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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 27.07.1897
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1897-07-27
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18970727022
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1897072702
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1897072702
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1897
- Monat1897-07
- Tag1897-07-27
- Monat1897-07
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Der Abgang vom Brauch ist erklärlich; denn e« ist schon weit über zwei Monate her, daß das Abgeordnetenhaus, von Petitionen und der Zu stimmung zu einigen vom Herrenhause an einem Gesetze vor genommenen Aenderungen abgesehen, etwas Andere« getrieben hat, al« BereinSgesetz, und über dies«« ist in den letzten Wochen Wahrlich genug geschrieben word«n. Die letzten vier Wochen, bi« zum 23. Juli, war da« Abgeordnetenhaus überhaupt nicht versammelt gewesen, was jedoch der Continuität der Session keinen Abbruch that; die Diäten wurden weitergezahlt. Die diesjährigen Erholungsreisen konnten von den preußischen Abgeordneten auf Staatskosten unternommen werden. Das Vereinsgesetz verursachte der StaatScafse im Ganzen gut eine halbe Million Mark Ausgaben und die „National-Ztg." wird richtig rechnen, wenn sie annimmt, daß in Folge der Erörterung von Reichssachen und der endlosen, sich in ewiger Wiederholung bewegenden agrarischen Debatten eine weitere halbe Million zum Fenster hinauSgeredet worden sei. Zu berücksichtigen sind auch die langen Vertagungen in der Oster- und der Pfingstpause. Der Diätenbezug während des NichttagenS fängt nachgerade an, ein öffentliches Aerzer- niß zu werden. Liegt in der Gewährung von Tagegeldern in der beträchtlichen Höhe von 15 schon ein An reiz zum Zeitvertrödrln, so ist die Vergoldung deS absoluten NichtSthunS während der Vertagung erst recht eine Klippe für die Moralität. Diesmal Hal die honorirte Tagung von Mitte November bis Ende Juli gedauert. Und dennoch wäre, wenn die Nationalliberalen nicht wiederholt im Interesse des Ansehens deS Hauses auf die Erledigung des ganzen Arbeit«- stoffeS gedrungen hätten, eine stattliche Reihe von Petitionen nicht zur Berathung gelangt. Eine dauernde Erinnerung hat sich die Session gesichert durch das Zustandebrinqen eines Lehrerbesoldungsgesetzes, das in der vorigen Tagung gescheitert war. Es ist noch immer herzlich wenig, was der preußische Lehrer künftig an Mindestgehalt beziehen wird, aber es ist doch ein bedeutender Fortschritt gemacht worden. Daß noch nicht das Wünschenswertste und kaum das Nolbwendige erreicht worden ist, hat übrigens Or. Bosse selbst zugegeben, ein Cultusminister, über den man sehr ver schiedener Meinung sein kann, dem aber ein ehrliches Wohl wollen für die Volksschule und ihre Lehrer nicht abgesprochen werden kann. Eine andere wichtige Aufgabe des Landtages, die bessere Regelung der Beamlengehälter, ist gleichfalls auf eine in der Hauptsache befriedigende Weise gelöst worben, ohne daß jedoch die der Gerechtigkeit entsprechende und politisch nicht bedeutungslose Gleichstellung der Richter mit den Verwaltungsbeamten, sowie eine befriedigende Besoldung der böheren Lehrer erreicht werden konnte. Bei dem dritten Unternehmen der Session, das hier noch erwähnt zu werden verdient, der Umwandlung von fast dreiundeinhalb Milliarden 4procent. Staatsschulden in nur 3»/,procentige, war dem Landtage naturgemäß nur eine formelle Mitwirkung zugefallen. Wie die Reichstagssession, so ist auch die ab geschlossene preußische Landtagssession die vorletzte der Legislaturperiode gewesen. Die Neuwahlen zu den beiden größten parlamentarischen Körperschaften Deutschlands werden also in dasselbe Jahr fallrn, wie es auch bei ihrer letzten Erneuerung im Jahre 1893 gewesen ist. Damals hat die zwei Jahre vor Ablauf seiner gesetzlichen Geltungsdauer rrfolgtr Auslösung des Reichstags das Zusammentreffen herbeigeführt. Im nächsten Jahre und so lange der Reichstag nicht wieder auf gelöst wird, wird es normal sein- Die Landtagswahlen fallen zwar in dir zweit« Hälfte des October, während die Haupt wahlen zum nächsten Reichstag spätestens am 15. Juni statt gefunden haben müssen. Aber sie liegen doch einander nahe genug, um daS Ausnehmen einer zweimaligen Wahlagitation in Preußen entbehrlich zu machen. Da« ist immerhin rin Vortheil. Zumal da das nächste Mal trotz der sehr viel andern Wahlsysteme die Demagogie bei den Landtagswahlen nicht weniger rührig sein dürfte als bri den ReichStagswahlcn. Die Frage, warum da« preußische Abgeordnetenhaus nicht infolge der Ablehnung der VereinSgrsetznovelle aufgelöst worden ist, beantwortet bi« „Kreuzzeitung" mit einem Hin weise auf da« von Herrn vr. v. Miquel in seinen beiden letzten Reden entwickelte „Programm". „Jede unter dem Zeichen deS abgelrhnten Vercinsgesetzes erfolgte Neuwahl hätte nicht nur im offenen Kampfe gegen Freisinn und Centrum, sondern auch gegen die Nationallideralen erfolgen müssen. Und gegen sie mit besonderer Schärfe , . . Eine solche Zuspitzung der Parteigegensätze entspricht aber offenbar dem Programm des Herrn vr. von Miquel durchaus nicht. Wenn er die Sammlung der Parteien betont, ja, wenn er in dem Moment, wo eine so wichtige Regierungsvorlage vor der definitiven Entscheidung steht, die überraschend versöhnliche Zusicherung abgab: „daß die Stellung der Regierung zu den Parteien durch diese Vor lage, mag sie angenommen oder abgelehnt werden, in keiner Weise alterirt wird" — so darf wohl daraus geschlossen werden, daß die Bedeutung der Vorlage für ibn weit hinter die Sammlung der Parteien znrücktritt." Daß Herr v. Miquel zu den Parteien, die er sammeln will, auch die Nationalliberalen zählt, hält die „Kreuzztg." für selbstverständlich, und fährt daun fort: „Daß vr. v. Miquel nur an sie gedacht habe, die rr außer den Conjervativen um sich und sein Programm sammeln will, möchten wir zwar nicht annehmen. Er will sicher auch das Centrum nicht ausschließen — kurz, wir haben eS augenscheinlich mit einem neuen, nur weiter gedachten Cartellgedanken zu thun. Natürlich muß unter solchen Umständen jede Vertiefung des die Parteien trennenden Gegensatzes vermiedrn werden. . . Ersreulich war, daß er mit scharfer Betonung versicherte, daß „die gegenwärtige Regierung s e l b st wisse, was sie will, und sich nicht scheuen wird, es bestimmt zu sagen I" Hat er dazu gleich am Sonnabend die Gelegenheit benutzt? Waren seine Ausführungen ein klares, festes Programm? Der Abg. Richter freilich meinte höhnisch, sie seien „schöne Worte, bei denen sich jeder denken konnte, wa- er wollte." DaS heißt denn doch zu hart urtheilen! Ein detaillirtes Programm zu entwerfen, dafür war die Sonnabend-Sitzung nicht der geeignete Moment. Aber die einzelnen Ideen, von denen sich v. Miquel leiten läßt, traten doch klar genug hervor. In der Wirthschaftspolitik: besondere Berücksichtigung der „nothleidenden Landwirthschast", die Förderung „der Mittelklassen, di« Capital und Arbeit gleichzeitig darstellen", die Befriedigung der „praktischen Bedürfnisse der arbeitenden Classen". Alles Gedanken, die sich mit den Bestrebungen der con- servativen Partei durchaus decken. Mit Genugthuuug hat es uns erfüllt, daß Dr. v. Miquel an die Botschaft unseres großen Kaisers so gut wie an die s o c i a l p o l i t i s ch e n Kund- gedungen unsere« jetzigen Herrscher- erinnert hat, als an einen Beweis der Continuität der Socialpolitik, die freilich nicht nur von dem „guten Herzen", sondern von der ruhigen Beurtheilung der thatsächlichen Verhältnisse sich leiten lassen dürfe. .. Wer von uns Conservativen möchte das nicht Alles unterschreiben? Wer möchte nicht gern auch die Hoffnungen des Ministers rheilen, zur Durchführung dieser Ideen würden alle „staat«erhaltenden Parteien" sich zusammenfinden?" Dieser theoretischen Zustimmung ru den Ideen Miquel s folgt jedoch da« „Aber" auf dem Fuße. Es wäre ja ganz schön, wenn — aber gerade bei der wichtigen Frag« des Vereins gesetzes hätten Nationalliberale und Centrum —, von dem Freisinn ganz abgesehen — gezeigt, daß sie die „versöhnende Hand" nicht annehnien wollten. Wer seiner alten Fahne treu bleibe, werde schließlich im Kampfe gegen einen alles bedrohenden gemeinsamen Feind auch dem politischen Parteigezner ein mnthigerer Bundesgenosse sein, als der, der durch Verzicht auf alle Grundsätze sich den Anderen anzupassen bemüht sei. Das ist also eine sehr höfliche, aber auch sehr entschieden ablehnende Antwort aus Herrn v. Miquel's Mahnung zur Sammlung. Und zwar wird diese Ablehnung motivirt mit der ablehnenden Haltung der Nationalliberalen gegen die Vereinsgesetznovelle, d. h. mit anderen Worten, die „Kreuzztg." will sich nur „sammeln" lassen, wenn die übrigen Parteien, welche gesammelt werden sollen, daS Programm der „Kreuzztg." an nehmen. Nicht das der Regierung! Denn die hat mit ihrem ursprünglichen Vereinsgefctzcntwurfe auch bei den Anhängern der „Kreuzztg." wenig Gegenliebe gefunden und mußte sich die Herrenhaus-Correctur gefallen lassen, zu der dann auch die Nationallideralen und das Centrum Ja und Amen hätten sagen müssen, wenn sie hätten Werth sein sollen, mit den Männern der „Kreuzztg." um Herrn v. Miquel sich zu sammeln. Dieser wird hieraus recht deutlich ersehen können, daß die Vereinsgesetzvorlage und die Zustimmung der Regierung zu den Abänderungsbeschlüssen des Herrenhauses eine sehr wenig geschickte Einleitung zu dem Sammlungs werke waren, und daß vor Allem seinem „Programme" bas Beste fehlt: die scharfe Umgrenzung der Elemente, die er zu sammeln sich vorgesetzt hat und für möglich hält. Als Parteiführer, der gern Compromisse schloß, hat er zur Ge nüge erfahren, daß nicht Alles sich sammeln läßt, was sich national nennt, und daß die Sammlung einer starken ge mäßigten Gruppe von Parteien sich am sichersten bewerk stelligen läßt, wenn von vornherein auf Len Versuch verzichtet wird, auch extreme Elemente heranzuziehen, deren Forderungen das Werk zum Scheitern bringen und deren Verlust reich lich ersetzt wird durch das Wegfällen der größten Schwierigkeiten. Hätte Herr vr. v. Miquel keinen Zweifel daran gelassen, daß er Vertreter von Forderungen der Art, wie der Vorstand des Bundes der Landwirthe sie neuerdings gestellt hat, ebensowenig für sei» Sammlungswerk „bruken kann", wie die Vertheidiger der Bevorzugung des Adels und der extremen conservativen Richtung bei der Besetzung hoher Verwaltungsposten u. s. w-, so würde die Antwort der „Kreuzztg." auf sein Werben Wohl etwas anders lauten und die Beso^zniß vor dem Abfall gemäßigter und sammlungs bereiter Elemente deutlich spüren lassen. In England sind jetzt die Blicke auf das stolze, etwas zu sehr mit Schnörkeln verzierte Gebäude gerichtet, das zur Seite von Westminster Abbey steht und House of Parliament genannt wird. In diesem Hause steht letzt der Bericht des Ausschusses über den Einfall Jameson's in Transvaal zur Besprechung. Daß diese Besprechung, die von den Na- dicalen angeregt worden ist, zu einem gedeihlichen Ziel führe, das wird Niemand erwarten, auch wohl nicht, daß die Discussion etwas mehr Licht in die trübe Geschichte der Cbartered Company bringen werde. Denn so feindlich sich Whigs und Tories sonst gegenüber stehen, hier scheinen sie einig zu sein. Vieles im Dunkeln zu lassen, da sonst Las Prestige OldeuglandS leiden könnte. Es sind also nur Radicale und Irländer, die sich bemühen, mit der Fackel in die geheimsten Winkel zu leuchten. Ob ihnen gelingen wird, etwas zu entdecken, oder das zu beweise», was sie annehnien, das ist freilich eine andere Frage. Wie die Flamme eines frischen Luftzugs bedarf, um zu brennen, und bei schwerer stickiger Luft erlischt, so dürste der passive Widerstand der beiden Parteien auch hier das Licht der Wahrheit, da- insbesondere Labouchöre, der Heraus geber der „Truth", aufsteckt, höchstens zu einem Glimmen kommen lassen. Ueber die gestrigen Verhandlungen des Unterhauses, dessen Bänke schwach besetzt, dessen Galerien überfüllt waren, liegt folgender Bericht vor: Der Sprecher entscheidet, daß der Antrag Stanhope'S sich nicht in zwei Resolutionen trennen lasse. Stanhope beantragt hierauf eine einzig« Resolution, welche dein Bedauern Ausdruck verleihen solle sowohl über die ungenügende Thätigkeit, wie auch über den Bericht des Südafrika-Au-schusse«, besonders aber darüber, daß der Ausschuß keine gegen Rhodes zu ergreifenden Maßnahmen vorgeschlagen und dem Hause nicht sofort Bericht erstattet habe über die Weigerung Hawksley'«, dem Befehl des Ausschusses Folge zu leisten, demselben gewisse Depeschen vorzulegen, welche er bereits im Jahre 1896 dem Colonialminister Chamberlain unterbreitet hatte. Dir Resolution beantragt schließlich, Hawksley vor da« Haus zu laden und ihm aufzugeben, die erwähnten Depeschen demselben vorzulegen. I« seiner Begründung sagt Stanhope, er sei sich nicht bewußt, daß Lurch die Trennung seiner Resolution irgend welche Schwierigkeit entstehen könne; er glaube, daß eine solche Trennung mit der Gepflogenheit deS Hause« übrreingestimmt hätte, beuge sich jedoch der Entscheidung des Sprecher«, daß, weil di« Regierung darauf bestehe, sein Antrag in eine Resolution zusammengefaßt werden müsse. Er bedauere jedoch, daß die Regierung hierauf bestanden habe. Bri einem ge- wissen Theil der Presse und in anderen einflußreichen Kreisen habe sich da« Bestreben bemerkbar gemacht, di, Untersuchung zu unter- drücken, aber außerhalb de« Hause« bestehe da« Verlangen, der Sache aus den Grund zu gehen. Chamberlain'« Vorgehen sei rasch, wirkungsvoll und muthig gewesen, sobald die Nachricht von dem Einfall Jameson's nach England gelangt sei, und dieses Vorgehen habe auch eine Zeit d«r Beruhigung herbei ¬ geführt. In Bezug auf den Bericht d«« Au-jchusse« halte er es für wichtig, darauf hinzuweijen, daß drr erst« und hervor ragendste Gegenstand der Untersuchung nicht so sehr die Umstände des Einfalles, als vielmehr di« Frage der Befähigung der Chartered Company zur Ausführung der kaiserliche» Regierung-Pflichten sei. Chamberlain solle sich bestimmt darüber erklären, ob er der Ansicht sei, daß die Gesellschaft im Stande sei, für sich selbst einjustrhrn. Der Bericht des Ausschusses beweise, daß di« Chartered Company sich eine fortgesetzte Mißwirthschaft habe zu Schulden komm«» lass«n. In dem von der Chartered Company Verwaltern Gebiet« be stehe Ihatjächlich dos Sclaver«i-System; es hab« ungerrcht- fertigte Beschlagnahme von Vieh stattgrsunden; «in« unglück liche Bevölkerung sei mit Maxim - Kanonen niedri ge macht worden. Redner richtet die Frage an den Minister Chamberlain, ob derselbe mit Rhode« in Unterhandlungen zum Zwecke der unveränderten Aufrechterhaltung des gegenwärtigen Freibriefes der Gesellschaft eingetretrn sei; rr fragt ferner, welche Garantien Chamberlain in Bezug auf di« künftige Ver waltung der gegenwärtig der Chartered Company unter stehenden Gebiete geben wolle, so daß Scandalr, wie di« in Martin's Bericht mitgetheiltrn, nicht mehr möglich seien. Der Bericht des Südasrika-Ausschufses, fährt Stanhope fort, hab» Rhodes als Staatsmann aufs Schärfste verurtheilt; es sei die Pflicht der Regierung, ihre Mißbilligung des Verhalten« Rhode»' knad- zugeben, auf alle Fälle dafür zu sorgen, daßseinNameauS derListeder Mitglieder deS Geheimen Raths gestrichen werde; wenn übrigens Rhodes Straflosigkeit zuerkannt werde, da er als Patriot gehandelt habe, so sollte doch Beit sich den Folgen seiner Hand lungen nicht entziehen können. Was di« nicht zur Vorlage ge- brachte» Telegramme betreffe, so frage er, ob noch eine Corre- spondenz slattgesunden habe, als Chamberlain die Depeschen Hawksley zurückgegeben habe, und, wenn dem so sei, warum die Correspondenz dem Ausschüsse nicht vorgelegt worden fei. So lange diese Telegramme nicht zur Vorlage gebracht werden, werde ein Verdacht der schwersten Art weiterbestehen. Dl» Öesfentlichkeit werd« di« Empfindung habe», daß da irgendwer beschützt werde», irgend ein Scandal vertuscht werden solle. (Beifall bei den Radi kalen.) Die Pflicht des Colonialamt« sei, «ine möglichst umfassende Untersuchung zu betreiben, die Schuldigen zu bestrafen, den aus der schlechten Verwaltung entstandenen Beschwerdrn abzuhelfen und Bürgschaften zu schaffen, daß die üble Verwaltung nicht i» Zu- kunft fortdauere. Die Autorität und die Würde des Parlaments müßten gewahrt werden. Er hoffe, das Hous werde einer richtigeren Anschauung über die ihm obliegenden Pflichten huldigen, al« der Ausschuß, und werde seinen Antrag unterstützen. Nach Stanhope spricht Norton zur Unterstützung des Antrages. Danach ergreift Labouchäre unter starkem Gelächter das Wort. Labouchäre äußert seine Ueberraschung, über die Verschwörung der beiden Seiten des Hauses zu schweigen. Harcourt unterbricht ihn durch den Zuruf: „Warten Sie eine Minute!" Labouchöre ent gegnet, er habe gewartet, ob wohl die Führer beider Seiten des Hause- bereit seien, Stanhope's Rede zu beantworte». Der Bericht des Untersuchungsausschusses hab« zugegeben, daß Rhodes an dein Einsalle schwer schuldig sei. Schuldig nicht nur der Ver schwörung gegen di« Regierung eine« befreundeten Staates, sondern er habe auch mit der größten Treulosigkeit gegen Chamberlain, gegen die Direktoren der Chartered Company und selbst gegen Die- Nanny Trauner. 30) Roman von C. Schroeder. Nachdruck verteil». XXIV. Eapitel. Allein da irrte sie sich. Der Oberförster war e« zu wenig gewohnt, daß Nanny seine Weisung, spazieren zu gehen, befolgte. In ihrem Zimmer glaubte er sie, sich nm den „Farbenkleckser" grämend — wie gewöhnlich. Deshalb blieb er auch, nachdem die Dunkelheit angebrochen, still in seinem Lehnstuhle sitzen und fuhr trübselig fort, Einst und Jetzt zu vergleichen. DaS Einst lag noch nicht ein Jahr zurück. Wenn er dazumal gegen Abend heimgekehrt war, dann halt« die Kleine ihn auf der Schwelle willkommen geheißen und ibn unter fröhlichen, Geplauder in sein hellrrleuchteteS Sanctum geführt. Jetzt konnte er sehen, wie er in die Stockfinsterniß hineinstolperte, ohne sich Arme und Beine zu brechen. Seine Führerin war nicht zur Stelle, die kriegte er erst beim Nachtessen zu Gesicht und dann saß sie blaß und in sich gekehrt da und that den Mund nicht auf — hätte ihm auch wohl im besten Falle nichts zu sagen ge wußt, als daß die Welt ihr ohne den verwünschten Maler so leer sei wie eine taube Nuß, und da« zu hören — dafür dankte er! Den Königen machte daS Abgesetztwerden keinen Spaß und ihm (dem Oberförster) auch nicht. Er war einmal die Hauptperson gewesen in ihrem Leben, die, um welche sich Alle« gedreht. Onkel hier — Onkel dal Ohne ihn war nichts vollkommen gewesen für sie. Und er halte sich« vor-1 trefflich gefallen lassen — hatte e« nun und nimmer ander« I Kaden wollen — hatte alle Bewerber um ihre Hand in die j Flucht gejagt, hatte Himmel und Erde bewegt, um König zu bleiben biS an seinen Tod. Selbstsucht? — Na ja, verdammt« Srlbstsucht, wenn man'S bei Lichte besah, denn — er einmal todt — dann stand daS arme Ding so mutterseelenallein auf der Welt. Er batte eS nur nie bei Lichte besehen, er — Weiter sollte drr Alte nicht kommen in seinen düsteren Betrachtungen. Ein Rascheln entstand an der Thür und wie er, in der Vermuthung, sein Waldmann begehre Einlaß, eben vo» seinem Sitze in die Höh« wollte, da ward die Klinke leise aufgedrückt und rin« woylbekaunt« Stimme fragte schüchtern herein: „Bist Du da, Onkelchen?" ES dauerte ein paar Sekunden, bis der Oberförster au« seiner freudigen Ueberraschung ein „Jawohl, Kleine", brraus- grprekt hatte. Dan» ward dir Thür ins Schloß gezogen, und sich zwischen den durcheinander geschobeaen Stühlen zu ihm hintastend, meinte Nanny mit etwa« wie Herzklopfen im Ton«: „ES ist schrecklich dunkel bri Dir." „Hm! E« hat mir «den keiner die Lampe augesteckt", lautete die Entgegnung. „Ach! Onkelchen, verreib! Ich habe nicht daran gedacht, ich — war draußen, siehst Du. Du hattest mich doch selbst hinaus geschickt, nicht wahr?" „Nicht in die kalte Abendluft, daß ich wüßte." „Kalt? Ich bitte Dich, r« war ja so warm!" „Na, na!" „Förmlich heiß, Onkelchen", lachte sie und dann, neben ihm angelangt, in etwa- stockendem Ton«: „Ich — komme — mit einer Bitte." „Endlich 'mal wieder!" athmete «r auf. „Sag', daß Du sie mir gewähren willst", schmeichelte sie, ihm sachte den weichen Arm um den Nacken schiebend. „Eile mit Weile! Ich weiß ja noch gar nicht, was Du verlangst." „Da« darfst Du auch erst wissen, wenn Du mir Dein Wort gegeben hast." „Ich glaube gar! Mein Wort so in'S Blaue hinein?" „Lieber, gutes Onkelchen, es ist gewiß nicht« Unrechte-." „Aber 'was Unmögliches am Ende?" „Auch nicht. Bitte, bitte, sag: Ja!" „Na, dann meinetwegen — za!" Mit einem leise hervorgejubelten Dank zog sie sein altes Haupt an ihre Brust. „Nun aber heraus mit der Sprache!" drängte «r. „Warte", flüsterte sie geheimnißvoll, „ich zeige Dir gleich, was Du mir geschenkt hast. Nur rasch erst die Lampe an zünden! Wenn Du so lauge die Hand vor die Augen halten wolltest — das wär« lieb von Dir!" Er brummte etwas über „närrischen HokuSpokuS", allein er willfahrt« ihr doch, zu selig, endlich seine alte Nanny wieder zu baben. Ein Klirren de« Lampenglases, ein mahnendes: „Noch darfst Du nicht berseben!" Dann nach einer Pause ein bebende«: „Jetzt, Onkelchen!" Der Alte kam körperlich und geistig auS der Stockfinsterniß, deSbalb ist's r icht zu verwundern, daß er momentan fast blödsinnig dreinschaute, als er seine Nichte vor sich stehen sah, Hano in Hand mit dem Farbenkleckser. Wie e« ihm dann allmäblich klar ward, daß er diesen letzteren im Lichte eines Geschenkes zu sehen batte, da- er ihr gemacht, da wollte sich erst etwas wie Freute in ihm regen, plötzlich aber kam ihm eine Erinnerung und empört von seinem Stuhle in die Höhe fahrend, schrie er; ,Lerr, wie dürfen Sie wagen —?!" „Herr Oberförster", entgegnete Franz Flemming bescheiden, doch fest, „ich weiß wohl, daß eS eine beispiellose Kühnheit ist, die Hand nach solch unvergleichlichem Kleinode auSzu- strecken, aber —" „Kühnheit?" fiel ibm der Alte erbost ia di« Rede. „Sie dürfen eS dreist Unverschämtheit neunen!" „Oukelchen, Onkelchen", sucht« Nanny ihn zu beschwich tigen, „werde doch nicht gleich so böse. Hinterher tbut Dir'« sicherlich leid und —" mit rinem schelmischen Auflachen — „was nützt'S auch viel? Ich habe Dein Wort und da« kalte ich frst". „Mein Wort? Pah! Narrheit! Du sagtest, daß «« sich un« nichts Unmögliche« bandle, und ein Mann, der anderen Frauenzimmern nachläuft, ist unmöglich!" „Als wenn er da« thäte! Onkelchen, Du bist furchtbar im Jrrthumr." „So? Und die ganze Nachbarschaft weiß davon zu er zählen?" „Es ist greulich, wie sie hier iq der Nachbarschaft klatschen und verleumden." „Laß Du Dir von ihm Sand in di« Augen streu«», ich bleib' dabei — wo « raucht, da pflegt « auch zu brennen." Hier dätte der Maler gerne seine eigene Verthaidigung übernommen, allein Nanny wehrte ihm mit bittenvrm Blicke. „Sei nur ganz still", sagte der Blick und der innig« Hände druck, der ihn begleitete, „ich werde schon allein mit ihm > fertig." Dann, sich dem Alten zuwendend, nickte si« und I meinte : „Nun, daß eS rin bischeu gebrannt bat, wollen wir I ja auch gar nicht leugnen, nicht wahr, Franz ? Aber da«
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