01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 19.07.1897
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1897-07-19
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18970719010
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1897071901
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1897071901
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- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1897
- Monat1897-07
- Tag1897-07-19
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Reclamea uuter dem Rebactionsstrich (»ge spalten) 50 >4, vor den Familien»,chrichte» (6 gespalten) 40/^. Erobere Schriften laut uujerem Preis« vrrzrichuiß. Tabellarischer und Ztsferufatz vach höherem Tarif. Srtrs-Beilagen (gefalzt), »ar Ai de« Morgen'Ausgabe, ohne Postbesörderu»- SO.—, mit Postbtfördervug 70.—. Annahmeschluß fSr Anzeigen: Ab end «Ausgabe: vormittag» 10 Uhr. Morgen« AuSgab«: Nachmittag« 4 Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je ein« halbe Stunde früher. Anreise» sind stets au die htzpedilim, . zu richte». —"XM" Druck und Verlag von E. Pol« 1« Lei-jig. A. Jahrgang. Amtlicher Theil. Oeffentliche Zustellung. Die offene Handelsgesellschaft in Firma „Julius Herz" in Berlin, vertreten durch den Rechtsanwalt Broda in Leipzig, Nagt gegen den Kaufmann A. tzt. Banvolxcm, früher in Leipzig, jetzt unbekannten Aufenthalts, wegen Forderung aus Kauf, mit dem Anträge, den Beklagten zur Zahlung von 312 ./L 96 sanimt Zinsen zu 6°/» von 287 .4t 16 seit dem 14. April 1897 zu vcr- urtheilen und das Urtheil gegen Sicherheitsleistung für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Die Klägerin ladet den Beklagten zur mündlichen Verhandlung des Rechtsstreits vor die III. Kammer für Handelssachen des König lichen Landgerichts zu Leipzig auf den 2. November I8S7, Vormittags 1v Uhr, mit der Aufforderung, einen bei dem gedachten Gerichte zugclassenen Anwalt zu bestellen. Zum Zwecke der öffentlichen Zustellung wird dieser Auszug der Klage bekannt gemacht. Leipzig, den 12. Juli 1897. , Sekr. Nötiger, GepichtSfchreibcr des Königlichen Landgerichts. Stadtbibliothek. Wegen Reinigung des großen Saales muß die Stadtbibliothek von Montag, d. 1«., bis Sonnabend, d. 24. Juli, geschlossen bleibcu. ... Vr. IVuztmnuo. Rathökellcr-Berpachtttug. Die hiesige Nalhskellerwirthschast soll vom 1. April 18S8 ab anderweit verpachtet werden. Die Pachtbedingungen liegen in unserer Kanzlei zur Einsicht aus und werden gegen eine Gebühr von 1 -4L abschriftlich zugestellt. Diejenige», welche sich um die Pachtung bewerben wolle», werden ersucht, spätestens bis zum »0. Juli 1807 ihre Gebote schriftlich bei uns einzureichen und sich über ihre Person, sowie über ihre Zahlungs- und Leistuiigssähigkeit aus zuweisen. Großenhain, am 9. Juli 1897. Ter Stadtrath. - Herrmann, Bürgermeister. Königliche Baugewcrkenschule zu Plaue» i. V. Beginn des Unterrichtsbalbjahres am 4. Oktober, Anmeldungen bis 20. September. Prolpecte mit den Aufnahmebedingungen durch Director Professor Löwe. Thüringer Bürgen. n. Nachdruck virtoten. Im Sonnenschein erglänzen die Scheiben des wie ein süßeö Geheimniß am Bergesrand hingelehnten Schlosses Goseck und laden den Wanderer freundlich zum Besuche ein. Wir verlassen die stolze Schönburg, gehen hinab in das gleich namige Torf, an der Saale entlang nach Eylau und lassen uns hier übersetzen, um dann durch Weinberge hindurch den steilen Haag zu erklimmen, auf dessen Vorsprung, von reizen den Anlagen umgebe», Schloß Goseck liegt. Die Urgeschichte dieser Burg ist in tiefes Dunkel gehüllt, schon in vorchristlicher Zeit aber müssen um Goseck her ernste und schwere Kämpfe stattgefunden haben, oder es waren in der Nähe heilige Haine, in denen man den Göttern opferte, dies schließt man aus den Funden von steinernen Aexten, Hämmern, Messern, Wurfsteinen, alterthümlichen Sporen, Lanzeuspitzen, Urnen und dergleichen, welche Gegenstände man beim Roden vielfach aufgefunden hat. Burg Goseck war ehedem der Sitz der Pfalzgrafen von Sachsen, aus dem Dunkel der Geschichte tritt um 993 Pfalz graf Dietrich bestimmt hervor, sein Sohn war Friedrich I., welcher mit einer Gräfin von Orlamünde und Weimar ver- heirathet war. Aus dieser Ehe gingen drei Söhne hervor, von welchen besonders Albalbert als Erzieher dcs späteren Kaisers Heinrich IV. eine Rolle spielte, er wurde später Erz bischof von Bremen. Seiner Einwirkung ist es wchl haupt sächlich zu danken, daß sich die drei Brüder entschlossen, die alte Burg Goseck abzubrechen und ein Kloster au ilner Stelle sowohl zum Heile ihrer Seelen, als ihrer Vorfahren und Nachkommen zu erbauen. Im Jahre 1041^ wurde da der Anfang mit dem Niederreißen des alte» Schlosses gemacht und der Grund zu der Kirche und den noch übrigen Ge bäuden gelegt und im Jahre 1053 am 29. September fcicr- lichst eingcweiht und der heiligen Maria und dem heiligen Michael geweiht und mit reichem Landbesitz und sonstigen Einkünften auSgestattet. Bis zur Einführung der Re formation haben fünfzehn Aebte ihres Amtes in Goseck ge waltet. Unter dem Abte Hilarius brach sich die Reformation mit Gewalt Bahn, und nur mit Gewalt konnte der Herzog Georg von Sachsen den Nachfolger Jacob Teubner im Anne und Würden erhalten. Nach Georg's Tode ward das Kloster Goseck 1540 säcularisirt und da Abt Jacob und einige Mönche nicht von ihrem Glauben lassen wollte», wurden sie zeitlebens versorgt und auf dem 1544 gehaltenen Landtage bestimmt, daß alljährlich aus der fürstlichen Kammer der Abt 100 Gulden, Konrad der Küchenmeister 30 Gulden und jeder Mönch 6 Gulden erhalten solle. Von den weltlichen Besitzern sind zn nennen Georg von Aliensee, der kursächsische Kanzler Or. David Pcifer, von Königsmark, von Pöllnitz, in deren Besitz es bis 1721 blieb. Durch Vererbung kam cs dann in den Besitz der Familie von Beust, dann an den kurfürstlich sächsischen Obcr- steuerrath Gottfried Psitzner, der der Sohn eines unbemittelten Landmannes in Markwerben war, nach den Psitzners kam cS an die Familie von Eckbart, nachher an die Familie von Brandenstein, durch Kauf ging es 1840 in Besitz des Grafen von Zech über. Von den Gebäuden des Schlosses selbst ist keines so be- merkenswerth wie die schöne freundliche Kirche, die in der Form eines lateinischen Kreuzes erbaut ist. Den Blick des Besuchers fesseln ein Epitaphium dcr Familie von Pöllnitz, an dem sich vierzehn Statuen derer von Pöllnitz in Lebens größe befinden, sowie Hautreliefs aus weißem Marmor, die die Kreurigung und Auferstehung Christi darstellen. Der Blick von der Terrasse hinab in das Saalthal und hinüber zur Schönburg, sowie auf Naumburg bleibt Dem unvergeßlich, der ihn jemals gehabt. Durch die prächtigen Anlagen, die heute Schloß Goseck umgeben, dann durch den ansehnlichen Streitwald, wandern wir hinüber nach dem Unstrutthale. Dem Pflanzensammler bietet sich auf dieser Wanderung Gelegenheit, seine Pflanzenmappe mit allerliebsten und seltenen Pflanzen zu füllen; beim Austritt aus dem dunklen Waldcsgrün erblickt man zuerst den mächtigen Bergfried der Neuenburg oberhalb Freyburg a. d. Unstrut. In der Nähe dieser alten Burg umrauscht den Besucher die Sage und Geschichte, die bis in die neueste Zeit reicht, im reichsten Maße. Erbaut ward die Neuenburg 1075 vom Landgrafen Ludwig dem Springer, «eben der Wartburg war sie der LieblingSsitz der thüringischen Landgrafen. Eine Hauptsehenswürdigkeit der Burg ist die „Doppelcapelle", die um ihres alterthümlichen Säulenwerkes willen heute noch oft und mit Recht vielfach besucht wird; auch der Rittersaal bietet manches Interessante, in ihm erblickt man neben den Bildnissen Johann Georg's I. und August'S des Starken die Büste de» kunstsinnigen Preußen königs Friedrich Wilhelm IV., der die Burg von 1853—1856 FaeeiHatoee. Wenn sich Freunde trennen. Humoreske von E. Ritter. Nachdruck verboten. Der Rechtsanwalt vr. Maximilian Hansen und der Prokurist eine» großen Bankhauses, Martin Zeuner, waren die innigsten Freunde. Sie bewohnten schon seit acht Jahren eine gemeinsame Wohnung, sie aßen in demselben Hotel, rauchten die gleiche Sorte Cigarren, machten alljährlich zu sammen ihre Sommerreise, kurz sie waren unzertrennlich. In dem Städtchen fragte man sich häufig, ob denn das wohl ewig so fortgehen würde. Hansen und Zeuner waren doch längst in den Jahren, da Andere daran denken, ein Weib zu nehmen, dabei beide stattliche Männer in auskömmlichen Stellungen, die überall hätten anklopfen dürfen. Aber eS war eine eignes Ding. Durchaus keine principiellen Gegner der Ehe, sprachen sie ost von der Zeit, wenn sie verheirathet sein würden und malten sich den Verkehr ihrer künftigen Familien in den schönsten Farben aus. Doch seltsam — bis jetzt hatte den Freunden immer dasselbe Mägdlein gefallen, und in edler Opferwilligkeit suchte einer den andern zu überbieten. „Nimm Du sie", sagte jeder und dann nahm sie keiner. ,,ES ist doch wohl nicht die Rechte gewesen", damit trösteten sie sich jedes Mal und lebten ihr Jungaesellenleben weiter. Aber nun war Hansen vierunddreißig, Zeuner fünfunddreißig Jahre alt geworden, und jeder sagte sich im Stillen: So kann's nicht weitergrhen — wir kommen zu keiner Frau bei unserer Lebensweise. Und so nach und nach tauchte in beiden Köpfen der Gedanke auf: Wir müssen unS einmal trennen. — Die Zeit der alljährlichen gemeinsamen Sommerreise nahte heran. Zum ersten Male in ihrem Leben konnten sie sich nicht über da« Reiseziel einigen. Der Rechtsanwalt meinte, er hätte Lust, sich mal so recht behaglich vier Wochen lana an dem selben Ort, vielleicht in eine Thüringer Sommerfrische, zu setzen, Zeuner schwärmte von einem Aufenthalt in München und von einer Tour ins Gebirge. Keiner wollte dem andern gestehen, daß es ihm darum zu thun war, allein zu reisen. Eines Abends aber begann Hansen: „Hör, Martin, wir müssen nun endlich ins Reine kommen —" „Ganz meine Meinung — also Du gehst mit nach München?" „Durchaus nicht, ich bleibe in der Nahe, ich möchte nach Großtabarz. Immer die großen Hetzreisen, das kriegt man auch satt. Du nimmst mir'« hoffentlich nicht übel, mein Junge —" „Ganz und aar nicht, und wenn — hm — ich leistete Dir ja gern Gesellschaft, aber ich denke — na, zum Kuckuck — zu was das Vrrsteckenspielen — wir wollen uns einmal trennen, nicht wahr? — Vielleicht findet jeder von uns unterwegs seine bessere Hälfte. Auf alle Fälle sind wir sicher davor, uns wieder in« Gehege zu kommen. Also eS bleibt dabei, wir reisen solo!?" „Abgemacht", rief der Andere, und dabei schüttelten sich die Freunde gerührt die Hände und rauchten in stillem Nach denken auf demselben Sopha dieselbe» Cigarren weiter — sie fühlten, daß sie am Vorabend großer Ereignisse standen. Nun saßen sie, nachdem sie beide am letzten freien Tag rurückgekebrt, wieder zusammen in ihren vier Wänden. Das Abendbrod war verzehrt und sie rauchten ber«it« wieder ihre alte Sorte. Vier volle Wochen Ware» sie getrennt gewesen, und nicht einmal hatten sie sich geschrieben. Nun hatte man glauben sollen, sie hätten sich recht viel zu erzählen, aber merkwürdig, eS war ganz still im Zimmer. Lange, lange Zeit, dann nur ab und zu ein paar gleichgültige Worte. „Sie scheint keinen Zug zu haben." „Scheint mir auch so, nimm Dir eine andere —" „So, die rieht, danke —" „Der Schinken vorhin war doch recht salzig, ich hab einen Durst —" „Meinst Du, mir ist'- nicht aufgefallen, na, dann trink nur ordentlich." „Du, das Bild dort hängt krumm — unausstehlich!" „Ja, eS hängt immer krumm, ein dumme« Bild. Ach ja, Bilder" — der Prokurist mackste ein Gesicht, als babe er plötzlich den Stein der Weisen gefunden — „in München restauriren ließ. Eine andere Sehenswürdigkeit ist das „Louisen- ziinmer". Bis Freyburg batte 1806 die Königin Louise ihre» Ge mahl Friedrich Wilhelm III. begleitet, um von den: Schlosse aus den weiteren Verlauf des unheilvollen Krieges zu erwarten. Wie mag ihr besorgtes Herz sich zusammengekrampft haben, als sie hier die Kunde von dem Ausgange des unglücklichen Kampfes vernahm, der sich hauptsächlich uni Hassenhausen her, also ganz in der Nähe, abgespielt hatte! Wie mag ihr edles Herz bei jede»! dumpfen Kanonenschlage erzittert sein! Ständen dock auch ihre eigenen Lieben mitten in dem männer mordenden Streite. Das Louisenzimmer ist mit Möbeln aus dem Schlafgemach Friedrich Wilhelm's III. ausgestattet, ein Sessel aus dem Hobeuzollernmuseum in Berlin und eine prachtvolle eigenhändige Stickerei erinnern an die hochherzige edle Dulderin. Den höchsten Puuct des Schloßberges schmückt der Berg fried, der eine Höhe von 46 in hat; von ihm hat man eine weite, herrliche Nundsicht, leider ist er jetzt schwer zugänglich, da die Treppen vom Zahne der Zeit zu arg benagt sind. Vor ihm breitet sich der sogenannte „Edelacker" aus, vou dem die Sage erzählt, daß Ludwig der Eiserne, ein Sohn Ludwig's des Springers, des Erbauers der Neuenburg, ihn durch seine Edlen, die er vor den Pflug spannte, weil sie das Volk zu sehr und hart bedruckten, habe umpfliigcn lassen. Zur Er- kcnntniß der Nothlage seines Volkes sei er dadurch gekommen, daß er sich auf die Jagd in dcr Nähe von Ruhla verirrte und in einer einsamen Schmiede ein dürftiges Unterkommen für die Nacht fand. Am frühen Morgen weckte ihn der Hammerschlag des Schmiedes, der bei jedem Schlage ausricf: „Landgraf Ludwig, werde hart! werde hart!" Von Stunde an führte er ein so strenges Regiment, daß er der „eiserne Landgraf" genannt wnrde. Von der luftigen Höbe herab erblickt man unter sich die freundliche Stadl Freyburg, die an der wildrauschenden Unstrut liegt und viele Erinnerungen an den Turnvater- Jahn bietet. Die Stadt mit ihrer wohlerhaltenen Stadt mauer, sieben Mauerthürmen, der romanisch-gothischen Stadtkirche und dem Reiterstandbild deS Herzogs Christian II. von Sachsen-Weißenfels giebt noch beute in ihrer Ursprüng lichkeit ein ziemlich getreues Bild einer deutschen mittelalter lichen Stadt. Ueber die Berge hinüber setzen wir den Wanderstab und gelange,: über den „Gvttersitz" baw in das vielbesuchte, stets schöne und anheimelnde Kösen. Nachdem wir die neue, künstlerisch ausgeführte Saalebrückc überschritten, — die alte, aus dem 11. Jahrhundert stammende, ward durch die Hochfluth vom 24/25. November 1890 zerstört, — gelangen wir bald in den dunklen Schatten der stattlichen Buchen, vie das Saale-Ufer in ansehnlicher Höhe um säumen. Unten erklingt's freundlich grüßend und einladend herauf; „An der Saale Hellem Strande Stehen Burgen stolz und kühn; Ihre Dächer sind zerfallen Und der Wind streicht durch die Hallen, Wolken ziehen drüber hin." Bald lichtet sich der Wald und vor dem durch das herr liche Bild überraschten Wanderer steht die Nudelsburg. Noch ein kurzer, aber ziemlich anstrengender Marsch und wir stehen mitten in all der Pracht, dem Zauber und der Herrlichkeit dieser vielbesungenen Burg. Sagenhaft ist die Vorgeschichte der Nudelsburg, erst 1171 erhält man zum ersten Male urkundlich über sie sichere Nach richt. Im 13. Jahrhundert belehnten die Markgrafen von Meißen Burgmaunen mit der Rudelsburg, es werden deren wiederholt mehrere in einer Urkunde genannt, woraus man schließen muß, daß die Burg als Wachschloß der großen an der Saale hinführenden Heerstraße von größter Wichtigkeit war's doch großartig, weißt Du, in den Pinakotheken und im Glaspalast — oh, ich habe geschwelgt in Kunstgenüssen, und dann, wenn man genügend Kunst gekriegt hatte, diese Bräu's, diese Keller — Hm, das schmeckt!" „So — kann ich mir denken — also befriedigt von der Reise?" „Sehr, und Du?" „Auch ich habe gründlich Natur genossen. So ganz in aller Ruhe, weißt Du, o, die Natur, und die Forellen, und — und — die nette Gesellschaft — die ersten vierzehn Tage waren herrlich!" „So, bei mir wareus die letzten, in München wars ja sehr schön, aber später „o, du mein Land Tirol" — mit begeisterter Stimme sang der Procurist den Refrain des HoferliedeS. „Na, hör mal, dahinter steckt aber waS Besonderes. Diese Begeisterung ist mir verdächtig. Schieß mal los, wie sieht sie aus, blond, brünett, groß, klein, hübsch — na, hübsch natürlich, selbstverständlich. Also ich höre. —" „Das seh ich nun nicht ein; Du hast doch offeubar in den ersten vierzehn Tagen Deine Erlebnisse gehabt, also Du kommst zuerst. Ich höre." Der Rechtsanwalt zögerte noch ein Weilchen, dann be gann er: „WennS sein muß, ich bin bereit. Der Klügste giebt nach. Also eS war am Tag nach meiner Ankunft in Großtabarz, da lernte ich sie kennen an der Tadle d'hote im SchießhauS, eine reizende Blondine, klein, zierlich, munter, neckisch — einfach bezaubernd! Ich war auch sofort bezaubert und: daS ist die Rechte, so sagte ich mir. Ich hütete mich nur Wohl, meine Begeisterung gleich zu sehr zu zeigen. Ich wollte erst prüfen und so galten meine Aufmerksamkeiten an dem Mittag besonders der Tante, die die Pforte de« Para dieses, will sagen, daS reizende Mädchen hütete. UebrigenS eine sehr nette alte Dame?" Der Procurist lächelte bei Erwähnung der Tante und murmelte: „Komisch". „WaS ist komisch?" „Ach, ich meine die alte Tante, alte Tante» sind doch immer komisch." „DaS mag im Allgemeinen wohl seine Richtigkeit haben, für die Markgrafen war. Zu Anfang deS 14. Jahrhunderts soll die Burg ein Raubsckloß geworden sein, we-balb sie 1348 vou Naumburger Bürgern unter dem Stadthaupt- mann Hans von Deutzen erstürmt und zerstört ward. Bis gegen Ende des 14. Jahrhundert« mag dann die Burg wüste gelegen baden, als Burgherren erscheinen dann die Schenken v. Saaleck, Gebrüder v. BUnau, 158l verkauften Ruoolf und Günther v. Bünau dieselbe an Georg v. Osterhausen, als die Osterhausen ihren Wohnsitz nach dem naben Kreipitzsch verlegten, ging die Burg rasch ihrem Ver falle entgegen und halte im Dreißigjährigen Kriege keine Be deutung mehr. Von denen v. Osterhausen kam die Rudels burg in abwechselnden Besitz an die v. Kreutzen, v. Zech, v. Brühl und v. Schönberg, in deren Besitz sie sich gegen wärtig noch befindet. Gar vieles Interessant« bietet die Burg und deren Um gebung dem Besucher. Auf dem Vorplatze erblickt man zu nächst das Denkmal, welches die Corpsstudenten ihren im großen Kriege 1870,71 gefallenen Corpsbrüdern errichtete», sodann dasjenige, das sie dem Heldenkaiser Wilhelm I. setzen ließen, und als drittes haben sie das für de» berühmtesten aller Corpöstudenten angeschlossen, das für den größlen Deutschen, den Reichskanzler Fürsten Otto v. Bismarck. Drinnen im Burghofe erblickt mau das Medailloubild Franz Kugler's, des Dichters Les Liedes „An der Saale Hellem Strande", welches Besucher der Rudelsburg rem Dichter ge stiftet Haven. Im kühlen Burghofe, der mit duftenden Linden bepflanzt ist, ruht es prächtig, von den Fenster nischen aus bietet sich dem Besucher schon ein eigenartiges Panorama, das aber gar nicht zu vergleichen ist pijt dem, das man vom mächtigen Bergfried aus hat. Folgt der Blick dem Silberbande der Saale, so fesselt Kösen mit der schmucken Kirche, der kühnen Brücke und der darüber liegenden „Wil helmsburg". Das liebliche Panorama erhält reiche Ab wechslung durch Berg und Thal, Wies« und Wald, Wein berge, Schluchten und groteske Felsbildungen. Läßt man den Blick in die Ferne schweifen, so erblickt man die beiden mäch tigen Thürme der trotzige» EckarlSburg und zu Füßen da liebliche Saaleck mit der gleichnamigen vmg Laaleck. Diese Ruine ist stark verfallen, nur zwei hohe runde Thürme sind noch von Schloß Saaleck vorhanden, alles klebrige Hal der Zahn der Heil hinweggenagl, hier und da vcrratheu noch einzelne Erhöhungen die Standorte per ehe maligen zur Burg gehörigen Gebäude. Der gegen Abend gerichtete Thurm ist dem Einsturz näher als der östlich stehende. Um 1140 tritt urkundlich zuerst Hermann, Vogt von Saaleck, aus; der letzte Vogt, ebenfalls Hermann mit Namen, wird 1213 als Zeuge unter einer Urkunde aufgeführt. Bon dieser Zeit an erscheinen die Schenken vou Saaleck, Rudolf ist der erste sicher bekannte Schenk vou Eaaleck, «S war einer auS dem Geschlechte von Varila oder Vargula. Jur 13. Jahrhundert muß zur Burg Saaleck ein aauz bedeutender Besitz gehört haben, was auS den vielen Ver äußerungen der Schenken von Saaleck hervorgeht, 1344 ver äußerten die Brüder Conrad, Rudolf und Heinrich ihren Anlheil um 700 Schock Zahlaroschen gleich 5425 Thaler an den Bischof Withigo von Naumburg. Die Bischöfe ver besserten nach und nach durch einzelne Erwerbungen die Ein künfte von Saaleck, daS unter neun bischöflichen Vögten stand; später fließen die Nachrichten über Saaleck spärlich, man weiß nicht einmal, ob Saaleck durch äußere Gewalt zer stört oder ob die Burg in Folge Verwitterung zur Ruine wurde. Der Sage nach stand beide» Burgen, der Rudrlsburg »»EII^M^MWMMWWWWWWMWWWIIWWWIWIWWIIWWMS aber diese alte Dame, ich versichere Dir — etwa- sehr ge sprächig war sie, aber sonst —" „Glaubs schon — ach ja, eS giebt vielleicht nette alte Tante», aber furchtbar hinderlich sind sie doch." „Na ja, dafür sind sie alte Tanten. Und nun unterbrich mich nicht wieder. Also, vou diesem Tag an wäre» wir drei unzertrennlich — herrliche Stunden verlebten wir zu sammen! Di« Damen wollten noch vierzehn Tage bleiben, dann hatten sie eine Nheiutour vor. Am Vorabend der Abreise sprachen wir uns aus — o Martin, es war ein seiger Augenblick. Daun kam die Trennung; denn so gern nch mit an den Rhein wäre, di» Tante gab« nicht zu — im Grunde hast Du recht, hinderlich sind so Tante» immer mitunter — auch nahm sie mir daS Verspreche» ab, nicht an Lieschen zu schreiben. Sie müsse doch erst mit dem Vater ihrer Nichte, a» der sie Mutterstelle vertret«, rede». Aber so gegen Ende August, daun solle ick selbst nach Berlin kommen, dann wollen wir Verlobung frier». So nahm ich denn Abschied von meiner Braut — Braut, wie das klingt, hm, nicht? und blieb in Tabarr zurück. Allerdings -efiels mir nu» gar nicht mehr dort. Aber nächsten Sonntag geht« mit dem erste» Zug nach Berlin! — So, da« ist meine Geschichte — nun schieß Du l»S." „Unsere Geschichten haben «ine merkwürdige Ähnlichkeit, Alter. Auch ich lernte au der Tadle d'hote mriie Braut — Braut, hm, klingt hübsch — keune». Es war au« Achensee, wo ich nur eine» Tag verweilen wollte, aber eS wurden zehn daraus. Auch meine Braut ist klein, blond, munter und vergnügt, auch sie reist i» Gesellschaft einer Tante, die allerdings «richt gesprächig, sondern sehr still war, und uns mit Argusaugen beobachtete. Trotzdem aber kamen wir zum gedeihliche» End«. Auch meine Braut wohnt in Berlin, auch sie hat nur uoch eine» Vater, der erst gefragt werden muß — ich sollte vou hier au« a» ibn schreiben, und auch meine Braut heißt Elisabeth. Wirklich komisch!" „Seltsam i» der Thal! Aber hier — sieh, da ist ein Bild vou Lieschen, am Eude sehen sich unsere Bräute auch »ock ähnlich." Aus sein« Brieftasche «ab« der RechtSaiwalt eine Photographie und hielt sie dem Freund hin. Dieser warf nur einen Blick darauf, dann wurde er
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