Suche löschen...
01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 28.06.1897
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1897-06-28
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18970628016
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1897062801
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1897062801
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1897
- Monat1897-06
- Tag1897-06-28
- Monat1897-06
- Jahr1897
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Bezugs-Preis H»ßk» Hauptrxpedttwn oh« d« km Stadt« smtrk «ad d« Vorortrn rrrtchtrte» >»s« D»eflrllea»h,«h,tt: diertrlj-hrlich^ls.S^ « v»etm«lta« tüglkchrr Zustellung tat da« ^l b.bO. Diäch dt» Post bezvara für Deatschland «ad Orsterreich: viertruüdrltch Dtrrcte tügltchr Knuzdaadsrnvung tat Aatlaad: monatlich ^l 7.Ü0. Dt« Morgev-AuSgabe erscheint um V,? Nhr. die Abend-Ausgabe Wochentags um 5 Uhr. Rrdartto« und Lrreditiou: Johanne-s-fs« 8. Dietkrpedttioa ist Wocheatag» «auatrrbroche» ««öffnet von früh 8 bis Abends 7 Uhr. Filiale«: vtt» Klem«'» Eortim. (Alfred Hahn), UaiversitStsstraße 8 (Paulinum), «aalt Lösche, Katharinenstr. 14, part. und VSaigspratz 7- Morgen-Ausgabe. WWM TagMM Anzeiger. Amtsblatt des Königlichen Land- und Amtsgerichtes Leipzig, -es Mathes und Nolizei-Ämtes der Ltadt Leipzig. Auzeigeu-PreiS 1>ie 6 gespaltene Petitzeile SV P^g. Reciame» unter dem Redactionsstrich (4ga- spaUen) 50^, vor den Familteanachrichte« (6 gespalten) 40/4- Größere Schriften laut unserem Preis« verzrichniß. Tabellarischer und Ziffrrasatz uach höherem Tarif. Extra-Beilagen (gefalzt), «ur mit des Morgen«Ausgabe, ohne Posckeförderung 60.—, mit Postbesörderuag 70.—. Änuahmeschluß für Anzeigen: Ab rud«Ausgabe: Vormittags 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittag» 4Uhr. Lei den Filialen und Annahmestellen je ein» halbe Stund« fr-her. Anzeigen sind stets an die Expedition zu richten. Druck und Verlag vou L. Polg k» Leivzig. 323. Sl. Jahrgang. Montag den 2^. Juni 1897. Ztadtebilder aus Sachsen. Nachdruck verboten. Kret-erg. (Schluß aus Nr. 810.) Neber den Erzbergbau, Freibergs älteste Industrie, fehlen bis zu Anfang deS 16. Jahrhunderts sichere Nachrichten, vom Jahre 1524 ab aber sind zuverlässige, actenmäßige Unter lagen vorhanden, hauptsächlich läßt sich das Ausbringen deS Silber- von diesem Zeitpunkte ab genau feststellen. Es be trug im Jahre 1524 die Silberausbeute im Freiberger Revier 5624 .6 (zu je 0,46716 Zollpfund von 500 8); 1550 80 153 Mark. Das damals höchste Silberausbringen erfolgte 1572, wo 33 650 ausgebracht wurden. Die nachfolgende ame rikanische Concurrenz bewirkte schon damals ein Sinken der Silberpreise; die Ausbeute schwankte bis zu Anfang deS 17. Jahrhunderts zwischen 25 000 und 20 000 Während des dreißigjährigen Krieges sank die Ausbeute im Jahre 1643 auf 4791 herab und vermochte sich erst um 1712 bis über 20 000 zu erheben. In Folge wesentlicher Betriebsver besserungen und reicher Erzanbrüche hob sich das Silber- ausbringen im letzten Viertel deS 18. Jahrhunderts auf eine bisher unerreichte Höhe, indem es von 30 176 im Jahre 1750 auf 50 729 ^ Feinsilber im Jahre 1795 stieg, worauf eö sich bis zum Jahre 1842 meist zwischen 45 000 und 60 000 erhielt. Seit dem Bestehen des Freiberger Bergbaues bis zum Jahre 1890 sind insgesammt etwa 5056 647 leg Silber aus gebracht worden, nämlich: 1958 800 in Len 361 Jahren 1163 bis 1523, 1754983 ... 312 . 1524 « 1835, 1343 664 « - - 55 . 1836 - 1890, im Gesammtwerthe von etwa 888 Millionen Mark Reichs ¬ währung. Während sonst das Freiberger Silber im Jnlande gegen den festen Preis von 89,50 für das Pfund, das Kilogramm also zu 179 -L, an die Landesmünzstätte seinen Absatz fand, ist eS seitdem als Handelsartikel den Schwankungen der aus wärtigen tonangebenden Börsen unterworfen, und dies bildet dir Hauptursache einer bis jetzt noch nicht überwundenen Krisis des Freiberger Bergbaues. Freilich hat der Bergbau im Laufe der Jahrhunderte wiederholt durch schwere Tage zu gehen gehabt, aber noch immer sind der Zeiten seines Niederganges Perioden reichen Gewinnes und hoher Blüthe gefolgt. Welchen Einfluß die rückgängige Bewegung des SilberprciseS allein auf das Freiberger SilbcrauSbringen ausübt, zeigt nachstehende Uebersicht: Jahr Prei« slir 1 KF Ausbringen in Kilogramm Unterschied gegen den dtormatvrei» von I7V -k 1871 . . . 178,62 X 26 228,09 kx 9 666,67 1875 . . . 167,68 « 21 222,755 « 240241,58 « 1880 . . . 154,28 « 24 516,8475 - 606056,47 « 1885 . . . 143,10 « 34 585,64 « 1 241 624,47 « 1889 . . . 125,89 « 31 199,45 . 1657 002,79 - 1890 . . . 140,83 « 32 683,762 - 1247 539,19 - Das Erzausbringen belief sich im Jahre 1895 im Berg- revier Freiberg auf 14 380,5897 t Silber- und silberhaltige andere Erze, 8700,55 t Arsen-, Schwefel- und Kupferkiese, 134 605 t Zinkblende, 3346,65 t Bleiglanz und 284,48 t Schwerspat!) mit einem Geldwerthe von zusammen 2 76l952 Mark. Eine Ueberschußvertbeilung konnte nur bei zwei ge werkschaftlichen Gruben erfolgen. Im Freiberger Reviere fanden 297 Beamte, 4441 männliche Arbeiter und eine Arbeiterin, sonach zusammen 4739 Personen auf 45 Berg gebäuden, wovon 12 dem sächsischen Slaatsfiscus gehören, Beschäftigung. Das verliehene Grubenfeld hatte einen Um sang von 13 494 da oder 33 736 Maßeinheiten zu je 4000 gw, wovon allein 27 853 Maßeinheiten auf die fiskalischen Gruben entfielen. Erfreulich sind die Ergebnisse der fiskalischen Hütten werke bei Freiberg, Muldenbütten und Halsbrücke. In diesen Hütten werden nicht nur inländische, sondern seit mebr als 40 Jahren auch überseeische Erze verarbeitet. Bon dem Betriebsumfange dieser Werke geben nachstehende Zahlen ein Bild. Im Jahre 1890 wurden aus den Hüttenwerken 413 388 D.-Ctr. Erz «ingekauft und zwar 314 977 D.-Ctr. von sächsischen Gruben, 84 l99 D.-Ctr. überseeische und 14 212 D.-Ctr. sonstige Erze und Gekrätze mit einem Metallinhalt von 803,03 kg Gold, 84 395,45 kg Silber, 52 554,9 D.-Ctr. Blei, 5305,6 D.-Ctr. Küpser, 2769,8 D.-Ctr. Zink, 5529,2 D.-Ctr. Arsenik, 49 349,3 D.-Ctr. Schwefel und einer Gesammtbezahlung von 13 733 305 An Brenn materialien wurden in derselben Zeit ringekaust 583 377 D.-Ctr., als: Coaks 133 903 D.-Ctr., Steinkohle 175 230 D.-Ctr., Braunkohle 234 244 D.-Ctr. Der Aufwand an Arbeitslöhnen betrug etwa 1,3 Million Mark. Dagegen belief sich im Jahre 1895 der Productenverkauf auf 850,0794 kg Fein gold in Scheidegold, 54 769,9056 kg Feinsilber in Scheide silber, 2529,0 kg WiSmuth, 18 328,88 D.-Ctr. Kupfer vitriol, 264,0 D.-Ctr. Nickelspcise, 1627,941 D.-Ctr. Zink, 66 031,715 D.-Ctr. Bleiproducte, 2376,954 D.-Ctr. Schrol- waaren, 5924,290 D.-Ctr. Bleiblech, 2180,819 D.-Ctr. andere Bleifabrikate (Bleiröhren rc), 102 049,05 D.-Ctr. Schwefelsäure, 6237,59 D.-Ctr. andere Chemikalien (Eisen vitriol rc.), 12 168,288 D.-Ctr. Arsenikalien mit einem Ge- sammtgeldwerthe von 10 421 980 109 ^6, einschließlich 46 916,99 für Thon- und Chamottewaaren. Im gleichen Jahre wurden an beiden Hüttenwerken, einschließlich der Münzstätte in Muldenbütten und der Schrotfabrik in Frei berg, 65 Beamte, 124l Arbeiter und 31 Arbeiterinnen, zu sammen 1337 Personen, beschäftigt. Je schwieriger sich die Lage des Bergbaues in der Jetzt zeit gestaltet, desto eifriger blieben die Vertreter der Stadt Freiberg und ihre Bewohner bemüht, neue Erwerbsquellen der Stadt zuzusühren. In wie weit dies gelungen, mag im Nachstehenden kurz beleuchtet werden. Im engsten Zusammenhänge mit der hüttenmännischen Production steht die Erzeugung kün stl ich er Düngemittel, womit sich vier Firmen (I. C- Gersten L Co., J. F. Gersten, Karl Köthen, A. Schippau L Co.) befassen. Die Ge- sammtproduction stellt sich auf jährlich 600 000 (Zentner; desgleichen auch der Zinnguß, der durch die beiden Firmen C. W. Pilz und Tbümmcl L Zech vertreten wird. Erstere verarbeitet jährlich gegen 700 (Ztr. Zinn und 1000 (Ztr. Blei und liefert als Specialiiälen Zinn-Sarg- ornamenle, Spielwaaren, Cbrislbaumverzierungen, Wirth- schaflsgegenstände, chirurgische Spritzen rc. Die Bleiwaaren- fabrikation betreiben oie Firmen „Bleiindustrie-Actien- Gesellsckaft, vormals Jung L Lindig" und „Saxonia, Blei- waarenfabrik (Gebrüder Timmel), sowie die Schrotfabrikation die fiskalische Schrotfabrik. Die Fabrikation von Silber salzen (Höllenstein) wird in der Löwenapolheke in ansehnlichen Umfange betrieben. In hoher Blütbe steht die Erzeugung von Gold- und Sil berdrahtwaaren; in großem Maß stabe betreiben diese Industrie Thiele L Steinert und Paul Dietrich. Erstere Firma, bereits seit 1693 bestehend, be schäftigt allein 220 Personen in der Fabrik und außerdem über 2000 Hausarbeiter. Eine Pulver- und eine Dyna- mitfabrik finden bei Freiberg gleichfalls ihre Rechnung. Wissenschaftliche Präcisionsinstrume nte für geo dätische und astronomische Zwecke, wie für berg- und hütten männischen Betrieb fertigt die Firma Maz Hildebrand früher August Lingke L Co., Metalltuch und Drahtaewebe für Berg- und Hüttenwerke, Papier- und verwandte Fabriken die Firma Gustav Kirbach, Dampfmaschinen, Kessel, Reservoire, Brennerei-, Turbinen- und Kühlanlagen, Maschinen für Bergbau und Hüttenzwecke, für chemische Fabriken rc. stellen die Firmen H. A. Hülscnberg, E. LeinhaaS, B. Nake, E. Paschke L Co., Münzner <L Schönherr her, sowie ins besondere landwirthschaftliche Maschinen aller Art liefern ErnstGrumbachLSohn, WilhelmEnderl und Louis KunzeLCo. mit zusammen etwa 530 Arbeitern. Mit elektrotechnischen Anlagen befassen sich G. O. Baumann, Max Eichler, Häßler L Süß, H. Meeser, Gebrüder Poch, Reifenstein <L Rößler und I. O. Zwarg. Geldschrank- und Casetten- fabrikation wirb von Buchert L Trimus, E. H. Pietzsch und A. Schöbel betrieben, während die Kunst- und Möbel tischlerei unter Anderen Ernst Dehne, Sahle L Ficke, E. B. Göbel, Gustav Heinrich, Hermann Rudolph, Arno Schubert, Louis Springer und E. G- Streller pflegen. Die Anfertigung von Schuhwaaren üben Friedrich Wetzel L Sohn fabrikmäßig aus. Die bedeutendsten Buch- drucke rcien und Verlagsanstalten sind diejenigen von Ernst 'Maukisch und Heinrich Gerlach (bereits 1550 be gründe ; u. A. Verlag des seit 1644 erscheinenden Freiberger Bergka en derS und der „Kleinen Chronik von Freiberg"). Die Verarbeitung von russischen und einheim ischen Flachsen geht bei der „Säcksischen Leinen-Zndustrie-Gescll- schast, vorm. Müller <L Hirt", vor sich, die über 350 Personen beschäftigt. Eine hervorragende Stellung nimmt die Cigarrenfabrikation ein. In etwa 15 Fabriken, darunter Richard Barth, Ernst Böttcher, A. (Zollcnbusch, C- F. Förster, Max Gumpert, Mittenzwey L Wols, Wilhelm Nabe, Karl W. Reineck, Saupe L Orlelli, Schwirkus <L Schubert, Söhnel L Neander, Wäcktler und Husader, und einer großen Anzahl kleineren Betrieben finden gegen 2700 Personen Beschäftigung; die Gesammtproduction beträgt jähr lich 52 Millionen Stück im Werthe von 2 Millionen Mark. Die Wollwaarenindustrie, hauptsächlich vertreten durch die Firmen Heinrich Barthel, C- Caspar, R. Hoppe,P. E. Klvpsel Fritz Oclzner fun., Hermann Preßprich und Emil Rönsch, beschäftigt in und um Freiberg über 2000 Personen. Die Fabrikation von Leder und Lederwaaren vertreten in Freiberg die Fabrik feiner Lederwaaren von Adolf Schlegel, die Leder-, Treibriemen- und Militaireffecten-Fabrik von Moritz Stecher, die Lederfabrik von Karl Steher und eine Anzahl bedeutender Gerbereien, darunter die Lehrgerberei der Deutschen Gerberschule. Eine besondere Förderung wird die Gerberiudustrie erkalten durch die im Gange befindliche Er richtung einer „Deutschen Versuchsanstalt für die Lederindustrie", der ersten derartigen Anstalr im deut schen Reiche. Weiter sind zu nennen die Bürsten- und Pinselfadrik der Gebrüder Streubel, die Bleckwaarrn- fabrik und VcrzinnungSanstalt von Paul Bachmann, die Fabrik pneumatischer Maschinen von Wilh. Göhler's Wittwe, die Cementsteinfabrik von F. Gerstenberger, die Holzwaarenfadri k von G. H. Kornetzky, die Fabrik photographischer Bedarfsartikel von Kratzsch L Ull- maun, die Bandagenfabrik von Gebrüder Weiße und die Da men mäntelfabrik en vou Wckh. Fischer, Richard Patzig, Schneider <L Hautz und Karl Seidel. Ten alten Ruf des „Freiberger Bieres" wahrt das aus der Braugenosseu- Feirrlletsn. Ein verdächtiger Fall. Von W. Pett Nida«-*) NaLtruck verboten. „Sehen Sie, meine Liebe", sagte die alte Baronin vou Nendal, „meine Ansicht ist die: es kann auf keinen Fall etwas schaden, wenn Sie Erkundigungen einziehen." „Nein, schaden kann eS nichts", antwortete die junge Frau Bankdirector Werner, noch immer etwas unschlüssig. „Ich meine, jede Frau in Ihrer Lage sollte das thun. ES ist übrigens gar nicht theuer, wissen Sie, und ich kann Ihnen eine gute Adresse geben." „O, bemühen Sie sich nicht, Frau Baronin . . ." „Aber eS ist ja gar keine Mühe. WaS mich haupt sächlich beunruhigt, ist, daß Ihr Mann an der Börse zu tbun hat, und ick habe von Börsianern Sachen gehört, — Sachen, liebes Kind, die ich mich schämen würde, nach- zuerzäblen!" Die junge Frau dachte, wenn dem so wäre, dann müßte eS ja wirklich sehr schlimm sein; aber sie sagte nichts. „Und wenn nichts dabei entdeckt wird, — denken Sie nur, wir beruhigend eS ist, Sicherheit zu haben. Wenn aber wirklich etwas nicht in Ordnung sein sollte, dann brauchen Sie mich nur rufen zu lassen, mein Kind, und ich würde sehr glücklich sein, Ihnen ein Beistand sein zu können." DaS Ergebniß dieser Unterhaltung war, daß die junge Frau Werner vierzehn Tage später den Privatdetektiv Mr. Sniffler bei sich erwartete, dir ihr seine Entdeckungen mittheilen sollte. Sie hatte während der ganzen letzten Zeit ihren Gatten ängstlich beobachtet. Zwar wollte sie ihm nicht Unrecht thun, und er gab ihr wirtlich keinen direkten Grund, an seiner ehelichen Treue zu zweifeln, aber sie wußte zu gut, wie oft der Schein trügt und — „Ein Herr wünscht die gnädige Frau zu sprechen", unterbrach sie jetzt der Diener. „Seinen Namen wollt« er nicht sagen." „Lassen Sie den Herrn eintreten." Mr. Sniffler betrat da« Gemach in einer Haltung, der man ansab, daß ihr Träger um jeden Preis den Gentleman herauSreißen wollte. DaS gelang ihm aber herzlich schlecht, denn anstatt auf einem Sessel Platz zu nehmen, wozu ihn die zitternde junge Frau durch eine Bewegung auffordtrtk, legte er seinen Hut unter ein Tischchen und stellte da» rechte Bein auf eine Fußbank. „Ich bringe di« Photographien, gnädige Frau, die Sie bestellt haben . . ." Er warf «inen bedeutsamen Blick auf den vrrschwindenden Diener und fuhr Mit et» hobener Stimme fort: „Der Preis stellt sich etwas höher, als ich calculirt hatte " Hierauf ging er auf den Z«henspitzen Nach de» ThÜr, die er sorgfältig schloß. „Ich dank« Jhn«n, Mr. Sniffler", sagte di« jung« Frau, die s«in Tbun etwas «inastlich verfolgt hatte. „Aber, bitte Sie, gnädig« Frau, sprechen Sie doch nicht von Danil Dies« Dienstdsten find »«flucht neugierig und *) Aatorifirt« U»b«rf«tziwg. hören Alles, WaS sie nicht sollen. Wenn Sie wüßten, wie viel Informationen wir durch Dienstboten erhalten, Sie würden tarr sein, einfach starr!" „WaS für Neuigkeiten bringen Sie?" fragte Nelly Werner, die zur Sache zu kommen wünschte. Der Detektiv räusperte sich geräuschvoll, nahm sein Notiz buch auS der Tasche und sagte mit emporgezogcnen Brauen: „Ich muß Ihnen zu meinem großen Bedauern mittbeilen, gnädige Frau, daß ich höchst gravirende Dinge in Erfahrung gebracht habe." „Ueber meinen Gatten!" Murmelte die junge Frau tonlos. „Ueber Ihren Gatten, jawohl," bestätigte Mr. Sniffler nickend. „Ich werde vom Anfang an beginnen . . . Sie heiratheten Herrn Brown — der Einfachheit halber nenne ich ihn schlechtweg Brown — am 25. Juni vorigen Jahres und wurden in der Frauenkirche getraut." „Ja, ja, daS weiß ich . . „Gut", sagte der Detektiv und strich dieses Ergebniß gewissenhaft als erledigt in feinem Notizbuch auS, dann fuhr er fort: „Herr Brown geht an die Börse, sein Bureau ist Schottenstraße 33. Er hat viele Freunde, von denen er mit dem Spitznamen „der noble Henry" titulirt wird. Es ist mir leider nicht gelungen", setzte Herr Sniffler bedauernd hinzu, „herauSzubekommen, warum Herr Brown der noble Henry genannt wird." „Bitte weiter", drängte die junge Frau und entnahm einer auf dem Tische stehenden Jardinckre einige Margueriten, die sie nervös zerpflückte. „Es wäre sehr schwierig gewesen", fuhr der Detektiv fort, „etwa- über Herrn Brown'S Privatleben zu erfahren, wenn mir Nicht ein besonders glücklicher Zufall zu Hilfe gekommen wäre. Ich habe Alles genau notirt und wenn Sie gestatten, gnädige Frau, werde ich eS Ihnen der Reihe nach vorlesen. Wie ich es erfuhr, ist ja glrichgiltig für Sie, nicht wahr? — genuZ, daß ich eS erfahren habe." Sie nickte hastig, und Herr Sniffler la-, nachdem «r sich abermals vernehmlich geräuspert hatte: „Er ist-att verschiedenen Vergnügungsottrn mit einer jungen Person gesehen worden. Diese junge Dame hat ihn jedoch niemals im Comptoir besucht, aber mein Gewährs mann kennt sie von Ansehen. Sie ist recht hübsch, blond, von zierlicher, schlanker Gestalt und hat ein sehr lustige-, zutrauliches Wesen. Einmal —" „Entschuldigen Sie, wrnn ich Sir bitte abzubrechen, Herr Sniffler —" „O, ich habe noch viel Mehr, gnädige Frau", wandte der eifrige Detektiv ein. „Aber ich kann eS nicht mit anhören", erklärte die junge Frau leidenschaftlich, und warf das Bündel zerknüllter Blumen in das Feuer. „Schrecken Sie mir bitte, Ihre Informationen ab und geben Sie mir sie dann zu lesen." „Gewiß, gnädige grau." „Schreiben Sie alle die schrecklichen Dinge, die Sir er forscht haben, genau auf, lassen Sie nicht- au- und bemänteln Si« nichts!" „I, wo werd' ich denn", entgegnete der Detektiv förmlich beleidig», baß Man ihm sd etwas zuttaute. „Ich werde batikt die Sache unverzüglich meinem Rechts anwalt übergeben . . ." I „Hm, — wenn es Ihnen paßt, gnädige Frau, werde ich Ihnen daS Ding gleich hier abschreiben." Die junge Frau fübrte ihn in daS anstoßende Zimmer, gab ihm Feder und Schreibzeug und ging in ihr Zimmer zurück, um sick dort in die Sophaecke zu werfen und tüchtig auszuweinen. Daran wurde sie aber durch den Eintritt ihre- Galten unterbrochen, der mit einem fröhlichen „Guten Abend" unerwarteter Weise daS halbdunkle Zimmer betrat. „Es ist ein ganz langweiliger Geschäftstag heute",' sagte er gut gelaunt, „darum komme ich so früh zurück. Weißt Du^ Herz, ich dachte, wir könnten vielleicht etwas früher essen und dann noch ein wenig auSgehen." Sie antwortete nicht. „Hast Dn Besuch gehabt?" Keine Antwort. Nun drehte er das elektrische Lickt auf und sah bei dessen Schein erst, daß seine kleine Frau finster vor sich hinstarrte, ohne ihn anzusehen. Er beobachtete sie eine Weile schweigend. „Henry", sagte sie plötzlich mit sichtlicher Anstrengung, „ich — ich — habe beute Kenntniß erhalten von dem — doppelseitigen Leben, das Du seit unserer Heirath führst. Ich hörte von Theaterbesuchen mit einer —" „Wer hat es gewagt, Dir daS zu hinterbringen?" fuhr Werner auf. „Deine Heftigkeit nützt Dir nichts", antwortete sie ver geblich nach Ruhe ringend; „es kommt mir nur darauf an: ob eS wahr ist." Er wandte sich ab und sah ins Kaminfcuer. Aber an der ruckenden Bewegung seiner Schultern konnte sie sehen, daß er sich in großer Aufregung befand. „Es ist wahr", sagte er endlich reumütbig. „ES ist Alles wahr, Nelly. Verzeih mir, wenn Du kannst. Vergiß daS Vergangene und versuche, mir zu vergeben." „Das werde ich nie thun, Henry; und ich dank« dem Himmel —" „Wem dankst Du?" fragte er. „Ick danke dem Himmel", wiederholte sie scharf, „daß ick Diu) so bald in Deiner wahren Gestalt kennen lerne; wäre eS nicht die gute Baronin Rendal gewesen —" „Ah, also die Baronin Rendal war eS?" „Ja, und ich werde eS ihr nie vergessen". „Ich auch nicht", murmelte Werner ingrimmig in sich hinein. . „Ich hatte nie geglaubt, Henry, daß Du so schamlos sein könntest," stammelte die junge Frau, mit ihren Thräurn kämpfend. Er tbat einen Schritt aus sie zu, besann sich aber, blieb am Feuer stehen und sagte trotzig: „Ja, Nelly, nun sind Dir ja die Augen geöffnet. Aber — wie bast Du es denn herauSbckommen?" Sie batte ihre Selbstbeherrschung wirdergefunden und sagte ruhig, fast stolz: „Dir daS zu erklären, halte ich nicht für nöthig. Laß «S Dir genug sein zu wissen, daß Du mich für den Rest meine- Leben- unglücklich gemacht hast." „Stimmt," antwortete Werner düster. Nelly stand auf und ging nach der Thür; die Thrätten stürzten ihr von Neuem auS den Augen als sie sagte: „Ich werde alle- Nöthig« sofort veranlassen, so daß wir unS nie —" , . . „Da fällt mir eben ein", sagte Herr Sniffler, der rn diesem Augenblick wieder in das Zimmer trat, „daß man mir dieses Schriftstück hier gegeben hat, damit ich es Ihnen, gnädig« Frau, uneröffnet zustellte. Aber geben Sie eS mir, bitte, wieder zurück, dcun wie mein Gewährsmann versichert, soll eS an die junge Person gerichtet sei«, von der wir vor hin sprachen." Dabei übergab er der jungen Frau einen Brief, auf dessen Adresse sie sofort ihres Galten Schrift erkannte. Mit zitternder Hand riß sie den Umschlag auf und flog das Schreiben durch. „Na, Sniffler", sagte Werner inzwischen cordial, „wie geht's? Kommt dir Sache gut vorwärts, waS?" „Seien Sie doch rubig!" flüsterte der Detektiv verlegen. „Haben Sie gute Auskünfte bekommen?" „Pst!" wiederholte der Detektiv, den Finger auf den Munv legend, in wahrer Todesangst. „Sie haben wohl harte Arbeit gehabt, WaS? Kein Spaß, Privatdetektiv zu sein!" „Donnerwetter", brach Sniffler jetzt loS, „können Sie denn nicht Ihren Mund hallen? Warum müssen Sie denn grade jetzt Herkommen? Haben Sie keine Angst, daß der Herr Sie abfaffen könnte?" „Ach, daraus mache ich mir nichts", erklärte Werner sorglos. „Ich muß Ihnen da- wohl erklären, gnädige Frau", begann der Detektiv näher tretend, indem er auf Werner deutete. „Dieser Herr ist, wie Sie ja wohl wissen, Herrn Brown'S Cassirer. Er gab mir all bit Informationen und auch bett Brief. Ich glaubt, wir sind dem Herrn für seine freundliche Hilfe zu großem Dank verpflichtet und —" Er stockte erstaunt, denn im nächsten Augenblick ließ die junge Frau den Brief zur Erde fallen und warf sick mit einem schluchzenden Aufschrei ihrem Gatten an die Brust. Herr Schniffler beeilte sich, den Brief aufzuheben, und las bas Folgende: „Mein aeliebt«- Frauchen! Du bist doch wirklich eine verdrehte kleine Person, daß Du an meiner Treue zweifeln kannst! Ich versichere Dich, daß Du auf Niemand eifersüchtig ju sein brauchst. Ich selber gab Sniffler all da- scheinbar« Belastungsmaterial; di« hübsch«, junge Dame, mit der man mich öfter gtsetzru hat, bist natürlich Dull Verstehst Du? — Dein »rtutr Henry." „Ja — aber/ wandte der Detektiv sehr betreten ein, „Sie sagten doch, daß Sie Herrn Wettter'S erster Cassirer und seine Vertrauen-Person seien?" „Bitt ich auch," antwortete der junge Ehemann, „denn ich führe meine Lasse selbst und vertraue nur mir allein und — meiner Frau". Dabei strich er liebkosend über Nelly's weiches, blondes Haar. „Die Sache ist die," murmelte der Detektiv, seinen Hut suchend, „wo bleibt ich denn jetzt"? Die junge Frau griff in »hrt Tasche. „Nein, mein Schatz," sagte ihr Gatte, „das laß mich erledigen. Ich habe ja da- Vergnügen von der Sache gehabt. WaS aber die Baronin Rendal anlangt, — die soll meine Meinung zu Horen bekommen, wenn sie daS nächste Mal hitrherkommt." „Und meine ab«r auchl" stimmt» die jnttg« Fran leb haft bei. I
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite