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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 14.07.1897
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1897-07-14
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18970714018
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1897071401
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1897071401
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1897
- Monat1897-07
- Tag1897-07-14
- Monat1897-07
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81»» :: :" Volkswirthschastlicher Theil des Leipziger Tageblattes. Alle für diesen Theil bestimmten Sendungen sind zu richt« « den derantwortlich« Redakteur desselben C. G. Laue in Leipzig. — Sprechzeit: nur von 10—11 Uhr vorn», und von 1—8 Uhr Nach«, - Telegramme. * Berlin, l3. Juli. Die „Voss. Ztg." rrsährt: Der Handels minister richtete eine Anfrage an die Nettesten der Kaufmann schaft, ob es nicht zweckmäßig sei, eine Versammlung der Mitglieder der Produktenbörse einzuberusen, um Sachverständige zu ernennen, die an der Börse unter Aussicht des Staats- commissarS die Getreiden otirungen feststellrn. Es verlautet, die Nettesten würden antworten, daß dir Regierung erst eine Grundlage der Herstellung einer Produktenbörse geben müsse, bevor die Preisfeststellung in Frage komme. Die Angelegenheit werdr am Donnerstag in dem Verein der Getreide- und Productenhäudler und am Freitag oder Sonnabend im Aellestrn-Collcgium zur Be« rathiing kommen. IV. Danzig, 13. Juli. (Privat-Telegramm.) Das russische Navhlhasyndical errichtet in Danzig und in anderen Seestädten größere Petroleum Niederlagen, um in einen scharfen Co»« currenzkampf mit dein amerikanischen Petroleum zu treten. Letztere» wird hier in gewaltigen Mengen durch die Königsberger Handels compagnie, welche bei Legau drei große Bassins besitzt, auf mäch tigen eisernen Tankdampsern direcl aus Amerika eingeführt. - Benthcn, 13. Juli. Das Südseld der Karstencentrum- grube ist gestern Abend ersoffen. Die Rettungsarbeiten wurden sofort mit allen Kräften ausgenommen, ein erheblicher Theil der Belegschaft ist vorläufig arbeitslos. (Voss. Ztg.) * Kopenhagen, 13. Juli. Die Nationalbank fetzt von morgen ab den Wechseldiscont und LombardzinSsuß auf 4 bezw. 4'/, Proc. herab. * Bukarest, 13. Juli. Tie Gesellschaft Etoile Roumaine hat auf ihrem Pctroleumterrain eine Rohölspringquelle erbohrt. * Lissabon, 13. Juli. (Reuter'jchks Bureau.) Dem Plane zur Converiirung der äußeren Schuld zufolge werden die in Gold zahlbaren Zinsen der neuen Schuldverschreibungen nicht höher sein als die durch das Gesetz vom 20. Mai 1893 festgesetzten. Der Artikel 10 des Gesetzes vom 26. Februar 1892 wird aufrecht er halten. Es sollen von der neuen Anleihe genügende Schuldver schreibungen ausgegeben werden, nm die Kosten der Convertirung zu Lecken, doch werden dieselben den vollen Nennwerth der conver- tirteu Schuldverschreibungen nicht übersteigen. Die Abschlußsrist für die Convertirung ist gemäß Artikel 4 des Erlasses vom 13. Juni 1892 und des Artikels 1 des Gesetzes vom 20. Mai 1893 aus 3 Monate, nämlich bis zum 1. Tecember 1897, verlängert worden. systematische Übersicht -er 1886er Gcsammtresultatc -er an -er Berliner Börse notirten Tlvidcn-cnwcrthe. (Nachdruck verboten.) L. Jndustriewerthe. vr. ck. Wie wir in Sir. 3ö1 die Gejammtresultate der in Berlin cotirten Banken gegeben haben, wenden wir uns den anderen Kate gorien zu, da die Beurtheilung der Marktlage derselben Gruppe angehöriger Papiere durch Rückblicke auf die Ergebnisse der Vorjahre ungemein erleichtert wird. In der Kategorie der Eisenwerthe sind 45 Vertreter vor- banden, in Folge des Hinzutritts der neu geführten Eisen- und Stahlwerke Hösch, ActiengejeUjchaft, ein Mehr von 1 gegen 1895, in welchem Jahr ebenfalls eine Zunahme von I Gesellschaft gegen 1894 (Actien - Gesellschaft für Montan - Industrie) zu ver zeichnen war. Mit Ausnahme der Alpinen Montangesellschaft (30 Millionen Gulden Aktienkapital) haben wir cs durchwegs mit deutschen Unternehmungen zu thun, die insgesammt ein Nominalcapital von 204 Millionen Mark besitzen und hierauf, wieder mit Ausschluß der Oesterreicherin, 286 Proc. oder 6'/, Proc. ^verdienten gegen 4V, bezw. 3'/, Durchjchnittsrente in dcu Vorjahren, gewiß ein erfreuliches Resultat. Maximaldividenden wurden s, 15 Proc. ausgesprochen von: Schalter Gruben, Bismarck hütte und Schulz Knaudt (7'/„ 9 und 12'/,), die kleinste erhielt das Stammactiencapital der Friedrich-Wilhelm-Hütte, während 8 Ge- sellschaften (12) leer ausgingen und hierunter wiederum 4 (6) mit Betriebsdeficiten. Zu den Bergwerksunternehmungen, die nicht nach Kohle schürfen, zählen wir wie in den Vorjahren 9, die zwar alle in Deutschland ihren Sitz haben, von denen aber da- Harkortsche Unternehmen thatfächlich ein ungarisches ist. An Stamm- und Vorzugsaktien besitzen diese Werke ein Capital von 74 Millionen Mark, woraus insgesammt nur 36 Proc. verdient wurden oder 4 Proc. im Durchschnitt gegen 2»/, Proc. bezw. 4,4 Proc. in den beiden Vorjahren. Den ersten Platz nahmen wie in den Vorjahren die Schlesischen Zinkhütten ein, 11 Proc., den letzten Märkisch- Westfälische, 1 Proc., während Mechernich und Rheinisch-Nassau wie seit Jahren leer ausgehen. Bei den reinen Steinkohlenbergwerken ist 1895 die Zahl durch die Neuemission der den Gewerkschaftscharakter abgestreiften Königsborn und Bliesenbach bezw. neugegründeten Dresdner Gesell schaft aus 26 gestiegen, die aber jetzt durch Ausscheiden der Dort munder Bergbau-Gesellschaft Weitmar auf 25 sich reducirte mit einem Actiencapital von 252 Millionen Mark (244) und mit einer Durchschnittsdividcnde von 10 Proc. (8). An erster Stelle steht nun schon seit Jahren Arcnberg mit 50 Proc. (40 und 35), dann folgt die Magdeburger mit 28'/n (25 und 13), den Schluß bilden Apler- bccker mit 2'/, Proc. (5), während 3 (4) ohne Gewinn arbeiteten. Während die 25 Steinkohlenbergwerke völlig deutsche sind, finden wir unter den 14 (15) Braunkohlenwerken 2 Ausländer, Brüxer und Duxer, die ein Actiencapital von 9,2 Millionen Gulden rrprä- sentiren und hierauf 17 Proc. bezw. 10 Proc. Dividende decla- rirten; mit dem etwa 40 Millionen Mark betragenden Gesammt- capital der deutschen Braunkohlengruben wurden circa 6 Proc. verdient gegen 5'/, bezw. 4'/, Proc. in den Vorjahren. Unter ihnen nehmen wie im Vorjahre Riebeck mit 10'/, Proc. (10) die erste, Greppiner mit 4'/, Proc. die letzte Stelle ein. Gehen wir zu den Brauereien über, so finden wir unter den Berliner Bayerisch-Bierbrauercien 17 Vertreter (16 und 15) mit einem Actien« capital von 46'/, Millionen Mark, woraus an Gesammtdividende 132 Proc. (111), an DurchschnittsdividenLe 7'/, Proc. (7) vertheilt wurden. Die größte Dividende vertheilte wie im Vorjahre Schult heiß 16 (14), die kleinste Moabit mit 5'/, Proc. (4'/,), während Friedrichshain leer ausgina. Die vier alten Weißbierbrauereirn Berlins haben mit einer Ausnahme wiederum gut gewirthschaftet und bei etwa 4'/« Millionen Mark Capital durchschnittlich 7'/, Proc. (8) verdient, darunter Landrs wir im Vorjahre mit 13 Proc. Bei den auswärtigen Brauereien ist in der Zahl der Vertreter, 32, keine Veränderung eingetreten, daS werbende Capital beträgt 55 Millionen Mark. Unter Ausschluß einer Brauerei, derOberschlesischen, worüberdie „Börsen-Werthe" kein« Auskunft ertheile», wurde von 31 Gesellschaften durchschnittlich 11'/, Proc. (10'/,) verdient und zwar führte wie seit Jahren die Dortmunder mit 26*/, Proc., den Schluß bilden Nürnberg und Brauhaus Nürnberg mit je 4 Proc. Den größten Umsatz haben: Schultheiß.1896 478 476 bl (gegen 1895 426 892 bl), Böhmische» BrauhauS 208 763 bl (184 088), Dresdner Waldschlößchen 187 144 bl (179 425), Riebeck-Leipzig 182 254 bl (187 828), Schöneberg, Schloß 181 815 bl (156 785), Wicküler Brauerei 172 724 bl (159 313), Patzenhofer 159 304 KI (139045), Dortmunder Union 159001 kl (155 373), Frankfurter Brauerei 152161 bl (139 020), Lindener Brauerei 132 785 bl (l18 3!3), Dortmunder Actien ? bl (115 567), Reichelbräu 116 287 bl (113 476), Spandauer 108 597 dl (103 390), Unionsbrauerei 102191 bl (88 889). Alle anderen Brauereien hatten einen geringeren Absatz als 100000 KI jährlich, und zwar herab bis zum Minimalabsatz von Gericke Weißbier mit 23561 bl. Auch die Terrain- und Baugrsellschaften haben zwei neue Vertreter erhalten und zählen jetzt an 30 Namen; sie erarbeiteten, wenn wir die in Liquidation befindlichen auSschließen, ebenso die zwei Neugründungen, durchschnittlich etwa 3'/, Proc. (4 Proc.) Dividend«; die Moximaldividende wurde von der Berliner Crmrntbau 12 Proc. (12), die kleinste von der Magdeburger Baubank 1 Proc. (0) aus gesprochen, sieben gingen leer au-, zwei arbeiteten mit Unterbilanz. Gehen wir zur Beleuchtung--, Waffrr-unbElektricität-- brauche über, so finden wir durch den Einfluß der GaSglühlicht- gesrllschast eine hohe Durchschnittsoividrnde, und zwar 18 Gesell- schasteu (16) mit durchschnittlich 13'/, Proc. <16) Dividende, wobei die Gasglühlichtgesellschaft mit 100 Proc. (130) führt und die Deutschen Wasserwerke mit 5 Proc. (5) schließen; an Arbeit-capital stehen 153 Millionen Mark zur Verfügung. Eine gleiche Immunität gegen Dividendenlosigkeit zeigen dir 18 (18) Repräsentanten der Cement-, Asphalt- und Chamotte-Jndustrie, die bei 44 Millionen Mark Capital durchschnittlich 9,4 Proc. (7'/,) er arbeiteten, wobei dir Stettin-Vredower mit 17 Proc. (16) führt und die Düsseldorfer Lhamotte mit 1'/, Proc. (3) schließt. Die Chemische Industrie und Kaliwerke zeigen 29 Ber- treter (27), darunter zwei Zuzügler im Jahre 1896 und drei im Jahre 1895; di« gewaltig ausblührnd» Branche hat jetzt di» statt lich« Summ« von 148 Millionen Mark zur Verfügung und ver- theilt hiernach 8'/, Proc. (8'/,) Durchschnitt-dividendr, und zwar maximalit«r Höchster Farbwerke 28 Proc. (28) und minimalster Inowrazlaw 1'/, Proc. (2'/^, während Anglo-Guano leer aus- gingen. Dir Summifabriken, 8 (8) an der Zahl, mit 13 Mil- lionen Mark Brtrirb-capital haben durchschnittlich 9'/, Proc. (9) verdient, darunter Harburg 29 Proc. (22), und dir 10 Vertreter der Metali-Jndustrie gaben aus ihre 26 Millionen Mark 7 Proc. (7'/,), obgleich Neufeld, Schaeffer L Walker, Gladenbach und Stob- wasser leer ausgingen. Die nächste znsammenfaßbare Kategorie ist di« Textilindustrie. Sie zählt gegen da» Vorjahr unverändert 33 Vertreter mit einem Nominalactiencapital von 81'/, Millionen Mark, mithin durch schnittlich 2'/, Millionen Mark Betrirbscapital pro Fabrik, wvbei die Acticn-Gesellschast für schlesische Leinenindustrie mit 7'/, Millionen Mark sührt und die Eilenburger Kattun- und Tuchsabrik Langen salza mit je 900 000 ./l schließe». Abstrahirt mau von der Hagener Textilindustrie, dann ergirbt sich für die 32 Repräsentanten ein Totalergebniß von 252'/, Proc. gleich 8 Proc. (7,5 und 5), wobei die Maximaldividenden von der Concordia mit 16 Proc. (18) und Braunschweiger Jute 15Proc.(12), die kleinste von Leinengarn Röhr»« dorf mit 2 Proc. (0) ausgesprochen wurden und Eilenburger leer ausgingen. Die Maschinen- und Eisenbahnbedarssartikel-Branche hat auf dem Berliner CourSzrttel wie im Vorjahr 50 Vertreter, die zusammen 100 Millionen Mark Actiencapital repräsentiren, wobei der Stettiner Lulcan mit 8 Millionen Mark an der Spitze steht und Sudenburg mit 840 000 am anderen Ende stehen. Während die Durchjchnittsdividende 1894 7 Proc., 1895 8*/, Proc. betrug, stieg sie 1896 aus 9,2 Proc., trotzdem wiederum 5 (9) Unter nehmungen ihren Actionairen ein dividendenIoscS Jahr ansagrn mußten. Die Hallesche Maschinenfabrik sprach wie im Vorjahr die größte Dividende aus, 40 Proc. (32), während Eckert k Kapler mit je 1'/, Proc. schlossen. Zu den an Bedeutung stetig wachsenden Trans port- und Aufbewahrungs-Gesellschaften gesellte sich im Berichts jahre kein neues Institut, wodurch die Vertreterzahl von 43, darunter die beiden Ausländer: Donau-Dampfschifffahrt und La Veloce, unver ändert blieb. Abstrahirt man von diesen beiden, die 25 Mill. Gulden bezw. 13 Millionen Lire Actiencapital repräsentiren, so haben wir es mit einer Capitalsanlage von 237 Millionen Mark zu thun, wovon 105,4 Millionen Mark auf die Hochseeschifffahrt, 16 Millionen Mark aus die Flußschifffahrt, 101 Millionen Mark auf Kleinbahnen und Straßenbahnen und der Rest auf Omnibus und Speicher entfällt. Tie grüßte Dividende sprach die Berliner Packetfahrt mit 20 Vroe. (25) aus, die kleinste die Kette mit 1 Proc. Der letzte Rest der Jndustriewerthe, der in Kategorien nicht getheilt werden kann, umfaßt nach den „Börfen-Werthen" wie im Vorjahre 66 Actien-Gejellschaften. Stellt man bei 2 Gesellschaften, deren 189697er Resultat noch nicht bekannt ist, den vorjährigen Gewinn ein, so erhalten wir, trotz 7 dividendenloser Gesellschaften, einen Totalgewinn von 530 Proc. oder durchschnittlich 8 Proc., darunter Tredertrocknung mit 50 Proc., ein Beweis, daß auch diese heterogene Masse im Berichtsjahre nicht schlecht abschloß. Zur russischen Währungsreform. (Fortsetzung.) 8p. „Eine allmähliche Urbereinstimmung des WertheS der Assignaten und des SilbcrgeldeS von dem allmählichen Steigen des Papiergrldwerthes erwarten, heißt sich zu einer jahrzehntelangen Dauer der Werthschwankungen und Werthunsicherheit verurtheilen, unter welcher wir gegenwärtig leiden." Diese Worte des Grafen Speranski in seiner Denkschrift vom Jahre 1835 treffen auch für die gegenwärtige Situation zu, wenn wir an Stelle der „Assignaten" und Les „SilbcrgeldeS" Reichscreditbillrte und Gold setzen. In unserem früheren Aussatze (vergl. Nr. 338 diese- Blattes) glauben wir den Nachweis erbracht zu haben, daß nur die Einlösbarkeit der Creditbillete in Goldmünzen zu dem jetzt gütigen Werth- Verhältnisse von 1,50 Rbl. Credit gegen 1 Rbl. Gold, also unter Anerkennung der Lntwerthuiig des Papiergelde», die Grundlage einrr gesunden Reform der russischen Währungsverhältnisse bilden kann. Diese Begründung auf der Goldvaluta ist nothwendig im Hinblick auf den interuationalrn Verkehr, in dem dir Cours schwankungen des Crrditrubels bisher naturgemäß entstanden sind und weiter entstehen werden, wenn nicht ein festes Fundament für Las Creditgrld geschaffen wird. Auch in andere» Beziehungen fordert die gegenwärtige Reform zu einem Vergleiche mit der Reform des Papiergeldwesens unter Gras Kaukrin und Speranski in den Jahren 1839—43 heraus. Wenn von den Gegnern des Witte'schen Währungsprojectes behauptet wird, daß die auf der Devalvation der Assignaten fußende Reform Kaukrins für die wesentlich gebesserten Verhältnisse der russischen Finanzen heute nicht mehr maßgebend sein könne, so ist nicht zu vergessen, daß damals das EinlösungSverhältniß nur 3,50:1 betrug, heute auf 1,50:1 festgesetzt ist! — Wie aber wurde nun die Kaukrin'sche Währungsreform durchgesührt? Die Einlösung der Assignaten sand im Wesentlichen nicht unmittelbar in Silbergeld, sondern in ReichScreditbilleten statt, welche ihrerseits jeder Zeit in klingender Münze einlösbar sein sollten. Dieser Umstand dürfte die Reform wesentlich erleichtert haben bei einem Publicum, dem der Verkehr mit Papiergeld unentbehrlich war. Allerdings war bei Einleitung der Reform (mit dem UkaS vom 1. Juli 1839) auch die unmittelbare Einwechselung in Silbergeld (bis zu 100 Rubeln) vor gesehen; ferner wurden von der Staatskasse für hinterlegte Silber münzen DeposstenbilletS mit unbeschränkter gesetzlicher Zahlungskraft au-gegeben. Solche Maßregeln werden auch bei der Einführung der heutigen Reform versucht. Aber auch heute tritt die Schwierigkeit, Metallgeld durch Umtausch gegen die Creditbillets in den Verkehr Ku bringen, in erhöhtem Grade hervor. Es ist nun einmal eine That- sache, mit der die russische Finanzleituug rechnen muß: Die neue Währung-münze, der Goldrubel, dessen Jnverkehrsetzung angestrebt wird, findet im Verkehr keine willigen Abnehmer. Dies mag bei den Imperials, die mit einem Agio von 50 Procent gegenüber ihrem Nominalwerthe anzunehmen waren, nicht verwundern. Es scheint aber, daß auch die neu ausgeprägten Goldrubel mit ihrer dem jetzigen Course entsprechenden Werlhbezeichnung zunächst keine Ausnahme im Verkehre in irgend erheblichem Umfange finden werden. DaS Publicum will nun einmal die Gold münzen nicht haben. Diese ausfallende Erscheinung findet ihre Erklärung, abgesehen von der Macht der Gewohnheit, in dem effectiv bestehenden Bedürfnisse nach leicht transportablen Papiergeldzeichen, namentlich in größeren Abschnitten; ein Bedürfniß, das in anderen Culturländrrn hauptsächlich durch die Noten der Centralbanken be- friedigt wird, in Rußland aber besonders stark hervortritt bei unge- nügender Entwickelung des Credit- und Bankwesens mangel- eines Postanweisungsverkehrs (neuerdings erst wurden Sendungen bi» zu 100 Rbl. zugelassen), bei der enormen Ausdehnung und geringen Bevölkerung de-Reichsgebietes. Die Reichscreditbillete haben bisher diese- Brdürsniß befriedigt, und man wird sie auch in Zukunft zum größten Thrile nicht au- dem Verkehre ziehen können, ohne diesen zu vergewaltigen. Es hat sich demgemäß seit der Verfügung vom 8. August 1896, welche der Reichsbank den An- und Verkauf von Goldmünzen zu dem festgesetzten Courje von 10 Rbl. Gold gegen 15 Rbl. Credit vorschrieb, herausgestellt, daß die Goldmünzen in den Lassen der Reichsbank verbleiben oder nach kurzem Umlauf wieder zu ihr zurückkehren. Die- dürste sich auch nicht wesentlich ändern, wenn einmal, dem Witte'schen Gesetzentwurf zufolge, Goldrubel mit ent sprechend geringerem Feingehalte zu 10 und 5 Rbl. au-gegeben würden. So lange die Währungsreform neu und in ihrem Erfolge zweifelhaft ist, wird di« goldene Währung-münze nicht so leicht im Inland« Nehmer finden. Dagegen dürsten die ausländischen Vrr- kehrSträgrr den russischen Goldrubel bereitwillig oufnehmen, sobald nur der gesetzliche Bestand der Währungsreform gesichert ist. Bedeutung-voller al- di« bisherig« Abneigung der russischen Geschäftswelt gegen oll« Goldmünzen erscheint die Wiederherstellung der Circulation von Silbergeld, die neuerdings von der Finanz- Verwaltung mit Erfolg betrieben wird. Ter Silverrubel, der seinem Metallwerthe nach im Jahre 1893 niedriger al- der Papirrrubel (75B Kopeken) bewerthet werden mußte, ist in der officiellen LourS- notirung seit etwa Jahresfrist wieder dem Creditrubrl gleichgestellt worden. Au- der Prägung und Jnverkehrsetzung von Silbermünzrn kann daher dir Regierung einen erheblichen Gewinn ziehen. Der Silberrubel und die kleineren Silbermünzrn sollen dem WährungS- projecte zufolge al- Thrilmünzen für den kleineren Verkehr dienen, deren Annahme unter Privaten nur bi- zum Betrage von 50 Rubeln geboten ist. Unter diesen Verhältnissen hat dir russische Finonzvrrwaltung in den Jahren 1895 96 für 7 Mil- lionen Pfd. Sterl. in London Silber ankaufen und daraus schon 43 Millionen Rubel in Silbermünzrn prägen lassen. Der Finanz minister berichtet, daß „der Silberrubel von der Bevölkerung gern angenommen wird und für die kleineren Zahlungen »ine große Be deutung gewinnt, indem gleichzeitig die Creditbillete kleinerer Ab schnitte au- dem Verkehre gezogen werden können". Diese Erscheinung ist an sich eine höchst erfreuliche. Es ist zu wünschen, daß die Silbrrmünzen wieder vollständig drä kleineren Berkehr be herrschen, während der größere Berkehr zunächst noch von den Creditbillete» getragen werden könnte. Die Summe der Credit billete in kleineren Abschnitten (von 1, 3 und 5 Rubeln) beträgt an 402 Millionen Rubel, ist also im Vergleich zu der 1121 Millionen Rubel betragenden Gesammtsuinme derselben eine sehr erhebliche. Gerade bei den kleineren Summen zeigt aber der Berkehr mit Creditgrld die erheblichsten Mißstände. Durch den jetzt wieder aus genommene» Verkehr mit Silberrubeln gewöhnt sich das Publicum an die Metallgeldcirculation überhaupt. Es ist auch anzunehmen, daß wenn erst die Silbrrmünzen wieder den Kleinvrrkehr beherrschen und die kleinen Noten aus dem Verkehr gezogen sind, auch das Bedürfniß nach Goldmünzen zu 5 und 10 Rubeln sich ein stellen wird. Indessen muß gegenüber den starken Silberprägungen der letzten Zeit hingewiejen werden auf die Nothwendigkeit einer bestimmten Begrenzung der im Verkehre zulässigen Quantität an Silbermünzen. Durch Überschreitung dieser Grenze würde die Grundlage des neuen Währungssystems gefährdet werden. Nur der Goldrubel kann die beständige Grundlage der Währung bilden, und die Einlösbarkeit der im Verkehre befindlichen Creditbillete in Goldmünzen muß jederzeit gesichert erscheinen. Damit gelangen wir zu der für die Durchführung der Währungs reform entscheidenden Frage der Organisation der Staatsbank. Dieser soll auch in Zukunft die Emission der Creditbillete, die Ver waltung des Deckungssonds und die Einlüjungsoperation obliegen. Die russische Finanzverwaltung verfügt, wie schon erwähnt, gegenwärtig über einen Goldfonds von 804 Millionen Rubel, in Creditvaluta umgerechnet von 1206 Millionen Rubel. Mit diesem Betrage würde die Summe der umlaufenden Creditbillete über Bedarf gedeckt sein. Nach Witte's Entwurf sollen nun dem Ein- lüsungSfonds der Staatsbank speciell 500 Millionen Gold, in neuer Goldwährung auSgedrückt 750 Millionen Rubel, überwiesen werden. Auch dieser Betrag dürfte zunächst zur Deckung der Summe der Creditbillete vollständig ausreichen, vorausgesetzt sogar, daß diese zum größten Theile zur Einlösung präsentirt werden sollten (denn ein Theil der Billete würde im inneren Verkehr durch Silbrrmünzen ersetzt werden). Nach dem Reform - Entwürfe soll die Staatsbank zur Einlösungsbereitschast jeder Zeit einen ausreichenden Goldfonds bewahren; ungedeckt dürfen bis zu 400 Millionen Rubel Creditbillete umlaufen. Hiernach würden, wenn der Staatsbank zur Deckung von 1121 Millionen Rubel Billeten 750 Millionen Goldrubel überwiesen werden, somit 371 Mil lionen Rubel ungedeckt sind, weitere Emissionen von Credit billete» — ohne entsprechende Erhöhung deS Deckungssonds in Gold — nur bis zum Betrage von 29 Millionen erfolgen dürfen. Eine Vermehrung der Umlaufsmittel wird aber bei der rasch auf strebenden wirthschastlichen Entwickelung Rußlands zweifels ohne bald erforderlich werden; ja ein Mangel an Um- laussmitteln hat sich bereits in bedenklicher Weise fühlbar gemacht! Bei dieser Sachlage erscheinen die Bestimmungen des Reform-Entwurfs über den Deckungsfonds der Staatsbank als nicht geeignet, die Einlösbarkeit der Creditbillete in Goldvaluta dauernd zu sichern. Dir Staatsbank dürste bei ihrer gegenwärtigen Organi sation nicht im Stande sein, den Deckungsfonds auf der erforder lichen Höhe zu erhalten und zu ergänzen. Sie würde im Falle einer Handelskrisis, wenn ihre Mittel besonders stark in Anspruch genommen werden, auf die Unterstützung seitens der Staatsbank angewiesen sein. Diese Abhängigkeit der Staatsbank von den all gemeinen Staatsfinanzen kann für die russische Währung auch in Zukunst leicht verhängnißvoll werden. Denn die Trennung der Staatsbank vom Staatsschätze ist lediglich eine formelle. In Wirklichkeit ist die Staatsbank eine Abtheilung des Finanzministerium». Wenn auch der Resorm-Entwurs bestimmt, Laß Emissionen von Staatsbanknoten durch die Staats bank lediglich zu kommerziellen Zwecken, nach Bedürfnissen des Verkehrs, erfolgen und Emissionen auf Rechnung des Staatsschatzes ausgeschlossen sein sollen, so ist doch fraglich, ob gerade diese letztere Bestimmung von der russischen Regierung im Falle eines euro- päischen Krieges oder einer anderweitigen Erschütterung der Staatsfinanzen eingehalten werden k a n u. Ter Deckungssonds der Staatsbank ist immer als ein Reserve-KricgSschatz anzusehen, auf dessen Verwendung im Nothfalle die Regierung gar nicht ver zichten kann. Nun soll aber gerade in kritischen Zeiten die Be- sländigkeit des Währungssystems erprobt werden. Die russische Staatsbank in ihrer gegenwärtigen Organisation ist aber gewiß nickt geeignet, dem Credite des Landes in bösen Tagen einen festen Rückhalt zu gewähren. Dies vermag nach den in den west europäischen Staaten gesammelten Erfahrungen nur eine aus privatem Actiencapital beruhende Centralbank, deren EmissionS- thätigkeit und deren sonstiger Geschäftskreis festen Normen unter worfen sind. An diesem Puncte wird die Kritik des Witte'schen Währungs projectes mit Erfolg einsetzen müssen. Es ist zum Besten der sonst wohlvorbereiteten Reform dringend zu wünschen, daß die russische Finanzverwaltung die Staatsbank zu einem Organe umschaffe, das im Stande ist, die neue Währung zu behüten und das gesammte Geldwesen des Reiches zu reguliren. Vermischtes. Leipzig, 13. Juli. *— Elektrische Straßenbahnen. Kaum sechs Jahre sind — abgesehen von den ältesten Ausführungen in den Jahren 1879,84 — vergangen, seit man mit der Einführung des elektrischen Betriebes bei Straßenbahnen in Europa den Anfang gemacht hat, und bereits sind in Deutschland allein über 100 000 000 in elelektrischen Bahnen angelegt, wohl ein Beweis für den Werth dieser neuen Betriebsart, der man anfangs mit Vorsicht, zum Theil mit Zweifel und Mißtrauen gegenüberstand. Die vorgenannte Ziffer stützt sich aus eine als zuverlässig anzusehende Statistik, die in Belgien geführt wird, dem Lande, das zu erst die Bedeutung deS Straßenbabnbetriebe« für die Verkehrs- rntwickelung der Städte erkannt und verwerthet hat. Eine große Zahl der in den Städten Europas noch heute mit Pferden be triebenen Straßenbahnen ist mit belgischem Capital erbaut und wird von belgischen Gesellschaften betrieben. ES nimmt also nicht Wunder, wenn von dort ans die Entwickelung deS Straßenbahn wesens genau verfolgt und eifrig Material übe? die wirthschastliche und technische Entwickelung der Straßenbahnen in anderen Ländern zusammengetragen wird. Diese sehr schätzbare Statistik macht über die in Europa in Betrieb stehenden elektrischen Bahnen folgende Angaben: Die Zahl der Betriebe ist im Jahre 1895 von 70 auf 111 gestiegen; die Gesammtlünge von 700 auf 902 km, die Leistungsfähigkeit der Centralen von 18150 aus 25095 Kilo watt und die Zahl der Motorwagen von 1236 auf 1747. Deutsch land ist auf diesem Gebiete den anderen europäischen Ländern mit 406 Irm Bahnlänge weit überlegen. Ihm folgt Frankreich mit nur 132, Großbritannien und Irland mit 107, Oesterreich- Ungarn mit 7l, di« Schweiz mit 47, Italien mit 40 lcm. Die Kilometerzahl für Serbien, Rußland, Belgien, Spanien liegt aussteigend zwischen 10 und 30 lcm, während Norwegen uud Schweden, Bosnien und Rumänien, Holland, Portugal nur 7,5 bis 3 lcm aufweisen. Noch keine elektrischen Bahnen befinden sich in Dänemark, Bulgarien und Griechenland. Bon den 111 europäischen Bahnen wende» 76 da- oberirdische Stromzusührung-- system an, die übrigen arbeiten mit unterirdischer Stromzuführung oder mit Accumulatoren. In der ersten Hälfte des Jahre- 1896 ist eiue große Zahl von Bahnen, die 1895 noch im Ban standen, fertig geworden, so daß sich die Gesammtlänge verdoppelt hat, und es gewinnt den Anschein, als ob für die nächsten Jahre ein Anwachsen in gleichem Maße in Aussicht stände. ES ist dabei wohl keine zu kühne Behauptung, daßl in wenigen Jahren die erste Milliarde in Europa in elektrischen Bahnen angelegt sein wird. Trotz dieser ungeahnten Entwickelung sind die Schwierigkeiten der Durchführung eines elektrischen BahnunteraehmenS gegen früher nicht geringer geworden, und zwar sowohl in technischer al« auch in wirthschaftlicher Hin sicht. Die Bor- und Nachtheile der drei im Wesentlichen in Betracht kommenden Systeme: der ober- und der unterirdischen Stroin- Kusührung, sowie des Acrumulatorenbetriebes, sind durch die Er fahrung noch nicht genügend klargelegt, das Eine kämpft gegen LaS Andere uni die Oberhand. Am meisten verbreitet ist Las System der oberirdischen Stromzuführung, das bei der überwiegenden Zahl aller elektrischen Bahnen angewendet wird. Diese Bahnen haben bisher die besten technischen und wirthschastlichen Erfolge gehabt. Das System mit unterirdischer Stromzuführung erfordert hohe Anlagrkosirn, kann daher nur auf den verkehr-reichsten Strecken großer Städte zur Anwendung kommen. Dort hat r- sich sßri guter technischer Ausführung auch wirthschastlich bewährt, wie das Beispiel von Pest beweist. Da- System mit Accumulatorenwagen kämpft mit technischen und wirthschastlichen Schwierigkeiten. Ob, wie behauptet wird, diese Schwierigkeiten neurrding- ganz gehoben sind, muß erst dir Zukunft lehren. Da- gemischte System endlich, wie es in Hannover seit Herbst vorigen Jahre- eingeführt worden ist, dürfte feine Entstehung wohl weniger besonderen Absichten als dem Zwange der Umstände verdanken. Worin liegen denn nun eigentlich dir Ursache», welchen die elektrischen Bahnen trotz aller entgegenstehendrn Schwierigkeiten ihre rasche Entwickelung verdanken ? Gestützt aus die Betrirb-ergebnisse der ersten größeren, seit 1890 gebauten elektrischen Bahnen, wird vielfach als Thatsoche bingestellt, daß beim Uebergong vom Pferdebahnbetrieb zum elektrischen Betrieb, mit Oberleitung Vie Betriebsausgaben um 30 Proc. zurückgehen, die Einnahmen um 20—25 Proc. wachsen. Die- gilt natürlich nur unter den entsprechend günstigen Verhältnissen. Vorausgesetzt ist zunächst eine stabile, fachgemäße Ausführung aller maschinellen und elektrischen Einrichtungen, sowie Les Oberbaues, ferner, daß der Verkehr eine rasche Wagenfolge bei relativ hoher jährlicher wagenkilometrischer Leistung erfordert und daß schließlich der elektrische Betrieb besondere Vortheile bietet hinsichtlich einer verlangten größeren Fahrgeschwindig keit und hinsichtlich der Ueberwindur.g größerer Steigungen, d. b. wenn also beim Pferdebahnbetrieb Vorspanndienste oder Zwei spännerbetrieb in Frage kam. Ans ästhetischen Gründen ist vielfach gegen die Einführung der elektrischen Bahnen mit Oberleitung in den Städten angekämpft worden, und es ist schwer gda- gegen auszukommen, da e- sich weniger um einen Kamp' mit sachlichen Gründen, als mit Gesühlsurtheilen handelt. Eine Verschönerung für die Straßen sind ja die Oberleitungen? nich'. indeß lassen sie sich so ausbilden, Laß sie sich ohne eine wesentliche Beeinträchtigung deS Straßenbildes durchführen lassen. Elektrische Straßenbahnen für Len städtischen Betrieb sind jetzt über die ganze Erde verbreitet. Ter elektrische Betrieb wird aber bei den Straße: und Kleinbahnen nicht Halt machen, sondern er wird auch da Vor theile bieten können, wo einzelne Hauptbahnbetriebe den Charakter des weiteren städtischen Vororisverkehrs haben. *— Personal.Notiz. Der königlich preußische Eisenbahn- Bau- und Betriebsinspcctor Hüttig in Jena, früher Oberbetriebs- inspector der Saal-Eisenbahn, ist vom Kaiser zum königlichen Eisen- bahn-Director mit dem Range der Räthe 4. Classe ernannt worden. *— Werth, und Maßzölle. „Ein guter Zolltarif gehört zu den schwierigsten Ausgaben der Finanz- wie der ganzen Wirtd^ schastspolitik. Handelskunde, Technologie, Statistik und National ökonomie müssen hierbei zusammenwirken, und zwar nicht blos mit Kenmniß der Gegenwart, sondern auch mit Voraussicht der Zukunft", so äußert sich Wilhelm Roscher in seinem System der Finanzwirth- schäft. Wem fiele nicht gerade jetzt dieser Satz Les berühmten Professors ein, wo ein neuer amerikanischer Zolltarif uns vorliegt, wo ein neuer deutscher Zolltarif im Werden begriffen ist! ruit die Münchner „Allg. Ztg." aus. Die Amerikaner haben ihre neuen Hochschutzzölle schon so gut wie sicher, und wir Deutsche können von unserem Standpuncte aus die amerikanische Handels politik nur verurtheilen, weil sie das eigene und das Ausland zu schädigen geeignet ist; unserer Ansicht nach ist der amerikanische kein guter Zolltarif, dafür ist er zu schnell entstanden, mit ausfallend großer Hast durchberathen und soll sogar rückwirkende Kraft erhalten. WaS uns besonders aufsällt an ihm, das ist die Verbindung von Maß- und Gcwichtszöllen, wie wir eS sonst in keiner Weise anderweii derartig haben. Bisher war Las amerikanische Zollsystem ein solches der Werthzölle, jetzt ist es ein gemischtes von Werth- und Gewichts zöllen. Beide Arten haben ihre Vortheile und Nachtheile, die ersteren sind die gerechteren, die letzteren die leichter zur Erhebung zu bringenden; ein Gewichtszoll trifft die ordinairen Waaren nicht härter als die Luxusartikel, Werthzölle nützen aber gerade dem Fabrikanten beim Fallen der Preise am wenigsten, wo er gerade des Schutzes am meisten bedarf. Doch jetzt ein Werthzollsystem, wenn nicht Willkür Platz greifen soll, genaueste Handelskunde und Techno logie seitens der Zollbeamten voraus, und La hierüber häufig Klagen bei der Verzollung in den Bereinigten Staaten laut wurden, jo kann man sich gewiß mit der größeren Bevorzugung von Maßzöllen zufrieden geben. Doch scheinen die Amerikaner die beiden Zollsysteme derartig benutzt zu haben, daß hinsichtlich ihres Finanzbedarfs der Vortheil immer auf ihrer Seite ist. Uns scheinen beide Systeme in einem Taris nicht Fisch, nicht Fleisch zu sein, denn die Gewichtsverzollung wird die Abfsrtigungsbeamlen zur Werthverzollung untauglich machen, der Apparat wird zu complicirt, um tadellos sunctioniren zu können. Deutschland hat specisische Zölle, nur bei Eisenbahnwagen, also in einem Ausnahme salle, Werthzölle, bei Spielzeugausfuhr Werthdeclararion, Holland hat dagegen fast nur Werthzölle, aber bei einem Gemisch von beiden, wie es jetzt in Len Vereinigten Staaten von Amerika zusammengebraut werden soll, sehen wir der Klagen schon gar viele voraus, weil hier die Schattenseiten beider Systeme zum Ausdruck kommen müssen. *— Actien.Gesellschaft „Mainkette", Mainz. Tie letzte General-Versammlung der Gesellschaft hatte beschlossen, mit Rücksicht aus die großen liquiden Mittel eine Verminderung des Actiencapitals von 1 Million aus 700 000durch Verloosung vor zunehmen. Dieser Beschluß bedurfte zu seiner Giltigkeit der Zu- stimmung der hessischen Regierung, welche, wie das „Mainzer Journ." mittheilt, verweigert wurde, jo daß der Beschluß hinfällig wird. *— Zeche General Blumenthal. Ter „Rhein.-Wests.Ztg." wird mitgetheilt, daß man aus Schacht 111 auf ein abbauwürdiges Gaskohlenflötz gestoßen ist. *— Danziger Oelmühle, Petter, Patzig L Co. In der General-Versammlung wurde beschlossen, 8 Proc. Dividende für die Stainmactien und 6 Proc. für die Prioritätsaktien auf Dividendenschein Nr. 2 zu vertheilen. Z Nach dem Jahresberichte der Handelskammer zu Oppeln für 1896 hat der lange zurückgestellte Bedarf eine erhebliche Steige rung erfahren und sich aus allen gewerblichen Gebieten eine erfreu liche Nachfrage gezeigt. Namentlich zeigte sich eiue günstige Wir kung des russischen Handelsvertrags. Weniger günstig ist nur der Abschluß für die Rohzuckersabriken, da der Preisrückgang im Frühjahr 1896 die Zuckerindustrie empfindlich getroffen hat. Der Geschäftsgang der Textilindustrie war normal, die Holzindustrie hat, wie die chemische und die der Fett- und Leuchtstoffe, einen Auf schwung genommen. *— Deutsche Gußstahlkugelfabriken vormal-Fries Sc Höpflinger in Schweinfurt. AuS wohlinformirten Kreisen wird den „Münchn. N. N." unterm 12. d. M. geschrieben: Die Actien des obigen Etablissemeuts sind in den letzten drei Tagen um volle 25 Proc. gefallen (an einem einzigen Tage um 16'/, Proc.) und schlossen am Sonnabend mit 395. ÄlS Ursache der Mißstimmung der Actionaire können wir nur angeben, daß man sehr ungehalten darüber ist, Laß man die neuen Actien zu 440 (aus je 8 alte nur 1 neue) anbot und dann den Cours jo drückte, daß das Bezugsrecht ganz werthlos war, wodurch daS Gründungsconsortium zu dem vorher vereinbarten Preise von 315 die neuen Actien erhielt. Dieser Tage hat das Gründungsconsortium den Antrag auf Zulassung der neuen Actien an der Dresdner Börse gestellt, um seinen enormen Nutze» rinzuheimsen. Angesichts der in den Kreisen der Actionaire herrschenden Mißstimmung hat man dieser Tage eia officiöses Communiqus von Nürnberg au- versandt, weiches aber gerade das Grgentheil der beabsichtigten Wirkung hervorbrachte, indem hierdurch der CourS noch Wetter sank. Bei dieser Gelegenheit sei daran er- innert, daß jetzt ein Jahr seit der Smittirung der Actien verflossen ist. Der SmissionscourS war 137'/* — Vom 12. Juli wird uns telegraphisch gemeldet: Der Rückgang der Actien der Schweinfurter Gußstahlkugelfabrik beträgt seit acht Togen 39", Proc. *—ElektricitätS-Actirn-Gesellschaft vorm. Schuckert L Co. in Nürnberg. Die General-Versammlung genehmigte, wie dem „B. B.-C." gemeldet wird, sämmtliche BerwaltungSanträae, setzte demgemäß die Dividende aus 14 Proc. fest und wählte die ausscheidenden AusstchtSrathSmitglieder wieder. Auf eine Anfrage wurde mitgetheilt, daß bezüglich der Berwerthung der Hohofen- Gase für den .'elektrischen Betrieb der Hüttenwerke zur Zeit «in Auftrag in größerem llinfange vorliegr, von dessen Gelingen die vollständige Durchführung des Verfahrens abhänge. Die Geschäft-- enwickelung im neuen Jahre sei gleich günstig wie bisher. Dir vor liegenden Aufträge belaufen sich aus 63 bis 64 Millionen Mark, wovon die meisten im nächsten und übernächsten Jahre abzuwickeln wären. Ta auch kleinere Aufträge außerordentlich zahlreich eia- gingen, so dürste das nächste Jahr gleichfalls einen günstigen Ab schluß finden. *— Wiener Giro- und Lassrnverein. Der Rechnung-- Abschluß für LaS I. Semester ergirbt ein Erträgaiß an Zinsen von 232 463 fl. (1896 261659 fl.), an Provisionen, Gebühren und diversen Eingängen von 127 637 fl. (138 940), wozu 11277 fl. (25 949) Vortrag tretea. Dagegen erforderten di» Gehälter 191820
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