragte ich. „Allerdings", nickte er. „Als ich vorhin an der Ober försterei vorüberging, trat gerade der alte Herr aus seiner HauSthür. „Halt!" sagte ich mir, „der Prachtgestalt bist du schon einmal begegnet!" Im Geiste sah ich ihn dann im vorigen Winter auf dem Heilbronner Bahnhof seine Nichte in Empfang nehmen. Mit dieser Nichte aber batte ich während, ober bester nach einem Eisenbahnunfall Bekannt schaft gemacht und —" „Ist'S möglich?" rief ich auS, „Sie — Sie wären —" „Ihr Leidensgefährte von damals." „Wunderbar!" murmelte ich, denn wunderbar war eS — erstens, daß mir seine Stimme nicht gleich zu denken gegeben hatte und zweitens, baß sich auS einem liebenswürdigen in so kurzer Zeit ein grober Mensch entwickelt batte. Er schwieg, ich schwieg — bi» ich in der Ferne die er leuchteten Fenster meines Heim- blinken sah. Ta erst merkte ich, daß ich so ganz in Gedanken neben ihm bergeschritten war. „Schade!" rief ich stehenblribcnd. „Nun habe ich Sie doch von Ihrem Wege abgebracht." „Kommen Sie nur!" bat er. „Der Wald ist beute Nackt kein Aufenthalt für einsame Damen." Dann, als ich noch zögerte, in treuherzigem Ton: „Gehen Sie doch nicht gar so streng ins Gericht mit einem armen Sünder! ES ist ja leider GotteS wahr, ich bin ein abscheulich heftiger Patron, vorhin aber, müssen Sie missen, hatte ich den Schurken ge rade am Rockzipfel gefaßt, al» Sie —" „Mein Herr", fiel ich ihm tief beschämt in die Rede, „ich glaube, ich babe Ihnen noch mit keinem Wort dafür gedankt, daß Sie mich vor einem Sturz ins Wasser bewahrten!" Damit haschte ich nach seiner Hand — es war merkwürdiger weise die linke, die er mir gab. Nun gingen wir wieder — stumm und sehr langsam, immer langsamer, schien mir», je näher wir dem Hause kamen. Einmal war es, als strauchle sein Fuß. Da stand er still und schöpfte tief Alhem. Im selben Moment fast raschelte es laut im Gebüsch und ich in meiner Feigheit drängte mich ganz an seine Seite. „Irgend ein aufgescheuchtes Tbier!" wollte er mich beruhigen. Da raschelte es wieder und ohne zu wissen, was ich that, umklammerte ich seinen Arm. Der aber zuckte so beflig unter meiner Berührung, daß ich ihn blitzschnell wieder fahren ließ. „Ich babe Ihnen doch nicht Weh gethan?" fragte ich, als ringsum Alle- wieder still geworden war, beschämt und ver wundert zugleich. Er bewegte den Kops verneinend. Bald darauf waren wir angelangt. Ein blasser Licht schein drang aus dem Küchensenster in den Baumschatlen, in dem wir uns trennten. Seine Züge vermochte ich nicht zu erkennen, doch ich sah, daß er die linke Hand bob, den Hut zu lüften, sie aber unverrichteter Sache wieder sinken ließ. Auf meinen hastig bervorgestammellen Dank erwiderte er in kaum hörbarem Ton etwas Unverständliches. Als ich mich in der Haustbür noch einmal zurückwandte, stand er gegen einen Baumstamm gelehnt. „Ob ich ihn auf fordere, einzutreten?" fuhr es mir durch den Sinn. Allein ick that es nicht, eine plötzliche Scheu, die mir sein Wesen einflößte, hielt mich davon zurück. Susanne hanlirte mit vielem Geräusch unter ihren Töpfen und Pfannen — ein Zeichen, daß sie ärgerlich war. „Sieh da, das gnädige Fräulein!" warf sie spöttisch über die Schulter, als sie mich kommen hörte (wenn sie nur diesen Titel giebt, so ist sie sehr ärgerlich). „Eine nette Wirthschaft das", fuhr sie fort und hielt, statt mich anzusehen, der un glücklichen kleinen Christi, die sie „anlernt", einen schlecht gewaschenen Teller unter die Nase. „Seit einer geschlagenen Stunde steht das Abendessen fertig, aber Herr Oberförster und Fräulein Nichte ziehen eS vor, im Wald herumzulausen, der eine, um einen Wilddieb abzufassen, den er dock nicht sehen kann, die andere, um sich im Dunkeln todtschießcn zu lassen." Damit drehte sie sich um und stieß einen Schrei auS, Laß Cbristl wohl einen Fuß koch sprang und den Teller auf den Sleinflicßen in Stücke klappern ließ. „O Du mein Herr und Heiland!" jammerte Susanne, auf mich zustürzend und mich in ihre Arme schließend. „So sündhaft spreche ich's in den Wind und nun ist'S wirklich wahr! Der Schurke, der Teufel — wenn ich ihn hier hätte. — Schmerzt's arg, Fräulein Nannycken? Kommen Sie — lassen Sie mich sehen! Nur keine Angst, Kindchen, ich thue Ihnen ja nicht weh!" Ihr Gebabren flößte mir wirklich Angst ein und als sie jetzt gar Miene machte, mir daS Kleid zu lösen, riß ich mich beflig loS. „Um Gotteswillen, Susanne!" stieß ich hervor. „Was fällt Ihnen ein? Ich —" Hier fiel mein Blick auf den linken Aermel meines bellen Cattunkleides und nun schrie ick selber laut auf, denn — er war über und über mit Blut besteckt! Entsetzt, fassungslos stand ick einen Moment, dann wie mit einem Scklage ward es mir klar, wen die mörderiscke Kugel im Walde getroffen, warum ceS Malers Arm gezuckt hatte und ich sah einen edlen, selbstlosen Menschen irgendwo am Wege sein Leben auSströmen; denn er war so schwach und erschöpft, daß er beim Abschied kaum eines Wortes, kaum einer Bewegung mehr fähig gewesen war, wie sollte er sein Haus noch erreichen? Daß ich an- der Kücke stürzte, dem Onkel, der eben heim- kchrte, die Sache klar machte, daß wir in den Wald eilten, der Knecht mit der großen Laterne voran, daß wir den Maler suchten, das Tucken aufgaben — nochmals suchten und fanden, blutüberströmt, besinnungslos im Grase, daß sie ihn in unser HauS trugen und aus das große Bett im Fremden zimmer legten — geschah Alles im Laufe einer halben Stunde. Dann fuhr der Onkel nach dem Arzt. Nun ist er leider noch immer nickt zurück. Hundert Mal babe ich Näder rollen hören und hundert Mal ist cs Ohren täuschung gewesen. Eben steckt Susanne den Kopf zur Thür herein und meint, wenn ich nicht endlich schlafen ginge, so würde ich auch krank und sie habe mit der Pflege eines Patienten zur Zeit genug zu thun. Ick antwortete ihr: „Schlafen gehen ist ein Ding, Susanne, aber schlafen ein anderes!" Ach! wenn cS doch erst Morgen wäre!" 10. Capitel. Als der Morgen trübselig geschlichen kam, fand er Nanny Trauner sanft alhmenb zwischen ihren Kissen, als er den letzten Versuch, sich zur Sonuenklarheit durchzurinaen, ver zweifelnd aufaegeben batte, schlug sie die Augen aus. Grau hingen die Wolken, tief und schwer — unendliche» Regen
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