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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 02.08.1897
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1897-08-02
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18970802013
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1897080201
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1897080201
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1897
- Monat1897-08
- Tag1897-08-02
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WaS Fürst Hohenlohe plant, ob er bis zum Winter oder gar bis zum Schluß der nächsten Reichstagssession im Amte zu bleiben gedenkt, oder ob nach der Rückkehr auS Rußland seinem Ruhebedürfniß und den Hindernissen, auf die die Einlösung des Versprechens wegen der Militairstrafproceßordnung stößt, Rechnung getragen werden wird, da- ist zur Zeit unbekannt. Vielleicht lüftet sich der Schleier der Zukunft nach der Rückkehr des Herrn v. Bülow von seiner nicht ausschließlich der Erholung gewidmeten Urlaubsreise. Sehr neugierig ist man übrigens nirgends auf das Kommende, denn der Verfasser des mit- getheilten v. B. R. gezeichneten Eingesandts in der „Kreuzztg.", welches findet, eS sei nach dem jetzt vollzogenen Wechsel Alles beim Alten geblieben, wird mit der Wiederholung dieses Urtheils auch nach der nächsten Veränderung in der Regie rung Recht behalten. Der Einsender, der ein Conservativer älterer Ordnung zu sein scheint, sieht sich durch die „Programm"-Redeu des Herrn v. Miquel u. A. zu folgender Bemerkung angeregt: „Es müssen energische Leute an die Spitze treten, conservativ oder liberal, aber Leute, von denen man weiß, was sie wollen; nur so läßt sich ein großer Staat auf die Dauer regieren. Durch ewiges Laviren sammelt man nicht, sondern zerstreut." Es ist klar, daß der Urheber dieser Zeilen das Grundübel des Staatswesens geheilt sehen möchte. Die Leute, die wissen, WaS sie wollen, und das energisch wollen, lassen sich nicht als Werkzeuge gebrauchen. Wenn v. B. R. trotz dieser seiner erkennbaren Absicht von der „Nationalztg." mit giftigem Hohn überschüttet wird, so hat er das wohs dem Umstand zuzuschreiben, daß er die „Kreuzztg." zur Veröffentlichung seiner Ansichten gewähjt hat. Wir müssen ibm beistimmen und würden auch eine extrem konservative Regierung, wenn sie sich nur als solche giebt und sui juris ist, dem jetzigen Zustand bei Weitem vorziehen. Daß die herrschenden Verhältnisse, wie die „Allg. Ztg." meint, durch „positive Vorschläge" von Seiten der Mitlelpartrien ge bessert werden könnten, wird Niemand ernstlich glauben. Mittelparteien giebt eS überhaupt nicht mehr, nachdem die Freiconservativen aufgehört haben, sich von den Recht-conser- vativen politisch zu unterscheiden. Und welche „Vorschläge" von den im Reichstage fünfzig Mitglieder zählenden National liberalen mit Aussicht auf Gewinn für die Gesammtheit ge macht werden könnten, ist unerfindlich. Auf der Seile der Gesetzgebung läßt sich überhaupt nur etwas dadurch bessern, daß man sie so wenig als möglich in Anspruch nimmt — eine Ansicht übrigen-, der auch die „Allg. Ztg." vor Kurzem Ausdruck verliehen hat. Woran Deutsch land krankt, da« ist eine Verschiebung der Machtfactoren, die durch eine überragende intellektuelle oder sittliche Ueber- legenheit der den abnorm überwiegenden Einfluß zur Geltung bringenden Stelle nicht bedingt ist. Da diese Er scheinung nicht in der Verfassung, die sich bewährt hat, begründet ist, so bietet sich auch nach dieser Richtung hin kein Anlaß zu nützlichen gesetzgeberischen Vorschlägen. Nicht „Vorschlägen", sondern „handeln" muß die Losung sein. Unter Handeln aber ist heute vor Allem zu verstehen eiu freimüthiges Aussprechen der Diagnose au der richtigen Stelle durch nicht nur formell, sondern auch reichspolitisch und moralisch dazu Berufene. Verharren diese in dem bisherigen Schweigen, so werden Andere mit zerstörender Wirkung fort führen, was Jene in der Hoffnung aus Heilung unternehmen können. Sonntag den Ausbleiben wird die Kritik des Regiments, nicht der „Regierung", keinesfalls, denn der Drang der Bevölkerung, den Finger in die Wunde gelegt zu sehen, ist ein un widerstehlicher. Mau steht nun vor der Wahl, für die Monarchie gegenüber dem Monarchen einzutreten oder Kritik an dem Monarchen auf Kosteu der Monarchie und damit nach Lage der Dinge auf Kosten des Reiches üben zu lassen. ES erscheint nicht unglaubwürdig, wenn gesagt wird, vr. Sigl habe seine vielbesprochene Pfaffenhofener Aeußerung uur zu tbun gewagt, weil er Kenntniß von dem in den höheren Kreisen Bayern- obwaltenden Wunsche hatte, eS möge der herr schenden Unzufriedenheit im Reichstag Ausdruck gegeben und ihre Ursache bezeichnet werden. Gewiß hat man dabei nicht au Dolmetscher wie vr. Sigl gedacht. Sehr wahrscheinlich aber ist eS, daß dem Centrum das Schweigen über die Berliner Regierung-Verhältnisse bei seinen bayerischen Wählern mehr geschadet hat als eine mit den realen Faktoren rechnende Wirth- schaftSpolitik. Wenn aber dem Centrum eine Passivität dieser Art zum Nachtheile gereichte, wird man gewiß nicht erwarten dürfen, baß sie der liberalen Mittelpartei gut be kommen werde. Denn die Centrumswähler sind für die reichS - schädigende Vertretung der Berliner Politik — gelinde auS- gedrückt — weniger empfindlich als die nationalgesinnten Elemente, die bisher der Mittelpartei ihr Vertrauen geschenkt haben. Der deutsche Land Wirth schaftsrath beabsichtigt, wie schon im volkSwirthschaftlichen Theile des „L. T." gemeldet, an den Centralverein deutscher Industrieller die Aufforderung zu richten, die „Vorbereitung für die Schaffung der Grundlagen der nach Ablauf der Handelverträge zu be folgenden Wirthschafts- und Handelspolitik gemein sam vorzunehmen". Die „Post" begrüßt dieses Vorhaben als ein sehr erfreuliches Symptom für die werbende Kraft deS Gedankens der Gemeinsamkeit der Interessen aller productiv thätigen Berufszweige. Wir schließen uns hierin dem Berliner Blatt rückhaltlos an und zweifeln nicht an dem Erfolg von Verhandlungen mit dem Centralverband der Industriellen, der ja durch den Mund seines GeneralsecretairS Bueck die Initiative zur Anbahnung eines gemeinsamen Vorgehens ergriffen hat. Ob aber die vorauSqesehene Einigung zwischen den beiden großen Körperschaften, an der auf industrieller Seite auch außerhalb deS Verbandes stehende Gewerbetreibende mitwirken werden, praktische Folgen nach sich zieht, das hängt von den Wahlen ab. Die „Post" bezeichnet den deutschen Landwirthschaftsrath als die „Vertretung der Interessen der Landwirthschaft". Das ist er ohne Zweifel. Aber der Bund der Landwirthe sucht seine Stellung zu usurpiren und der will, in Preußen wenigstens, nicht nur keine Verständigung zwischen Industrie und Landwirthschaft, er erklärt auch den Landwirthen den Krieg, die sich nicht mit allen seinen Velleitäten einverstanden erklären. Wenn der deutsche LandwirthschaftSrath bereit ist, mit der Industrie die Grundlagen der künftigen Handels politik zu beratben, so zeigt er sich damit Handelsverträgen, welche Zölle auf landwirthschaftliche Produkte binden — Zu- geständoisse in Bezug auf die Höhe derselben hat die Industrie schon als unvermeidlich anerkannt — nicht principiell ab geneigt. Der Bund der Landwirthe möchte schon jetzt durch die Zerreißung der bestehenden Verträge Deutschland in Zoll kriege stürzen und wird hierin von einem Politiker wie Herr v. Aardorff unterstützt, der die Bundesleitung wegen ihrer neuesten „Eingabe" höchlich belobt, obgleich auch er einsieht, daß ihr eine Folge nicht gegeben werden kann. DaS ver schlechtert die Aussichten auf die nächsten Wahlen ungemein. Wenn Männer, die Jahrzehnte eine realpolitische Wirk samkeit entfaltet haben, die um ihrer selbst willen ge machte Agitation billigen, dann ist für eine Verständigung selbst unter den Landwirthen nicht viel zu hoffen. Die BundeSlritung, sie hat es oft genug bewiesen, kann für sich 1. August 1897. allein keine Mandate erobern, die natürlichen Bundes genossen sucht sie zu verdrängen, es wird also wohl bei den nächsten Wahlen so kommen, wie die Svcialdemokraten, Radikalen und Welfen hoffen. Die ultramontanen Blätter bringen bekanntlich in Erinne rung, daß die Jesuiten für „Deutschland" beten. Das ist nichts Neues. Die Fürbitte gilt aber nicht unserem Vaterlande, sondern der Ausrottung der „Ketzerei" in Deutschland. Es mag da Wohl ein geringes Bedauern mit unterlaufen darüber, daß man dem Gebete nicht durch Feuer und Schwert den Nachdruck verleihen kann, der bei der Gegenreformation in Oesterreich sich so wirksam erwiesen hat. Wir wollen uns bei dem freundlichen Hinweise der ultramontanen Presse daran erinnern, daß Rom es allezeit auch mit dem ungelheilt katholischen Deutschland schlecht gemeint hat. Centrum und Polen. Wie sehr die Beweggründe sich unterscheiden, welche die nationalliberale Partei auf der einen und das Cent rum auf der anderen Seite zur Ablehnung der Vereinsgesetznovelle veranlaßten, tritt u. A. in den «Schlußworten der Rede hervor, mit welcher der Abg. Vr. Lieber die Stellung seiner Partei begründete. Der Minister des Innern hatte von der Bekämpfung gewisser antinationaler Bestrebungen durch die Vereinsgesetznovelle gesprochen und darunter auch die großpolnischen Bestrebungen ver standen. So sehr es nothwendig ist, daß der Staat mit aller Energie der polnischen Propaganda entgegentritt, so wenig haben wir — und zwar in Uebereinslimmung mit zuver lässigen Kennern der östlichen Verhältnisse — uns einen Er folg von diesem Wege versprechen können. Denn die polnische Propaganda, welche schon in der Sprache selbst einen ziem lich zuverlässigen Schutz gegen die deutsche Ueberwachung hat, kann bei ihrer vom Klerus gestützten Organisation der förmlich angemeldeten politischen Versammlung ohne Schaden bei Verfolgung ihrer Zwecke völlig entralhen. Vorkommnisse gerade auS jüngster Zeit lassen dies überzeugend erweisen. Wie behandelte nun der CentrumSführer diese Frage? Indem er in der Form des gesuchten Ausdruckes eine absolute staatsrechtliche Correctheit zur Schau trug, suchte er die „verehrten Herren aus Polen" gegen jeden Vorwurf der deutschfeindlichen Propa ganda zu decken. Hatten sie doch seit 27 Jahren „wiederholt die feierlichsten Erklärungen abgegeben", daß sie nie daran denken, etwas anderes anzustreben, als in loyaler Weise die Zugehörigkeit zum Staate Preußen anzuerkennen. „Und wir vertrauen diesen Erklärungen", so schloß die Schutzrede. Wie man nach den Vorgängen der letzten Jahre, namentlich seit der Berufung des Erzbischofs vr. v. Stablewski zum Nachfolger des Erzbischofs Dinder auf dem Stuhl von Posen- Gnesen, eine solche Vertrauensseligkeit glaubwürdig machenwill, ist unverständlich. Es gehörte dazu eine Unkenntniß, ein völliges Verschließen gegen offenkundige Thatsachen, die sich auch mit geringeren Ansprüchen, als dem, eine große Partei innerhalb derdeutschenGrenzen zufübren.nichtvereinbaren lassen. Um nach den Erfahrungen in der Ostmark — wo die polnische Agitation Centrumsabgeordnete aus alten Wahlkreisen herauS- geworfen hat, weil sie Deutsche waren; wo der polnische Klerus in herausfordernster Weise gegen die ibm vorgesetzten deutschen Bischöfe frondirt, wo er tagaus tagein versucht, das Zusammenhalten deutscher — katholischer — Familien in der Diaspora zu lockern; wo der deutsche katholische Geistliche, nur weil er deutsch bei Kirchenwahlen spricht, als „deutscher Hund" mit Todtschlag bedroht wird — um dem gegenüber die polnische Bewegung der Sophistik polnischer Erklärungen halber in dieser für daS deutscheNationalgefühl so beschämenden Weise zu vertreten, dazu muß man allerdings einer Partei angehören, die freiwillige Pionire des PoloniSmuS bereits bei 91. Jahrgang: verschiedenen Gelegenheiten nach dem Osten entsandt hat. Nur im Hinblick darauf ist es erklärlich, solche Aeußerungen aus deutschem Munde zu vernehmen, obwohl ein Mann wie der Abg. von Koscielski selbst auf der Lemberger Ausstellung noch im Jahre 1894 zu den galizischen Parteiführern sagte: „Wir haben von Euch öffentliches Wirken, Sammeln der Kräfte und politische Klugheit gelernt, die dem Gefühl häufig Schweigen auferlegt und ihm nicht gestattet, auszusprechen, was auszusprechen nur schaden, nicht nutzen könnte." Wenn Herr vr. Lieber diese Worte nicht verstanden hat, Einer hat verstanden, und hat auch mit seinem Urtheil darüber nicht zurückgehalten, wo dies hinaus zielte: das war der Kaiser. Nach diesen Vorkommnissen kann man Wohl endgiltig darauf verzichten, jemals auf die Belehrbarkeit der gegen wärtigen Centrumsführung zu rechnen, sobald die Abwehr der großpolnischen Unterwühlung des preußischen Staates in Frage steht. Nur von unten herauf kann gewirkt werden, indem die deutschen Katholiken im Westen vor Thatsachen gestellt werden, welche ihnen die Augen öffnen: Thatsachen, wie freie deutsche katholische Priesten im Osten hart um die Anerkennung ihres nationalen Bewußtseins ringen, wie das deutsche Gebet direkt als Sünde bezeichnet wird, wie deutsche Beamte zu kämpfen haben, wollen sie ihren Kindern den deutschen Communionunterricht ertheilen lassen, wie systematisch — die katholischen Ansiedler an der Ostgrenze haben es am eigenen Leibe verspürt — der beschränkten polnischen Bevölkerung das Empfinden ein geimpft wird, als ob der deutsche Katholik eigentlich nur Viertelskatholik sei, in Summa: wie der Pole nicht daran denkt, selbst der Uebung der Religion Zugeständnisse auf Kosten der nationalen Propaganda zu machen, und trotzdem, selbst wo deutsche Katholiken darunter leiden, allezeit auf Unterstützung der — Centrumsführung rechnen kann. Vor uns liegt ein Buch, das „Der Kampf um die Ost mark" betitelt, von C. Fink verfaßt und in Berlin im Verlag von Hermann Walther erschienen ist. ES ist ein lesenswerthes Buch, daß auf Grund eigener Anschauung und sorgfältig ge sichteter persönlicher Mittheilungen die Lage in der Ostmark schildert, historische Hinweise vorweg und dann eine Fülle von tatsächlichen Vorkommnissen enthält. Wir können diese- Werk namentlich den Bewohnern des deutschen Westens nicht dringend genug zur Lektüre empfehlen, denn, ohne speciell in dieser Tendenz geschrieben zu sein, zwingt das beigebrachte, sorgsam gesichtete, tbatsächliche Material zur Erkennlniß, wie groß die polnische Gefahr im Osten ist und wie verhängniß- voll der Schutz wirkt, den beim Centrum der PoloniSmuS allezeit findet. Deutsches Reich. * Berlin, 3l. Juli. Der Alldeutsche Verband bat an den Reichskanzler, betr. den mit Frankreich über das Togo-Hinterland geschlossenen Vertrag, folgende Ein gabe gerichtet: Berlin 'lV. 35, den 23. Juli 1897. Kurfürstenstraße 44. Französische Zeitungen berichten, ohne daß dem widersprochen wurde, über das Ergcbniß der jüngsten Togo-Conserenz zu Paris, daß Frankreich alles nördlich des 11. Grades nördlicher Breite liegende Gebiet mit Gurma, Gandu u. s. w. erhalten solle, während für das deutsche Reich nur Sansanne-Mangu verbliebe. Mit un- verhehltem Triumphe bezeichnet die französische Presse dies Ab kommen als eine Niederlage Deutschlands, während diesseits auch nicht das Geringste geschieht, um der dadurch hervorgerusenen Be- unruhigung aller Vaterlandssreunde entgegenzutreten. Diese Beunruhigung und Sorge aber ist eine große und be- Gebrauche bei -er Ernte. Bon E. Glaser. Nachdruck vrrdatm. Schon im grauen germanischen Alterthum war die Ernte zeit eine heilige Zeit und wurde unter feierlichen Gebräuchen eröffnet. In Schwaben und Kärnthrn fällt der Bauer mit allen Schnittern, ehe da- Getreide gemäht wird, auf die Knie und betet mit ihnen da- Vaterunser und den Glauben oder sonst einen frommen Spruch. Man unterläßt da- nie und glaubt dadurch vor jedem Unfall während des Schneiden gesichert zu sein. In Oesterreich - Schlesien wohnt vor dem Beginn der Ernte der Lanvwirtb mit seinen Leuten einer heiligen Messe bei, um günstige Witterung zu erflehen. Auch in manchen Gegenden Siebenbürgen- wird, wie in Süd deutschland, vor dem ersten Schnitt von den Schnittern ge meinsam gebetet. Sobald die erste Garbe geschnitten ist, begirbt sich der Ort-richter auf den Pfarrhof und meldet e-. Darauf wird am nächsten Morgen früh die Erntekirche ge halten, wozu dir ganze Gemeinde «ingeladen wird. Ganz ähnliche Gebräuche fanden in Norddeutschland statt. In der Altmark bestimmte früher der Schulze, wann da» Mähen seinen Anfang nehmen sollte. Tag- vorher ward „Umlop holln", d. h. e- wurde rin paar Stunde» zur Prob« gemäht, am folgenden Tage aber „vullweg meit". In Rohr berg (Mecklenburg) läutete ehemals der Schulze vie Ernte ein und zwar durfte Niemand eher mähen, al» bi» der Schulzenknecht den erste« Schnitt gethan hatte. Ebenso wurde in der Umgegend von Mirow in Mecklenburg die Ernte eingeläutet und zwar vom Schulzen; ehe er da- nicht gethan batte, durfte Niemand mähen, ebenso mußte am Abend alle« aufhören, sobald er geläutet, doch geschah die- nur am ersten Tage, an den übrigen Tagen durfte Jeder mähen, wann er wollte. Auch war e», ehe die Separationen stattgefunden hatten, Gebrauch, daß jede Gemeinde, wenn sie mähen wollte. drei Aehrrn aufs Amt bringen und um Erlaubniß zu mähen bitten mußte. Diesen Cerrmonien gina ein Opfer voraus, bestehend au» den ersten geschnittenen Aehren oder der ersten Garbe. In vielen Orten Niederbayern» und MittelfrankenS legt man in die erste Garbe e n rotheS GründonnerütagSei (Antlaßei), Brot, Salz und geweihte Kräuter. Hier und da bespritzt man da» Ganze mit einigen Tropfen Iohanni-wein oder betet einen Spruch dabei, so z. B. in Landau: „Gott wird un» wohl bewahren. Da» ist unsere erste Garben!" In der Oberpfalz um Landshut, in Niederbayern und in Steiermark schneidet der Bauer, wenn die Ernte beginnt, drei Aehren, legt sie über'» Kreuz auf den Acker und nagelt sie dann, wenn der Schnitt vorüber ist, an die HauSthür, oder er legt sie in den Weihbrunnkessel. In anderen Gegenden wirft man beim Herannahrn der Kornreife der Kornmutter al» Antheil drei Aehren in» Saatfeld, damit die Ernte gut werde. In manchen Gegenden Thüringen« wirft man die erste Garbe für die Mäuse in die Tenne. In Hessen wirft mau die erstgebundeue Garbe Nacht» um 12 Uhr durch die Hintere Scheunenthür, ohne weiter darnach zu sehen. Sir ist für di« Engel im Himmel und heißt der Erntesegen; im Har, ließ man sogar eine Garbe für die Sperlinge stehen. In der Wetterau, in Mecklenburg und Schlesien gilt al» Regel: Wer drei Kornähren im Namen Gotte» de» Vater», de» Sohnes und de» heiligen Geiste« über den Spiegel steckt, hat da- ganze Jahr Glück in der Ernte. In der Priegnitz, in der Umgegend von Lenzen und Perle- berg, herrschte folgender Gebrauch: Wenn sämmtlicher Roggen ««gefahren war, ließ man auf dem Felde noch einige Garben stehen und bildet« au» diesen die Gestalt eine» Manne», dir man mit Allem, wa» sich dazu darbot und eignete, au«- schmilckt«. Dieser Mann wurde Nachmittag» aus einem vier spännigen, mit Laub und Blumen geschmückten Wagen berein- geholt. Jung und Alt, festlich gekleidet, folgte, und Musik begleitete den Zug. War man bei den Garben, auf denen die MannSgrstalt stand, angekommen, so wurde um sie ein Krei« geschloffen und ungesähr eine halb« Stunde lang auf den Stoppeln getanzt. Sodann wurden die Garben mit dem Manne auf einen Wagen geladen, und unter lautem Jubel fuhr man nach Hause. Auch in Pommern soll diese- Fest noch bestehen, nur mit einer kleinen Verschiedenheit. Alle Mädchen müssen nämlich «inen Wettlauf anstelle«, und zwar ist das gemeinsame Ziel dieser Mann; die Siegerin wird die erste Tänzerin an diesem Abend. In der Mittrlmark findet sich derselbe Gebrauch, z. B. in Brunow bei Freienwalde, doch hat er hier einen andern Charakter angenommen. Ist der Roggen nämlich abgemäht und sollen die letzten Garben gebunden werden, so stellen sich die Binderinnen in zwei Reihen einander gegen über, jede ihre Garbe mit dem Strohbande vor sich; auf ein gegebenes Zeichen binden Alle zugleich ihre Garbe, und Diejenige, welche zuletzt fertig wird, trifft nicht nur allgemeiner Spott, sondern au» ihrer Garbe wird auch die Gestalt eines Manne« gefertigt, den man „den Alten" nennt. Sie muß den Alten nun ins Dorf bi« auf den Hof tragen, hier bildet man einen Kreis, die Binderin tritt mit dem Alten in die Mitte, und die Uebrigen tanzen um sie herum, darauf geht's zum Gutsherrn, dem der Alte mit folgenden Worten über reicht wird: Wir bringen dem Herrn den Alten, Bi» er 'n neuen kriegt, mag er ihn behalten. Der Alte wird darauf an einen Baum gestellt, wo er noch lange Zeit nachher zu allerlei Späßen dient. Die erstgeschnittenen Aehren waren in aanz Deutschland der Gottheit geweiht und besaßen zauberkraftige Wirkungen. Die Chemnitzer Rockenphilosophie berichtet: „Wer in der Ernte das erste Korn rinftthrt, der soll von den ersten Garben etliche nehmen und in die vier Winkel der Scheune Kreuze damit legen, so kann der Drache nicht- davon holen. Die erste Garbe war eine Opfergarbe und die Aehren au« dieser Opferaarbe waren heilkräftig und schützten vor Verwundungen. In der Oberpfalz, Niederbayern, Thüringen und Siebenbürgen nimmt der Schnitter, ehe er mit der Arbeit beginnt, stillschweigend drei Halme und bindet sie um sich, damit er beim Schneiden keine Kreuzschmerzen be komme und vor Verwundungen mit der Sichel geschützt fei. Reckt altertbümlich wird dieses Gürten der Lenden bei den siebenbürgischen Sachsen durch ein Gebet eingeläutet; die Hausfrau spricht: Im Namen Gottes beginnen wir die« Land, Gott segne unfern Bauernstand, Thut wie ich, und bindet euch die Lenden Und sputet fleißig mit den Händen. Bei der Ernte ließ man am Ende jedes Feldes einen kleinen Ort ungemäht, dessen Aehren man zusammenband und mit Wasser besprengte. Dann traten alle Mäher umher, entblößten ihre Häupter, wanden ihre Sensen und Wetzsteine nach dem Aehrenbüschel und riefen Wodan drei Mal an: „Wode, Wode, Haie dinem Rose nu Foder. Nu Distel und Dorn, Tom ander Jar beter Korn!" Lange hat sich dieser Brauch in Mecklenburg und am Harze erhallen, doch geschah das Binden solcher Büschel in den einzelnen Gegenden in verschiedener Weise. So mußten in einigen Gegenden drei große Aehren mit der rechten Hand erfaßt, zu einem Knoten verschlungen und mit den Kräutern deS AckerS, al« Kornblume», Mohn und Kamille, geschmückt werden. Betend stellten sich dann die Schnitter um den Büschel und dankten, daß sie sich bei der Ernte nicht ge schnitten hatten. In mancken Gegenden fugte man dieser Götterspende auf Roggenäckern noch ein Sluck Roggenbrot und auf Weizenäckern ein Stück Weizenbrot bei. Noch bi» in vie neueste Zeit ließ mau in der Gegend pon Hagenow (Mecklenburg) io einer Ecke de» Felde» einige Halme stehen, vamit „de Waur" Futter für sei Pferd finde. Und nur eine Vrrdrebung des alten, jetzt unverständlich grwordenen Götternamens ist e», wenn in Groß-Trebbow bri Schwerin die letzte Garbe nicht vom Felde geholt, sondern drm Wolfe als Futter für sein Pferd stehen bleibt. In Oberfranken herrschte der Brauch, auf jedrm Acker, wenn die Frucht abgeschnitten war, mehrere Halme mit ihren Aebren stehen zu lassen, sie oben mit dazwischen gesteckten Blumen, Gräsern und anderen abgeschnittenrn Aehren in einen schönen Busch zusammenzubiaden und drn Raum v».
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